Pro Evolution Soccer 200813.10.2007, Jörg Luibl
Pro Evolution Soccer 2008

Vorschau:

Kann Pro Evolution Soccer 2008 (ab 8,80€ bei kaufen) mit einem neuen strategischen Ansatz auch auf Nintendos Konsole begeistern? Nachdem wir in Sevilla eine frühe Fassung spielen konnten, lud Konami jetzt zum ausgiebigen Duell. Wie nutzt man die bewegungssensitive Steuerung? Wir haben bei mit Nunchuk und Remote fleißig Probe gekickt und unsere ersten Eindrücke um die wichtige Matcherfahrung ergänzt!

Marios Fankurve

Passen mit Remote: Ihr klickt in den Strafraum, ein grauer Zielkreis erscheint, euer Spieler passt und der Stürmer in der Nähe läuft automatisch dorthin - das lief im Probespiel bereits gut.
Wer den Ball auf Wii rollen lassen will, kann derzeit lediglich auf FIFA 08 oder Mario Strikers: Charged Football zurückgreifen. Der Klempner lässt es zwar auch im Kasten krachen, aber gehört mit Superschüssen, Eisbomben und Power-Ups eher zur kunterbunten Arcade-Schule. Wo bleibt der erste realistischere Ansatz? Hier will Konami am 27. März 2008 mit Pro Evolution Soccer 2008 einspringen. Die Japaner haben Erfahrung mit Nintendos Technik: Erinnert ihr euch? Im Jahr 2003 konnte man das ausgezeichnete Winning Eleven 6: Final Evolution  (4P-Wertung: 93%) auch auf dem GameCube spielen - als Import mit Freeloader.

Allerdings handelt es sich diesmal nicht wie anno 2003 um eine 1:1-Umsetzung der Simulation, die auch für PC und alle Konsolen erscheint, sondern um eine neue Variante. Das ist einerseits schade, denn so grafikhungrig ist das Ganze auf Xbox 360 & Co auch nicht, als dass man den Kick nicht mit abgeschwächter Grafik auch auf Wii hätte übertragen können.

Bei Standards herrscht mehr Bewegung als sonst: Als Angreifer könnt ihr vor der Ecke zwei, drei Spielern Laufwege in den Strafraum vorgeben. Die ruhenden Freistöße lassen allerdings noch zu wünschen übrig, da man die Zielpräzision vermisst.
Andererseits eröffnet die bewegungssensitive Steuerung natürlich neue Möglichkeiten. Und die kann bei Sportspielen durchaus frische Impulse bringen. Wir waren jedenfalls sehr gespannt, welchen Ansatz Konami präsentieren würde.

Fußballtaktik in Echtzeit?

Überraschung und Verwirrung nach den ersten Minuten: Producer "Greyhound" Chosogabe zeigte zunächst Bilder, die mit ihren grünen und roten Pfeilen wie taktische Formationszeichnungen aussahen. Wie soll man sich das in Echtzeit vorstellen? Erst als sich ein Mitarbeiter Remote und Nunchuk schnappte, um die Beta-Fassung live zu spielen, kam Bewegung und vor versammelter europäischer Journalistenskepsis auch ein erster Funken Neugier in die Sache: Mit der Remote bewegt man ein Fadenkreuz, das jeden Bereich des Feldes erreichen kann. Klickt man auf einen Spieler, kontrolliert man ihn und kann seine Laufrichtung über das Fadenkreuz und einen Druck auf den A-Knopf bestimmen; hält man ihn länger gedrückt, wird zum Spurt angesetzt. Formations- & Taktikwechsel wie Pressing, Konterspiel & Co werden über das Steuerungskreuz aktiviert. Ihr seid verwirrt? Keine Bange: Ein ausführliches Tutorial wird jede klitzekleine Bewegungsmöglichkeit für Einsteiger zum Nachspielen anbieten. Konami ist sich bewusst, dass man gerade auf Wii und gerade angesichts der doch komplexen Spielmechanik alles zum aktiven Einüben anbieten muss.                            

