Time Carnage VR11.04.2018, Mathias Oertel
Time Carnage VR

Im Test: Zeitreisen-Schießbude

Wenn es ein Genre gibt, das mit der virtuellen Realität eine Wiederauferstehung feierte, dann ist es die simple Schießbuden-Action. Die Ballereien im Stile von Blasters of the Universe oder VR Invaders verzichten auf freie Bewegung à la Farpoint bzw. Arizons Sunshine, sondern setzen zumeist auf Gegnerwellen. Ob  Time Carnage VR diesem Konzept eine neue Facette hinzufügen kann, verraten wir im Test.

Keine Story, kein Problem

Wieso man durch vier Zeitepochen von einer postapokalyptischen, von Zombies überrannten Geisterstadt über einen prähistorischen Ausflug nach Pangaea (inkl. wütender Dinosaurier) bis hin zu einer futuristischen Megametropole mit fiesen Robotern unterwegs ist, bleibt ein Geheimnis. Doch viel wichtiger: Man hat potente Schießprügel dabei, mit denen man die Gegnerwellen in Schach halten sowie dezimieren kann. 25 stehen maximal zur Auswahl. Ein Quartett davon darf man nach freier Wahl mit in die jeweils vier Bereiche à zehn Wellen pro Welt mitnehmen. Ist man nach einer kurzen Zeitreise (sprich: keinen Anlass zur Klage gebender Ladezeit) im jeweiligen Gebiet angekommen, muss man allerdings an Ort und Stelle verharren, während man die blindwütig auf einen zustürmenden und dadurch schließlich vorhersehbaren Kontrahenten unter Beschuss nimmt. Time Carnage VR ist in dieser Hinsicht eine erzkonservative Ballerbude. Es gibt keine Deckung. Man kann den mitunter von ein paar Feinden abgefeuerten Geschossen nicht durch eine behände Bewegung ausweichen. Und im Gegensatz zum ähnlich gelagerten Brookhaven Experiment greifen die Gegner aus dem vorderen Sichtfeld an – eine Gefahr von hinten gibt es hier nicht.

In einer modernen Ballerbude darf was nicht fehlen? Richtig: Zombies!
Zudem übertreibt es Wales Interactive (Don’t Knock Twice, Typoman) etwas mit der Länge der Wellen bzw. hat es nicht geschafft, sie ausgewogen zu gestalten. Obwohl der Schwierigkeitsgrad in jedem Bereich mit jeder Welle kontinuierlich ansteigt, fällt die Spannung immer wieder für kurze Momente in ein Loch, wenn z.B. nach einer kaum fordernden Konfrontation mit ein paar Raptoren für zehn Sekunden Ruhe einkehrt, die an dieser Stelle gar nicht benötigt wird. Diese Lufthol-Momente weiß man in den späteren Runden durchaus zu schätzen, doch die Spieldynamik wirkt insgesamt etwas unausgewogen. Und doch konnte mich Time Carnage immer wieder hinter die Brille locken. Denn sowohl die insgesamt 160 Wellen, das Dutzend Herausforderungen mit ihren Spezialaufgaben sowie der Arcade-Modus, der nicht nach zehn Wellen pro Abschnitt Schluss macht und in dem noch ein Haufen freischaltbarer Perks eingesetzt werden darf, profitieren von zwei Punkten: Zum einen der Waffenvielfalt, die sich durch die Bank gut anfühlt, von einer einwandfreien Bewegungserkennung profitiert und ein passables, wenngleich in ein paar Momenten etwas übertriebenes Treffer-Feedback bei den Gegnern zur Folge hat. Und zum anderen der Dynamik, die das ungewöhnliche Konzept des Waffenwechsels bzw. das Nachladen bietet.

