Brettspiel-Test: Small World (Aufbaustrategie)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Days of Wonder
Release:
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Kreativer und taktischer als Risiko

Dem Spiel liegen zwei unterschiedliche große Landkarten bei: Eine für zwei bis drei und eine für vier bis fünf Spieler. Besonders vorbildlich: Der schwarze Sortierkasten.
Es kommen übrigens trotz des hohen Preises keine Plastikfiguren wie bei Doom oder StarCraft zum Einsatz, sondern lediglich beidseitig bedruckte Plättchen aus Pappe - sowohl für die Krieger als auch die Fähigkeiten. Allerdings können sich diese sehen lassen: Das Artdesign überzeugt mit einem kunterbunten Satirestil, der Trolle mit Riesennasen und Halblinge mit Salami in der Hand zeigt. Sehr nützlich ist angesichts der knapp zweihundert Teilchen auch der mitgelieferte Sortierkasten: Hier kann man Ordnung in die 14 Völker bringen; daran sollten sich andere Hersteller ein Beispiel nehmen, damit beim zweiten Spiel kein Frust aufkommt.

Das an Risiko erinnernde Spielprinzip ist eigentlich sehr einfach aufgebaut und wesentlich schneller verinnerlicht als etwa ein StarCraft - Das Brettspiel: Entweder erobert man freie bzw. an seine Länder angrenzende Regionen und zählt danach das Gold. Oder man lässt sein aktives Volk untergehen und zählt das Gold. Der Würfel kommt nur in Sonderfällen zum Einsatz, so dass die Glückskomponente im Vergleich zu Risiko deutlich geringer ausfällt - nichtsdestotrotz freut man sich diebisch, wenn man mit einem einzelnen Kämpfer bei gewürfelter Drei gleich noch ein sicher scheinendes Gebiet von drei Trollen befreit und besetzt!

Untergang oder Verteidigung?

Welches Volk soll man wählen, wenn das eigene untergeht? Es stehen immer sechs zur Verfügung.
Aber selbst wenn man die Regeln schnell intus hat, bleibt genug Komplexität und Zeit zum Grübeln: Aufgrund der zufälligen Mischung von Völkern und Spezialfähigkeiten verläuft jedes Spiel anders und man kann ganz unterschiedliche Strategien einsetzen. Es kann sinnvoll sein, seine Völker schnell untergehen zu lassen und oft zu wechseln - etwa, wenn man die Ghule anführt, die selbst nach ihrem Untergang noch weiter kämpfen! Oder wenn man die Spezialfähigkeit "Kämpferisch" besitzt, denn dann darf nicht nur eine alte Rasse auf dem Plan bleiben, sondern auch diese. Es kann aber auch sinnvoll sein, seinen Besitz zu regulieren, alles defensiv zu verwalten und nicht so schnell zu wechseln - etwa, wenn man schon viele Länder besitzt und diese gut schützen kann.

Sehr motivierend ist auch, dass man das Spiel im letzten Drittel noch drehen kann: Selbst wenn man in den ersten Runden vielleicht weniger erobert und verdient, kann man die Machtverhältnisse über die clevere und rechtzeitige Wahl eines zur Verfügung stehenden Volkes noch zu seinen Gunsten verändern. Denn von den 14 integrierten Rassen liegen für alle immer nur sechs aus und die Wahl wird dadurch etwas gewürzt, dass nur das ganz oben liegende kostenlos ist und alle darunter jeweils ein Goldstück verlangen. Lohnt sich ein Verlust von fünf Goldstücken, wenn ganz unten ein Traumduo wie "Wassermänner" und "Kommando" wartet, das einem bis zu zwei Kämpfer pro Eroberung spart? 

