Brettspiel-Test: Myrmes (Worker Placement (Arbeitersetzspiel))

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Asmodee
Release:
11.10.2012
Spielinfo Bilder  
Territorialer Wettkampf

Ein Blick auf die Ameisenkolonie des gelben Spielers: Dort hortet man Soldaten, Arbeiter, Larven und Ammen. Rechts gräbt man sich in tiefere Ebenen.
Ein Blick auf die (unterentwickelte) Ameisenkolonie des gelben Spielers: Dort hortet man Soldaten, Arbeiter, Larven und Ammen. Rechts gräbt man sich in tiefere Ebenen.
Mit der Zeit wird der Garten also unter den vier Ameisenvölkern aufgeteilt, wird immer mehr zu einem Flickenteppich. Weil es recht wenig Platz gibt, manche größere Hexfeldplättchen nicht überall liegen können und es je nach Untergrund ganz andere (Nahrung, Stein, Holz) oder gar keine Rohstoffe (bei Wasser oder Fliegenpilzen) gibt, gewinnt das Spiel eine angenehme strategische Komponente im Gelände – vor allem zu dritt oder zu viert.

Zumal man feindliche Gebiete auch erobern kann, indem man die Plättchen entfernt und deren Siegpunkte einheimst. Außerdem bekommt man diese für das Jagen von neutraler Beute sowie die Erledigung von 17 Aufgaben, die am Rand ausliegen: Dabei geht es meist darum, eine bestimmte Zahl von Larven, Rohstoffen, Beute oder aneinander liegenden Plättchen zu erreichen, die Kolonie auszubauen oder einfach Soldaten zu rekrutieren.

Die Macht der Ammen

Obwohl es Soldaten gibt, jagen diese lediglich indirekt neutrale Beute: Trifft ein Arbeiter auf eine Spinne, muss man die entsprechende Anzahl Soldaten in der Kolonie haben, um diese zu besiegen – von dort werden sie dann einfach entfernt, die Spinne ist tot. Man baut, entwickelt und bewegt also keine Armee, sondern muss geschickt das Zusammenspiel zwischen Ammen, Soldaten und Arbeitern managen. Erstere sind die wichtigste Einheit im Spiel, denn mit ihnen führt man bis auf die Erkundung sowie die Beutejagd fast alle Aktionen aus. Und man hat zunächst nur drei zur Verfügung,

In diesem Bereich erledigt man Aufgaben, für die es Siegpunkte gibt.
In diesem Bereich erledigt man Aufgaben, für die es Siegpunkte gibt.
Wer erfolgreich sein will, muss also unbedingt mehr Ammen einstellen, weil sie mehr Aktionen erlauben, darunter auch weitere Tunnelausgänge, das Graben in tiefere Ebenen und Aufgaben meistern. Wie bekommt man Ammen? Indem man sie ins Atelier schickt und dort zwei Nahrung sowie zwei Larven bezahlt. Doch gerade im ersten Jahr hat man kaum Futter. Soll man also lieber auf das zweite Jahr warten? Aber dann muss man im Winter mehr Nahrung bezahlen. Wie man es auch dreht: Man muss recht zügig für einen gesunden Kreislauf sorgen, eine gute Balance aus Expansion und Entwicklung finden, um am Ende siegreich zu sein.

Fazit

Ein Ameisenvolk anführen und sich in einem Garten ausbreiten? Coole Idee! Myrmes hat mich aufgrund seines Szenarios sofort neugierig gemacht: Man spielt in einem floralen Mikrokosmos zwischen Pilzen und Marienkäfern. Ähnlich wie in 4X-Strategiespielen muss man dabei ein Gebiet erkunden, sich geschickt ausbreiten, Rohstoffe sammeln und Feinde besiegen. Allerdings ist Myrmes weniger Kriegs-, sondern eher ein Workerplacement- und Managementspiel, wobei die territoriale Eroberung auf einer Hexfeldkarte hinzukommt. Aufgrund der eigenwilligen Spielmechanik braucht man zwar mehrere Anläufe, bevor man alles durchschaut und das Potenzial der Entwicklung ausschöpfen kann. Aber dann kommt es vor allem zu dritt oder zu viert zu einem spannenden Wettkampf, bei dem jeder Siegpunkt wichtig ist.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
Jup, ich war auch zwiegespalten - vor allem nach den ersten Partien. Myrmes ist etwas eigenwillig mit seiner Mischung aus Arbeiterplatzierung, indirektem Kampf und territorialer Eroberung; man muss auch des Öfteren ins Regelwerk schauen. So ging es uns auch in den ersten Runden mit Tzolkien, dem Maya-Zahnrad-Workeplacement-Spiel, das ich vermutlich in Kürze bespreche.
Trotzdem halte ich Myrmes für empfehlenswert. Wenn man die Spielemchanismen erstmal verinnerlicht hat, entstehen spannende Partien, weil niemand wirklich davon ziehen kann und es auf jeden Siegpunkt ankommt. Übrigens kann man ja nicht nur Pheromone auslegen, sondern auch feindliche stibitzen. Wie man den Gegner auch ärgern kann: Als Erster eine Aufgabe meistern, dann bekommt man mehr Siegpunkte.
Wer ein reines Workerplacement/Wirtschaftaufbau-Spiel sucht, wird von LeHavre, Puerto Rico, Village oder Agricola besser unterhalten.
AngryDwarf schrieb am
Ich hab es gestern zum ersten Mal gespielt und bin noch etwas zwiegespalten. Einerseits gefällt mir diese strikte Pflicht zur völligen Optimierung ziemlich gut. Auch das Auslegen der Ferromone hat mich von der Strategie ein wenig an Durch die Wüste erinnert (also das Abstecken von Freiflächen, in denen man später in Ruhe punktemäßig expandieren kann. Andererseits blieb bei mir jedenfalls der Spielspaß etwas hinten dran. Natürlich freut man sich, wenn der lange ausgeknobelte Plan funktioniert und überlegt, wie man nächstes Mal noch mehr Punkte machehn könnte. Für mich war das aber alles insgesamt zu sehr Buchhaltung. Auch bin ich dem Wiederspielwert gegenüber etwas skeptisch, da durch die Würfel, Beuteplättchen und Aufgaben lediglich geringe Variationen möglich sind. Insgesamt scheint mir der Reiz also mehr in einer ständigen Optimierung der eigenen Strategie zu liegen. Das wird aber natürlich vielen Spielern sehr gefallen. Mir war es etwas zu trocken.
Zudem war mir auch die Interaktion zwischen den Spielern zu beschränkt. Zwar kann man den Gegner durch gutes Legen der Ferromone schon ärgern, aber viel mehr schien mir da nicht zu gehen.
schrieb am