Fate/EXTELLA: The Umbral Star21.07.2017, Mathias Oertel
Fate/EXTELLA: The Umbral Star

Im Test: Futuristischer Massenprügler mit Flair

Tecmo Koei hat mit seinen Musou- bzw. Warriors-Spielen eine ganz spezielle Nische für sich besetzt und dort beinahe ein Monopol. Angesichts des Erfolges, den die zahlreichen Serien vor allem in Fernost haben, ist es überraschend, dass kein anderer Entwickler auf den Zug aufspringt. Das dachte sich wohl auch Marvelous und brachte mit Fate/Extella: The Umbral Star (ab 14,91€ bei kaufen) Anfang des Jahres ansprechende Massenkampf-Action auf die PS4, die nun auch auf Switch zu den Waffen ruft. Wir haben im Test geschaut, ob die Schlachten mobil ebenso viel Spaß machen wie zuhause.

Wieso nicht häufiger?

Capcom hat es vor allem mit der Sengoku-Basara-Serie gezeigt, die übrigens auch auf Wii erschien: Es gibt auch anständige Massenprügler, die nicht von Tecmo Koei kommen. Doch solche Ausnahmen gibt es selten. Stattdessen sorgen Kooperationen wie mit Square Enix (Dragon Quest Heroes 2), Nintendo (Hyrule Warriors) oder Bandai Namco (One Piece: Pirate Warriors) dafür, dass Koei Tecmos Omega Force dieses sehr spezielle Subgenre des Action-Adventures quasi in einem Würgegriff hält. Denn mit darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass man mit Serien wie Dynasty Warriors (Teil 9 kommt bald), Samurai Warriors, den Ablegern im Gundam-Universum und einigen anderen Titeln bereits ein breites Feld für sich abgesteckt hat.

Ein Held gegen hunderte Gegner: Fate/Extella ist eine unterhaltsame Variante von Koeis Musou-Spielen.
Doch ähnlich der unbeugsamen Gallier der Asterix-Comics nimmt es Marvelous als kleiner Entwickler mit dem mächtigen Musou-Imperium auf. Dass man für deren Interpretation der Einer-gegen-Alle-Kämpfe ausgerechnet das Fate/-Universum wählt, das zuerst 2004 in Erscheinung trat, kommt allerdings überraschend. Denn die Ereignisse um die so genannten "Holy Grail Wars", die geschickt historische Elemente und Begriffe z.B. aus dem Römischen Imperium oder der Artus-Sage mit einem futuristischen, an Tron erinnernden Krieg von Computer-Wesen verbinden, wurden vorrangig als Visual Novels und Zeichentrickfilme umgesetzt. Capcom veröffentlichte 2008 einen klassischen Prügler auf PSP, PS2 sowie in Spielhallen und zuletzt konnte man 2010 mit Fate/Extra in einem Dungeon Crawler rundenbasierte Gefechte erleben. Da ich nur aus meiner Musou-Affinität heraus bei Fate/Extella gelandet bin, kann ich leider keine weiteren Auskünfte dazu geben, wie und wo sich The Umbral Star erzählerisch innerhalb dieses Universums einordnet. Doch viel wichtiger ist natürlich die Einschätzung, inwieweit die auf drei aufeinander aufbauenden Kampagnen es mit den Dynasty, Samurai und sonstigen Warriors aufnehmen können.

Mit Spaß dabei

Als Fan der Spiele von Omega Force kenne ich die Kommentare und Gesichtsausdrücke der Kollegen, die kurz einen Blick auf den Bildschirm werfen und einen von Koeis Massenprülern erhaschen, bevor sie in Sekudenschnelle das Interesse verlieren. Zu langweilig. Zu monoton. Und egal welche Serie man spielt, ist es doch ohnehin immer nur der gleiche Klopp-Murks. Es ist in der Tat schwer, die Faszination in Worte zu packen, die die Kämpfe von Dynasty Warriors 2 bis zuletzt Dragon Quest Heroes 2 begleitet und die auch die Vorfreude auf Fire Emblem Warriors schürt. Die verschiedenen Facetten der Mechanik zu erklären bzw. die nur gering scheinenden Änderungen, die die Musou-Prügler in all ihren Varianten durchgemacht haben, ist ohnehin müßig. Fate/Extella schlägt in die gleiche Kerbe und könnte theoretisch auch als Fate Warriors durchgehen. Man ist auf

Es warten aber auch einige Erzählpassagen im Stil einer Visual Novel.
Schlachtfeldern unterwegs, um gegen Tausende von Standardgegnern ähnlich wie in Dynasty Warriors Gundam um Sektoren zu kämpfen, die von zig so genannten Aggressoren bewacht werden.