Fazit

Small World erinnert auf den ersten Blick an eine Art Risiko für Fantasyfans. Aber schon auf den zweiten Blick besticht das liebevoll illustrierte Brettspiel von Philippe Keyaerts mit deutlich mehr taktischer Kreativität: Hier sammelt man nicht Armeen ohne Ende und auch das Würfelglück ist nicht entscheidend. Als Feldherr muss man ebenso listig wie gnadenlos sein und seine Rasse rechtzeitig untergehen lassen. Dabei hängt der Zeitpunkt nicht nur von der geostrategischen Lage auf der Weltkarte ab, sondern auch von den Spezialfähigkeiten, die ein neues Volk mit sich bringen würde. Braucht man eher schnelles Gold, defensive Sicherheit oder offensive Schlagkraft? Eigentlich braucht man immer alles und mit jedem Zug wird die Welt kleiner, werden die Grenzen hitziger verteidigt. Wer ein kreatives Eroberungsspiel sucht, das nicht all zu komplex ist, aber mehr taktische Vielfalt und Überraschungen als Risiko bietet, sollte hier zuschlagen - dieses Spiel hat 2009 zu Recht die Auszeichnung der Wiener Spiele Akademie gewonnen! Und wenn der Preis abschreckt, könnte die Variante für das iPad interessant sein - mehr dazu in diesem Test.

  
(Mittlerweile sind Erweiterungen zu Small World erschienen; mehr dazu auf der offiziellen Webseite.)

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.


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Kommentare

gracjanski schrieb am
ich finde das Game nur als Fun Game sinnvoll. Strategisch tief ist es nicht. In meiner Sammlung muss es eigentlich nicht auftauchen, aber nun ist es halt da.
UncleT schrieb am
Ich hatte jetzt ein paarmal Gelegenheit, Small World mit meinen drei Söhnen zu spielen.
Ein schönes, lockeres Strategiespiel mit genau der richtigen Prise Glück (Zufallskombinationen und Verstärkungswürfel beim letzten Zug).
Mir hat sehr gefallen, dass es gar nicht so darauf ankommt zu gewinnen. Das Spielerlebnis an sich ist schon toll (zumindest für mich).
Obwohl es sich um ein Strategiespiel handelt, ist der Ablauf sehr locker und ungezwungen. Ausserdem dauert es zu viert gerade mal ~50 Minuten. Genau richtig, wenn man - wie ich - öfter mit Kindern spielt.
Die Kids haben auch echte Chancen zu gewinnen.
Zu zweit macht es ähnlich viel Spaß wie mit 3 oder 4 Personen. Ich würde sogar behaupten, dass es im Duo etwas taktischer ist, da man sich besser auf die Spielsituation einstellen kann.
Der 4players Test ist war kaufentscheidend! Weiter so!
(Wünsche: Stone Age und Agricola)
UncleT
Steppenwaelder schrieb am
UncleT hat geschrieben:Hi,
habe mir letzte Woche auch Small World besorgt und bin leider noch nicht zum Spielen gekommen.
Allerdings kann ich Deine Frage beantworten: würde die Abrechnug erst stattfinden, nachdem ALLE Spieler gezogen haben, wäre das durchaus extrem unfair (bei vielen Spielern wäre es so möglich, dass der erste Spieler keine Punkte bekommt und das in jeder Runde).
Deswegen wird abgerechnet, bevor der nächste Spieler dran kommt. In der Spielregel wird das explizit erwähnt.
Ja, das habe ich mittlerweile mitbekommen, und ich habe mich gefragt, ob ich so dumm oder die Anleitung so schwammig war. :D
Trotzdem danke für die Anwort.
UncleT schrieb am
Hi,
habe mir letzte Woche auch Small World besorgt und bin leider noch nicht zum Spielen gekommen.
Allerdings kann ich Deine Frage beantworten: würde die Abrechnug erst stattfinden, nachdem ALLE Spieler gezogen haben, wäre das durchaus extrem unfair (bei vielen Spielern wäre es so möglich, dass der erste Spieler keine Punkte bekommt und das in jeder Runde).
Deswegen wird abgerechnet, bevor der nächste Spieler dran kommt. In der Spielregel wird das explizit erwähnt.
Steppenwaelder schrieb am
Ich hab mal eine Frage:
Ist es nicht so, dass der letzte Spieler immer einen Vorteil den anderen gegenüber ist? Denn wenn er seinen Zug beendet beginnt ja die Auswertung. Der erste Spieler wird ja dann immer von zweien angegriffen bevor die Auswertung beginnt, also sehe ich da eigentlich schon einen kleinen Vorteil?
Irre ich mich da, oder wäre es sinnvoller in jeder neuen Runde einen neuen Starter festzulegen?
schrieb am