Rabbids Go Home11.11.2009, Jan Wöbbeking
Rabbids Go Home

Im Test:

Hasenalarm auf Wii: Endlich hat Ubisoft das Potential seiner schneeweißen Minispiel-Maskottchen erkannt und spendiert ihnen ein ausgewachsenes Action-Adventure. Genie und Wahnsinn liegen schließlich nah beieinander - das weiß niemand besser als die außerirdischen Spaß-Terroristen. In Rabbids Go Home (ab 37,53€ bei kaufen) schlüpfe ich in die Rolle zweier Exemplare, welche mit einem Einkaufswagen die halbe Welt ins Chaos stürzen.

Alles muss ins Klo!

Natürlich steckt ein tieferer Sinn hinter ihrem Ausflug: Die marodierenden Schrei-Karnickel wollen allerlei Gegenstände zusammenklauben und daraus einen Haufen bauen, der bis zum Mond reicht, damit sie den hübsch schimmernden Erdtrabanten endlich besuchen können. Auf ihrem Weg zu ihrem ambitionierten Vorhaben ist ihnen jedes Mittel recht: Passanten werden gerammt und mit ihrem erprobten Kampfschrei konfrontiert:

Die Laserstrahl-Verminatoren fahren größeres Kaliber auf.
»BWAAAAAAAAHHH!!!«. Sofort schmeißen die Opfer ihre Klamotten von sich und irren panisch in Unterwäsche durch die Gegend. Egal ob kläffende Kampfhunde oder unbelebte Gegenstände wie Vitrinen: Beinahe alles und jeder lässt sich mit dem rabiaten Gebrüll derart einschüchtern, dass es sofort sämtliche Dinge von sich schmeißt - und all das wird von den fleißigen Protagonisten auf der Stelle im Einkaufswagen mit schier unendlichem Fassungsvermögen verstaut. Die angreifenden Kläffer wandern z.B. gleich komplett in das Vehikel.

Am Ende eines Levels wird der Inhalt dann mit Gewalt in die Toilette gestopft und durch die Kanalisation ans Ziel gepumpt - auf dass der Berg zum Mond wieder ein paar Meter wächst. Die zwei Karnickel terrorisieren eine Geriatie-Station, klauen Atombrennstäbe aus einem Kraftwerk und randalieren in idyllischer Landkulisse und der dicht bevölkerten Stadt. Das geistesgestörte Duo lässt sich erfreulich einfach über die linearen Kurse navigieren. Während die Kamera die Action stets automatisch aus einem übersichtlichen Blickwinkel einfängt, fahren meine Krawalltouristen in die vom Analogstick vorgegebene Richtung. Drücke ich den A-Knopf ruft der schiebende Hase euphorisch "Bababrummbrumm" und gibt extra viel Gummi. In diesem »Turbo-Modus« lädt sich in engen Kurven ein Boost auf - fast so wie in Mario Kart Wii . Der Extra-Schub eignet sich prima, um feindliche »Verminatoren« aus ihren gepanzerten Schutzanzügen zu kloppen. Die Bewohner des an Westküstenmetropolen angelehnten Landstrichs lassen sich den Hasen-Terror nämlich nur zu Beginn des Abenteuers gefallen. Im späteren Verlauf patrouillieren Langohrbeseitiger mit Kampfmontur und Laserknarren sogar die Oberwelt.

Kuh-Skating und Einkaufswagen-Jetski

Im Grunde eiere ich ununterbrochen durch die Gegend, erschrecke unfreiwillige Kleiderspender, springe über Abgründe, demoliere die Einrichtung, klaube noch mehr Zeug zusammen und kämpfe gegen Verminatoren und Kampfhunde. Trotzdem gestalten sich die Aufträge erfreulich abwechslungsreich: 

Außerirdische Hasen wissen, wie man hiesiges Vieh artgerecht transportiert.
In einem Level jage ich unter Zeitdruck einer Kuh auf einem Tiertransporter nach. Mein Allround-Enkaufswagen lässt sich außerdem als wendiges Wasserfahrzeug missbrauchen, also schlängele ich mich durch einige verminte Bachläufe, um schließlich das reichlich verwirrte Milchvieh zu entführen und in meinen Einkaufswagen zu hieven. Natürlich bietet das Vehikel von nun an deutlich veränderte Fahreigenschaften: Mein dynamisches Duo kann das Gefährt nur noch schleppend voranschieben. Doch allein das unendlich bescheuerte Bild von zwei skatenden Hasen mit Einkaufswagen und Kuh ist all die Mühe wert.

Zum Schluss wird unsere gefleckte Geisel ins Klo gespült - ebenfalls ein Bild für die Götter. Ob nukleare Brennstäbe, riesige Standuhren, oder ganze Patienten im Sauerstoffzelt-Bett: Alles wird gnadenlos durch die Kloschüssel geprügelt und zum Berg gepumpt. Auch ein angeschlagener Patient erweist sich als nutzbringend für die große Sache. Mit Hilfe seines aufgepumpten Bettes können die Häschen über weite Abgründe schweben; allerdings nur in den entsprechenden Missionen. Oder ich schnappe mir einen der Beschleunigungspfeile, lasse mich über eine Halfpipe bugsieren und lege eine kleinen Stunt hin. Tricks gibt es zwar nicht aber auch in der Luft hängen diverse sammelbare Gegenstände.

