Die Hard: Vendetta10.08.2003, Mathias Oertel
Die Hard: Vendetta

Im Test:

Ego-Shooter sind ein Erfolg versprechendes Genre und wenn man zudem noch mit der Stirb Langsam-Filmlizenz einen großen Namen hat, sollte eigentlich nicht viel schief gehen. Doch nachdem die Anfang des Jahres veröffentlichte GameCube-Version von Die Hard Vendetta nicht gerade zu Jubelstürmen hinreißen konnte, besteht kaum Hoffnung, dass die nun veröffentlichte Xbox-Version diese Scharte auswetzen kann. Oder haben sich die Entwickler vielleicht doch noch einmal richtig ins Zeug gelegt und das Spiel einer Generalüberholung unterzogen, um es zu einem Halo-Konkurrenten zu machen? Im Test findet Ihr die Antwort.

Alte Helden sterben langsam

Obwohl der Cop John McClane mittlerweile in die Jahre gekommen ist, stürzt er sich immer noch wagemutig in actionreiche Abenteuer, die ihn das Leben kosten können. Umso mehr, als dieses Mal seine Tochter, die zwischenzeitlich selber Polizistin ist, bei ihrem ersten Einsatz in einem Museum, Kunstdieben in die Quere kommt und in die Schusslinie gerät. Um seine Tochter zu retten, muss McClane, der mittlerweile für die Polizei von Los Angeles arbeitet, tief in die Trickkiste greifen und sich nicht nur mit Gangs und Kunstdieben, sondern auch mit einer ausgewachsenen Söldner-Truppe und dem Sohn des Ober-Gangsters aus Teil 1 der Film-Trilogie anlegen.

Banal und altbacken

So herkömmlich und eindimensional wie die Story gestaltet sich auch das Spielprinzip: In absolut klassischer Ego-Shooter-Manier lauft Ihr durch zumeist kleine Abschnitte, schießt böse Buben über den Haufen und löst hin und wieder kleine Rätsel.

Was an sich ja genügend Stoff für unterhaltsame Stunden bietet. Doch viele Kleinigkeiten sorgen dafür, dass die Die Hard-Bombe nicht richtig zünden will.

Das beginnt schon beim Leveldesign: Jeder Abschnitt ist weitestgehend linear. Ihr könnt nur dahin gehen, wo es die Designer für Euch vorgesehen haben. Zwar gibt es hin und wieder Ausnahmen von der Regel, in denen Ihr Euch für unterschiedliche Vorgehensweisen entscheiden könnt, doch unter dem Strich habt Ihr keine Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf den Fortgang zu nehmen - außer dem Abschießen oder Verhaften der Gegner natürlich.

Doch hier taucht schon das nächste Problem auf: Die Gegner sind nur selten mehr als bloßes Kanonenfutter. Viel zu häufig bekommt man den Eindruck, dass sie nur darauf warten, über den Haufen geknallt zu werden. Insofern kann man eher von KD (Künstlicher Dummheit) denn KI sprechen.

Auch die Tatsache, dass manche Gegner erst durch Überschreiten einer unsichtbaren Grenze aktiviert werden und dann sogar manchmal vollkommen unschön aufpoppen, zeugt nicht gerade von spielerischem Glanz.

Und die Steuerung gestaltet sich ebenfalls nicht gerade als Freund des Spielers. Zwar hat man zahlreiche Möglichkeiten und muss auch nicht auf Kriechen, Springen und Um-die-Ecke-Schauen verzichten, doch vor allem das manuelle Zielen ist viel zu empfindlich, um begeistern zu können. Das kann die gut funktionierende automatische Zielhilfe jedoch weitestgehend kompensieren. Allerdings wird das Spiel dadurch fast schon zu leicht, denn kaum kommt man um die Ecke, kann man schon wie wild losfeuern und sicher sein, dass mindestens zwei Feinde das Zeitliche segnen. Und wieso hat man einen Schleich- respektive Tarn-Modus eingebaut, wenn unser Held die Waffe trotzdem vor sich her trägt und damit deutlich als Gefahrenquelle für die bösen Buben zu identifizieren ist?

Weiterhin ist der Wechsel zum Inventar nicht gerade glücklich gelöst und sollte nur in Momenten der Ruhe durchgeführt werden. Denn zum einen wird von der Inventarleiste fast der halbe Bildschirm verdeckt, zum anderen müsst Ihr unter Umständen ziemlich lange durch die Gegenstände scrollen, um das gewünschte Objekt zu finden. Zeit, die in Gefechten von Gegnern gnadenlos dazu genutzt wird, um Euch mit Blei voll zu pumpen.

Multiplayer ohne Bots

Im Gegensatz zur GameCube-Version habt Ihr Zugriff auf diverse Multiplayer-Modi, die allerdings nur Standardware darstellen. Da zudem noch jegliche Bot-Möglichkeit fehlt, werden die Mehrspieler-Gefechte genau wie die Einzelspieler-Kampagne sehr schnell langweilig.