Nicht nur Spieler am Ball, auch alle anderen können zu jeder Zeit an jeden beliebigen Punkt des Feldes geschickt werden. In der Offensive können z.B. zwei Stürmer in die Spitze stoßen, um Verwirrung zu stiften.
In einer Art "Point&Drag-System" regelt der B-Knopf das Passen: Ihr zeigt mit dem Fadenkreuz z.B. direkt auf einen Mitspieler und der Ball wird dorthin gepasst - je nach Entfernung entweder flach oder hoch. Bei einem Flankenenwechsel gibt es also automatisch einen hohen Ball.

Auch klassische Doppelpässe sind über den Doppeldruck von A und B möglich - das funktionierte jedoch in unseren Praxistests noch nicht einwandfrei; hier kann man sich schon mal verdrücken.

Der Clou ist allerdings, dass ihr auch auf einen freien Punkt des Feldes zeigen und passen könnt: Danach spurtet der am nächsten stehende Spieler sofort von seiner Position zum Zielort - das funktioniert bereits sehr gut und sorgt schnell für Dynamik auf dem Feld. Im klassischen PES kann ich tödliche Pässe in die Tiefe spielen, weiß aber nie genau, wohin der Ball letztlich rollt. Hier bestimme ich von Anfang an den Ort im Raum. Befindet ihr euch in Tornähe, kann über das Schütteln des Nunchuk zum Schuss oder Kopfball angsetzt werden. Hier hat die Sache noch einen Haken: Der Spieler zieht immer automatisch ab, man kann noch keine Richtung fuer den Schuss abgeben. Hier hat "Greyhound" allerdings schon angekündigt, dass man sich etwas einfallen lässt. Aber was nur?

Mit dem Nunchuk wird abgezogen: Noch vermissen wir hier die nötige Präzision. Außerdem können die Strafraumszenen nicht an den Nervenkitzel des großen Vorbilds anknüpfen.
Beim anschließenden Praxistest in Konamis deutschen Büros konnten wir erstmals diese angedachte Schusstechnik ausprobieren: Je nachdem, wie man das Nunchuk Richtung Tor bewegt, wird hoch oder flach, links oder rechts geschossen. Leider hat sich dieses System in der ersten Testspielen noch nicht als präzise genug herausgestellt. Man kann zwar wunderbar in die Laufrichtung schießen, und den Ball sogar am Torwart vorbei ins Netz legen, aber Schussrichtungswechsel im Lauf waren knifflig. Außerdem verzeiht man den Nunchuk schon mal in der Hektik des Strafraums. Damit ist die Präzision im Abschluss noch der größte Schwachpunkt dieses interessanten Frischlings.

In der Defensive wird über eine Schüttel-Bewegung die Grätsche eingeleitet - Mario lässt grüßen. Dribblings funktionieren, indem der Ball führende Spieler über schnelle Klicks an unterschiedliche Positionen im Raum die Richtung wechselt. Wenn man den Analogstick in dieser Bewegung nutzt werden Körpertäuschungen und Finten ausgeführt.  Das wichtige Zweikampfverhalten erwies sich in der Praxis unserer Duelle noch als unsichere Komponente. Es dauert manchmal zu lange, bis die Verteidiger in kritischen Situationen den Stürmer über die automatische Doppeldeckung attackieren. Das führt dazu, dass man manuell einspringen muss. Hier kann man die Kohlen wieder aus dem Feuer holen, aber auch das Umschalten braucht seine Zeit. Kann man als Stürmer gut an Verteidigern vorbeiziehen? Ja, es gibt zwar keine Sprinttaste, aber die Möglichkeit des automatischen Sprints, wenn der Spieler lange genug in eine Richtung läuft. Man muss also erstmal in den freien Raum lenken, bevor er Geschwindigkeit aufnimmt.

Einer bewegt Alles

Anstatt euch mit Remote und Nunchuk auf einen Spieler und seine Tricks zu konzentrieren, könnt ihr hier aber erstmals alle Spieler kontrollieren. Es geht in diesem neuen Ansatz nicht um einen Star, sondern das komplette Team. Und da man theoretisch jeden Laufweg bestimmen kann, gewinnt dieser Fußball eine strategische Note im Raum. Denn im Gegensatz zu den großen Vorbildern auf