Flughafen-Terror auf Häschen-Art

An anderer Stelle tausche ich sogar den Einkaufswagen mit einer Flugzeugturbine und verwüste mit ihr ein Terminal. Aufgesaugte, schwarz verkohlte Gegner lassen sich als Turbinen-Turbo missbrauchen. Ein ständig verfügbares Extra des Spiels ist der Hase in der Wii-Fernbedienung.

Ab geht die Luzie: Auf dem Flughafen werden Gegner einfach in die Turbine gesogen und als Turbo-Treibstoff missbraucht.
Er lässt sich alle ein bis zwei Sekunden auf das Schlachtfeld schießen, um Gegner einzuschüchtern oder aufgeblasene Fallen platzen zu lassen. Ähnlich wie in Super Mario Galaxy kann ein zweiter Spieler jederzeit zur Fernbedienung greifen und sammeln helfen, indem er auf Gegenstände zielt. Oder er ballert ebenfalls Häschen ins Spiel, um Menschen zu betäuben oder sich an ihnen festzuklammern. Leider entschärft die Hilfe das ohnehin viel zu einfache Spiel noch mehr.

Der in der Fernbedienung versteckte Hase darf übrigens in einer eigenen Sequenz »getuned« werden. Ja, ihr habt richtig gelesen: Mit freischaltbaren Werkzeugen wie einer Schraubzwinge lässt sich z.B. der Kopf deformieren, die Augen verschieben und der komplette Klopfer bestempeln oder anmalen. Auch nette Accesoires wie ein Krake, ein halbtotes Huhn oder Nägel stehen als Kopfschmuck zur Verfügung. Die Karnickel-Kunstwerke können online ausstellt und zu Hässlichkeitswettbewerben angemeldet werden. Oder man ärgert sie mit Elektroschocks oder lässt sie durch rabiates Schütteln der Fernbedienung von einer Wand zur anderen knallen. Egal wie sehr man sie piesackt, die masochistischen Krawallmacher freuen sich über jede Tortur und grinsen nach der Gräueltat verzückt in die Kamera. In einem der Minispiele kann ich sogar ein Musikstück komponieren. Dank Gestensteuerung klingt alles schrecklich schief, aber genau diese Kakophonie animiert meinen Hasen zum Mitjohlen - prima!        

Fazit

Rabbids Go Home ist Slapstick pur: Die Franzosen bei Ubisoft Montpellier (Beyond Good & Evil ) haben nicht umsonst einige Monate lang bescheuerte Ideen gesammelt, bevor sie mit der Entwicklung begannen. Das Spiel ist bis zum Anschlag vollgestopft mit überdrehten, albernen Gags. Auch das Design passt perfekt: Auf der einen Seite die schüchternen Menschen, welche zu den seichtesten Fahrstuhl-Hits der Sechziger und Siebziger ihrer Arbeit nachgehen und im Kontrast dazu die marodierenden Anarcho-Hasen, die mit hektischer Blasmusik die halbe Welt auseinandernehmen. Das an We love Katamari angelehnte Konzept hätte ein Parodius heutiger Action-Adventures werden können. Leider haben die Franzosen vergessen, dem ambintionierten Grundgerüst spannende Aufgaben zu verpassen. Die arcadelastige Mischung aus Rennspiel, Jump'n'Run und Kämpfen zündet zwar ein pausenloses Gag-Feuerwerk, bietet spielerisch aber viel zu wenig Tiefgang. Die Hasen beherrschen einfach zu wenige Angriffe und auch die Gegner kennen nur wenige Taktiken. Außerdem ist der Schwierigkeitsgrad für fortgeschrittene Spieler viel zu niedrig angesetzt. Wer mit diesen großen Mankos leben kann, bekommt mit Rabbids Go Home eine spielerisch anspruchslose, aber urkomische Arcade-Gaudi.

Hier geht's zum zum Video-Fazit

Pro

<P>
geisteskranke Spielidee
hirntote Slapstick-Gags
extrem alberne Missionen
urkomische Animationen
Einkaufswagen-Skating mit Kuh!
motivierendes Zusammenraffen tausender Gegenstände
überdrehte Blasmusik trifft seichten Fahrstuhl-Pop
optisches »Häschen-Tuning«
Rabbid in der Fernbedienung ärgern
Karnickel online ausstellen und bewerten lassen
lustige Zwischensequenzen und Lautsprecherdurchsagen
zweiter Spieler kann jederzeit helfend eingreifen
faire Checkpoints
englische und viele andere Synchronfassungen wählbar</P>

Kontra

<P>
zu abwechslungsarme Aufgaben
Schwierigkeitsgrad viel zu niedrig
die Rabbids kennen nur wenige Attacken
teils kantige Polygone und Monsterpixel
technisch insgesamt schwach
durchwachsene deutsche Synchro</P>

Wertung

Wii

Die herrlich alberne Krawalltour der Ubisoft-Häschen sorgt für jede Menge urkomischer Momente, leidet aber unter dem niedrigen Schwierigkeitsgrad und zu wenig Tiefgang.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.