Brettspiel-Test: Pulsar 2849 (Aufbaustrategie)

von Jörg Luibl



Pulsar 2849 (Brettspiel) von http://www.asmodee.de/pulsar-2849
Mögen die Würfel mit dir sein
Spielinfo Bilder  
League of Six? Shipyard? Last Will? The Prodigals Club? Ich muss gestehen: Bisher habe ich kein Spiel von Vladimir Suchý in meiner Sammlung. Und das, obwohl der Tscheche seit 2007 als Autor aktiv ist und für den renommierten Verlag Czech Games Edition arbeitet. Den gründete bekanntlich Vlaada Chvátil, der einige Meilensteine wie Im Wandel der Zeiten, Galaxy Trucker oder Space Alert konzipierte. Kann Vladimir mit dem Strategiespiel Pulsar 2849 aus dessen Schatten treten? Ist es vielleicht eine futuristischen Alternative für Eclipse oder Terraforming Mars?


Abstrakte Strategie

Leuchtendes Gelb, Grün, Orange und Rot vor einem dunkelblauen Sternenhimmel? Okay, das ist Retro auf den ersten Blick. Ich musste beim Aufbau von Pulsar 2849 jedenfalls an das "Spiel des Wissens" aus dem Jahr 1984 denken. Zumindest erinnerte mich das altmodisch anmutende Artdesign des Spielplans an den Quiz-Klassiker von MB. Das widerspricht farblich der modernen Gestaltung der Box, die mit ihren Sternenflotten und grellen Portalen ein wesentlich stimmungsvolleres futuristisches Bild à la Homeworld zeichnet. Spätestens beim Aufbau dieser Strategie merkt man jedenfalls, dass es eher abstrakter zur Sache geht.

Pulsar 2849 ist für knapp 40 Euro auf Deutsch bei Asmodee erschienen. Es ist für zwei bis vier Spieler ab 14 Jahren konzipiert.
Pulsar 2849 ist für knapp 40 Euro auf Deutsch bei Asmodee erschienen. Es ist für zwei bis vier Spieler ab 14 Jahren konzipiert.
Im Gegensatz zu militärisch geprägter 4X-Strategie wie Eclipse gibt es - bis auf die Spielfigur - keine Raumschiffe als Miniaturen, sondern eine geometrische Ansicht der Galaxie, die Routen und Himmelskörper zeigt. Aber all das passt zum Ansatz dieser kompetitiven Aufbaustrategie, in der man die Rolle einer Firma übernimmt. Bei dieser Erkundung des Weltraums geht es nicht um große Schlachten oder Aliens, sondern um die clevere Verzahnung von Technologien und Portalen über acht Runden. Dabei spielen geschickt eingesetzte Sechser-Würfel eine zentrale Rolle, denn in der ersten Phase darf man sich nacheinander zwei dieser zufällig geworfenen Silberwürfeln aussuchen. Je nachdem welchen Wert sie haben, kann man etwas anderes damit machen.

Die Macht der Würfel

Und schon hier beginnt das Grübeln: Welchen Würfel brauche ich für welche Aktion? Denn in der zweiten Phase habe ich nur diese beiden zur Verfügung, um z.B. mit dem Erkundungsschiff zu fliegen, Pulsare oder Technologien zu entwickeln, Energietransmissionen oder das Hauptquartier auszubauen. Jede dieser fünf Möglichkeiten bringt einem natürlich gewisse Vorteile, wobei es gerade zu Beginn darum geht, als Erster unbekannte Planetensysteme aufzudecken, um dort eine Station zu bauen und den Bonus einzusacken - das erinnert angenehm an Eclipse. Jeder Spieler startet am Rande des Universums und versucht so effizient wie möglich zu expandieren sowie seine Basis zu entwickeln, die auf einem separaten Tableau abgebildet wird.

