Metal Dungeon30.01.2003, Jens Bischoff
Metal Dungeon

Im Test:

Rollenspielbegeisterte Xbox-User haben nach wie vor einen schweren Stand: Das Angebot an echten RPGs beschränkt sich hierzulande quasi auf Morrowind und das demnächst erscheinende Dark Alliance, welches Fans jedoch schon längst vom PC bzw. der PS2 kennen. Scheinbar ist dieser Missstand mittlerweile auch Publisher THQ aufgefallen, denn dort hat man sich kurzerhand die deutschen Vertriebsrechte am Xbox-exklusiven SciFi-Rollenspiel Metal Dungeon gesichert und hofft nun, dass der Japan-Import bei den heimischen Fans ankommt. Warum diese Hoffnung wohl eher vergebens sein wird, könnt Ihr in unserem Testbericht nachlesen.

Handlung überflüssig

Metal Dungeon ist der Beweis, dass ein Rollenspiel quasi ohne Story auskommen kann. Auch ohne Hintergrundgeschichte? Wohl kaum. Also erzählt man Euch vor Spielbeginn, dass eine militärische Forschungsstation von mächtigen Zauberern übernommen wurde, die mithilfe biomechanischer Monster versuchen, die ganze Welt zu vernichten. Um dies zu verhindern, werden von überall her mutige Elite-Söldnern herbeigerufen, die wieder alles ins Lot bringen sollen. Na ja, vielleicht wäre überhaupt keine Story doch besser gewesen...

Protagonisten selbst gemacht

Was soll`s, im weiteren Spielverlauf besteht die Story ohnehin nur noch aus einer Reihe belangloser Einsatzbeschreibungen. Doch zunächst geht es an die Schaffung Eurer Charaktere, denn die Helden des Spiels müssen erst noch geboren werden. Dazu habt Ihr die Wahl zwischen fünf Grundklassen: Der Fencer ist ein Profi im Umgang mit Schlag- und Stichwaffen, der Striker vertraut auf seine Fäuste, der Caster setzt auf Magie, der Analyzer auf Schusswaffen und der Broader gilt als Allrounder, der mit allen Waffen im Spiel zurechtkommt.__NEWCOL__Talentierte Nobodys

Die Charakterklasse kann später aber auch wieder gewechselt werden, wobei durch spezielle Items noch fünf weitere Klassen verfügbar werden. Erwähnenswert sind auch die mit den jeweiligen Klassen verbundenen Talente. So können die Attacken des Strikers tödlich sein und die des Fencers mehrere Ziele gleichzeitig treffen. Der Caster ist hingegen in der Lage feindlichen Zaubern auszuweichen, während der Analyst laufend die Lebensenergie der Gegner berechnet und allein dadurch schon in keiner vernünftigen Party fehlen sollte.

Multifunktionaler Stützpunkt

Charaktere lassen sich zwar beliebig viele erstellen, aber maximal fünf davon können gleichzeitig Eurer aktiven Gruppe angehören. Wie Ihr diese zusammenstellt bleibt jedoch Euch überlassen. Zudem sind Auswechslungen jederzeit möglich - zumindest wenn Ihr Euch im Basislager befindet. Hier verwaltet Ihr Charaktere und Ausrüstung oder sichert den Spielstand. Nebenan gibt`s auch noch einen Shop, ein Auftragsbüro, ein Lazarett, eine Trainingsarena und natürlich den Eingang in die dunkle, monsterverseuchte Unterwelt.

Sterile Monsterjagd

Die zehn nach und nach zugänglichen Verliese werden zwar bei jedem Betreten per Zufallsgenerator neu konstruiert, für Abwechslung sorgt dieses Feature jedoch kaum. Die unterschiedlichen Bereiche und Stockwerke sehen fast alle gleich aus und Leben gibt es nur in Form einheitlicher Flugdrohnen, die durch die sterilen Gänge schweben und bei Kontakt Gegner oder Fallen auf den Plan rufen. Ansonsten gilt es Kisten und Türen zu öffnen, hin und wieder einen unübersehbaren Schalter zu betätigen, einen Lift oder Teleporter zu benutzen und am Ende eines Abschnitts den jeweiligen Wächter zu besiegen.