Zeit für Helden

Mit einem Feature kann sich Die Hard Vendetta trotzdem von der schwergewichtigen Konkurrenz abheben. Per Knopfdruck könnt Ihr die so genannte Heldenzeit aktivieren. Damit wird ein temporärer Zeitlupenmodus aktiviert, den Ihr dazu nutzen könnt, im Handumdrehen eine dicke Gegner-Traube dem Erdboden gleich zu machen.

Doch auch dieses nette und in Ego-Shootern bisher kaum eingesetzte Element kann das Spielerlebnis nicht vor dem Absinken in den Durchschnittsmorast retten. Denn einerseits benötigt man die Heldenzeit eigentlich nie, andererseits dauert es recht lang, bis man durch "gute Taten" die Zeitleiste bis zum Anschlag gefüllt hat. Und zu guter Letzt hat man sich bereits nach zwei bis drei Mal an dem Feature satt gesehen.

Auch die unterschiedlichen Missionsziele sind weitestgehend Blendwerk. Denn egal, ob Ihr Geiseln befreien oder einen Museumsdirektor retten müsst - im Endeffekt läuft alles auf einen schnellen Zeigefinger hinaus. Und dank der Zielhilfe ist es wirklich kein Kunststück einen Geiselnehmer zu erschießen, der sein Opfer als Schutzschild vor sich hält.

Probleme im Detail

Grafisch zwar deutlich besser als die GameCube- oder PS2-Fassungen, ist die Grafik aber trotz aller Verschönerungen weit davon entfernt, richtig ansehnlich zu wirken. Die diversen Abschnitte sind zwar angenehm unterschiedlich gestaltet, doch da die Texturen sich auf Dauer zu häufig wiederholen, kommt schnell ein "Kenn-ich-schon"-Gefühl auf, das sich ja auch schon beim Gameplay gezeigt hat.__NEWCOL__Die Animationen der Figuren sind ebenfalls nicht gerade sehr prickelnd und ebenso von Wiederholungen geplagt wie die Leveltexturen.

Angesichts solcher Highlights wie Halo oder dem Bond-Abenteuer Nightfire spielt John McClane auf der Xbox nur zweite Geige.

Einzig Spezialeffekte wie Licht- und Schattenspielchen, Reflektionen und das typische Xbox-Wasser können einigermaßen zum Hinschauen locken, reichen aber bei weitem nicht aus, um Vendetta in einen überdurchschnittlichen Bereich zu hebeln.

Zudem hat die Engine in einigen Momenten mit einem herben Schluckauf zu kämpfen. Was sich angesichts der nicht gerade üppigen Texturen ebenfalls nicht gerade positiv auf die Grafikwertung auswirkt.

Knackig, sauber und gut

Wie so viele Spiele in letzter Zeit kann Die Hard Vendetta vor allem im Soundbereich punkten. Nicht nur, dass dank Synchronsprecher Manfred Lehmann der deutsche Bruce Willis vertreten ist - auch die übrigen Sprecher liefern einen guten Job ab.

Musik und Soundeffekte liegen ebenfalls auf einem hohen Niveau und sorgen für eine rundum gelungene Akustik-Untermalung für ein ansonsten wenig beeindruckendes Spiel.

Fazit


Grafisch ist die Xbox-Fassung zwar die beste aller drei Varianten, doch da die Entwickler auch hier nicht gerade mit üppigen Texturen um sich schmeißen, bleibt Die Hard Vendetta im Vergleich zur Konkurrenz wie Halo tief im Schlamm stecken. Auch in punkto Gameplay hat sich nichts seit der verkorksten GameCube-Version getan. Linearer Levelaufbau, stupide Gegner und eintönige Missionen geben den spielerischen Ton an und sind wahrlich nichts Besonderes. "Wenigstens gibt es Multiplayer-Modi", mögen ein paar hoffnungsvolle Spieler sagen. Doch dank fehlender Bots und absoluter Standard-Modi werden auch Freunde gepflegter Multiplayer-Sessions schnell das Pad zur Seite legen. Dass das herausragendste Merkmal von Die Hard Vendetta die Soundkulisse ist, braucht dann schon gar nicht mehr weiter kommentiert werden. Ein übler Durchschnittsbrei, der nur versucht, von der klasse Lizenz zu zehren. Mein Tipp: Holt Euch die Filme und schaut sie Euch noch einmal an.

Pro

<li>Heldenzeit-Feature</li><li>gute Lokalisation</li><li>nette Soundkulisse</li><li>gut funktionierende Zielhilfe</li>

Kontra

<li>linear bis zum Gehtnichtmehr</li><li>lahme KI </li> <li>schwache Story</li><li>empfindliche Steuerung</li><li>ungenaue Kollisionsabfrage</li>

Wertung

XBox

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