Entschlacktes Regelwerk
Auf der Weltkarte, die leider nicht separat, sondern auf der Rückseite des Quest-Handbuchs abgebildet ist, reist die Gruppe weiter und erlebt so manche Überraschung durch Ereigniskarten - die kleinen Symbole auf den Wegen zeigen die Art an.
Wenn man das alte mit dem neuen Descent vergleicht, fällt schon nach wenigen Abenteuern auf, dass sich diese zweite Edition flüssiger spielt. Das Regelwerk wurde angenehm entschlackt, das Dungeondesign ist wesentlich kompakter und dichter mit Ereignissen verknüpft – es gibt fast keinen Leerlauf, immer ist etwas los. Überflüssige Mechanismen wie unterschiedliche Bewegungskosten für das Türöffnen oder das separate Zaubern, das jetzt quasi ein Fernkampf ist, sind weggefallen. Sinnvolle Mechanismen wie die Unterscheidung von Wunden und Erschöpfung wurden beibehalten - für nahezu alle besonderen und arkanen Talente sowie Zusatzbewegungen muss man weiterhin Ausdauer bezahlen; über dem Maximalwert verliert man Lebenspunkte.
Man muss als Held aber keine Befehlsmarker mehr für das Zielen, Ausweichen oder Absichern auslegen. So fallen zwar taktische Finessen in der Planung weg, aber der Kampf selbst flutscht besser und bietet mit dem nahezu unveränderten Sichtlinien-, Reichweiten- und Trefferermittlungs-System inklusive Explosionen , Durchbohrungen, weitreichende Angriffe sowie variablem Einsatz der Zusatzaktionen über Blitze immer noch genug Tiefe. Ein Held kann nicht permanent sterben, sondern lediglich niedergestreckt werden – so verliert er Aktionen und wertvolle Zeit. Danach muss er sich selbst aufrappeln oder von einem Helden geheilt werden; Monster können ihn jedoch nicht mehr angreifen. Wer es härter mag, kann diese Regel natürlich ignorieren.
Die Monsterkarten unterscheiden zwischen einfachen und schweren Typen (weiß und rot) mit unterschiedlichen Fähigkeiten - nur die fette Spinne kann z.B. vergiften. Hinzu kommen besondere Charaktere, die "Hauptleute" wie Splig.
Der Spielfluss des Overlords profitiert nicht nur vom Wegfall der Drohmaker, sondern auch von der neuen Gruppenaktivierung der Monster, die innerhalb der Abenteuer vorgegebene Erscheinungszonen haben: Man bewegt also alle Kreaturen eines Typs, dann die anderen. Es gibt auch keine Ereignisse und Fallen, sondern nur noch einen Kartentyp, den man als Overlord situativ spielen kann, also z.B. nur bei oder nach eigenen Angriffen oder bei der Bewegung der Helden.
Die Unterschiede zum ersten Descent in Zahlen:
Descent Descent 2
80 Miniaturen 39 Miniaturen
12 Monstertypen 9 Monstertypen
20 Heldentypen 8 Heldentypen
180 Karten 236 Karten
61 Spielplanteile 48 Spielplanteile
9 Quests 20 – 37 Quests/Szenarios
Fazit
Stimmungsvoll, spannend, ideal für lange Winterabende! Wer ein Fantasy-Abenteuer mit Kampf, Beute, Charakterentwicklung sowie epischer Story sucht, kommt um diese zweite Edition nicht herum. Das Original von Kevin Wilson aus dem Jahr 2005 wurde von Adam Sadler und Corey Koniecka in nahezu allen Bereichen verfeinert. Zwar steckt nicht so viel Masse in der Box wie noch im Vorgänger, aber dieses Descent bietet hinsichtlich Artdesign, Struktur und Questqualität mehr Klasse. Das überfrachtete Regelwerk wurde entschlackt, dafür wurde das Rollenspielflair gestärkt: Die nicht-lineare Struktur der Kampagne berücksichtigt die Erfolge früherer Abenteuer, die Schauplätze sind abwechslungsreicher, die Missionen selbst dynamischer und besser balanciert, sowohl der Overlord als auch die Helden können sich markanter entwickeln - daher kann ich auch Besitzern des Originals den Kauf empfehlen. Und egal ob Marker, Karten, Dungeonteile oder Miniaturen: Das Material wirkt durch die Bank ansehnlicher. Wer Spiele wie HeroQuest mag, wird sehr viel Spaß mit diesem edlen Abenteuer haben.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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