Diese erscheinen allerdings erst, wenn man eine bestimmte Zahl des Kanonen- oder in diesem Fall Schwertfutters erledigt hat. Neben den schnellen und mächtigen Attacken, die auch zu verheerenden Angriffen kombiniert werden können, kann man blocken, ausweichen und drei Sonderattacken einsetzen, von denen der Extella-Angriff (quasi die Musou-Attacke) über Treffer aufgefüllt wird, wie man es von Koeis Warriors kennt. Für die Moon-Crux- bzw. Moon-Drive-Anzeige sind Kombos nötig, bevor eine sehenswerte Videosequenz aktiviert werden kann und man danach temporär gestärkt sowie mit Elementarkraft durch die Feinde pflügt. Und für das Aufrufen der Phantasm-Form muss man drei Schaltkreise finden, die sich in den Sektoren verstecken eine ebenfalls durch eine sehenswerte Smart-Bomb-Sequenz eineleiten.  Bis hierhin folgt Marvelous weitgehend dem Leitfaden zum Erstellen eines Massenprüglers. Und das machen sie sehr solide. Die Steuerung ist auf Switch ebenso eingängig wie akkurat und steht der PS4-Variante nicht nach, während es stets genug Gegner gibt, wenngleich man nur bei manchen Aggressoren und den herben Bossen gefordert ist.

Mehrfronten-Krieg

Doch in dem einen oder anderen Punkt verlässt Fate/Extella den bekannten Pfad. So ist z.B. die Eroberungs-KI deutlich aggressiver als bei den Spielen von  Omega Force und hält einen auf Trab, da sie stets verlorene oder neue Sektoren für sich beansprucht. Das wiederum ist von größerer Wichtigkeit, da man hier nicht nur zwangsläufig zum Sieger erklärt wird, wenn man den Boss besiegt, sondern auch, wenn man genug Sektorenpunkte sammelt. Jedes der über Teleport-Pfade verbundenen Gebiete kann dabei unterschiedliche Wertigkeit besitzen. So bekommt die Eroberung bzw. die Wahl des Weges eine zusätzliche taktische Komponente. Denn in der Zeit, die man ggf. benötigt, um einen Sektor mit Faktor 3 zu erobern, könnte man vielleicht besser investieren, indem man drei oder mehr niedriger gewichtete Areale befreit oder verteidigt. Denn leider reagieren die Verteidiger bei Weitem nicht so gut wie die angreifenden Gegner. Immer wieder muss man ein Gefecht unterbrechen und zu einem anderen Areal hetzen, weil es der KI-gesteuerte Kommandant nicht schafft, eine einfache Invasionsarmee aufzuhalten. Dadurch bekommen die Gefechte zwar eine grundsätzlich dynamischere Ausrichtung als Koeis Musou-Keilereien, doch nervig ist dies trotzdem. Vielleicht hätte man rudimentäre Optionen einbauen können, mit denen man mehr oder potentere Verteidiger platzieren darf.

Mit Spezialangriffen schraubt man den Kombo-Zähler in die Höhe.
Zusätzlich wartet in der Kampagne immer wieder die eine oder andere Überraschung, die dafür sorgt, dass man seinen ursprünglichen Plan aufgeben muss. Mal müssen bestimmte Gebiete zuerst befreit werden, da die Feinde sonst mit zusätzlichen Ressourcen oder sonstigen Hilfen versorgt werden. Dann wiederum kann ein bestimmter Boss von Sektor zu Sektor springen, während man die Verfolgung aufnehmen muss – natürlich, während die normalen Kämpfe weitertoben. Bei der Gestaltung dieser Missionen hätte man zwar noch mehr Abwechslung einbauen können. Dennoch lenken diese Elemente immer zum richtigen Zeitpunkt von den ansonsten weitgehend gleichförmigen Auseinandersetzungen ab, die visuell einen soliden Eindruck hinterlassen: die Action läuft auch bei hunderten Gegnern auf dem Schirm jederzeit flüssig, die Effekte gehen in Ordnung. Das stimmige Anime-Design verzeiht zwar viele flache oder unspektakuläre Texturen. Dennoch kann man im Jahr 2017 mehr erwarten – auch auf Switch. Andererseits kommt es vor allem dem mobilen Spiel entgegen, dass sich Fate/Extella als Multiplattformtitel (erschien u.a. auch auf Vita) nicht darauf ausgerichtet ist, dass stärkste System, auf dem es erschienen ist (in diesem Fall PS4) zu favorisieren. Der einzige nennenswerte Unterschied zwischen der Switch- und der PlayStation-Version ist der inhaltliche Umfang: Hier bekommt man einen ganzen Batzen zusätzlicher Kostüme, für die man auf dem Sony-System zusätzlich zahlen musste, sowie ein exklusives Kleidchen.   