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Da braucht man schon einen größeren Tisch.
Die Würfelmechanik erinnert zwar an Workerplacement à la Auf den Spuren von Marco Polo oder Die Burgen von Burgund. Aber hier kommen einige interessante Finessen hinzu: Zum einen sorgt der zu bestimmende "Medianwert" in der Würfelphase für eine angenehme Balance, denn die Lage des mittleren Würfels wirkt sich auf die anderen aus. Zum anderen gibt es sinnvolle Nebenwirkungen und Modifikationen: Die Wahl der Würfel beeinflusst die eigene Position bei Initiative sowie Technik, so dass man in der nächsten Runde vielleicht später dran ist oder mehr weiße Technik-Cubes erhält. Hinzu kommen Plättchen, mit denen man Würfelwerte erhöhen oder senken kann, aber auch ein roter Bonuswürfel für Zusatzaktionen.

Entwicklung des eigenen Unternehmens

All das führt dazu, dass man an vielen Stellen feinjustieren kann und dass ein angenehm freies Spielgefühl entsteht. Aufgrund der hübsch illustrierten Transmitter sowie des immer volleren Spielplans kommt übrigens trotz des eher abstrakten Artdesigns durchaus futuristische Atmosphäre auf. Die Transmitter baut man in seinem Hauptquartier, wobei ein wenig Puzzleflair hinzu kommt, denn es gibt bis zu drei zusammen passende Teile. Dabei wird auch die Bauphase gut simuliert: Erst wenn ein Transmitter voll bezahlt und aktiv ist, bringt er einem direkte Boni, wird umgedreht und sorgt in dieser fertigen Struktur für permanente Boni am Ende der Runde - dann erntet man quasi regelmäßig.

Auf dem Spielplan konstruiert man wiederum in drei Größen sich drehende Ringe namens "Gyrodine" (eigentl. Rotorsystem eines Helikopters; so hieß übrigens auch ein Shooter auf dem NES) um besetzte Pulsare, die schnell rotierende Neutronensterne darstellen sollen. Sprich: Wer mit seinem Raumschiff diese Sterne als Erster besetzt, kann dort einen Ring ablegen, diesen in den nächsten Runden fertig bauen und dann regelmäßig Punkte ernten. Der Clou: Wer zwei Gyrodine derselben Art vollendet, bekommt nochmal Boni. Aber bei all dem gilt: Man braucht auch die enstprechenden Würfel, um aktiv zu werden!

Spannender Wettlauf um Siegpunkte

Ein Transmitter aus zwei Strukturen.
Ein Transmitter aus zwei Strukturen.
Gerade in der mittleren Phase dieses Strategiespiels entsteht ein sehr spannender Wettlauf um die besten Würfel, der dann wiederum durch aktive Boni und Modifikationen nochmal verstärkt wird. Weiterer Freiraum und noch mehr Grübelpotenzial entsteht durch die vielen zusätzlichen Vorteile, die einem die Forschung verschaffen kann. Vor jedem Spiel wird zufällig ein Pool aus Technologien aufgedeckt, die in drei Stufen unterteilt sind. Wer die darauf abgebildeten Patente erwerben will, zahlt ebenfalls mit Würfeln und kann entweder sofortige Boni wie Siegpunkte, Technik-Cubes, Pulsare, Teleportationen, Würfel oder auch spezielle permanente Fähigkeiten wie eine höhere Reichweite des Raumschiffes bekommen.

Apropos: Auch die Bewegung des Erkundungsschiffes ist kein reiner Selbstläufer, sondern es gibt durchaus eine relevante Routenwahl inkl. Sackgassen sowie Tempovorteilen und - falls man das Projekt in seinem Hauptquartier vollendet  - coolen Sprungfolgekombos. Wer auf diese Art mehrere Tore einer Farbe passiert, bekommt nochmal Bonuspunkte. Gerade mit drei oder vier Spielern ist es wichtig, sich nicht nur frühzeitig die besten Planetensysteme zu sichern, sondern auch diese Routen im Auge zu behalten. Man sieht schon: Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, sein Unternehmen noch effizienter zu gestalten.

