Of Mice and Sand17.01.2018, Mathias Oertel
Of Mice and Sand

Im Test: Überlebenskampf im Wüstenschiff

Arc System Works ist vor allem mit seinen teils famosen Prügelspielen wie BlazBlue oder Guilty Gear aufgefallen. Doch die Japaner haben auch ein Faible für Ungewöhnliches wie z.B. die exotische Strategie Neo Atlas 1469. Das ursprünglich auf 3DS und jetzt in einer überarbeiteten Version auf Switch erschienene Of Mice and Sand fällt ebenfalls in diese Kategorie. Wir sind im eShop auf das Pixel-Abenteuer gestoßen und verraten im Test, ob sich die Investition lohnt.

Scharfzahnige Helden

Spiele-Entwickler haben Nager für sich entdeckt. Waren Mäuse und Ratten früher vor allem Monster, die man in Tutorials besiegen musste, haben sie mittlerweile den Schritt zum Helden gemacht. Sei es die Ratte Ethan in Ethan: Meteor Hunter, die Maus Tilo in Ghost of a Tale, DarkMaus oder auch Quill im demnächst auf PlayStation VR erscheinenden Moss – sie alle vereint, dass sie die Schatten verlassen und ins Rampenlicht treten. In dem als Mischung aus Aufbau-Strategie sowie Überlebens-Abenteuer konzipierten Of Mice and Sand haben ebenfalls die Käse liebenden Nagetiere das Sagen. Genauer gesagt, hat man einen ganzen Schwarm an Mäusen unter seiner Kontrolle, der in einem Gefährt die Wüste auf der Suche nach El Dorado, einem sagenhaften Paradies, durchquert, nachdem der Planet, auf dem sie sich aufhalten, von einer Katastrophe heimgesucht wurde.

Die Kulisse hat zwar einen gewissen Pixelcharme, ist aber auf Dauer nur wenig mehr als zweckmäßig.
Doch man muss sich nicht nur an die weit hergeholte erzählerische Basis gewöhnen bzw. sie irgendwann ignorieren, da sie im Spiel eher unspannend weiter geführt wird. Auch der visuelle Stil mit seinen groben Pixeln, dem beim Zoomen merkwürdig bis teils unleserlich skalierenden Text, den reduzierten Farben sowie den Minimal-Animationen des zweidimensionalen Mäuse-Heeres ist gewöhnungsbedürftig. Aber er entwickelt auch einen merkwürdigen über die Zweckmäßigkeit hinausgehenden Charme, hätte aber beim Umstieg von 3DS auf Switch durchaus mehr Anpassungen vertragen können. Während sich die Irritationen angesichts der Grobpixeligkeit im mobilen Betrieb aber in Grenzen halten, ist es vor allem das Spiel mit der Hybrid-Konsole im Dock auf dem großen Bildschirm, das äußerst spröde wirkt. Die Spiele, die Nintendo in seinem Mini-SNES gebündelt hat, zaubern durch die Bank  ansehnlichere Kulissen.

Wüstenschiff mit Werkstatt

Man wird auf seiner Reise nach El Dorado immer wieder durch Ungwöhnliches aufgehalten.
Doch wie sieht es inhaltlich aus? Was haben die Mäuse auf ihrer Reise mechanisch auf dem Kasten? Es beginnt beschaulich: Nachdem man seine ersten Team-Mitglieder rekrutiert hat und in dem noch überschaubaren Vehikel Räumlichkeiten wie eine Brücke, ein Schlafabteil, eine Werkstatt oder ein Lager gebaut hat, macht man sich auf den Weg nach El Dorado – genauer: Zum ersten der zahlreichen Außenposten, die man entdecken kann. Und ab hier wird es komplexer. An jedem Außenposten kann man nicht nur Gerüchte aufschnappen, die auf besondere Orte oder die nächste Station hinweisen, die aber allesamt nur gegen Geld zu haben sind. Man kann auch Vorräte ein- bzw. Gegenstände, die man nicht mehr benötigt, verkaufen. Man kann Missionen für die Ansässigen erledigen und an der Tankstelle sein Vehikel mit Treibstoff füllen, wobei die Preise stark von Station zu Station fluktuieren. Wer in der Wüste ohne Benzin steckenbleibt, kann das Ziel El Dorado abschreiben.

Die Reise zwischen den Außenposten läuft automatisch ab, nachdem man den Bahnhof/Parkplatz verlassen hat. Der Schrott, den man an der Strecke aufsammelt, wird ebenfalls automatisch in den Wagen „teleportiert“, muss aber hier von den freien Mäusen verräumt werden. Und an dieser Stelle beginnt das Zeit- und Ressourcenmanagement in Einheit mit einer Upgradeschleife einzusetzen. Denn man kann an der Werkbank den Schrott quasi verfeinern und z.B. Stahlplatten, Rohre oder Bolzen daraus machen. Diese wiederum kann man weiterverarbeiten, verkaufen oder lagern, da sie auch als Basis für viele Raumerweiterungen oder neue Zimmer dienen. Die Energie, die die Lager- bzw. Produktionsmäuse dafür verwenden, ist begrenzt und muss durch Ausruhen bzw. Schlaf regeneriert werden, wobei man gleichzeitig auch dafür sorgen muss, dass genügend Nahrungsmittel gelagert sind – hungrige Mäuse sind unproduktiv. Doch zurück zum Crafting-System. Mit neuen Upgrades für die einzelnen Räume steigt die Effektivität und man kann z.B. weitere Gegenstände  herstellen, die wiederum für neue Räume, neue Missionen oder als Verkaufsware benötigt werden. Dies jedoch ist letztlich nur möglich, wenn man sich auf die Reise macht und auf dem Weg Rohstoffe bzw. Schrott einsammelt. Undsoweiter.

