Special: Architektur & Spiel (Sonstiges)

von Jörg Luibl



Sonstiges
Entwickler: Spielkultur
Publisher: 4Players
Release:
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Spielinfo Bilder  
 4Players: Haben Sie auch Psychonauts gespielt? Das hat uns mit seiner experimentellen Architektur fasziniert. Es gibt herrlich bizarre Level, die den Helden z.B. in den Kopf eines Psychoanlaytikers abtauchen lassen - da erwarten ihn kleine Planeten, kubisches Design, skurrile Türme.

Dörte Küttler:  Ja, Psychonauts ist ziemlich verrückt. Für den irren Architekturspaß mit den vielen großartigen Anspielungen auf Klischees habe ich mir sogar das nervenaufreibende Rumgehüpfe angetan. Ich halte solche Action-Adventures sonst eigentlich nie durch...

4Players: Falsche Höhenmaße, schiefer Raum, stilistische Fehler. Gibt es Spiele, die sie als Architektin besonders geärgert haben?

Dörte Küttler: Ich langweile mich schnell zwischen immer gleicher Fachwerkarchitektur, wie sie in jedem zweiten Rollenspiel zu sehen ist, und ärgere mich, wenn diese dann noch lieblos gestaltet wurde. Ein echtes Problem hatte ich mit Sims 1: Meine Sims waren immer unglücklich, weil ich ihnen nur minimalistisch eingerichtete Räume anbot. Wir wurden uns nicht darüber einig, was einen schönen Raum ausmacht... Sims 2 verhält sich da architektenverträgllicher.

4Players: Eine unheimlich beeindruckende und letztlich auch wertungsrelevante Rolle hat die Architektur in Shadow of the Colossus gespielt. Der Held schrumpfte angesichts der Monumentalität zum Wurm und selbst die Riesen wirkten wie lebendige Architektur, die man erklettern konnte. Inwieweit haben Sie sich auch mit den psychologischen Wirkungen von Raum und Gebäuden beschäftigt?

Dörte Küttler: Shadow of the Colossus ist ein hervorragendes Beispiel für einen kreativen Umgang mit Architektur im Spiel. Den Gegensatz von Weite und Enge am Bildschirm mit nur etwa 40 bis 60° Sichtwinkel zu erzeugen, ist außerordentlich schwer. SotC schafft ein Gefühl von unendlicher Weite und Leere, um den Spieler im nächsten Moment durch die gewaltigen Kolosse in die Enge treiben zu lassen: Eine ganz fantastische Dramaturgie des Raumgefühls.

4Players: Wie unterscheidet sich die Aufgabe oder Funktion von Architektur im Leben von der im Spiel?

Dörte Küttler: Die Architektur, die uns in der Realität umgibt, dient uns zum Schutz vor Wetter, als Raum für Aktivitäten, zur Wahrung unserer Privatsphäre, als Produktionsstätte oder Lager. Als das ist im Spiel nur so relevant, wie die Realität simuliert werden soll. Im Spiel unterstützt Architektur das Gameplay. Sie schafft Grenzen, kann Spielziel, Spielinhalt, Herausforderung, Gegner oder Verbündeter sein oder dient als Symbol für eine Spielfunktion oder Belohnung für den Spielfortschritt. Gemeinsamkeiten von Architektur in der Realität und im Spiel sind vor allem der Wert für die Atmosphäre und den Ausdruck eines bestimmten Status, wie beispielsweise Macht. Außerdem lassen sich die meisten Architekturen in Städte, Gebäude und Bauteile gliedern, obwohl dies im Spiel gar nicht notwendig wäre. Eine Ausnahme ist zum Beispiel Rez , welches einfach nur Raumstrukturen erschafft.

4Players: Wenn Sie die Evolution der Spielarchitektur betrachten: Was hat sich hauptsächlich verändert?

Dörte Küttler: Die entscheidende Entwicklung fand im Abstraktionsgrad der Darstellung statt, was vor allem auf die immer leistungsfähigeren Rechnersysteme zurückzuführen ist. Früher wurden Architekturen abstrahiert, heute werden sie mit zahlreichen Details geschmückt. Diese Entwicklung gab es zwei Mal: Erst in 2D, dann in 3D. Die Gestaltung und die Themen von Architektur haben sich dagegen kaum geändert.

4Players: Wird die Rolle der Architektur auch in den wissenschaftlichen Kreisen der Game Studies behandelt? Haben Sie vielleicht einen Literaturtipp für Interessierte?

Dörte Küttler:  Architektur in Spielen ist bisher kaum Gegenstand von Forschung geworden. Interessant ist aber, was Leveldesigner über Architektur schreiben, zum Beispiel Ernest W. Adams in "The Construction of Ludic Space" oder Michael Stuart Licht in "An Architect´s Perspective On Level Design Pre-Production". Im Frühjahr 2007 wird im Birkhäuser Verlag das Buch "Space Time Play" erscheinen, dass sich auch mit anderen Schnittstellen von Architektur und digitalen Spielen beschäftigt, wie Pervasive Gaming oder dem Einsatz von Game Engines als Planungsinstrumente für Architekten.

4Players: Stellen Sie sich vor, Sie müssten entscheiden, wer an der Entwicklung eines kommenden Spiels teilnimmt: entweder ein Star-Architekt, ein großer Komponist oder ein Bestseller-Autor. Auf wen träfe ihre Wahl? Wer ist wichtiger?

Dörte Küttler: Meine Wahl würde auf den der drei fallen, der weiß, worauf es in einem Spiel ankommt. Wenn der Star-Architekt nicht weiß, wie seine Raumdramaturgie am Bildschirm wirkt, der Komponist die Atmosphäre der Situation nicht transportieren kann und der Bestseller-Autor nicht in der Lage ist, seine Geschichte interaktiv zu entwickeln, nützt mir keiner der drei etwas. Ich bin der Meinung, es sollte lieber qualifizierte Studiengänge an staatlichen Hochschulen geben, die gezielt für die Spieleentwicklung Game Designer, Leveldesigner, Game Artists und Sound Designer auf hohem Niveau ausbilden. Dann bräuchte die Branche weniger Spielautodidakten fremder Disziplinen.

4Players: Vielen Dank für das Interview.

 

Kommentare

johndoe-freename-100005 schrieb am
Hallo hey-nyng,
studierst Du an der HGKZ?
Die HGKZ bietet meines Wissens nach als erste staatliche Hochschule im deutschsprachigen Raum einen Studiengang "Game Design" an. Die Absolventen sollen unter anderem als Leveldesigner und Game Artists arbeiten können. Nach Aussage des Dozenten Ulrich Götz, der selbst Architektur studiert hat, wird der Auseinandersetzung mit Architektur im Game Design Studiengang eine hohe Relevanz eingeräumt.
Allerdings habe ich keine Studierenden befragt.
Ob später Spezialisierungsmöglichkeiten oder Vertiefungsrichtungen für unterschiedliche Bereiche der Spieleentwicklung, zum Beispiel Programmierung, Game Art oder Sound Design, geplant sind, weiß ich nicht. Das würde ich persönlich langfristig sinnvoll finden.
Dörte
johndoe-freename-99964 schrieb am
An der HGKZ werden keine Leveldesigner und Game Artists ausgebildet....es gibt keine Spezifizierung in einzelnen Bereichen...Allrounder nennt man es dort...von allem etwas und nichts richtig. Außerdem findet eine Vermittlung von notwendigen Architekturkenntnissen NICHT statt.
schrieb am