Brettspiel-Test: Descent - Die Reise ins Dunkel, zweite Edition. (Rollenspiel (Dungeon-Gefechte))

von Jörg Luibl



Spielinfo Bilder  
Entschlacktes Regelwerk

Auf der Weltkarte reist die Gruppe weiter und erlebt so manche Überraschung durch Ereigniskarten.
Auf der Weltkarte, die leider nicht separat, sondern auf der Rückseite des Quest-Handbuchs abgebildet ist, reist die Gruppe weiter und erlebt so manche Überraschung durch Ereigniskarten - die kleinen Symbole auf den Wegen zeigen die Art an.
Wenn man das alte mit dem neuen Descent vergleicht, fällt schon nach wenigen Abenteuern auf, dass sich diese zweite Edition flüssiger spielt. Das Regelwerk wurde angenehm entschlackt, das Dungeondesign ist wesentlich kompakter und dichter mit Ereignissen verknüpft – es gibt fast keinen Leerlauf, immer ist etwas los. Überflüssige Mechanismen wie unterschiedliche Bewegungskosten für das Türöffnen oder das separate Zaubern, das jetzt quasi ein Fernkampf ist, sind weggefallen. Sinnvolle Mechanismen wie die Unterscheidung von Wunden und Erschöpfung wurden beibehalten - für nahezu alle besonderen und arkanen Talente sowie Zusatzbewegungen muss man weiterhin Ausdauer bezahlen; über dem Maximalwert verliert man Lebenspunkte.

Man muss als Held aber keine Befehlsmarker mehr für das Zielen, Ausweichen oder Absichern auslegen. So fallen zwar taktische Finessen in der Planung weg, aber der Kampf selbst flutscht besser  und bietet  mit dem nahezu unveränderten Sichtlinien-, Reichweiten- und Trefferermittlungs-System inklusive Explosionen , Durchbohrungen, weitreichende Angriffe sowie variablem Einsatz der Zusatzaktionen über Blitze immer noch genug Tiefe. Ein Held kann nicht permanent sterben, sondern lediglich niedergestreckt werden – so verliert er Aktionen und wertvolle Zeit. Danach muss er sich selbst aufrappeln oder von einem Helden geheilt werden; Monster können ihn jedoch nicht mehr angreifen. Wer es härter mag, kann diese Regel natürlich ignorieren.

Die Monsterkarten unterscheiden zwischen einfachen und schweren Typen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Hinzu kommen besondere Charaktere, die "Hauptleute".
Die Monsterkarten unterscheiden zwischen einfachen und schweren Typen (weiß und rot) mit unterschiedlichen Fähigkeiten - nur die fette Spinne kann z.B. vergiften. Hinzu kommen besondere Charaktere, die "Hauptleute" wie Splig.
Der Spielfluss des Overlords profitiert nicht nur vom Wegfall der Drohmaker, sondern auch von der neuen Gruppenaktivierung der Monster, die innerhalb der Abenteuer vorgegebene Erscheinungszonen haben: Man bewegt also alle Kreaturen eines Typs, dann die anderen. Es gibt auch keine Ereignisse und Fallen, sondern nur noch einen Kartentyp, den man als Overlord situativ spielen kann, also z.B. nur bei oder nach eigenen Angriffen oder bei der Bewegung der Helden.

Die Unterschiede zum ersten Descent in Zahlen:

Descent                              Descent 2

80 Miniaturen                   39 Miniaturen
12 Monstertypen            9 Monstertypen
20 Heldentypen               8 Heldentypen
180 Karten                         236 Karten
61 Spielplanteile              48 Spielplanteile
9 Quests                             20 – 37 Quests/Szenarios

Fazit

Stimmungsvoll, spannend, ideal für lange Winterabende! Wer ein Fantasy-Abenteuer mit Kampf, Beute, Charakterentwicklung sowie epischer Story sucht, kommt um diese zweite Edition nicht herum. Das Original von Kevin Wilson aus dem Jahr 2005 wurde von Adam Sadler und Corey Koniecka in nahezu allen Bereichen verfeinert. Zwar steckt nicht so viel Masse in der Box wie noch im Vorgänger, aber dieses Descent bietet hinsichtlich Artdesign, Struktur und Questqualität mehr Klasse. Das überfrachtete Regelwerk wurde entschlackt, dafür wurde das Rollenspielflair gestärkt: Die nicht-lineare Struktur der Kampagne berücksichtigt die Erfolge früherer Abenteuer, die Schauplätze sind abwechslungsreicher, die Missionen selbst dynamischer und besser balanciert, sowohl der Overlord als auch die Helden können sich markanter entwickeln - daher kann ich auch Besitzern des Originals den Kauf empfehlen. Und egal ob Marker, Karten, Dungeonteile oder Miniaturen: Das Material wirkt durch die Bank ansehnlicher. Wer Spiele wie HeroQuest mag, wird sehr viel Spaß mit diesem edlen Abenteuer haben.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

Fogy schrieb am
Hey, keine Ahnung ob wir was falsch gespielt haben aber in unserer Runde wirkte der Overlord immer viel zu mächtig. Das hat auf dauer für Frust in der "Helden"-Gruppe gesorgt und wurde jetzt ne ganze weile nicht mehr angeschaut.
Beckikaze schrieb am
Nein, weil die Helden vorher wissen müssen, wie sie das Szenario gewinnen. Wenn die Guten und Bösen Ähren in Sicherheit bringen müssen oder der Böse Kerkerinsassen foltern muss, muss der ganze Plan aufgedeckt werden.
Ilumi schrieb am
Das ist zwar öde aber man muss ja nicht so spielen. Ich hab bei Descent auch immer nur entdecktes Gebiet aufgebaut, da wusste niemand (außer ich), wie es hinter der Tür weitergeht. Geht doch bei Descent 2 sicher auch, oder?
Beckikaze schrieb am
Aber nicht die gesamten Figuren etc.
Bei Descent 2 wird aber ALLES aufgebaut. Nur in manchen Szenen werden die offenen Gruppen nicht sofort aufgebaut. Aber das ist nicht dasselbe.
Beckikaze schrieb am
Descent 2 spaltet doch die Gemüter ein wenig. Habe in den Weihnachtstagen die zweite Auflage des Crawlers angetestet und während meine Runde sehr angetan war, bin bisher nicht richtig überzeugt.
Klar, die Kampagnenregeln überzeugen, das Klassensystem ist gut, die Quests nicht verkehrt und die Balance scheint auch zu stimmen.
Was mir einfach nicht gefällt ist das Spielgefühl. Es wirkt so, als hätte man die großen Karten des Vorgängers genommen, und erklärt nun Area1 als eigenes Abenteuer. Da das Erkunden der Karte fehlt und alles aufgebaut werden muss, fühlt sich Descent 2 nicht mehr wie ein Dungeoncrawler an. Es geht nicht mehr um die Spannung, was die Helden hinter der nächsten Tür erwarten, sondern nur noch um taktische Kämpfe bzw. das Erledigen des Questziels.
Bisher bin ich doch etwas enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass das Erkunden nach wie vor präsent ist, aber Descent 2 unterscheidet sich hinsichtlich des Spielgefühls doch deutlich von seinem Vorgänger.
Ein Crawler ist die zweite Edition nicht mehr - so gut der Rest auch ist - das Spielgefühl sagt mir leider nicht richtig zu.
schrieb am