Circus Maximus05.08.2002, Jens Bischoff
Circus Maximus

Im Test:

Während es Rennspiele wie Sand am Meer gibt, sitzt man dabei jedoch meistens immer in irgendwelchen modernen Autos, auf Motorrädern oder in Raumgleitern. Dabei wurden auch schon in Zeiten weit vor ABS, Traktionskontrolle und Turbolader Rennen gefahren. Sogar im antiken Rom, was spätestens seit Filmen wie Ben Hur jedes Kind weiß. Mit Circus Maximus - Chariot Wars bietet THQ nun die Möglichkeit, selbst in einem solchen Streitwagen Platz zu nehmen und unliebsame Konkurrenten unter tosendem Beifall des Publikums einfach einen Kopf kürzer zu machen. Ob vorsintflutliche Barbarei oder zeitloser Überlebenskampf, klärt unsere nicht immer unblutige Testfahrt…

Auf Ben Hurs Spuren

Wer hätte das gedacht: In Zeiten, wo sich dank Hollywood und Russell Crowe das Interesse an der Antike vorwiegend auf Gladiatorenkämpfe beschränkt, setzen die Entwickler von Circus Maximus auf angestaubte Monumentalklassiker wie Ben Hur. Doch die Wagenrennen mit Charlton Heston wirken auch heute noch imposant inszeniert - warum nicht also ein Spiel dazu basteln? Dabei präsentiert sich das Machwerk von Kodiak Interactive weder besonders spektakulär noch unbedingt historisch korrekt.

Aber wen kümmert das, wenn zumindest der Spielspaß stimmt. Doch dieser will bereits in den nervigen Trainingsläufen nicht so richtig aufkommen, was neben der überladenen Steuerung und ungenauen Kollisionsabfrage vor allem an den wenig motivierenden Aufgabenstellungen liegt. Wer will schon einen lieblos zusammengewürfelten Hindernis-Parcours meistern oder einen sich nicht zur Wehr setzenden Ausbilder vermöbeln, wenn er eine Laufbahn als Todgeweihter vor sich hat?

Doch kaum nimmt die eigene Karriere ihren Lauf, folgt die nächste Enttäuschung: Über den Jordan geschickte Gegner werden in Nullkommanichts wiederbelebt, deklassierte Kontrahenten holen auf wundersame Weise ständig wieder auf und ein erster Platz zählt weniger als ein paar umgefahrene Passanten und eingesammelte Power-Ups. Zudem ist der eigentliche Circus Maximus lange Zeit gesperrt und man muss sich erst einmal in Britannien, Germanien, Zypern, Alexandria, Rom und im Circus Nero gegen jeweils läppische drei Rivalen behaupten.

Wenig Neues im Alten Rom

Mit wem Ihr an den Rennen teilnehmen wollt, ist Euch überlassen. Insgesamt warten jedenfalls elf Fahrer, Kämpfer, Pferdepärchen und Streitwagen darauf, von Euch nach Belieben kombiniert und ausprobiert zu werden - die spürbaren Unterschiede halten sich allerdings in Grenzen. Auch die insgesamt 19 Rennstrecken sind eigentlich nur sieben, die sich lediglich durch verschiedene Fahrtrichtungen, Abzweigungen und Tageszeiten unterscheiden. Noch trauriger sieht es bei den Spielmodi aus: neben 17 lieblosen Trainingseinheiten und dem im Mittelpunkt stehenden Karrieremodus, gibt es nur noch obligatorische Einzel- und Mehrspieler-Rennen.

Interessant werden Letztere allerdings durch die Tatsache, dass man, drei bzw. vier Mitspieler vorausgesetzt, auch kooperativ ans Werk gehen kann. Dabei werden zwei Teams gegründet, bei denen ein Spieler den Fahrer und der andere den Kämpfer mimen kann. CPU-Gegner bleiben bei diesen Splitscreen-Duellen zwar außen vor, aber angesichts der allgemein recht suspekten KI ist das kein wirkliches Manko. Zudem sind dann auch endlich genügend Hände für die gerade in höheren Schwierigkeitsgraden völlig überladene Steuerung vorhanden. Zwar können sich Solisten ebenfalls einen Chauffeur besorgen, um sich auf das Metzeln der Gegner zu konzentrieren, aber die entsprechenden CPU-Kutscher sind leider alles andere als brauchbar.

