Brettspiel-Test: Outlive (Survival-Abenteuer)

von Jörg Luibl



Outlive (Brettspiel) von Pegasus Spiele
Bunkermeister
Entwickler:
Publisher: Pegasus Spiele
Release:
01.04.2018
Spielinfo Bilder  
Survival-Abenteuer boomen: Der Kampf ums Überleben ist aber nicht nur auf dem Bildschirm en vogue, sondern auch am Tisch. Nachdem man in Robinson Crusoe kooperativ in einer Wildnis unterwegs war, entführt Outlive in eine kompetitive Endzeit des Jahres 2079. Bis zu vier Gruppen kämpfen um Rohstoffe, Ausrüstung sowie das große Ziel: die Flucht von der verseuchten Erde in die rettende Tiefsee - nur ein Team kann es schaffen.


Basisbau unter Tage

Zu Beginn sehen die Bunker ähnlich wie in Fallout Shelter nahezu verwaist aus: Es gibt kaum Räume, keinerlei Ausrüstung und wenig Überlebende. Aber das wird sich bald ändern. Denn das Team über Tage wartet auf seinen Einsatz: Jeder Spieler darf eine seiner fünf unterschiedlich starken Figuren bewegen, um in einem Gebiet etwas zu sammeln oder Wild zu jagen. Nur was soll es sein? Man braucht in dieser Endzeit nahezu alles - Wasser, Fleisch, Konserven, Holz, Elektroteile, Eisen, Munition und natürlich weitere Bewohner für den Bunker, damit diese Räume voll besetzen und so deren wertvolle Boni aktivieren. Die Crux dabei: Sie müssen auch alle ernährt werden, sonst sterben sie am Ende einer Runde!

Outlive ist komplett auf deutsch bei Pegasus erschienen. Es ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt.
Outlive ist für knapp 45 Euro komplett auf Deutsch bei Pegasus erschienen. Es ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt.
Outlive inszeniert bei klaren Regeln einen sehr flotten Wettlauf um Rohstoffe inklusive Basisbau - es gibt zwar einen erzählerischen Rahmen und Ereignisse, aber keine epische Story oder Rollenspielelemente. Bis zu vier Gruppen konkurrieren  auf dem hübsch illustrierten Spielplan um Siegpunkte: Man erkennt zwei Stadtruinen, einen Staudamm, einen Wald, einen Frachter, einen Vergnügungspark, ein Militärlager sowie ein Bergwerk, die wie ein Kreis miteinander verbunden sind - und überall gibt es eine begrenzte Zahl an Rohstoffen. Cool: Die Stärke des Helden bestimmt die Höhe der Beute, so dass der eine nur drei, der andere vier oder fünf Dinge einsammeln könnte.

First come, first serve

Das Artdesign kann sich sehen lassen: Spielplan und Tableaus wurden stimmungsvoll illustriert.
Das Artdesign kann sich sehen lassen: Spielplan und Tableaus wurden stimmungsvoll von Miguel Coimbra illustriert, der auch schon für 7 Wonders zeichnete.
Weil man immer nur einen Helden um höchstens zwei Felder bewegen und nie auf einem von seiner Fraktion besetzten Feld landen darf, entsteht schnell ein spannendes Hin und Her inklusive blockierter Gebiete. Letztlich geht es um clevere Züge sowie die effektive Priorisierung: Welche Figur ist in Reichweite welcher Ressource? Und inwiefern hilft mir das Gesammelte beim Ausbau der Bunker oder Nahrungsversorgung weiter? Denn voll besetzte Räume sind ein Schlüssel zum Sieg, zumal ihre Boni künftige Aktionen wie das Bauen, Sammeln sowie Herstellen deutlich günstiger machen.

Dazu gehört auch die Reparatur von Ausrüstung, die zunächst defekt ins Lager kommt. Erst wenn man Taschenlampe, Säge, Spitzhacke, Schrotflinte, Rucksack, Zugangskarte & Co mit Rohstoffen wieder in Stand setzt, kann man deren Effekte nutzen, um z.B. mehr zu ernten, sich frei zu bewegen oder stärker zu werden. Sehr schön ist, dass es farblich markierte Zweierkombos gibt, die am Ende mehr Siegpunkte einbringen als einzelne Ausrüstung, z.B. Armbrust und Säge, Zugangskarte und Kanister. Aber Vorsicht: Jede Ausrüstrung darf ebenso wie jede Raumfunktion nur einmal pro Zug genutzt werden - dafür wird sie getappt. Man kann üpbrigens mit dieser auch über fünf Punkte an Stärke kommen. Letzteres ist für die Jagd wichtig, denn es gibt Tierarten, die eine minimale Stärke voraussetzen. Eine gute Idee ist übrigens, dass man für dieselbe gejagte Art beim nächsten mal mehr Fleisch bekommt.