Taktik-Einschläge für Revolverhelden

In den anderen Epochen kämpft man u.a. gegen Roboter und Dinosaurier
Um die stationäre Position herum sind vier Waffen-Docks aufgebaut, bei denen man sich frei bedienen kann. Der Clou: Um die Munition aufzufüllen, lässt man die Knarre einfach wieder los, damit sie wieder im Dock platziert wird. Hier wird je nach Waffentyp unterschiedlich schnell das Magazin wieder gefüllt. Falls Not am Mann ist, kann man natürlich auch erneut zugreifen, bevor das Maximum erreicht ist. So kann man taktisch z.B. mit vier Schnellfeuergewehren ins Gefecht ziehen und sie quasi im steten Wechsel nutzen. Doch da manche Wellen erbarmungslos ihre Gegner auf einen werfen und zudem einige Waffen mitunter effektiver für bestimmte Feinde sind, da sie weniger Streuung, ein größeres Magazin oder einen stärkeren Wumms haben, sollte man seine Bewaffnung zumindest etwas vorausschauend planen. Und auch wenn ab und an die Spannung verloren geht, gibt es dennoch coole Momente. So z.B. wenn man wie wild um sich feuert und eine halbe Armee an Feinden, die erst an der Schild- sowie darauf folgend die Lebensenergie abknabbert, ins Verderben stürzt – nur um im bei den letzten zwei Gegnern von rechts und links ein verhängnisvolles „Klick“ zu hören, das ein leeres Magazin signalisiert. Man lässt sie los, greift sich die beiden anderen Todbringer, die bei weitem noch nicht voll geladen sind, mit einer flüssigen Bewegung und schafft es tatsächlich im Akimbo, die beiden Triceratops oder Riesenzombies mit Volltreffern zu erledigen, bevor es "Game Over" heißt und man an den letzten der passabel verteilten Kontrollpunkte zurückgesetzt wird. Auch wenn man nach einem heißen Gefecht den letzten Zombie mit der finalen Patrone im Revolver ausschaltet oder einen Roboter auf kurze Distanz mit der Pumpgun zerbläst, gibt es diese „Bad-Ass“-Momente, in denen man als Shooter- und Actionfilm-Fan ein Lächeln auf den Lippen spürt.

Die Kulisse zeigt nur selten stimmungsvolle Ansichten.
Dass dieses sogar noch intensiver hätte sein können, wenn die Gegner auch mal mit anderen Angriffsmustern überraschen würden, ist selbsterklärend. Doch man hat ziemlich schnell erkannt, dass sie von ihrem Auftauchen auf dem Bildschirm nur bis zu einer bestimmten Position laufen und von dort dann den Frontalangriff suchen. Ansätze von taktischem oder abweichendem Verhalten sucht man in Time Carnage vergebens. Details in der Umgebung übrigens auch. Die Kulisse ist zweckmäßig, ohne hässlich zu sein, zeigt sich allerdings auch nur in Ausnahmefällen detailverliebt. Angesichts der Positionsstatik hätte sich Wales Interactive in diesem Bereich durchaus spendabler zeigen können. Und dies gilt doppelt für die Akustik. Während die Knarren noch ganz passabel und mitunter sogar richtig satt klingen, sind die übrigen Soundeffekte weitgehend unterdurchschnittlich. Angefangen vom drögen Getrappel, das die schweren Triceratops markieren soll bis hin zum stereotypen Kassenklingeln, das bei einem Kopfschuss ertönt, wird man von der immer wieder unpassend wirkenden Soundkulisse aus der Spielwelt gerissen.

Fazit

Trotz seiner simplen Machart ist Time Carnage VR eine der unterhaltsameren Ballerbuden. In der Kampagne warten 16 Abschnitte mit jeweils zehn Wellen in vier Zeitepochen von prähistorisch bis futuristisch. Zusätzlich darf man auch im Arcade-Modus sowie mit einem Dutzend Herausforderungen die durch die Bank gute Bewegungserkennung sowie das ungewöhnliche Waffenwechsel- sowie Nachladesystem auf die Probe stellen. Doch nur ein gutes Konzept für die stationäre Action reicht nicht, um Titel wie Brookhaven Experiment, Blasters of the Universe oder The American Dream zu beeindrucken – von den mobilen Shootern wie Doom VfR bzw. Farpoint ganz zu schweigen. Denn so intensiv die Wellen schließlich mit Gegnern um sich werfen, so unausgewogen sind Tempo- sowie Spannungsbögen auf dem Weg dorthin. Auch das sehr schnell ausrechenbare Gegnerverhalten sorgt dafür, dass Time Carnage sein Potenzial zu früh verschenkt. Doch für einen kleinen Ballersnack zwischendurch kann man die im Storymodus gut vier bis fünf Stunden dauernde Action immer mal wieder einwerfen.

Pro

25 Waffen
interessante Waffenwechsel- sowie Nachladedynamik
16 Abschnitte à zehn Wellen
Arcade-Modus sowie Herausforderungen
passables Trefferfeedback
akkurate Bewegungserkennung

Kontra

Angriffswellen nicht immer ausgewogen
doofes, zu schnell ausrechenbares Gegnerverhalten
abseits der Waffen magere Soundeffekte
Kulisse nur selten mehr als zweckmäßig/durchschnittlich

Wertung

VirtualReality

Simple Ballerbude, die vor allem mit ihrer akkuraten Bewegungserkennung sowie der ungewöhnlichen Waffenwechsel-/Nachlademechanik punktet.

PlayStationVR

Simple Ballerbude, die vor allem mit ihrer akkuraten Bewegungserkennung sowie der ungewöhnlichen Waffenwechsel- und Nachlademechanik punktet.

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