Das Rad der Rohstoffe
Oben die Glashütte, in der das grüne Plättchen ganz links die Anzahl an Glas repräsentiert - zu Beginn null. Darunter die Ziegelei: Wer die roten Ziegel herstellen will, braucht Kohle (schwarz), Lehm (orange) und Nahrung (grau).
Richtig Salz kommt aber erst durch die beiden Produktionsräder in die Aufbausuppe: Das eine symbolisiert die Herstellung von Glas, wofür man Sand, Nahrung, Kohle, Wasser und Holz braucht. Das andere zeigt die Ziegel an, für die man Kohle, Lehm und Nahrung benötigt. Vor allem die wertvolleren Gebäude verlangen nach Glas und/oder Ziegeln – die Dorfkirche gibt am Ende vier Punkte plus einen pro freies Feld um sie herum, aber sie verschlingt auch acht Rohstoffe. Will man sie errichten, muss man also gezielt ernten.
Und dabei hilft der clevere Mechanismus der beiden Räder, denn dort sieht man auf einen Blick, was man in welcher Anzahl hat und was man noch braucht, um Glas oder Ziegel herzustellen. Man sammelt also keine Plättchen von Holz, Kohle & Co wie in LeHavre, sondern verschiebt einfach den runden Rohstoffmarker für Wasser von zwei auf vier, wenn einem z.B. der Wasserträger zwei Eimer voll erntet. Und sobald irgendwo eine Lücke zwischen Glas oder Ziegeln sowie den normalen Rohstoffen entsteht, schiebt man den Anzeiger weiter im Uhrzeigersinn – stellt also gerade etwas her.
Was gibt es zu meckern?
Sehr, sehr wenig. Das Spielmaterial ist ähnlich wie in Terra Mystica liebevoll illustriert – wer genau hinschaut, erkennt auf den Landschaften kleine Details, so dass sich nicht jeder Wald gleicht. Die Plättchen lassen sich gut ausstanzen, sind angenehm dick und stabil. Lediglich beim Zusammenbauen der beiden Räder gab es mitunter Probleme mit den Plastiksteckern, die nicht auf Anhieb passen wollten. Aber das sind Peanuts, denn Ausstattung und Präsentation erreichen ein hochwertiges Niveau, zumal man in der 20-seitigen Anleitung auch Hintergrundmaterial zur historischen Glasstraße findet.
Innerhalb des Spiels ergeben sich in der finalen Phase manchmal Leerläufe, in denen man Karten ohne Wirkung ausspielen muss: Wenn man z.B. alle Wälder gerodet hat, verlieren drei Berufe ihre Aktionen – Zimmermann, Brandroder und Holzfäller. Wälder kann man im Gegensatz zu den drei anderen Landschaften ja nicht mehr nachlegen; ist ja auch logisch. Vielleicht wäre es aber eine Überlegung wert gewesen, den Pool an Berufen von
Im Laufe des Spiels verändert sich die eigene Landschaft: Wälder werden gerodet, Gebäude gebaut. Wer hat am Ende von vier Bauperioden die beste Mischung gefunden?
fünfzehn auf zwanzig aufzustocken, damit man bis zum Schluss mehr Kartenauswahl hat.
Fazit
Produktionsräder und Uwe Rosenberg? Ich war zunächst skeptisch, denn "Ora et Labora" ist das einzige Brettspiel des Agricola-Erfinders, das mir bisher nicht gefallen hat. Aber Die Glasstraße hat mich schnell eines Besseren belehrt, denn es ist wesentlich klarer, dynamischer und für Aufbaufans empfehlenswerter. Je öfter man es spielt, desto deutlicher wird die clevere Verzahnung von Ernte und Bau, die vielfältige Wege zum Sieg anbietet – hier steckt viel Erfahrung im Spieldesign. Drei Elemente muss man besonders loben: Zum einen die Produktionsräder, die ohne Plättchenwust übersichtlich ordnen und auf einen Blick planen lassen. Zum anderen die Aktionen über ausgewählte Karten, denn aufgrund des verdeckten Auslegens und der Exklusivität entsteht immer eine gewisse Spannung. Und schließlich die drei Gebäudetypen, die mit Umwandlungen, sofortigen sowie finalen Boni nochmal Spezialisierungen ermöglichen. Die Glasstraße spielt sich übrigens stringenter als das etwas komplexere Terra Mystica. Wer Ernte- & Bautaktik wie Le Havre mag, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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