Das Pass-System ist intuitiv: Klickt ihr einen weit entfernten Punkt an, wird automatisch hoch geflankt und der nächststehende Spieler rennt zum Zielpunkt.
Xbox 360 & Co könnt ihr hier jederzeit frei entscheiden, welchen Spieler ihr wohin schickt - auch ohne Ball! Diese "Off-the-ball-Läufe" bedeuten in der Offensive: Ihr könnt manuell bestimmen, wann und wie ein Stürmer in den freien Raum rennt, um vielleicht einen tödlichen Pass zu verwerten. Ihr könnt theoretisch auch zwei offensive Leute hintereinander anklicken, den einen nach links, den anderen nach rechts laufen lassen, damit sich die Wege kreuzen und der Gegner verwirrt wird. Das Knifflige ist allerdings, dabei die Uebersicht zu behalten und den Ball nicht zu verlieren, denn in dem Moment, wo man andere Spieler bewegt, bleibt der Ball fuehrende stehen - hier sollte Konami vielleicht ein System anbieten, das dynamischer ist: Also zwei parallele Bewegungen, ähnlich wie beim Zielsystem von Metroid Prime 3 .

Und für die Defensive heißt das: Ihr könnt genau diese Räume schließen und den Stürmer bzw. Ball abfangen, wenn ihr einen Verteidiger frühzeitig dorthin schickt. Auch hier habt ihr die Möglichkeit, mehrere Verteidiger schnell in mehrere Richtungen zu schicken. Konami hat auf unsere Nachfrage betont, dass man keine Gruppen bilden kann, die man kontrolliert - also wird man nicht zwei, drei Leute auf einmal irgendwo hin schicken können. Aber in Sachen Abseits geht das: Die ganze Hintermannschaft kann sich auf Knopfdruck nach vorne bewegen - bisher war man immer von der KI abhängig.

Auch online wird auf Wii gekickt: Zwar nicht mit ausgefeilten Liga- und Turniermodi, aber in lockeren Freundschaftsspielen. Für Solisten gibt es einen neuen Karrieremodus, indem ihr ein No-Name-Team Schritt für Schritt verbessern könnt. Entweder trainiert ihr die Fähigkeiten eurer Kicker oder zieht euch nach erfolgreich gemeisterter Herausforderung verdeckt einen bekannten Profi aus einem fremden Kader. So kann man sein Team langsam formen. Leider konnten wir diesen Modus noch nicht ausgiebig genug testen.

                    

Ausblick

Als ich hörte, dass Konami eine Wii-Variante von Pro Evolution Soccer 2008 entwickelt, habe ich mit eleganten Dribblings über Remote und die Konzentration auf einen Starspieler gerechnet - also an eine einfache Arcade-Variante für die ganze Familie, wo sich auch Opa noch mal mit Nunchuk zum Fallrückzieher schütteln darf. Fehlanzeige: Es gibt am 27. März einen strategischen Kick für eingefleischte Fußballfans. Kein Casual Game, kein Freizeitkick, sondern echter Sport. Das Spiel fühlt sich zunächst ebenso ungewohnt wie angenehm frisch an: Es geht erstmals um die Kontrolle des gesamten Teams, wo ihr jeden Laufweg bestimmen könnt und noch klüger als im Vorbild den Raum nutzen müsst - auch ohne Ball! Das, was in anderen Spielen die KI regelt, kann hier direkt von euch kontrolliert werden. Man fühlt sich fast wie ein Feldherr in einem Echtzeitstrategiespiel, greift über die Flanken an, täuscht Attacken vor und versenkt am Ende die Kopfballbombe - allerdings bei weitem nicht mit dem Nervenkitzel wie im Original. Irgendwie vermisst man gerade im Abschluss die letzte Präzision, die der Nunchuk scheinbar nicht bieten kann. Es ist sehr mutig von Konami, auch auf Wii dem Simulationsanspruch treu zu bleiben und etwas Neues zu probieren. Aber so erfrischend anders der Ball hier auch rollt, so wichtig wird es für die finale Fassung auch sein, dass man trotz freier Spielerwahl sowie zwei überall herum wischender Zielicons die Übersicht behält und die Steuerung gerade in einem echten Duell nicht in Hektik ausartet - hier hatten wir in der Praxis noch genau so unsere Probleme wie bei der effizienten Koordinierung der Defensive. Trotzdem macht es jetzt schon Spaß. Trotzdem ist es jetzt schon angenehm anders und deshalb bleibt es bei unserem guten Ersteindruck!


Ersteindruck: gut

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