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Welche Technologien soll man patentieren?
Nach acht Runden wird angenehm vielfältig abgerechnet, denn neben drei optionalen Zielen wie z.B. "Mindestens fünf Technologien entwickeln" gibt es auch Siegpunkte für die Patente, Pulsare, Gyrodine, Stationen und Technik-Cubes sowie den letzten Stand auf der Initiativeleiste. Pulsar 2148 enthält leicht modifizierte Regeln für zwei oder drei Spieler. Man kann es auch im Duett spielen, aber das volle Potenzial entfaltet sich natürlich erst bei mehreren Teilnehmern.

Fazit

Auch wenn Pulsar 2148 auf lange Sicht weder Eclipse noch Terraforming Mars gefährlich werden kann, ist es eine sehr gute Alternative für Freunde kompetitiver futuristischer Strategie! Das biedere Artdesign hat mich zu Beginn etwas abgeschreckt und wir brauchten zwei Partien, um richtig warm zu werden, zumal das Regelwerk verinnerlicht werden muss. Aber wenn man erstmal mit den Wechselwirkungen von Erkundung, Bau und Forschung vertraut ist, entsteht ein spannender sowie angenehm freier Wettlauf um Siegpunkte. In den acht Runden muss man sich effizient spezialisieren, um am Ende als bestes Unternehmen dazustehen. Aber in welche Richtung? Und was ist, wenn einem jemand zuvorkommt? Es ist klasse, wie viele kleine modifizierbare Rädchen von der Initiative über die Pulsar- und Transmitterkombinationen bis hin zur Würfelanpassung ineinander greifen, zumal die Würfel als zentrales Element der Spielmechanik viel zur angenehmen Grübelei beitragen. Es gibt zwar keinerlei miltärische Komponente, aber dafür etwas Puzzle- und Konstruktionsflair. Das ist ein durchdachtes und langfristig motivierendes Strategiespiel, das ich vor allem Vielspielern empfehlen kann, die auch mal bis zu zwei Stunden am Tisch verbringen.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.

Kommentare

ekelhaftes4players schrieb am
Schöner Test :) Bei mir musste es wieder gehen, zuviel Punktesalat und mir zu unthematisch. Es gefällt aber sehr vielen :)
Raskir schrieb am
Kann da zustimmen. Interessant auf jeden Fall dass sie Würfel eingebaut haben ohne den Glücksfaktor dabei hoch zu halten. Die im Test beschriebene Mechanik ist schon ziemlich ausgefuchst, zumindest stelle ich mir das so vor. Auf jeden Fall interessant genug als das ich es gerne mal ausprobieren würde.
Die Vermengung von Genregrenzen gefällt mir bei Brettspielen übrigens auch ganz cool. Erst dadurch sind ja sowas wie Eurogames und 4X Games entstanden, die heute sogar teilweise noch nuancierter sind. Dann gibt es ja noch Abstufungen davon (ich weiß ja noch wo einige angezweifelt haben, ob Scythe überhaupt als 4X Game durchgehen sollte) und Elemente aus anderen Genre die einfach in das Konzept miteingeflochten werden. Solange es sinnvoll ist und das Spiel erweitert, bin ich da auch voll dafür
muecke-the-lietz schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben: ?18.09.2018 15:15 Ja, deshalb ist das System von Boardgamegeek ganz sinnvoll, eher die enthaltenen "Mechaniken" aufzulisten. Das könnte man auch im Videospielbereich machen, weil viele Titel heutzutage Hybride sind.
:mrgreen:
Dann müsste man sich auch nicht mehr, auf zugegebenermaßen, unnötige Genre Diskussionen einlassen...
Aber gerade im Brettspielbereich genieße ich diese Vermengung von Genres, weil die wirklich guten Titel neben neuen Elementen auch einfach die besten Elemente anderer Genres vermengen und damit so einige enge Korsetts ablegen.
Ich bin auf jeden Fall gespannt. Das Spiel hat einige nette Ideen, die sich sehr cool anhören.
Jörg Luibl schrieb am
Ja, deshalb ist das System von Boardgamegeek ganz sinnvoll, eher die enthaltenen "Mechaniken" aufzulisten. Das könnte man auch im Videospielbereich machen, weil viele Titel heutzutage Hybride sind.
schrieb am