Mario Power Tennis - New Play Control!16.03.2009, Jörg Luibl
Mario Power Tennis - New Play Control!

Im Test:

In der Geschichte Marios hat Tennis immer eine Rolle gespielt. Und das, obwohl der erste Aufschlag gleich ein Doppelfehler war: Im Jahr 1995 floppte nicht nur Nintendos Konsole Virtual Boy, sondern auch der erste Klempner auf dem Centrecourt. Aber im Jahr 2000 spielte sich Mario auf dem N64 in einen ersten Arcade-Rausch, bevor er weitere fünf Jahre später auf dem GameCube richtig brillierte. Leider bricht Nintendo jetzt nicht nur die Tradition der fünfjährigen Pause, sondern auch die der konsequenten Weiterentwicklung.

Die alte Faszination

Mario Power Tennis bleibt ein Paradebeispiel für Nintendos verfehlte Online-Politik: Was hätte man hier übers Internet für ein kurzweiliges Feuerwerk abfackeln können? Schade, schade&
Damals hat Nintendo dafür noch einen Gold-Award und eine Wertung von 88% bekommen. Und damals war das Spiel ein Pflichtkauf. Dahinter steckte allerdings die Faszination für die konsequente und qualitativ spürbare Weiterentwicklung der Reihe - Mario Power Tennis zelebrierte Arcade-Tennis in Reinkultur. Und unter der aufgemotzten Spezialschlag-Kulisse verbarg sich tatsächlich eine sehr feine, sehr ausbalancierte Spielmechanik, die sogar mancher ausgewachsenen Simulation das Wasser reichen konnte: Timing, Auge und Gefühl waren wichtig. Und wer erinnert sich nicht gerne an die witzigen Animationen und die unterschiedlichen Spielstile, die auch heute noch ansehnlich sind?

Da werden Schläger wie eine Zieharmonika ausgefahren, Bananen wie Bumerangs geworfen, Raketengürtel umgeschnallt, Seen auf den Platz gezaubert oder hundert Geister gerufen. Donkey Kong ist aufgrund seiner Langsamkeit an der Grundlinie anfälliger, aber dafür im Abschluss verdammt effektiv. Waluigi erreicht wiederum fasst jeden Ball mit seinen bizarren Rettungsmanövern: Er bohrt sich die Finger in die Ohren, lässt den Platz volllaufen und schwimmt in zum Brüllen komischer Brustmanier zum Krisenball. Aber während sich andere Serien wie Virtua Tennis oder Top Spin entwickeln, gibt es hier Stillstand.

Die neue Ernüchterung

Jeder spielt etwas anders: Donkey Kong ist kraftvoll, Mario vielseitig, Waluigi defensiv, Buu Huu trickreich, Shy Guy präzise und Yoshi schnell.
Dabei gab es schon damals Schwachstellen: Kein Online-Modus, keine echte Karriere, nur zwei Spezialschläge pro Figur, chaotische Minispiele und nervtötende Fahrstuhlmusik. Hat Nintendo nach fünf Jahren einen einzigen Punkt verbessert? Nein. Es bleibt dabei, dass jede Figur einen defensiven und offensiven Superschlag auslösen kann. Es bleibt auch bei den alten 14 Startspielern und vier freispielbaren Figuren. Noch enttäuschender ist, dass auch dieses Tennis offline bleibt, sondern dass man grafisch nichts verbessert hat (man schaue auf diesen Trailer von 2005 ), obwohl Wii mehr leisten kann als GameCube. Hätte man nicht wenigstens an die sichtbaren Texturschwächen polieren oder ein paar neue Effekte integrieren können?

Wesentlich fataler als dieser Stillstand ist jedoch die Verschlimmbesserung der Steuerung: Denn wo Timing und Schnelligkeit gefragt sind, will ich Präzision in der Hand! Schon in unserer Vorschau hinterließ die neue Steuerung aber keinen guten Eindruck - und genau das bestätigt sich auch im Test. Denn Remote und Nunchuk können ja eigentlich Bewegungen simulieren, wie man im Filzballduell der Miis von Wii Sports erleben konnte, aber sie sind nicht optimal für wirklich rasante Ballwechsel mit Power-ups & Co.

