Shaun White Skateboarding02.08.2010, Jan Wöbbeking
Shaun White Skateboarding

Vorschau:

Vor knapp drei Jahren brachte EAs skate eine ganze Portion mehr Realismus ins Funsport-Genre. Ubisoft geht jetzt den entgegengesetzten Weg: In Shaun Whites Skateboarding kommen vor allem Arcade-Fans auf ihre Kosten, welche auch an Jet Set Radio und den frühen Tony Hawk's-Spielen  Spaß hatten. Durch waghalsige Tricks verwandelt sich eine triste Stadt nach und nach in ein kunterbuntes Skater-Paradies. Wir haben uns in der Wii-Fassung, welche im Herbst 2010 erscheinen soll, auf's Rollbrett geschwungen.

Shaun Grey?

Wer sich jetzt fragt, was Wintersportler Shaun White auf dem Asphalt zu suchen hat, sollte einen Blick in seine Biographie werfen. Das Multitalent konnte schließlich auch auf Rollen bei den X Games Medaillen abstauben. Wie beim Vorgänger bekommt die Wii-Version wieder eine komplett eigene, auf die Konsole zugeschnittene Version. Das muss keine schlechte Nachricht sein, denn die lineare Fassung von Shaun White Snowboarding schnitt seinerzeit im Test eine ganze 

Wir machen den Weg frei: An manchen Stellen entstehen neue Geländer, auf denen man zur nächsten Anschlussstelle schliddert.
Ecke besser ab als die Open-World-Varianten für PS3 und Xbox 360. Außerdem dürfen natürlich wieder nur Nintendo-Konsoleros auf dem Balance Board »surfen«. Auch beim grafischen Erscheinungsbild bleibt Ubisoft sich treu: Wieder bestimmen Comic-Charaktere in den serientypischen Pastellfarben das Bild. Diesmal wird es aber dank verformbarem Gelände und vieler Graffitis noch deutlich bunter.

Schon wenige Sekunden nachdem ich Wiimote und Nunchuk in die Hand genommen habe, wird mir klar, wie sehr das Spielkonzept auf eine Arcade-Mechanik setzt. Obwohl ich erst einmal gedankenverloren am Pier entlangrolle, mit schlechtem Timing über einen Zaun grinde und mit wildem Knopfgedrücke ein paar Tricks ausprobiere, legt sich mein Skater nur erstaunlich selten auf die Visage. Sogar als ich von einer Beton-Halfpipe springe und mit ordentlich Schmackes gegen eine harte Asphaltkante rausche, fängt sich mein Alter Ego wieder. Lupfe ich die Spitze der Fernbedienung, hopst auch mein alter Ego in die Luft. Die meisten Tricks lassen sich mit verhältnismäßig einfach gehaltenen Knopfkombinationen ausführen.

Leicht zu erlernen, schwer zu meistern?

Dabei orientieren sich die Stick- und Controllerbewegungen bei weitem nicht so stark daran, wie sich ein echter Skater in der entsprechenden Situation verhält. Wenn ich nicht gerade über eine Kante grinde, muss ich z.B. kaum Energie darauf verwenden, meinen Körper richtig auszubalancieren. Doch trotz dieser Einsteigerfreundlichkeit soll Shaun White Skateboarding (ab 8,97€ bei kaufen) kein Titel für Weicheier werden - oder nicht nur: "Das Spiel bietet zwar eine einsteigerfreundliche Steuerung, doch auch Profis kommen auf ihre Kosten. 

Ergreifende Szenen: Neben Grabs und anderen in der Realität machbaren Tricks gibt es auch diverse übertriebene Stunts.
Manche der späteren Herausforderungen werden richtig, richtig knackig", verspricht Lead Designer Yvan Poeymirou, der vorher unter anderem an Ghost Recon: Advanced Warfighter 1 und 2 arbeitete.

Zu Beginn macht die Stadt noch einen recht tristen Eindruck, doch das ist durchaus gewollt. Je mehr waghalsige Verränkungen der Spieler aufs Parkett legt, desto schneller verändern sich die funsportfeindlichen Asphaltwüsten in einen Skatepark. Nachdem ich ein paar Trick-Tutorials absolviert habe, über ein langes Metallgeländer am Strand entlang gegrindet bin und während eines langen Manuals unter Zeitdruck diverse Symbole eingesammelt habe, beginnt plötzlich der Untergrund zu beben. Unter gewaltigem Getöse wächst eine riesige, mit Graffitis verzierte Rampe aus dem Asphalt. Sie ist eines der insgesamt 150 Objekte, welche die graue Stadt nach und nach in ein buntes Skater-Paradies verwandeln. Als Teil eines aufmüpfigen Grüppchens von Rollbrett-Revoluzzern kämpfe ich gegen einen korrupten Bürgermeister, welcher die frei befahrbaren Stadtteile zu grauen Betonwüsten verkommen lassen hat.                   

