Nintendo Switch03.03.2017, Jan Wöbbeking

Special: Fusion von Handheld und Heimkonsole

Mit der Switch soll alles anders werden: Nintendo will nicht nur den Couch-Multiplayer wiederbeleben, sondern auch den Spagat zwischen einem Handheld und einer Heimkonsole meistern. Keine allzu leichte Übung, zumal es bislang noch am Spielenachschub hapert. Wir unterziehen die eierlegende Wollmilchsau in zwei Teilen einem Praxistest, den wir Anfang nächster Woche finalisieren.

Schleppende Software-Unterstützung

Nicht nur der durchschnittliche Switch-Käufer dürfte sich zum Launch fragen, womit er sein neues Spielzeug denn nun füttern soll. Das alles überstrahlende Highlight The Legend of Zelda: Breath of the Wild hat zwar beindruckende 91% in unserem Test erhalten und auch im eShop finden sich vom Start weg ein paar kleinere Download-Highlights wie Fast RMX oder Snipperclips – bis zu weiteren großen Namen wie dem fürs Weihnachtsgeschäft angesetzten Super Mario Odyssey muss man aber noch eine gute Portion Geduld aufbringen. Da wir zunächst nur mit Zelda und Just Dance 2017 bemustert wurden, welche viele der neuen Funktionen der Hardware noch gar nicht nutzen, schildern wir in diesem Teil unseres Hardware-Specials erste Eindrücke und Erkenntnisse über technische Details. In der kommenden Woche finalisieren wir es mit Erfahrungen aus Spielen wie Bomberman, Snipperclips oder 1-2-Switch, welche intensiv Gebrauch von den Multiplayer-Möglichkeiten und Features wie dem feinfühligen HD-Rumble machen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gehäuse-Design recht stilvoll, bei der Benutzung entpuppen sich aber viele Details als klapprig. Mit Hilfe eines Knopfes lassen sich übrigens jederzeit Screenshots schießen.

Der Formfaktor sorgte bei uns in der Redaktion bereits für hitzige Diskussionen. Manch einer wie ich empfinden es als herrlich bequem, das 239 Millimeter breite Gerät z.B. in der Bahn gemütlich auf den übereinander geschlagenen Beinen abzulegen, zumal auch die Arme dabei in einer entspannteren Stellung bleiben als bei kleineren Handhelds. Andere Teile des Teams können wiederum überhaupt nichts mit der mittleren Größe anfangen und werden auch zukünftig lieber ihr Tablet mit größerem Schirm oder den portableren 3DS einpacken.

Fliegender Wechsel

Der nahtlose Wechsel vom mobilen zum stationären Spielen und zurück funktionierte bislang einwandfrei: Hat man z.B. unterwegs Zelda gespielt und kommt mit dem noch laufenden Titel nach Hause, steckt man die Konsole einfach senkrecht von oben in die an den Fernseher angeschlossene Docking-Station - und schon geht es auf dem TV weiter, auf dem man dann mit dem separat erhältlichen „Pro Controller“ weiterspielt. Alternativ kann man auch die beiden seitlichen Joy-Con-Controllerhälften vom Gerät abziehen, um sie mit dem mitgelieferten Adapter zu einem mehr oder weniger vollwertigen Controller zusammenzustecken. Bei uns schaltete das Bild verlässlich binnen rund vier Sekunden auf den großen Schirm um. Je nachdem wie flott oder lahm der Fernseher das Signal erkennt, kann es natürlich auch ein wenig schneller oder langsamer gehen.

Die Docking-Station dient auch als Ladegerät. Man kan aber auch einfach ein USB-C-Kabel oder ein entsprechendes Ladegerät vom Handy benutzen.

Umgekehrt erscheint das Bild schon in unter einer Sekunde auf dem Konsolenscreen, wenn man das Gerät wieder aus seiner Station zieht. Sonderlich robust wirkt die Konstruktion neben dem Fernseher nicht: Man kann das Handheld in seinem schwarzen „Plastikkäfig“ ein paar Millimeter in alle Richtungen wackeln.

Andererseits ist die verwendete USB-C-Steckverbindung aber dafür bekannt, gerade wegen der absichtlich lockeren Bauweise besonders widerstandsfähig und haltsam zu sein. Die Konstruktion könnte also dafür sorgen, dass bei kleinen Stößen und Unfällen nicht all zu viel zu Bruch geht.

