Resident Evil 4 (2005)03.07.2007, Jörg Luibl
Resident Evil 4 (2005)

Im Test:

Im März 2005 begeisterte Resident Evil 4 weltweit und gilt heute als eines der besten Actionspiele aller Zeiten. Auch wenn einige alte Fans die Abkehr vom klassischen Weg des subtilen Horrors kritisierten, kämpften viele neue Fans endlich dynamisch ums Überleben. Die steife Kamera gehörte der Vergangenheit an, die Fratze des Bösen kam einem noch näher und die Kulisse stellte alles bisher Gezeigte auf dem GameCube in den Schatten. Jetzt ist die Wii-Umsetzung da. Lohnt sich der Kauf?

Direkt zur Grafiksache

Resident Evil 4 sieht auf Wii genau so gut aus wie auf dem GameCube. Freut euch auf eine Kulisse, die vor zwei Jahren zum Besten gehörte, was man im Bereich Videospiele sehen konnte. Und auch heute punktet dieses Spiel mit seinen Vorzügen konkurrenzlos auf Wii: Egal ob wabernder Nebel oder staubig flirrende Lichtschächte, egal ob sengendes

Statt Laserpointer dürft ihr auf ein Fadenkreuz zugreifen: Die Steuerung ist punktgenau und präzise.
Kaminfeuer oder prächtig verzierte Stuckdecke. Dann diese windgepeitschten Vorhänge, die wie blutrote Zungen in den Flur zischeln...

...ihr habt noch nicht genug? Dann nehmen wir die verblüffend lebensechten Bewegungen der Dorfbewohner: Sie zucken zusammen, halten sich die Hände vors Gesicht, gehen schmerzverzerrt in die Knie oder täuschen linkisch eine Attacke an, bevor sie plötzlich die Richtung wechseln - sie sehen nicht mehr aus wie Holzpuppen, sondern wie echte Menschen. Sie kommen erst langsam näher, dann stürzen sie sich auf euch, rammen euch Mistgabeln in den Leib, während sie euch hasserfüllt anstarren.

Bemerkenswert sind auch heute noch die natürlichen Reaktionen: Ihr zielt mit dem roten Laser zwischen die Brauen eines heranschlurfenden Axtdörflers, er bemerkt es und weicht schnell nach links aus! Sie werfen Granaten, sie verstecken sich hinter Schilden, klettern Leitern hoch. Dagegen wirken die Zombies früherer Spiele wie hölzerne Dummys. Man muss das alles noch mal festhalten, denn es markiert eine Qualität, die selbst heute selten erreicht wird.

Hätte man erwarten können, dass Capcom die theoretisch leistungsfähigere Hardware des Wii nutzt, um das Abenteuer so zu polieren, dass es hier und da noch einen Tick besser aussieht als auf dem GameCube? Ja. Gibt es derzeit auf dem Wii ein ansehnlicheres Abenteuer? Nein. Trotz der Tatsache,

Lust auf Trailer?

Stream: Granaten (0:18 Min.)

Stream: Messer (0:18 Min.)

Stream: Nahkampf (0:18 Min.)

Stream: Zielen mit Schusswaffen (0:18 Min.)

 
dass man sich hier und da schärfere Texturen oder ein Flackern weniger wünschen würde, hinterlässt Leons Suche nach der vermissten Präsidententochter einen sehr guten Eindruck - und es unterstützt einen 480p-Modus. Ein Wermutstropfen besteht allerdings darin, dass die nach dem ersten Durchspielen verfügbaren Zusatzmodi wie Separate Ways, die bisher nur auf PS2 verfügbar war, nicht immer das GameCube-Niveau erreichen.

U,U,U vs. P,P,P

Ungenau. Unpräzise. Übersensibel. Diese drei U's verfolgen den Wii seit seiner Geburt - vor allem im Bereich der Action, wo man schnell und genau zielen muss. Kein Spiel konnte bisher eine zufrieden stellende Steuerung anbieten, die an die klassische Gamepad- oder gar Maus-Bewegung herankommt. Es gab gute Ansätze in Far Cry: Vengeance , man konnte sich mit Eingewöhnung durch Red Steel kämpfen, aber unterm Strich blieb bei allen mehr oder weniger noch Luft nach oben.

Kick it like Ada: In der Wii-Version stecken alle Zusatzinhalte der PS2- & GC-Fassung.
Umso erfreulicher ist es, dass Resident Evil 4 endlich drei P's anbietet: Punktgenau. Präzise. Perfekt. Selbst in hektischen Situationen, selbst in Unterzahl oder auf weite Entfernung könnt ihr als Ersatz für den alten Laserpointer das neue Fadenkreuz ganz genau zwischen die Augen eurer Feinde bewegen. Ich hatte nach den ersten Trailern große Bedenken, dass Capcom sich in Sachen Steuerung übernimmt und bewegungssensitive Experimente eingeht, aber man hat die GameCube-Mechanik optimal ergänzt und übertragen.