Jet Set Tony Blob

Moment mal: Comic-Charaktere, eine korrupte Regierung, Graffitis - das kenne ich doch irgendwoher? Genau: All das gab es auch in Segas Skate-Adventure Jet Set Radio. Auch im Wii-Titel de Blob wird der Spieler damit beauftragt, Farbe in eine triste Stadt zu bringen. "Ja, tatsächlich", erzählt Poeymirou, als ich ihn darauf anspreche, "die beiden Spiele haben uns stark inspiriert. Wie wollten den einfachen Einstieg und das Arcade-Spielgefühl zurückbringen, welches auch in Jet Set Radio so viel Spaß gemacht hat.  Es gibt sogar einen DJ, welcher die Skater mit Musik und Kommentaren unterstützt. Aber auch alte Tony Hawk-Titel haben uns beeinflusst - vor allem, was das Tricksystem angeht. Unser Spiel liegt etwa in der Mitte zwischen den beiden Konzepten."

Stadtentwicklung einmal anders: Mit der Zeit wird die graue Metropole immer farbenfroher.
Neben den 80 gewöhnlichen Tricks wie dem von Shaun White entwickelten Armadillo lassen sich auch einige halsbrecherische "schwerkraftunabhängige" Supertricks starten. Wie in Pure besitzen diese Stunts einen realen Trick als Grundlage, bauen ihn aber auf eine übertriebene Weise aus. Beim Tornado hebt der Extremsportler z.B. vom Board ab und vollführt wilde Pirouetten in der Luft, bevor es wieder zur Landung übergeht.

Ritt auf dem Laserstrahl

Die Stadtteile besitzen ebenfalls ungewöhnliches Design: "Die Hafenanlage zu Beginn ist noch verhältnismäßig brav gestaltet. Später geht es aber in richtig durchgeknallte Locations", erzählt Poeymirou: "Auf dem Berggipfel skatet man in riesigen Satellitenschüsseln, im Freizeitpark "Future Land" grindet man über Raumschiff-Laserstrahlen und später springt man sogar von Hausdach zu Hausdach oder rast senkrecht an der Wand eines Wolkenkratzers hinab."

 Auch mein Wettrennen gegen Poeymirou führt einen übertrieben steilen Abhang hinunter. Nachdem ich mich in ein albernes Dino-Kostüm geschmissen habe (200 Accessoires und 50 spielinterne Achievements sollen für Extra-Motivation sorgen) rase ich eine schmale Betonröhre hinab, bis mich urplötzlich eine Druckwelle von den Beinen reißt: Mein Gegner hat eine nette kleine Bombe auf meine Bildschirmhälfte befördert. Auch diverse andere Gemeinheiten im Mario Kart-Stil sollen für Zündstoff in den Rennduellen sorgen. Ein Koop-Modus wird ebenfalls integriert:

Fast wie auf der Piste: Manche Rennen erinnern an den Snowboard-Vorgänger. 
Bis zu vier Spieler dürfen gemeinsam gegen den korrupten Bürgermeister kämpfen oder sich im Splitscreen kabbeln. Das angetestete Wettrennen lief dank gelegentlicher Slowdowns übrigens noch ein wenig träger ab als die Kampagne.

Rollen statt Waffen!

Neben Rennveranstaltungen und Trickwettbewerben um Punkte wird es außerdem diverse Modi geben, welche man eher in einem Ballerspiel erwarten würde: Auf den Bergen über der Stadt müssen z.B. Territorien auf den großen Satellitenschüsseln eingenommen und gehalten werden. Trotz dieser Shooter-Anleihen ist kein Online-Modus geplant; man darf sich lediglich in Ranglisten mit der Welt messen. Die musikalische Untermalung gibt sich recht gitarrenlastig: Natürlich wird Skate-kompatibler Fun Punk von Bands wie Green Day mitgeliefert, aber auch Rock von Franz Ferdinand und Kiss sowie Ska, ein wenig Rap und ein paar elektronische Stücke.            

Ausblick

Shaun Whites Skateboard-Ausflug machte beim ersten Anzocken in Paris einen runden Eindruck. Wer nicht all zu viel Wert auf Realismus, dafür umso mehr auf Einsteigerfreundlichkeit und ausgefallene Locations legt, sollte sich den Titel vormerken. Die ersten Areale wirkten noch bei weitem nicht so freakig wie Jet Set Radio, doch wenn Lead Designer Poeymirou Recht behält, könnte das Spiel eine Nische zwischen dem Anime-Adventure und klassischen Fingerbrechern wie Tony Hawk besetzen. Bislang hatte ich jedenfalls Spaß daran, mich durch diverse Herausforderungen zu beißen und kurz darauf zu sehen, wie zur Belohnung der Asphalt aufbricht und neue Rampen voller Lautsprecher und Graffitis aus der Erde rumpeln. Äußerst schade ist allerdings, dass Ubisoft sich nur so halbherzig um den Multiplayer-Part kümmert. Wenn es schon Koop-Modi und an Shooter angelehnte Multiplayer-Varianten gibt, warum darf ich diese nicht auch übers Netz zocken?

Ersteindruck: gut

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