Strahlung und Anführer

Wer Ausrüstung kombiniert, bekommt mehr Siegpunkte.
Wer Ausrüstung kombiniert, bekommt mehr Siegpunkte.
Und ohne Mampf kein Kampf: Auch die Konserven, die man in der Stadt oder am Frachter erhält, sowie das Wasser sind sehr wichtig. Alle neu angekommenen Bewohner landen nämlich zuerst in der Luftschleuse des Bunkers, wo man sie mit dem kühlen Nass versorgen muss. Dort sind sie auch aus einem anderen Grund wichtig: Ereignisse wie Rattenplagen, Sandstürme oder radioaktive Wolken sorgen für böse Überraschungen und permanente Defizite. Dafür bekommt die Gruppe viele Siegpunkte, die diese Ereignisse abwehren kann, indem sie entsprechende Rohstoffe abgibt - aber die fehlen natürlich im eigenen Lager. Auch die Strahlung setzt den Bunkern jede Runde zu - man muss über Algen, Raumfähigkeiten oder Bewohnern in der Luftschleuse gegenwirken. Zu dritt oder viert macht es natürlich am meisten Laune, aber auch zu zweit kann man Outlive spielen.

Was gefällt nicht so gut?

Zwar kann man zu Beginn einen Anführer wählen, der andere Rohstoffe sowie Ausrüstung zum Start mit sich bringt, aber ansonsten unterscheiden sich die Gruppen lediglich durch die Farbe. Das ist schade, denn so spielen sich alle gleich, was natürlich auch für eine gute Balance sorgt. Deutlich zu sanft laufen die Duelle zwischen den Gruppen ab, vor allem angesichts der Endzeit sowie der kanppen Rohstoffe: Es gibt "Kampf" quasi nur auf der Ebene des direkten Vergleichs, wenn zwei
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Der Bunker ist schon gut gefüllt mit Räumen und Bewohnern.
feindliche aktive Figuren auf einem Feld landen - dann bekommt der Stärkere einen Rohstoff vom Schwächeren, wobei der Unterlegene noch einen auswählen darf. Man kann also weder die feindliche Basis angreifen, Ausrüstung stehlen, Geiseln nehmen oder gar Feinde töten. Und bei der Endabrechnung haben wir einen Block für die Übersicht vermisst, denn man muss schon einiges zusammen zählen und abziehen.

Fazit

Ich war recht skeptisch, weil ich digital übersättigt bin von Rohstoffen und Survival. Aber jetzt kommt Outlive überraschend oft auf den Tisch. Nicht nur weil es so stimmungsvoll von Miguel Coimbra illustriert wurde, der auch für das Artdesign von 7 Wonders verantwortlich war, sondern weil es bei klaren Regeln einen sehr flotten Wettlauf um Rohstoffe sowie Basisbau inszeniert. Zwar habe ich noch mehr aggressivere Möglichkeiten vermisst, aber auch ohne komplexeren Kampf gerät man ins angenehme Grübeln: Welche Figur zieht man wohin? Welchen Raumbau kann man sich leisten? Reichen Wasser und Nahrung? Kann man die Strahlung abwenden? In diesen Kreislauf von Überlegungen und Aktionen sind auch kleinere Aspekte wie die Kombination der Ausrüstung oder die Abwehr der Ereignisfolgen elegant eingebunden.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.

Kommentare

lalapapa schrieb am
Wow, ich seh jetzt erst dass es bei Pegasus erscheint. Ich hatte das Spiel vor zwei Jahren auf Kickstarter gebacked und finds leider echt nur o-k. Optisch der Hammer, aber spielerisch nur wieder ein verkapptes workerplacement Spiel, von denen es einfach zu viele bessere gibt.
Gaia is Killer. Das is sooo komplex und es macht trotzdem so viel Spaß dein kleines Reich aufzubauen.
Grauer_Prophet schrieb am
Und bei der Endabrechnung haben wir einen Block für die Übersicht vermisst
:lol: Zettel wird man wohl daheim haben :mrgreen:
Raskir schrieb am
Wie immer danke für den Test. Werde ich aber erstmal auslassen, so ganz hooken konnte mich der Bericht nicht.
Was ich ins Auge gefasst habe ist Gaia Project. Muss mal schauen ob ich das günstig beziehen kann, bei unserem Händler ist es leider nicht
schrieb am