Eine Frage der Steuerung

Das bedeutet: Ihr bewegt den US-Agenten Leon mit dem Analogstick des Nunchuk, während ihr über die Remote das Fadenkreuz steuert, das sich jetzt bei Zielerfassung grün oder rot färbt - und das kann wesentlich schneller jeden Bildpunkt erreichen als auf PS2 oder GameCube, so dass Kopfschüsse hier etwas einfacher sind. Es gibt natürlich einen großen Unterschied zu lupenreinen Actionspielen wie etwa dem kommenden Metroid Prime 3 : Sobald ihr euch über den B-Knopf in Schussposition begebt, könnt ihr euch nicht mehr bewegen, nicht bei fixiertem Gegner strafen, sondern nur noch den Blickwinkel ändern, also die Kamera nach rechts, oben, unten oder links schwenken; außerhalb der Kämpfe wird das durch das Steuerkreuz erledigt.

Das Besondere im Kampf ist: Diese Schwenks werden nicht mit dem Fadenkreuz der Remote eingeleitet, was in anderen Spielen oft zum Überreißen oder hastigen Drehungen führte, sondern mit dem linken Analogstick! Ihr habt quasi immer einen festen Bildausschnitt, den eure Armbewegung über die Remote nicht verändern kann: Seht ihr z.B. die Beine eines Feindes auf einer Anhöhe, müsst ihr die Kamera mit dem Stick nach oben bewegen, danach mit dem Fadenkreuz auf den jetzt erkennbaren Körper oder Kopf zielen.

Zwischen die Augen schießen? Dank der präzisen Steuerung gar kein Problem.
Durch diese aufgezwungene Langsamkeit entsteht zwar wie im GameCube-Original eine gewisse Statik im Vergleich zu Run&Gun-Shootern, aber gleichzeitig gewinnt das Spiel dadurch an Dramatik: Man kann nicht einfach rennen und ballern. Und das ist gut so. Denn wer stehen bleibt und zielt, gerät schnell ins Visier der Gegner, die sich zusammen rotten und im Rudel attackieren. Also heißt es vielleicht weglaufen, Deckung suchen und sich wieder per 180-Grad-Manöver umdrehen. Solche Momente der Flucht und Positionswechsel braucht guter Survival-Horror.

Messerkampf & Kicks

Auch die Quick-Time-Reactions wurden sehr gut an die neue Steuerung angepasst: Müsst ihr einem heranrollenden Felsen ausweichen, bewegt ihr die Remote einfach schnell hin und her - das simuliert den Sprint noch etwas besser als das reine Knopfdrücken. Das kommt natürlich auch zum Einsatz, wenn ihr z.B. plötzlich zur Seite springen müsst: Da müssen dann A + B gleichzeitig gedrückt werden, was aufgrund der Lage an der Remote kein Problem darstellt.

Der Messerkampf läuft ebenfalls intuitiv ab: Kommt euch ein Feind zu nahe, schüttelt ihr einfach die Remote von links nach rechts und Leon attackiert mit dem Messer. Dadurch sind sehr schnelle Wechsel vom Schuss- zum Nahkampf möglich. Wer es noch präziser haben will, hält das Messer schon vorher und greift Gegner dann gezielt an, was für höheren Schaden sorgt. Das Nachladen läuft ähnlich einfach: Ist das Magazin leer, wird die Remote schnell vertikal bewegt und Leon füllt die Patronen auf.

Fazit

Alte Liebe rostet nicht. Schon gar nicht, wenn sie einem nach mehr als zwei Jahren in dieser geölten Form begegnet: Die Steuerung ist intuitiv und präzise, die Kopfschüsse sitzen noch besser als auf PS2 oder GameCube, der Kettensägenmann und Umbrellas Bossmonster entfalten über Dutzende Stunden ihren schrecklichen Reiz. Freut euch auf ein Stakkato an Adrenalinkicks, auf einen 20-stündigen Horrortrip. Die düstere Lady, die mich Ende 2005 mit ihrem verblüffend frischen Auftreten so begeistern konnte, fesselt mich auch auf Wii. Zwar kann Capcom die damals geniale und auch heute noch sehr gute Kulisse nicht mit einer extra Feinpolitur toppen, aber der Rest vom Horrorfest spielt sehr schnell seine drei Joker Gewalt, Dramatik und Nervenkitzel aus. FarCry: Vengeance? Call of Duty? Red Steel? Medal of Honor? Alles nichts Halbes und nichts Ganzes. Alles verblasst gegen diese blutige Lady, die auf Wii auch noch mit einer komfortableren Handhabung auftrumpfen kann - wer hätte das gedacht? Es gibt derzeit kein besseres Actionspiel für Nintendos junge Konsole.

Pro

sehr gute Steuerung
sehr gute Soundeffekte
 intuitive Reaktionstests
lebensechte Animationen
packende Passagen im Team
interaktive, zoombare Karte
fulminante Zwischensequenzen
riesiges aufrüstbares Waffenarsenal
nahezu perfektes Level-Design
sehr straffer Spannungsbogen
unglaublich intensive Bosskämpfe
schnelle 180-Grad-Drehungen
über 20 Stunden intensiver Spielspaß
interaktives, höhenrelevantes Gelände
das beste derzeit erhältliche Actionspiel auf Wii

Kontra

 grafisch keine Verbesserungen

Wertung

Wii

Überraschend präzise Steuerung, dazu der Umfang von PS2- & GameCube-Fassung - zugreifen!

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