Tournament of Legends22.07.2010, Jan Wöbbeking
Tournament of Legends

Im Test:

Zurück in die Vergangenheit: Nach dem Egoshooter The Conduit wagt sich Entwickler High Voltage nun an ein angestaubteres Setting. In Tournament of Legends (ab 10,39€ bei kaufen) geht die Reise zurück in die Zeit mystischer Legenden. Ein selbstverliebter Gladiator, ein Skellettkrieger und diverse Schreckgespenster aus der griechischen Mythologie treffen sich im Ring. Dort soll ein für allemal geklärt werden, wer in der kommenden ewigen Legislaturperiode über die Sterblichen herrschen darf.

Blitze statt Ketchup

Anders als Kratos legen die Legenden in diesem Spiel mehr wert auf die Etikette: Statt sich durch Unmengen von Dämonen zu schlitzen, steigen wie in Soul Calibur nur jeweils zwei Kontrahenten in den Ring, um sich sich mit wuchtigen Schwertern und knisternden Magie-Attacken zu traktieren. Ursprünglich sollte der Titel übrigens ein reiner Gladiatoren-Kampf werden, inklusive zischender Blutfontänen und jeder Menge abgetrennter Gliedmaßen. Letztendlich wurde das Konzept aber über den Haufen geworfen und das Spiel in einen Fantasy-Prügler umgebaut, 

Hyperaktiv: Kampfroboter Volcanus bringt stets ein nervös im Halbkreis fahrendes Dreirad mit in den Ring.
in welchem die Klingen ähnlich wenig Spuren hinterlassen wie in Namcos erwähnter Blade-Serie. Stattdessen spielt neuerdings die Magie eine größere Rolle: Während eines Kampfes zucken ständig bunte Blitze über den Bildschirm, die Medusa Narcia schickt ihren Feinden magische Schlangen entgegen oder lähmt ihr Gegenüber mit einem Zauber. Ein weiterer Charakter ist Thanatos, Gott des Todes. Er sieht aus wie ein Mischling aus Mensch und Rabe und schläfert sein Gegenüber vor dem Kampf ein, indem er halbe Romane rezitiert. Das Geschwafel lässt sich glücklicherweise per Knopfdruck überspringen. Auch ein Roboter im Steampunk-Design gehört zur Riege. Sehr mythologisch...

Der Glanz auf seinen Zahnrädchen gehört zu den wenigen grafischen Highlights des Spiels. Auch über metallische Rüstungsteile und sogar die Haut diverser Charaktere wurde ein realitätsnahes, dezent mattes Glänzen gelegt. Setzen sich die Kampfkolosse in Bewegung, sieht das dank etwas ungelenker Animationen weniger hübsch aus. Wenn sich z.B. Dämon Aki auf den Boden schmeißt, lässt sich nicht wirklich erkennen, ob das nun eine Siegespose oder einen Akt der Demut darstellen sollt. Auch die Hintergründe können nicht mit dem Detail-Overkill von Dead or Alive 3 Soul Calibur 2 , Tatsunoko vs. Capcom  oder anderen Prügel-Highlights auf vergleichbar starker Hardware mithalten. Im Hintergrund wuseln zwar dicke Biester wie ein Riesenkrake herum, trotzdem wirkt das Gros der Texturen für ein Spiel mit solch überschaubaren Kulissen zu unscharf.

Gesten-Wirrwarr

Jede Figur besitzt drei Grundangriffe, welche sich auslösen lassen, indem ich mit Nunchuk oder Fernbedienung nach unten oder horizontal in der Luft herumwedele. Moment mal: Gestensteuerung? In einem Prügelspiel? Die Kombination dieser beiden Begriffe sorgt normalerweise für verzweifelte Schreckensschreie des Grauens aus dem 4P-Konsolenbüro

Auch Dämon Aki und seinen schwebenden Fratzen-Meister gibt es nur im Doppelpack.  
(es sei denn, es handelt sich um eine durchdachte Ausnahme wie Red Steel 2). Auch diesmal bestätigt sich die dunkle Vorahnung: Wie in Star Wars: The Clone Wars - Lichtschwert-Duelle haben die Entwickler einfache Knopf-Kommandos durch Gesten ersetzt, was für entsprechend unpräzises Gefuchtel vor dem Fernseher sorgt.

Glücklicherweise lässt sich dieser Unsinn abstellen und sämtliche Attacken frei auf die Knöpfe von Wiimote sowie Nunchuk oder Classic Controller umbelegen. Die Aktion dauert allerdings ein Weilchen, da sämtliche Änderungen nur übernommen werden, wenn ich das Menü mit dem Minus-Knopf verlasse. Am besten fährt man aber mit einem der voreingestellten Knopf-Layouts: Die Attacken sind dann zwar ähnlich wirr belegt wie die Menüeingaben, aber immerhin kann ich dann jederzeit in der Anleitung nachschauen, wie es funktioniert. Warum ich nicht einfach das Tutorial starte? Das gibt es hier ebensowenig wie einen Online-Modus. Hinter dem Menüpunkt "Tutorial" verbirgt sich nur ein kurzes Video, in welchem im Schnelldurchlauf sämtliche Regeln heruntergerattert werden. Auch darüberhinaus herrscht Ebbe im Hauptmenü: Neben einer Variante für zwei Spieler wartet nur der Story-Modus darauf, mit den zehn Charakteren durchgezockt zu werden.        