Old Play Verwurstung

Neben Freundschaftsspielen und Turnieren gibt es zig Mini-Games im Einzel und im Doppel. Diese Spiele sind abwechslungsreich und trainieren gezielt Fähigkeiten, arten aber manchmal in Chaos aus.
Wahrscheinlich hat Nintendo auch deshalb zig Automatisierungen in Form von vier Schwierigkeitsgraden eingebaut, die sogar so weit gehen, dass die Figuren selbstständig laufen, Spezialschläge auswählen und dass man das Nunchuk komplett abstöpselt, um nur noch im richtigen Moment mit der Remote zuzuschlagen. Egal ob fiese Stopps kurz hinter das Netz, weite Lobs in die Tiefe, langsamer Slice oder schneller Topspin. Egal ob Schmetterball, Grundliniengerade, Volley, Ass oder Cross - alles ist möglich. Und Nintendo bietet das wie damals auch voll automatisiert und kindertauglich an. Wenn man so spielt, fühlt man sich allerdings als erfahrener Spieler wie auf beengten Fuchtelschienen - das ist einfach kein Arcade mehr.

Immerhin kann man diese mechanischen Krücken auch alle abstellen. Aber wenn man in dieser komplett manuellen Variante mit dem Analogstick seinen Crack über den Platz bewegt und zuschlägt, fühlen sich Topspin, Slice und Lob einfach nicht so sicher und klar an wie auf dem GameCube - es ist alles ein wenig nervöser und schwammiger. Man hat nicht das Gefühl, dass der gewünschte Lob oder die Schlagrichtung auch wirklich ausgeführt wird, wenn man die Remote ruckartig nach oben oder zur Seite schwingt. Im Gegensatz zum Original, wo man nur Timing verlangte, kommt hier eine andere, die Faszination trübende Komponente hinzu: Glück. Es wäre ein Leichtes gewesen, dieses Manko zu umschiffen, indem man alternativ die GameCube-Controller als Steuerungsvariante angeboten hätte. Aber die sind mal wieder tabu - und das ist ganz großer Schmu. Denn so wird man also an Nunchuk & Remote gekettet, die einfach nicht an das saubere und präzise Spielgefühl heran kommen.

      

Fazit

Kein Online-Modus? Keine neuen Plätze, Figuren oder Spezialschläge? Keine Grafikpolitur? Und ich darf nicht mit dem GameCube-Controller zuschlagen, der ein besseres (!) Spielgefühl vermittelt? Die Strategie der "New Play Control" fühlt sich in der Praxis wie "Old Play Verwurstung" an: Einerseits ist es ja schön, dass Nintendo all jenen, die nie einen GameCube besessen haben, einige Highlights vergünstigt anbietet. Andererseits ist das eine reine Altspielverwertung aus der Not heraus, denn die Japaner haben die gesamte erste Jahreshälfte scheinbar keine eigenen Top-Spiele für Wii in petto - und das ist ein kreatives Armutszeugnis, wenn man an all die Awards denkt, die wir dieses Jahr schon für PC, PlayStation 3 oder Xbox 360 vergeben haben. Könnte man dann nicht wenigstens echte Remakes aus den Klassikern machen? Könnte man also statt reinem 1:1-Recycling von Pikmin, Metroid Prime & Co nicht wenigstens eine qualitative Aufwertung betreiben? Ja, aber Nintendo wählt den einfachsten und günstigsten Weg. Dieses Tennis für bis zu vier Spieler im Splitscreen bietet genau dieselben Inhalte wie Mario Power Tennis anno 2005 - und das inklusive verschlimmbesserter Steuerung: Wenn ich die Wahl habe, zocke ich das lieber präzise auf dem GameCube! Ja, man wird trotzdem immer noch befriedigend unterhalten, zumal Einsteiger und Kids alles herrlich automatisieren können. Aber dieser Test berücksichtigt vor allem das, was man als erfahrener Spieler von Nintendo erwartet - und das ist mehr als billiges Recycling, das sind wenigstens kreative Weiterentwicklungen für Wii. Apropos: Warum gibt es eigentlich noch kein neues Tennis à la WiiSports? War das nicht eine interessante Arbeitsprobe, die Nintendo als Grundlage für ein echtes, für ein neues Tennis nutzen könnte?

Pro

16:9/HD-Modus
ideal für Kinder & Einsteiger
vier Steuerungsvarianten

Kontra

kein Online-Modus
schlechtere Steuerung als anno 2005
keine grafischen Verbesserungen
keine akustischen Verbesserungen
keine neuen Modi, Plätze, Schläge oder Figuren
keine WiiMotion-Plus-Unterstützung
keine GameCube-Gamepads nutzbar

Wertung

Wii

1:1-Verwurstung eines Klassikers. Und die "New Play Control" sorgt für weniger Präzision.

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