Jawas oder Mäuse?

Eiszeit in der Wüste? Die Mäusegarde muss mit ständig wechselnden Bedingungen fertig werden.
Sprich: Man ist ständig in einem immerwährenden Kreislauf dabei, Rohstoffe zu sammeln, sein Fahrzeug aufzuwerten, seine Mannschaft aufzustocken, die Versorgung mit Nahrung und Treibstoff sicherzustellen, gegen die gelegentliche Bedrohung durch fiese Wüstenwesen wie Würmern á la Dune zu kämpfen uns so El Dorado schließlich immer näher zu kommen. Das funktioniert als Grundmotivation auch ordentlich. Allerdings ist der Fortschritt eher zäh. Dass man dabei im Bestfall marginal an der Grenze entlang schrammt, was man als autarkes System bezeichnen würde, in dem man so viel produziert, dass es die Benzinkosten deckt, ist im Rahmen dessen sogar positiv. So ist immerhin gewährleistet, dass die Reise ins Paradies nicht irgendwann zu einem automatischen Selbstläufer wird. Es dauert jedoch, bis man nennens- oder sehenswerten Fortschritt erzielt hat. Und bis dahin gibt es Grind und ständiges Pendeln zwischen zwei oder drei Stationen – was erzählerisch nur unzureichend motiviert wird.   

Wenn die Grundversorgung der Mäuse gesichert ist, ist der Arbeiternachschub kein Problem.
Um mit einem Gefährt unterwegs zu sein, dass den Jawa’schen Sandcrawlern aus Star Wars das Wasser reichen kann, muss man einige Stunden investieren. Und über den Verlauf dieser Zeit wird man irgendwann des Loops der prinzipiell zwar entspannenden, aber auf Dauer enervierenden Musik überdrüssig. Immerhin kann man diese Stunden mobil unterstützt von einer Berührungssteuerung zumindest hinsichtlich der Benutzerführung genießen. Egal ob Zoomen der Ansicht, das Navigieren in den Menüs, die gezielte Auswahl bestimmter Mäuse, um sie z.B. als Spezialist einem bestimmten Arbeitsgebiet zuzuweisen: Alles geht per Gestensteuerung sehr intuitiv von der Hand. Alternativ kann man auch eine klassische Steuerung per Joycons nutzen, die hinsichtlich der Klickwege zwar etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt und mitunter nicht ganz so intuitiv ist, aber unter dem Strich auch keinen Grund zur Klage gibt.

Fazit

Das Konzept von Of Mice and Sand, das sich irgendwo zwischen Aufbaustrategie mit Ressourcenmanagement und Überlebens-Abenteuer einzuordnen versucht, ist spannend. Mit einer Mäusehorde in einem Vehikel ein Ödland auf der Suche nach dem paradiesischen El Dorado zu durchqueren, ist ebenso ungewöhnlich wie interessant. Doch in der Umsetzung kratzt Arc System Works das Potenzial nur an. Anstatt einen mit emotionalen oder moralischen Entscheidungen zu konfrontieren, die das Wohl der Mäuse-Belegschaft aufs Spiel setzen, findet man sich zumeist nur inmitten eines Grinds rund um verarbeitete Rohstoffe wieder, der vor allem die Anfangsphase zu einem zähen Spielerlebnis macht. Hat man die ersten Erweiterungen bzw. Verbesserungen an seinem Fahrzeug und kann entsprechend mehr sowie unterschiedliche Gegenstände herstellen, beginnt das Motivationsrad schneller zu drehen - die Auswirkungen auf die Herstellungsschleifen sind deutlich spürbar. Doch auch die durchaus potente Formel „Mehr Gegenstände – mehr Möglichkeiten – mehr Variation – mehr Verbesserungen - mehr Effizienz – mehr Gegenstände“ bekommt hier ihre Grenzen aufgezeigt. Für ein Spielchen zwischendurch ist Of Mice and Sand meist zu grindlastig. Längere Sessions hingegen werden auch von der zwar charmanten, aber sehr grob gestrickten Pixelkulisse torpediert. Wenig auszusetzen gibt es hingegen an der Steuerung: Vor allem im Mobilbetrieb weiß sie durch gute Gestenerkennung zu gefallen.

Pro

interessante Mischung aus Aufbaustrategie und Überlebensabenteuer
gute Touchsteuerung (Mobilbetrieb)
charmante Kulisse...
motivierender Kreislauf aus Ressourcen, Crafting, Ausbau & Effizienz
Überlebensaspekt: Nahrung, Treibstoff
man hat niemals ein in sich autarkes System

Kontra

Schrift tendiert bei Skalierung (Zoom) zur Unleserlichkeit
auf Dauer nervige Musik
... die dennoch letztlich kaum mehr als zweckmäßig ist
zäher Einstieg, schwache Story/Inszenierung
viel Grind (v.a. in der Anfangsphase)

Wertung

Switch

Die Mischung aus Überlebenskampf und Aufbau-Strategie mitsamt Ressourcen-Management ist konzeptionell interessant, verliert sich aber zu häufig im Grind.

Echtgeldtransaktionen

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  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
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