Zum Zuschauen verurteilt

Die Kämpfe laufen im Prinzip automatisch ab, d. h. wer angreifen kann, greift an und der Rest verteidigt sich. Zwar kann man auch manuell Befehle erteilen, aber bis diese zum Tragen kommen, ist der Gegner meist schon tot. Bei stärkeren oder zahlreicheren Widersachern empfiehlt es sich dennoch einzugreifen - alleine schon aufgrund der Item- und Zaubereinsätze, welche sonst komplett unter den Tisch fallen würden. So oder so ist das Kampfsystem aber ein ziemlicher Murks, der weder Action noch Taktik noch Unterhaltung bietet, denn nicht einmal die Darstellung der Kämpfe ist auf irgendeine Weise bemerkenswert.__NEWCOL__Lieblose Aufmachung

Präsentation und Technik sind überhaupt sehr dürftig: Die Levelgrafik ist an Schlichtheit kaum zu unterbieten, die meisten Animationen wirken hölzern, die Effekte teils vorsintflutlich und die Soundkulisse plätschert belanglos vor sich hin. Auch das Filmmaterial ist mit dem Intro bereits erschöpft. Ein paar nette Lichteffekte und Monsterkreationen sowie ein 60Hz-Modus sorgen hingegen auch für positive Aspekte. Selbst an eine transparente Automap haben die Entwickler gedacht, allerdings ist diese die meiste Zeit eher im Weg als von Nutzen, da sie sich wie ein wirres Strickmuster über den gesamten Bildschirm legt.

Willkommene Entwicklungsfreiheit

Auch die unveränderliche isometrische Spielansicht schmälert die Übersicht der immer größer und komplexer werdenden Einheitsgewölbe. Neben der architektonischen Monotonie wird aber auch spielerisch kaum Abwechslung geboten. Das einzige Highlight in dieser Hinsicht ist neben der gebotenen Item-Vielfalt die ungebundene Charaktergestaltung und -entwicklung. So könnt Ihr durch Kampferfahrung verdiente Fertigkeitspunkte völlig frei auf die einzelnen Attribute Eurer Recken verteilen, Zauberchips implantieren, vorübergehende und dauerhafte Leistungssteigerer injizieren oder die Klasse wechseln.

Fazit


Auch wenn Alternativen rar gesät sind, sollten Xbox-Rollenspieler Metal Dungeon nach Möglichkeit meiden. Dank relativ ungebundener Charakterzucht und motivierender Item-Hatz werden bereits unter RPG-Entzug leidende Fans zwar kurzzeitig abgelenkt, viel mehr aber auch nicht. Dazu ist der Spielverlauf zu monoton, das Kampfsystem zu unausgereift, die zufällig generierten Einheits-Dungeons zu steril und auf eine spielbegleitende Story muss man auch verzichten. Zudem nerven fiese Fallen, unübersichtliches Kartenlayout, öde Auftragsarbeiten und akute Ereignislosigkeit die futuristischen Kerkerstreifzüge, die im Übrigen stark an ESPs Evolution-Serie (Dreamcast & GameCube) erinnern. Auch technisch macht der Titel alles andere als eine gute Figur - kein Wunder, dass sich THQ eine Lokalisierung gleich ganz gespart hat. So haben sich heimische Genrefans das erste japanische Xbox-Rollenspiel jedenfalls mit Sicherheit nicht vorgestellt.

Pro

<li>60Hz-Modus</li><li>keine Zufallskämpfe</li><li>passable Lichteffekte</li><li>spielbegleitendes Tutorial</li><li>individuelle Charaktergestaltung</li>

Kontra

<li>keine Story</li><li>fiese Fallen</li><li>nicht lokalisiert</li><li>steriles Ambiente</li><li>ödes Kampfsystem</li><li>spärliche Präsentation</li><li>monotoner Spielverlauf</li><li>unübersichtliche Zufalls-Dungeons</li>

Wertung

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.