Final Fantasy: Crystal Chronicles - The Crystal Bearers12.02.2010, Jens Bischoff
Final Fantasy: Crystal Chronicles - The Crystal Bearers

Im Test:

Sechs Jahre ist es mittlerweile her, als das erste Final Fantasy Crystal Chronicles auf dem GameCube erschien. Wii-Besitzer bekamen zwar mit der DS-Emulation Echoes of Time sowie den WiiWare-Ablegern My Life as a King und My Life as a Darklord den einen oder anderen Nachschlag, aber eine ausgewachsene Fortsetzung steht erst jetzt mit The Crystal Bearers bereit. Hat sich das Warten gelohnt?

Feind oder Freund?

The Crystal Bearers spielt über tausend Jahre nach dem GameCube-Original:

Video: Der Trailer gewährt Einblicke in die Story und serviert gegen Ende auch einige Spielszenen.Nach dem großen Krieg verschwanden die unterlegenen Yukes und für die triumphierenden Liltys brach eine Zeit des Friedens und Wohlstands an. Die verbliebenen Kristallträger (Crystal Bearers) wurden von den meisten Leuten aufgrund ihrer magischen Fähigkeiten gefürchtet und gemieden. Auch der Clavat Layle ist ein Kristallträger, der zusammen mit seinem Selkie-Freund Keiss Aufträge für das Liltysche Königreich absolviert, um über die Runden zu kommen.

Eines Tages eskortieren die beiden ein Luftschiff auf seinem Jungfernflug als sie plötzlich von unbekannten Wesen angegriffen werden, deren Anführerin eine Yuke zu sein scheint. Nach der Notlandung des Luftschiffs wird Layle und Keiss eine besondere Belohnung versprochen, wenn sie die verantwortliche Yuke ausfindig machen und zur Strecke bringen. Doch das eigentliche Feindbild beginnt während der Verfolgung immer mehr zu bröckeln, andere Bedrohungen tun sich auf und am Ende droht sogar das natürliche Gleichgewicht aus den Fugen zu geraten.

Zugegeben, die Geschichte ist nicht sehr tiefgründig, die Wendungen meist vorhersehbar, aber die Inszenierung kann sich durchaus sehen lassen. In vielen Sequenzen ist man nicht nur Zuschauer, sondern muss aktiv eingreifen. Sei es die Verteidigung und Notlandung des Luftschiffs zum Auftakt, interaktive Verfolgungsjagden, Ablenkungsmanöver oder Rutschpartien.

Protagonist Layle kann in Kämpfen eigentlich nur auf telekinetische Kräfte zurückgreiften. Hin und wieder kann er sich damit aber auch Waffen und andere Objekte als Hilfsmittel krallen wie hier in der ersten spielbaren Sequenz.
Auch abseits der Story warten jede Menge Minispiele und Nebenbeschäftigungen: Wer will, kann sich als Angler, Gartenbauer oder Erntehelfer versuchen, Geister jagen, Schätze heben und vieles mehr. Sammler kommen ebenfalls auf ihre Kosten: Neben Gold und diversen Schriftstücken kann man auch verschiedene Materialien erbeuten, die in Werkstätten zu neuer Ausrüstung kombiniert oder für modische Stickereien verwendet werden können.

Die Macht der Telekinese

Unterwegs trifft Layle auch immer wieder auf Gegner, die es einzig mit telekinetischen Kräften zu besiegen gilt. Richtig: Layle verzichtet komplett auf Waffen oder klassische Angriffszauber. Doch auch wenn er im Prinzip nicht mehr tun kann als erfasste Objekte via Telekinese zu sich zu ziehen, von sich weg zu stoßen oder zur Seite zu schleudern, werden die Auseinandersetzungen so schnell nicht langweilig. Zum einen deswegen, weil seine Widersacher teils sehr unterschiedlich auf das eingängige Remote-Schwingen reagieren und zum anderen, weil man sich auch diverse Umgebungsobjekte wie Kisten, Felsen, Feuerlöscher oder Fackeln zunutze machen kann. Darüber hinaus lassen sich bei manchen Kontrahenten auch verschiedene Körperteile anvisieren, entfernen oder manipulieren.   

Die Waffe eines Gegners richtet bei euch zu viel Schaden an? Kein Problem: Reißt sie ihm kurzerhand aus den Klauen und setzt sie gegen ihren Besitzer ein! Oder warum nicht einen explosiven Flugbomber schwindlig schütteln und als Tretmine missbrauchen? Hm, der aggressive Wachroboter hat ja einen Schalter am Rücken, was wohl passiert, wenn ich den via Telekinese umlege?

Beim Erkunden der Spielwelt treten immer wieder so genannte Miasma-Ströme auf, die eine Zeit lang Gegner auf den Plan rufen und dann wieder verschwinden.
Okay, oft reicht es auch einfach die Angreifer wild durcheinander zu schleudern oder ihnen irgendwelche herrenlosen Objekte an die Rübe zu werfen. Aber hin und wieder macht reges Experimentieren und genaues Beobachten das Kristallträger-Leben deutlich leichter. Ein Highlight sind dabei die seltenen, aber gelungenen Bosskämpfe, bei denen man mit stupider Haudrauf-Mentalität meist nicht weit kommt. Bei Standardgegnern kehrt aufgrund der stark limitierten Möglichkeiten aber oftmals zu schnell Routine ein.