Zudem halten die kleinen Gummifüße die leichte Docking-Station verhältnismäßig sicher an ihrem Platz. Hinter einer Klappe im hinteren Teil des Kästchens sind gut geschützt die zwei Buchsen für HDMI- und Netzanschluss sowie ein USB-3.0-Anschluss verborgen. An der linken Seite befinden sich zudem zwei USB-2.0-Ports, z.B. zum Aufladen von Pro-Controllern.

Primär Handheld oder Heimkonsole?

Wer Lust auf spontane lokale Mehrspieler-Treffen hat, bekommt mit der Switch ein relativ portables Stück Hardware für den Rucksack, da das Gewicht mit angeschlossenen Joy-Con bei ca. 398 g liegt und es sich bei der Docking-Station lediglich um ein hohles Plastikkästchen mit 327 Gramm und den bereits erwähnten Anschlüssen für die beiliegenden HDMI- und Netzkabel handelt. Das Handheld (Maße: 102 mm x 239 mm x 13,9 mm ) passt gerade noch so in ein große Winterjackentasche. Eine eigene Umhängetasche oder Ähnliches ist aber in jedem Fall die bessere Alternative. In Multiplayer-Titeln wie dem zum Start veröffentlichten Super Bomberman R (bis zu acht Spieler) oder Fast RMX (bis zu vier Spieler) können mehrere Teilnehmer ihre Konsolen per WiFi miteinander verbinden und für weitere Mitspieler z.B. die abgezogenen Controller-Hälften oder hinzugekaufte Pro-Controller als Eingabemöglichkeit nutzen. Auch Online-Spiele sind mit einem kostenpflichtigen Abo möglich – auf all diese sozialen Aspekte, Account-Management und Online-Service gehen wir im zweiten Teil des Specials näher ein, wenn wir mehr Erfahrungen gesammelt haben. Einen Überblick über die genauen technischen Daten gibt diese News.

Die Switch im Größenvergleich mit einem Smartphone (Huawei Nova mit Fünf-Zoll-Display), dem New 3DS sowie den Ur-Modellen von PS Vita und 3DS.

Bereits beschreiben lässt sich der Eindruck von Hardware und Verarbeitung. Das Mittelteil des Geräts wirkt im Wesentlichen massiv und stabil, einige andere Komponenten dagegen ganz und gar nicht. Negativ fällt z.B. der dünne ausklappbare Ständer auf, dessen Befestigung wie eine Sollbruchstelle anmutet. Nach dem Ausklappen steht das Gerät zwar im passenden, leicht schrägen Winkel, die Konstruktion wirkt aber wackelig und fragil. Seine Funktion ist grundsätzlich praktisch: In einem Hotelzimmer z.B. lässt sich das Mittelteil der Konsole bequem als kleiner Bildschirmersatz auf dem Tischchen aufbauen, vor dem man mit einem Pro-Controller oder den abgezogenen Joy-Cons eine kleine Spielrunde einlegt. Man sollte den Schirm allerdings möglichst weit vorne auf die Tischkante stellen, da sich etwa in Zelda sonst die Schrift nicht mehr erkennen lässt.

Kein vollwertiger Controllerersatz

Ebenfalls enttäuschend ist die Konstruktion der seitlichen Joy-Con-Controller, deren Eingabe-Elemente bekanntlich auch im normalen Handheldmodus zum Einsatz kommen. Der Hebelweg der Analogsticks (die sich auch als Knopf herunterklicken lassen) wirkt ziemlich kurz. Damit lässt sich die Bewegung aber immerhin geringfügig feiner dosieren als bei den Vita-Knubbeln oder den flachen scheiben des 3DS. Vor allem Spieler mit größeren Händen müssen ihren rechten Daumen stark anwinkeln, woran man sich zum Glück aber erfreulich schnell gewöhnt, so dass es schon nach Minuten kaum noch negativ auffällt. Da es keine Analogtrigger gibt, muss man z.B. in Rennspielen mit den digitalen Schultertasten Vorlieb nehmen, welche sich zudem ein wenig flach und billig anfühlen. Einen deutlich besseren Eindruck hinterlassen die vier Feuerknöpfe auf der Vorderseite. Im Vergleich zu den ausgewachsenen Controllern von PS4 und Xbox One wirken sie klein, als Handheld-Buttons schlagen sie sich mit ihrem angenehmen Druckpunkt und der leicht rauen Oberfläche aber gut.