Mühsamer Einstieg

Im Grunde fällt die Zahl der Attacken recht überschaubar aus - trotzdem macht mir das Spiel das Leben als Legende unnötig schwer. Zu Beginn stört vor allem die unglückliche Knopfbelegung. Habe ich mein Gegenüber z.B. mit einer Kombo aus drei Hieben ins Straucheln gebracht, stoße ich ihn nicht per Knopfdruck in den Staub, sondern indem ich den Stick zwei mal in seine Richtung bewege. Das funktioniert dank der schrägen Kameraperspektive nicht immer wie erwünscht.

Wenn Narcia nicht gerade gegrillt wird, lähmt sie ihre Gegner mit Giftzaubern und Schlangen.
Außerdem haben die Aktionen verwirrende Namen bekommen: Es gibt sowohl Zauber- als auch Magie-Spezialangriffe, und manche Attacken wie der Power-Angriff besitzt in der Anleitung sogar einen anderen Namen als im Spiel. Das größte Problem ist aber die träge Ausführung der Schwerthiebe. Es passt zwar zum Konzept, dass die Kolosse ihre gewaltigen Schwerter und Streitäxte nicht so schnell schwingen wie ein hyperaktiver Samurai, trotzdem wirkt der Spielablauf zu schwerfällig. Es will einfach keine flüssige Abfolge von Attacken, Kombos oder gar Kontern gelingen wie bei der Konkurrenz.

 Nach einer Gewöhnungsphase offenbart das Spiel aber ein paar interessante Besonderheiten, welche es vom im Genre vorherrschenden Street Fighter 2-Konzept abheben. Natürlich besitzen auch hier beide Kontrahenten eine Energieleiste und wollen sich gegenseitig ins Land der Träume schicken. Doch nicht jeder der drei Akte endet zwangsläufig mit einem KO: Es genügt, am Schluss mehr Knockouts erzielt oder bei einem Gleichstand mehr Energie übrig zu haben. Des weiteren besitzen die Krieger vier unterschiedliche Schild-Zonen mit getrennten Energieleisten für den rechten und linken Arm, den Rumpf und den Kopf. Ist der obere Balken leer, fliegt passenderweise der Helm vom Schädel. In einem Minispiel kann ich meine Lebens- und Schildenergie durch wildes Joystickkurbeln aufladen. Die Prozedur macht ähnlich wenig Spaß wie die zahlreichen anderen Quicktime-Events. Mal rappele ich mich nach einem KO durch Stickrütteln auf und fülle meine Energieleiste, später gilt es, der Attacke eines riesigen Greifs auszuweichen.

Blutsauger und andere Gemeinheiten

Eine weitere Besonderheit sind freischaltbare Waffen, Magie- und Zauberattacken. Mit Hilfe roter Elektrizität kann ich z.B. den Kombo-Schlägen eines flinken Widersachers zuvorkommen. Oder ich rüste mein Alter Ego mit einem Vampir- oder Blutegel-Zauber aus und lade die dazugehörige Energieleiste durch Attacken und Verhöhnungen auf. Durchbricht der Gegner meine Deckung, aktiviere ich den Zauber und klaue ihm mit jedem Treffer ein gutes Stück seiner Lebenskraft. Manche Extras dürfen übrigens nur ausgerüstet werden, wenn der eigene Held einer bestimmten Klasse angehört: Es stehen dicke Kraftprotze, flinke Schwächlinge und Allrounder zur Wahl.       

Fazit

High Voltage bleibt sich treu: Nach dem unausgegorenen Egoshooter The Conduit haben die US-Amerikaner nun einen weiteren Wii-Titel in den Sand gesetzt. Ihr Prügler Tournament of Legends bietet zwar diverse gute Ideen, doch es hapert an der Umsetzung. Schuld daran ist vor allem der träge Spielablauf, welcher nur selten einen flüssigen Schlagabtausch wie z.B. in Soul Calibur zulässt. Sogar visuell versohlt der bald elf Jahre alte Dreamcast-Opa dem Newcomer den Hintern. Vor allem die geschmeidigeren Animationen lassen Namcos Schwertkämpfer eleganter aussehen als die ungelenken Legenden-Krieger. Außerdem hätten die Entwickler den Kulissen ruhig ein paar mehr Feinheiten und schärfere Texturen verpassen dürfen. In punkto Umfang wirkt der Titel ebenfalls wie aus einer anderen Zeit: Statt Online-, Turnier- oder Trainings-Varianten gibt es lediglich einen Story-Modus und Zweispieler-Duelle mit diversen Optionen. Wer über die Mankos hinweg sieht, bekommt mit Tournament of Legends trotzdem einige Stunden solider Beat'em'Up-Unterhaltung inklusive einiger freispielbarer Waffen und Magie-Attacken. Die große Konkurrenz wie Super Street Fighter 4 kämpft allerdings in einer anderen Liga.

Pro

<P>
Spielmechanik bietet einige frische Ideen
diverse freispielbare Waffen und Spezial-Angriffe
interessante mystische Kämpferriege
hübscher Glanz auf Haut und Metalloberflächen</P>

Kontra

<P>
zu schwerfällige Bewegungen lähmen den Spielfluss
nur einfache Kombos möglich
vor allem zu Beginn unnötig verwirrend
statt Tutorials oder Training nur kurzes Video
magere zehn Charaktere
nur Story
und Versus-Modus
keine Online-Matches
teils seltsam anmutende Animationen
unpraktische schräge Kameraperspektive
fummeliges Menü</P>

Wertung

Wii

Eine schwerfällige Steuerung, der äußerst magere Umfang und die durchwachsene Grafik lassen den mystischen Prügler reichlich alt aussehen.

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