Wie viele Hände braucht der Mensch?

So bleibt nur die Wahl des einfachsten Schwierigkeitsgrades, um sich wenigstens das Ausbalancieren des Gefährts in Kurven zu sparen, denn gleichzeitiges Fahren, Kämpfen, Ausweichen und Gewicht verlagern ist mit zwei Händen einfach nicht möglich. Selbst gleichzeitiges Beschleunigen und Angreifen erfordert bereits einen übernatürlich großen und gelenkigen Daumen, denn die anscheinend von Mutanten ausgedachte Steuerung lässt sich nicht einmal umkonfigurieren. Dabei ist das Fahrverhalten eigentlich recht gelungen - auch wenn das Tempo eher zähflüssig und das Schadensmodell recht primitiv ist. Ebenfalls annehmbar ist das Streckendesign, das zwar wenig Abwechslung, aber immerhin versteckte Abkürzungen und interaktive Hindernisse bietet. Zudem warten mit Turbo-Boosts, Schutzschilden, Angriffsverstärkern, Heiltränken und Wurfwaffen auch fünf Power-Ups auf den Strecken verteilt auf ihren Einsatz. Von der schnell aufkommenden Monotonie Eurer Einsätze lenken aber auch sie nicht ab.

Abgesehen von gelegentlichen Clipping-Fehlern und Pop-Ups ist die Grafik-Engine währenddessen recht solide, im Gegenzug aber auch äußerst unspektakulär. Wissen die Animationen und teils recht freizügigen weiblichen Charaktere noch zu gefallen, reiht sich beim Rest eine hässliche Textur an die andere. Auch der orchestrale Soundtrack plätschert eher teilnahmslos vor sich hin als dass er Spannung aufbaut. Die Sound-FX sind hingegen recht ordentlich, wenn auch wenig facettenreich, während die völlig unausgereifte Rumble-Funktion nicht mehr als ein schlechter Witz ist. Überhaupt ist die Präsentation äußerst dürftig und eine Lokalisierung hat man sich gleich ganz gespart, obwohl weder die unpassende Sprachausgabe, noch die belanglosen Menütexte besonders hilf- bzw. umfangreich sind.

Fazit

Da hätte man mehr draus machen können: Die Idee eines antiken Wagenrennens mit tödlichen Waffen und dem Weiterleben als Preisgeld wäre jedenfalls eine willkommene Abwechslung im vom Motorsport dominierten Renngenre gewesen. Aber was THQ dem Spieler mit Circus Maximus vorsetzt, ist leider nicht mehr als ein monotoner Schlagabtausch mit geringem Umfang, zähem Spielfluss und einer völlig unbrauchbaren Steuerung, die selbst die ungenaue Kollisionsabfrage und unfairen KI-Routinen in den Schatten stellt. Zudem sprechen auch die dürftige Präsentation und die fehlende Lokalisierung für einen Titel, den man einfach schnell auf den Markt geworfen hat, um das langsam verebbende Fahrtwasser von Gladiator noch für sich nutzen zu können. Im originellen Mehrspielermodus wiegen die Mankos zwar nicht ganz so schwer, aber eine empfehlenswerte Anschaffung ist Circus Maximus auch für Party-Zocker nicht. Schaut Euch lieber mal wieder Ben Hur an, das ist weitaus spannender, imposanter und obendrein günstiger.

Pro

<li>originelle Idee</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>annehmbares Streckendesign</li><li>kooperativer Mehrspieler-Modus</li><li>gelungene Animationen & Sound-FX</li>

Kontra

<li>nicht lokalisiert</li><li>zäher Spielfluss</li><li>magerer Spielumfang</li><li>monotones Gameplay</li><li>überladene Steuerung</li><li>unspektakuläre Präsentation</li><li>suspekte Kollisionsabfrage & KI</li>

Wertung

XBox

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