Die "Rumpf-Konsole" im Detail (für Vergrößerung anklicken).

Unangenehm wird es dagegen, wenn man die Joy-Cons seitlich abzieht, um sie als zusätzliche Controller zu nutzen. Die Möglichkeit an sich ist toll, da man so schließlich schnell und unkompliziert weitere Mini-Joypads herbeizaubert. Die Umsetzung hinterlässt aber keinen ausgereiften Eindruck: Die Daumen befinden sich dann unangenehm nah beieinander und die entweder zu kleinen (oder mit Aufsatz überaus wabbeligen) L- und R-Tasten machen z.B. das Drehen der Figuren in Snipperclips unpräzise. Dazu kommt das Problem, dass die Scharniere unseres Exemplars schon nach rund 50 Spielstunden nicht mehr ganz so sauber sitzen. Werden sie dann an der Konsole befestigt, rasten sie zwar nach wie vor sicher mit einem Klick ein, der mit einem kleinen Knopf wieder gelöst wird. Sie sitzen dann allerdings nicht mehr felsenfest am Gehäuse, sondern etwas wackelig mit ein klein wenig Spiel.

Stabil genug für den Dauerbetrieb?

Auch beim Befestigen der „Deckels“ für die kleinen Joy-Con-Controller kann es schon mal vorkommen, dass eine Schiene hakt oder kurz hängenbleibt. Wer seine Switch liebt, sollte beim Auseinandernehmen also vorsichtig bleiben und mit Hilfe der Plus- und Minus-Markierungen auf die richtige Ausrichtung achten! Wir sind gespannt, wie gut die Technik in Haushalten mit jüngeren Kindern hält, die bekanntlich nicht immer ganz so behutsam mit ihrem Spielzeug umgehen. Wem beim Spielen mit den kleinen Joy-Con-Hälften der Saft ausgeht, muss sie übrigens wieder ans Gerät stecken und dieses in die Docking-Station stellen. Oder man greift noch tiefer ins Portemonnaie und gönnt sich die „Switch Joy-Con-Aufladehalterung“, welche von Nintendo für 29 Euro angeboten wird.

Ein weiteres Manko am Joy-Con-Konzept ist, dass Nintendo am Handheld auf ein echtes Steuerkreuz verzichtet: Unter dem linken Analogstick befinden sich schließlich vier Knöpfe, die sich nur sehr schlecht als Ersatz nutzen lassen – und man unterwegs mit den Analogsticks Vorlieb nehmen muss. Außerdem kam es bei uns nach dem Aufwachen aus dem Standby bisher zwei mal zu Verbindungs- bzw. Kalibrierungs-Problemen der Bedienelemente, die sich mit einem Neustart beheben ließen (einer davon auch nach dem ersten System-Update). Wir werden das Thema weiter beobachten und euch auf dem Laufenden halten.

Vorteil: Pro Controller

Wer sich einfach nur vor den TV lümmelt und die Switch mit dem zusätzlich für 69 Euro erhältlichen Pro-Controller als klassische Heimkonsole nutzt, bekommt von den oben beschriebenen Problemen wenig mit. Das klassische Eingabegerät im stylishen halbtransparenten Design fühlt sich wertig an, liegt gut in der Hand, bietet angenehm große Knöpfe auf der Vorderseite und ein sehr gutes Digi-Kreuz. Auch die Sticks wissen zu überzeugen und gefallen mir noch etwas besser als die Exemplare der PS4, erreichen aber nicht ganz die Präzision des Xbox-One-Controllers. Negativ fallen aber auch hier die fehlenden Analog-Trigger auf. Was für ein Versäumnis für Rennspiele! Die NFC-Schnittstelle für technische Gadgets und Figuren wie Amiibos oder Skylanders sitzt diesmal unter dem rechten Analogstick (bzw. beim Pro-Controller links oberhalb davon). Der Bildschirm bietet dank Nutzung eines aktuellen IPS-Panels ein deutlich leuchtstärkeres und farbkräftigeres Bild als die alten Exemplare von Wii U und in diversen 3DS-Revisionen. Im Vergleich zu den knackigen Farben und dem tiefen Schwarzwert der ersten PS Vita zieht er aber den Kürzeren, zumal Sonys "Oldie" auch bei der Blickwinkelstabilität noch etwas besser abschneidet (auf der Switch trübt sich das Bild nur dann ein wenig ein, wenn man in spitzem Winkel auf den Schirm schaut). Auch das IPS-Panel des Smartphones Huawei Nova zeigt leuchtstärkere Farben als Nintendos Neuling.

