Im Test: Ist das flauschig!
Welch passender Name
Kaum ein Entwickler trägt solch einen passenden Namen wie Good-Feel: Bereits vor vier Jahren wirkte Kirbys Epic Yarn mit seiner fröhlichen Stoffwelt wie ein spielbares Antidepressivum. Das Studio aus Kobe machte seine ersten Gehübungen mit kindgerechten Quiz-Spielchen und Lernsoftware für den DS, später erkannte Nintendo das Potenzial der Entwickler und spannte sie immer häufiger für eigene Marken ein. Bei Mario & Luigi: Dream Team kümmerte man sich um die Bosskämpfe; Kirby’s ideenreiches Garnabenteuer entstand beinahe komplett bei Good-Feel. Auch Yoshis neuem Spiel merkt man sofort an, dass die Entwickler ihre Wurzeln im Vorschulprogramm haben: Der kleine Wolldino tapst derart schnuffig über die Stoffbahnen, dass ich ihn am liebsten durch die Mattscheibe knuddeln würde. Für solche Situationen hat Nintendo eine Reihe gestrickter Amiibo-Figürchen auf den Markt gebracht – allerdings in viel zu kleiner Stückzahl. Wer ein Exemplar oder die Special-Edition ergattern möchte, muss mittlerweile viel Geschick oder hohe Summen aufbringen. Im Gegensatz zu Splatoon werden Käufer der Standard-Fassung diesmal aber nicht von einem Modus ausgesperrt. Die Figürchen schalten lediglich kleine Spielereien frei; darunter bunte Muster auf dem Helden oder einen Zwillings-Dino, der die Bewegungen des Spielers imitiert. Außerdem kann man wie immer seinen Fortschritt auf den Amiibos speichern.
Guten Hunger!
Also hüpfe ich über allerlei bewegliche Plattformen und nutze Yoshis praktisches Beinstrampeln, um über weite Abgründe zu „schweben“. Wie gehabt können Gegner verspeist und als Wurfgeschosse missbraucht werden: Einfach das klimpernde Zielkreuz aufrufen, im passenden Moment abdrücken und schon lassen sich kleine Widersacher über den Haufen schießen - oder sie verheddern sich zumindest kurzfristig im Wollfaden. Auch versteckte Fragezeichen-Wolken lassen sich mit den Geschossen aktivieren, wodurch klingelnde Edelsteine oder Türen zu Geheimräumen erscheinen.
Alte Wolle in neuen Knäulen?
Auch die gehäkelten Gegner sorgen für neue Möglichkeiten im Hüpfspiel-Alltag: Ein Karpfen schießt zum Beispiel eine kräftige Garn-Fontäne in die Luft, die mich in die Höhe schleudert, sich aber auch kurzzeitig als Untergrund missbrauchen lässt. Oder ich verschieße fröhlich grinsende Flauschvogel-Babys (ja, die heißen tatsächlich so), um fragile Watteplattformen zu erzeugen und gen Himmel zu stürmen. Hochgradig innovativ ist zwar keine der Ideen, trotzdem bereichern sie das Erforschen der Umgebung. Mein Highlight ist der Kettenhund, der nur als dünnes Garn-Gerüst durch die Gegend geistert. Ich locke ihn eine Treppe hinauf, wickle ihn mit Wolle ein - und schon habe ich eine massive Kugel, die den Berg hinab durch alle Gegner und Barrieren poltert. Für jede Menge Abwechslung sorgen auch die zahlreichen bekannten Extras und Mechanismen. Dazu gehören z.B. schwebende Richtungspfeile oder Hund Schnuffel, auf dessen Rücken ich hohe Vorsprünge erreiche, um dort den Wasserspiegel einer überfluteten Welt zu manipulieren.
Niedlicher geht nicht
Wer möchte, kann sich für verdiente Klunker Perks und Erleichterungen kaufen, die über den Zeitraum eines Levels anhalten. Sind sie aktiv, kann ich z.B. nicht mehr in den Abgrund stürzen, halte deutlich mehr Treffer aus oder bekomme endlos Wassermelonen, deren Kerne auch aufdringliche Affen verlässlich aus dem Weg räumen. Wem das immer noch zu schwer ist, darf sogar in den „entspannten“ Modus wechseln, in dem Yoshi Flügel wachsen und er nach einigen Fehlversuchen unbesiegbar wird.
Kompromisse für Einsteiger
Wer Herausforderung sucht, sollte all das natürlich tunlichst ignorieren und sich auch die gesammelten Klunker für die Endabrechnung aufsparen. Wem die meist linearen Kernabschnitte der Levels zu einfach sind, kann sich allerdings abseits des Weges etwas mehr Herausforderung suchen. Es gibt jede Menge Geheimräume, die ich mitunter erst auf den zweiten Blick entdeckt habe. Oft sorgt dort ein Timer beim Sammeln für Zeitdruck. Auf Dauer kann das gewissenhafte Abgrasen aber auch ein wenig fade werden. Wer sich dabei verheddert, muss allerdings zurück zu einem der wenigen Checkpoints und alles noch einmal einsammeln. Am meisten motiviert haben mich die Grabkammern einer Pyramide und anderen verwinkelten Levels mit geschickt eingeflochtenen Rätseln. Die Bosskämpfe sind ebenfalls eine willkommene Abwechslung: Ein Maulwurf wuselt z.B. wild unter einer Wolldecke herum, bevor er auftaucht und von mir mit einer Stampfattacke zurechtgewalkt wird. Andere Biester muss ich im richtigen Moment mit der Zunge aufribbeln, um ihren Schwachpunkt freizulegen. Weniger spannend sind die eingestreuten Bonus-Stages und Minispiele. Dann verwandelt sich der flauschige Held z.B. in einen tauchenden „Meerjung-Dino“ oder in einen Riesen, der lediglich schnell genug zum Ziel trampeln muss.
Kooperatives Gekabbel
Fazit
Wer hätte das für möglich gehalten? Entwickler Good-Feel hat es tatsächlich geschafft, Nintendos Dino-Maskottchen noch knuffiger zu machen! Und nicht nur ihn: Jeder noch so unwichtige Gegner wackelt derart liebenswert durch die Levels, dass ich ständig den Drang verspürte, aufzustehen und den Fernseher zu knuddeln. Auch das Spieldesign profitiert von Tricks wie dem Aufribbeln, Plattquetschen und Einspinnen von Gegnern. Und das Erforschen versteckter Ecken gestaltet sich dank gelungener Garn-Rätsel erfreulich abwechslungsreich. Zwischendurch wird es aber auch mal fade – zum Beispiel in den einfach gestrickten Minispielen. Oder wenn ich abseits des Weges zu viel Krempel anhäufen musste, weil mir der normale Weg als geübter Spieler zu wenig Herausforderung bot. So kinderleicht wie Kirbys Garnausflug ist Yoshi’s Woolly World aber zum Glück nicht. Schade auch, dass es keine vernünftige Online-Anbindung gibt. Der lokale Koop passt immerhin gut zum Spiel: Lustig, aber nicht zu chaotisch. Wer Lust auf einen klassischen Plattformer mit neuen Tricks hat, wird also gut bedient – inklusive dem wahrscheinlich putzigsten Design aller Zeiten.
Pro
Kontra
Wertung
Wii_U
Knuffiger geht's nicht: Ein bezauberndes Design und gelungene Woll-Tricks machen den im Kern konservativen Plattformer zu einem flauschigen Erlebnis.
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