Der Erzählfaktor

Die Ursprünge von Fate/ als Visual Novel werden in den leider nur in Japanisch vertonten und mit Englisch untertitelten Sequenzen zwischen den Schlachten deutlich. Textlastig und mit Dialogoptionen versehen, sind diese meist nur minimal animierten Standbilder aber nicht nur kosmetischer Natur. Je nachdem, welche Antwort man wählt, kann sich das Verhältnis zwischen den Figuren verändern. Weitere Möglichkeiten, die Bindung zwischen ihnen zu modifizieren, sind bestimmte Aktionen auf dem Schlachtfeld oder das Erfüllen von Nebenmissionen. Schön: Die Ergebnisse wirken sich nicht nur auf die

Die unkomplizierte Action ist auch unterwegs ein netter Zeitvertreib.
Erzählung aus, in der besondere Sequenzen freigeschaltet werden können. Auch mechanisch lässt sich ein besseres Verhältnis der Figuren ablesen. So können z.B. neue Fähigkeits-Einschübe freigeschaltet werden, die man mit passiven Eigenschaften füllen kann.  

Zusätzlich darf man auch sich auch an der Herstellung von Gegenständen versuchen.  Die Möglichkeiten sind aber deutlich eingeschränkt. Es gibt nur ein paar unterstützende Ausrüstungsgegenstände, die man den Kämpfern mitgeben kann. Die Auswirkungen sind dafür umso gravierender. Denn über diese so genannten "Mystic Codes" und die durch sie auf dem Steuertasten liegenden "Code Casts" kann man den Helden z.B. Heiltränke spendieren oder temporären Schutz gegen bestimmte Elemente liefern. Allerdings kann dieses Crafting abhängig von der verwendeten Formel ganz schön kostspielig werden – was spätestens dann zu einem Problem werden kann, da man die dafür verwendeten "QP" auch nutzen kann, um die Figuren außerhalb des Kampfes auf eine neue Stufe zu hieven.

Fazit

Da sich abseits von etwa 30 verfügbaren Kostümen, die es bislang nur als kostenpflichtige Download-Inhalte gab, inhaltlich und vor allem mechanisch keine Änderungen zur PS4-Version zu finden sind, gilt es auch auf Switch: Fate/Extella - The Umbral Star ist der beste "Warriors"-Titel seit langem, der nicht von Tecmo Koei kommt. Die Action ist ebenso geradlinig und schnörkellos wie die nahezu ein Genre-Monopol haltenden Musou-Spiele von Omega Force, während die Steuerung mit ihren nur wenigen Änderungen im Vergleich zu den Vorbildern auch auf Nintendos Hybrid-System schnell in Fleisch und Blut übergeht. Mit drei Kampagnen, die erzählerisch einen interessanten Überbau für die unkomplizierten Massen-Keilereien bilden, wissen sie sogar über die Gefechte hinaus zu unterhalten – zumal die multiplen Antwort-Möglichkeiten bei den Gesprächen leichte Auswirkungen auf die Fähigkeiten der Helden zeigen können. Mit freien Gefechten und speziellen Nebenmissionen gibt es darüber hinaus genug Inhalte, um die Fans bei der Stange zu halten und gleichzeitig die Charakterstufen der 16 Helden kontinuierlich nach oben zu treiben. Wer die Wartezeit auf Fire Emblem Warriors überbrücken möchte oder noch keine Erfahrung mit Massenprüglern hat, ist mit Fate Extella bestens aufgehoben. Wer jedoch mit den überzogenen Kämpfen bislang nichts anfangen konnte, wird auch von den in die Tausende gehenden Kombozählern und den gleißenden Effekten nicht eines Besseren belehrt. Dazu bleibt The Umbral Star zu sehr in den Musou-Wurzeln stecken.

Pro

schnörkellose Action à la Koeis Musou-Titel
drei Kampagnen
16 Helden
interessante Story, erzählt im Stil von Visual Novels
eingängige Steuerung
Massenprügelei wird durch besondere Ereignisse bzw. Aufgaben aufgelockert
Gegner erobern Gebiete taktisch intelligent
Beziehungen der Figuren können verbessert werden, Belohnungen möglich
freie Kämpfe und von der Hauptgeschichte losgelöste Nebenaufgaben
über 30 DLC-Kostüme integriert plus ein exklusives Kleid

Kontra

Verteidigungs-KI eher schwach, benötigt immer wieder Babysitting
nur japanische Sprachausgabe (nicht einmal Englisch)
auf Dauer monoton
abseits der Bosse kaum Gegner-Variation
Kamera zickt manchmal, v.a. bei aufgeschaltetem Ziel
visuell unter dem Strich nicht auf der Höhe der Zeit

Wertung

Switch

Fate/Extella ist auch auf Switch eine gelungene Variante von Koeis Musou-Spielen, die sich vor allem mit der Erzählung im Stile einer Visual Novel von den Warriors aus dem Hause Omega Force absetzt.

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