Der filigrane abklappbare Ständer wirkt ziemlich zerbrechlich (für Vergrößerung anklicken).

Sommertauglicher Bildschirm

Mit der Wahl der 720p-Auflösung lag Nintendo in Kombination mit der Diagonale von 15,7 cm offenbar goldrichtig: Das Bild auf dem kleinen Screen präsentiert sich angenehm scharf. Um Kanten einzelner Pixel zu erkennen, muss man das Handheld schon sehr nah vors Auge halten. Da der Chip also nicht wie im TV-Betrieb eine 1080p-Auflösung stemmen muss, lässt sich vermutlich einiges an Strom sparen. Auf Fotos einer zerlegten Konsole nahm der Akku verhältnismäßig viel Platz im aufgeräumt konstruierten Inneren ein – also ähnlich wie es bei modernen Smartphones der Fall ist.

Da heute auch in Hamburg endlich mal wieder die Sonne schien, konnten wir eben noch die Tauglichkeit für Mehrspieler-Sessions im Freien überprüfen. Das Ergebnis: Das Display ist zwar nicht entspiegelt, trotzdem lässt sich das Geschehen dank hoher Helligkeit noch einen Deut besser erkennen als auf der Ur-Vita mit Ihrem OLED-Schirm – und viel besser als auf dem dunklen Pendant des New 3DS. Die Switch ist somit klar das beste moderne Handheld fürs Freie. Die kapazative Touch-Funktion kommt übrigens ausschließlich in „Mobil-Titeln“ wie dem Musikspiel VOEZ zum Einsatz, die sich nicht im TV-Modus starten lassen. Während das Gehäuse in der Docking-Station steht, kann man schließlich nicht auf dem verdeckten Touchscreen herumtippen!

Kostspieliges Vergnügen

Eurogamers Technik-Ressort Digital Foundry geht in seiner aktuellen Analyse davon aus, dass ein modifizierter Tegra X1 im Inneren arbeitet. Daher dürfte die Leistung (im Dock-Betrieb bei einer GPU-Taktung von 768 MHz.) vermutlich leicht unter der von Nvidias kleiner Settop-Box Shield TV (ca. 0,51 TeraFLOPS bei einer GPU-Taktung von 1 GHz.) liegen. Shield TV kann zusätzlich noch auf vier schwächere und stromsparende CPU-Kerne zurückgreifen (ARM Cortex-A53), welche den "großen" vier ARM Cortex-A57 aushelfen. Bei der Switch fehlen diese vier "kleinen Helfer" - stattdessen bleibt ein A57-Kern für Systemaufgaben reserviert, während die übrigen vier von Spielen genutzt werden. Auch die Grafik bisheriger Spiele bestätigt den Eindruck, dass man sich näher am Bereich der Wii U (0,35 TeraFLOPS) befindet als an Sonys und Microsofts aktuellen Heimkonsolen. Zum Vergleich: Die "alte" PS4 liegt etwa bei 1,8 TeraFLOPS, die Xbox One bei 1,3, die Xbox 360  bei 0,24, die PS3 bei 0,23 und die PS Vita bei 0,05 TeraFLOPS. Der SoC (System-on-a-Chip) der Switch lässt die ARM-CPU-Kerne demnach immer mit 1.020 Mhz laufen, egal welcher Modus genutzt wird. Die GPU wechselt aber von 768 MHz im Dock zu 384 MHz im Handheld-Modus. Spiele-Entwickler können anscheinend auch noch einen Modus mit 307,2 MHz nutzen, wenn das für die erforderliche Grafikleistung ausreicht.

The Legend of Zelda: Breath of the Wild zeigt trotz kleiner technischer Schnitzer momentan am besten, wie sich eine ansehnliche offene Welt mit idyllischen Panoramen und schöner Vegetation auf der Switch umsetzen lässt.