Grundsätzlich sind die Spielabschnitte jedoch frei von Gegnern und können in aller Ruhe erkundet werden. Allerdings tauchen regelmäßig so genannte Miasma-Ströme auf, die ortspezifische Aggressoren auf den Plan rufen. Wer will, kann diese meist einfach umgehen, bis der Strom abbricht und wieder Ruhe einkehrt. Andererseits hinterlassen erledigte Gegner natürlich auch Beute und wer erstmals alle Angreifer in einem Gebiet besiegt, bevor der Miasma-Strom verschwindet, erhält einen dauerhaften Bonus auf seine Lebensenergie. Die übrigen Attribute wie Angriffskraft, Abwehr, Telekinesereichweite oder -aufladegeschwindigkeit sowie Glück lassen sich hingegen nur durch das Ausrüsten von Ringen, Ohrringen und Amuletten verbessern. Manche Schmuckstücke besitzen sogar seltene Spezialkräfte wie Lebensregeneration, automatisches Abrollen nach einem Sturz oder elementare Resistenzen.

Jeder wie er mag

Der allgemeine Schwierigkeitsgrad ist recht moderat. Über 300 spielinterne Erfolgsmedaillen, die für besondere Funde, Leistungen und Aktionen vergeben werden, halten aber auch für Profis die ein oder andere Herausforderung parat. Wer lediglich der Story folgen will, wird vermutlich etwas enttäuscht sein, wenn nach gut zehn Stunden schon der Abspann über den Bildschirm flimmert.

Layles telekinetische Kräfte sind vielfältig einsetzbar: Man kann NPCs Gegenstände entreißen, Elemente der Spielumgebung manipulieren oder sich wie hier über Abgründe schwingen.
Ambitionierte Jäger und Sammler werden aber locker drei bis vier Mal so lange Spaß mit Layles Abenteuer haben, gegen Spielende ausgiebig Gebrauch von Ortswechseln via Zug, Warp und Chocobo machen oder gar einen zweiten Durchgang mit aktueller Ausrüstung starten, um zusätzliche Sequenzen, Orte oder Ereignisse zu sehen und damit  ihre Medaillensammlung zu komplettieren.

An bestimmten Stellen darf sogar ein zweiter Spieler ins Geschehen eingreifen und Schützenhilfe leisten. Einen durchgehenden Koop-Modus gibt es aber leider nicht. Grafisch kann sich The Crystal Bearers durchaus sehen lassen, auch wenn die Entwickler bei Final Fantasy XII wesentlich mehr aus der PS2 herausgekitzelt haben wie jetzt aus der Wii. Doch trotz schwächerer Texturen und Effekte sind die Kulissen und Gegner recht ansehnlich, an der Sichtweite gibt es nichts zu mäkeln und die Bildrate geht nur bei gewaltigen Detonationen gelegentlich in die Knie. Gut, die Charaktere hätten zum Teil etwas detaillierter, der Stil weniger kindlich ausfallen können. Die englische Sprachausgabe hat mir hingegen sehr gut gefallen und sogar einem Milchgesicht wie Layle ein gewisses Charisma verliehen. Die übrige Soundkulisse kann sich ebenfalls hören lassen und auch die deutschen Untertitel wissen zu überzeugen.   

Fazit

The Crystal Bearers ist ein rundum solides Action-Adventure im Final Fantasy -Universum, das sich vorwiegend an jüngere Spieler richtet, aber auch Final Fantasy-Veteranen gut bei Laune hält. Der Schwierigkeitsgrad ist zwar weitestgehend harmlos, manche Bossfights oder die spielinternen Erfolge halten aber auch Profis auf Trapp. Die Story ist nicht weltbewegend, aber gut und humorvoll inszeniert. Es gibt zahlreiche Nebenbeschäftigungen sowie Sammelreize und das auf den ersten Blick geradezu primitiv wirkende Telekinese-Kampfsystem ist dank cleveren Gegnerdesigns und manipulierbarer Umgebungsobjekte immer wieder für eine Überraschung gut. In bestimmten Situationen darf sogar ein zweiter Spieler aktiv ins Geschehen mit eingreifen; einen echten Koop-Modus wie im GameCube-Original oder Echoes of Time gibt es aber nicht. Die englischen Synchronsprecher machen einen guten Job, die Untertitel wurden solide übersetzt - auch wenn jüngere Spieler, an die sich der Titel nun mal vorrangig richtet, wohl lieber eine deutsche Tonspur gehabt hätten. Experimentierfreudige Jäger und Sammler bekommen aber auf jeden Fall einen unterhaltsamen und abwechslungsreichen Abenteuer-Cocktail serviert, der selbst nach dem Abspann noch einiges zu bieten hat.

Pro

gelungene Bosskämpfe
motivierende Sammelreize
viele auflockernde Minispiele
zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten

Kontra

nicht sehr umfangreiche Story
vergleichsweise limitiertes Kampfsystem

Wertung

Wii

Unterhaltsames und abwechslungsreiches Action-Adventure für experimentierfreudige Jäger und Sammler.

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