Der eingebaute Lüfter schaltete bei uns nur selten in die höchste Stufe, so dass man nur dann ein leises Rauschen vernehmen konnte, wenn es im Zimmer komplett still war. A propos hörbar: Titel wie Zelda geben an der Docking-Station mit entsprechender Anlage einen räumlichen PCM-Sound aus, der die Stimmung der offenen Welt mit seiner räumlichen Ortung schön unterstützt. Am Handheld stöpselt man einfach seinen Kopfhörer mit der üblichen 3,5mm-Klinke an. Bluetooth-Headsets werden leider nicht unterstützt. Für Download-Titel wird vermutlich ziemlich schnell eine Speicherkarte nötig. Zum Glück geht Nintendo keine skurrielen Sonderweg wie Sony mit dem Memory-Stick der Vita. Totzdem dürfte es für Besitzer einer größeren Bibliothek kostspielig werden, sich mehrere der wechselbaren Micro-SD-Karten zuzulegen. Der interne Speicherplatz beträgt lediglich 32GB, wovon 4 GByte bereits für Betriebssystem & Co. reserviert sind.

Hardware-Special: Nintendo Switch (ab 255,00€ bei kaufen) (Teil 2; Update vom 10. März 2017)

Nachdem wir im ersten Teil des Specials die Hardware und das anfängliche Spieleprogramm unter die Lupe genommen haben, sind diesmal Mehrspielermöglichkeiten, die Online-Anbindung sowie Besonderheiten der Bewegungssteuerung an der Reihe. Zum Test von Super Bomberman R haben wir natürlich ausgelotet, ob sich unkompliziert lokale Multiplayer-Sessions mit mehreren Konsolen, Controllern und Joy-Cons starten lassen. Zunächst muss man ein wenig in den Menüs der Konsolen und des Spiels herumwurschteln, damit die abgezogenen Mini-Gamepads und Pro-Controller passend angemeldet sind. Danach fand sich aber alles zusammen und unsere Matches mit zwei Konsolen und vier Joy-Cons liefen einwandfrei (auf Wunsch können sogar acht Personen loslegen). Das einzige Manko an der Sache war, dass sich das Switch-Bomberman als äußerst schwacher Serienteil herausgestellt hat, der vor allen aufgrund der schwammigen Steuerung lange nicht solch ein Party-Potenzial besitzt wie ältere Ausgaben (zum Test). Deutlich lustiger wird es beim kooperativen Geschnibbel und Gebastel in den Physik-Puzzles von Snipperclips (zum Test).

Zwei Konsolen in einem typischen Mehrspieler-Aufbau: Nachdem man die Joy-Cons seitlich abgezogen hat, schiebt man einen kleinen Deckel mit größeren Schultertasten auf die Scharnier-Kante.

Wenig begeistert waren wir dagegen vom peinlich-minimalistischen und völlig überteuerten 1-2-Switch (zum Test). Immerhin zeigt die Minispielsammlung aber, welche Potenziale in den neuen Joy-Cons schlummern: Die Controller weisen nicht nur optisch, sondern auch technisch einige Parallelen zur Remote der Wii auf und verfügen sowohl über einen Beschleunigungssensor als auch ein Gyroskop, um die Bewegungen zu erfassen. Im Gegensatz zu früher ist dafür mittlerweile aber keine separate Sensorleiste mehr nötig. Die optionalen Sicherheitsschlaufen, mit denen man die Joy-Cons am Handgelenk befestigen kann, wecken ebenfalls Erinnerungen an Nintendos frühere Bewegungs-Controller, die in Zukunft mit einem Update kompatibel zur Switch werden könnten. Zumindest stellte Nintendos Präsident Tatsumi Kimishima einen solchen Schritt in Aussicht.

Präzise Bewegungssteuerung

Es fällt auf, dass die Joy-Cons meist sehr präzise reagieren und selbst kleinste Bewegungen korrekt erfasst werden. Das zeigt nicht nur der feinfühlige Umgang mit dem Rad beim Safeknacken, sondern vor allem ein Minispiel, bei dem man eine Schatztruhe von einer mehrfach umschlungenen Kette befreien und dafür die Joy-Cons auf mehreren Achsen drehen muss. Der Beschleunigungssensor hat seine Funktionalität dagegen u.a. bei dem Pistolen- und Magierduell der Minispielsammlung unter Beweis gestellt und dabei eine recht gute Figur gemacht. Von der Infrarot-Kamera, die sich lediglich im rechten Joy-Con befindet, kann man das leider nur eingeschränkt behaupten – zumindest, wenn man erneut 1-2-Switch als Beispiel heranführt. Dort war das Wettessen nicht immer von Erfolg gekrönt, weil die Kamera den Abstand zwischen Joy-Con und Mund nicht immer verlässlich erkannt hat.

Eine Runde Bomberman gefällig?

Darüber hinaus verfügt der rechte Joy-Con über zwei weitere Sonderfunktionen: Zum einen befindet sich auf dem Analogstick der NFC-Berührungspunkt, mit dem sich Daten von und zu den Amiibo-Figuren übertragen lassen. Zum anderen verfügt er über den Home-Button, der nicht nur zurück zum Hauptmenü führt, sondern auch bei eingehenden Nachrichten leuchtet.

Eiswürfel im Controller?

Eines der interessantesten Features der Mini-Controller, das man regelrecht spüren kann, ist vermutlich die neue Vibrations-Technologie, die Nintendo als HD Rumble bezeichnet. Sie vermittelt den Eindruck einer punktgenauen Verteilung der Vibrationen im Inneren der Joy-Cons. So kann z.B. das Gefühl vermittelt werden, als würden Eiswürfel in einem Glas zusammenstoßen. Ein Minispiel von 1-2-Switch dreht sich z.B. auch darum, abzuschätzen, wie viele Kugeln sich im Controller bewegen. Das mag zwar nur ein Gimmick sein – aber es ist ein verdammt cooles, wenn es auch in Zukunft stärker und clever in die Spielerlebnisse eingebunden werden kann.

Bisherige Online-Modi und das Freundescode-System präsentieren sich mit relativ eingeschränkten Möglichkeiten.

Wenig begeistert waren wir davon, wie stiefmütterlich Nintendo nach wie vor die Online-Anbindung behandelt. Statt Multimedia-Apps wie die von Netflix oder Amazon Prime gibt es im eShop vorerst nur Spiele. Auch das Freunde-System baut nach wie vor auf umständliche Zahlen-Codes und funktioniert noch sehr unzuverlässig: Immer wieder erscheinen im Netz spielende Bekannte als offline, wodurch man das Organisieren von Mitspielern oft altmodisch mit dem Handy oder dem PC erledigen muss. Im Sommer soll übrigens eine offizielle Smartphone-App erscheinen, mit deren Hilfe man sich in Lobbys organisieren und Voice-Chat nutzen kann. Sie ist Teil eines Online-Dienstes, der nach einer kostenlosen Testphase rund 30 Euro im Jahr kosten soll. Ähnlich wie bei Xbox Live Gold oder PlayStation Plus werden dabei auch kostenlose Spiele zum Download angeboten – in diesem Fall allerdings nur alte Titel vom NES und Super Nintendo.

Karge Online-Anbindung

Auch das lokale Hinzufügen neuer Freunde funktionierte nicht wie geplant: Theoretisch muss man bei zwei sich in der Nähe befindlichen Konsolen einfach nur eine entsprechende Suchfunktion starten, in der Praxis klappte es jedoch nicht und wir wichen auf eine klassische Freundesanfrage mit Zahlencode im Netz aus. Allgemein wirken die Online-Modi bisheriger Spiele ziemlich steinzeitlich. In Fast RMX und Super Bomberman R etwa muss man mit simplen Online-Lobbies und einer geringen Modi-Vielfalt leben. Von sozialen Clubs, Streaming-Einbindung oder ähnlichen übergeordneten Errungenschaften der Konkurrenzkonsolen fehlt bislang jede Spur. Lediglich Screenshots lassen sich mit einem Knopf schießen, um sie per Micro-SD-Karte zu kopieren, auf Twitter oder Facebook zu teilen. Auch das Speicherstand-Management lässt noch zu wünschen übrig, vor allen im Vergleich zum bequemen Cloud-System von Xbox One und PlayStation 4. Bislang gibt es keinen Weg, Speicherdaten auf eine andere Konsole zu kopieren.

Löblich ist, dass die System-Menüs elegant und ruckelfrei über den Schirm flutschen und ein viel flüssigeres Nutzererlebnis bieten als auf 3DS und Wii U mit ihren langen Wartezeiten. Zudem verknüpft Nintendo endlich die im eShop gekauften Titel mit einem Account statt der Konsole. Wer möchte, kann also pro Gerät bis zu acht Konten anlegen und sie auf Wunsch mit einem „Nintendo-Account“ für den eShop und Online-Modi verknüpfen. Gäste können dann bei physischen Spielmodulen aus dem Handel ihre eigene Speicherstände anlegen. Bei Download-Titeln muss man aber mit ärgerlichen Einschränkungen leben: Wer seinen Nintendo-Account z.B. auch auf einer zweiten Konsolen nutzt, kann dort keine eShop-Spiele herunterladen: Das funktioniert nur, indem er das zweite Gerät als Primärkonsole festlegt und das erste quasi für den eShop deaktiviert wird. Auf der PlayStation 4 und vor allem der Xbox One ist die Handhabung mehrerer Konten viel unkomplizierter und großzügiger geregelt.

Kratzer oder keine Kratzer?

Willkommen in der Patch-Zukunft: Zu Beginn stehen erstmal einige Updates an.

Natürlich haben wir auf unseren mittlerweile drei Geräten auch auf die Schwachstellen geachtet, über die im Netz hitzig diskutiert wurde: Wir haben z.B. nach wie vor keine Kratzer am unteren Rand neben dem Bildschirm festgestellt. Die nicht gepolsterte, aus rauem Plastik gefertigte Docking-Station hinterlässt nach dem Herausziehen des Handhelds zwar einen kleinen Abdruck, dieser ließ sich bislang aber stets mit einem Microfasertuch wegwischen. Da kein robustes Gorilla-Glas sondern Kunststoff den Bildschirm abdeckt, kann es leichter zu Kratzern kommen als bei manch anderem Mobilgerät. Auch Verbindungsprobleme mit Joy-Con-Controllern sind lediglich zu Beginn zwei mal aufgetreten, danach nicht mehr. Positiv ist übrigens, dass die Funkverbindung zu den zwei Minicontrollern auch aus größerer Entfernung noch funktioniert. Erst nachdem ich mich rund zwölf Meter von der Konsole entfernt hatte und eine Wand im Weg war, brach das Signal ab.

Schade ist allerdings, dass sich der Touchscreen nicht mehr wie bei der Wii-U als Extra-Bildschirm nutzen lässt, z.B. für ein Inventar oder einen zweiten Spieler wie bei Rayman Legends. Entweder man spielt auf dem Handheld oder die Konsole steht im Dock versenkt und man muss den Fernseher benutzen. Recht ordentlich schlägt sich der Akku, der bei bei normalem Spielbetrieb grob geschätzt drei Stunden lang durchhält. Ein schönes Detail ist, dass die Ladestand-Warnung sich bereits früh zu Wort meldet und das Gerät rund 20 Minuten später in eine Art Zwangs-Standby versetzt. Kommt man kurze Zeit später nach Hause und verbindet das Gerät mit Docking-Station oder einem USB-C-Ladegerät, ist der aktuelle Fortschritt nicht verloren und man kann direkt wieder ins Spiel einsteigen. Nur wenn der Akku komplett entladen wurde, funktioniert das nicht mehr. Das Aufladen der Konsole und ihrer angesteckten Joy-Cons nimmt rund drei bis dreieinhalb Stunden in Anspruch. Wenn man währenddessen nebenbei spielt, dauert es sogar noch länger.

Mit Snipperclips gibt es bereits ein kleines kreatives Koop-Highlight im eShop.

Ärgerlich ist in dem Zusammenhang, das Nintendo bei den Kabeln für den HDMI-Anschluss und den Pro Controller mal wieder bei der Länge gespart hat (je rund anderthalb Meter): Gibt der Akku des Pro-Controllers den Geist auf, muss man sich also nah vor die Konsole hocken, um weiterspielen zu können. Alternativ kann man natürlich gründlicher darauf achten, dass das Eingabegerät immer gut geladen ist (oder steigt notfalls auf die Joy-Cons um). Längere USB-C-Kabel sind zumindest im Fachhandel noch äußerst rar gesäht - im Gegensatz zum PS4-Controller, für den richtig lange Micro-USB-Strippen zum Aufladen erhältlich sind. Zu Gute halten muss man dem Pro-Controller allerdings, dass er viel länger durchhält als das PS4-Pendant mit seinem integrierten Nebelscheinwerfer.

 
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