Slam Tennis27.08.2002, Mathias Oertel
Slam Tennis

Im Test:

Nachdem es auf der PS2 bereits einige gute Tennis-Spiele gibt, durften die Racket-Fans auf der Xbox bisher immer nur neidisch zuschauen. Doch mit Slam Tennis (ab 17,89€ bei kaufen) von Infogrames kommen jetzt auch die Xbox-Filzball-Freunde auf ihre Kosten. Nach den guten Vorgaben der PS2-Fassung waren wir natürlich gespannt, ob und inwieweit sich die Xbox-Version vom PS2-Bruder unterscheidet und ob möglicherweise sogar die kleinen Schwächen ausgebügelt wurden. Das Ergebnis unserer Untersuchung könnt Ihr im Test nachlesen.

Der harte Weg zum Champion

Obwohl es auch einen Arcade- und einen Schaukampf-Modus gibt, liegt der Schwerpunkt und auch die Langzeitmotivation deutlich im so genannten Championship-Modus: Hier steht Euch in vier verschiedenen Pfaden anfänglich nur ein Spieler zur Verfügung, um die insgesamt 15 Aufgaben zu lösen.

Diese sind baumartig angeordnet und geben dementsprechend die neuen Aufgaben erst frei, wenn andere Anforderungen erledigt wurden.

Neben normalen Matches gegen CPU-gesteuerte Gegner, die Ihr nach einem Sieg auch anwählen könnt, warten aber auch noch einige andere Herausforderungen auf Euch, die Ihr im Übrigen auch im Hauptmenü separat anwählen könnt, um diese zu trainieren.

Neben einer Auflockerung des "normalen" Tenniszirkus solltet Ihr diese speziellen Challenges als Training sehen, dass Euch auf das weitere Spiel vorbereitet.

Im "Sand, Sea & Serve" müsst Ihr zum Beispiel eine Reihe von Bällen mit Eurem Aufschlag zerstören. Bei "Crazy Collapsing Columns" wird hingegen Euer ganzes Schlagrepertoire gefordert, wenn Ihr alle auf dem Court befindlichen Säulen zum Einsturz bringen wollt. Auch bei der "Bubble Bursting Bonanza" und dem "Rocking Ring Riot" geht es um Zielgenauigkeit, denn hier müssen Seifenblasen respektive Ringe in einer bestimmten Farbe getroffen werden - natürlich immer im Rennen gegen die gnadenlos tickende Zeit.

Zahlenspielchen

Doch so nett diese Spielchen anfangs auch sein mögen und so interessant sie den Ablauf der Championship-Pfade auch gestalten, das Wesentliche findet natürlich im Kampf gegen die insgesamt 16 Tennis-Stars statt. Neben unbekannten Tennis-Sternchen finden sich darunter auch namhafte Profis wie Carlos Moya oder Tim Henman, die natürlich alle über unterschiedliche Eigenschaften verfügen.

Auch an Spielplätzen wird nicht gegeizt: elf Arenen stehen zur Verfügung, so zum Beispiel in Rom, London oder Rio, die alle einen unterschiedlichen Bodenbelag haben. Doch auch außergewöhnliche Spielorte warten im Laufe des Spieles auf Euch, wie zum Beispiel ein Strandplatz, wo Ihr auf Sand spielt.

Abwechslung ist Trumpf

Spielerisch ähnelt Slam Tennis dem Genre-König Virtua Tennis, geht aber in Sachen Schlagauswahl und Technik einen Schritt weiter. So findet Ihr neben normalen Schlägen und Lobs auch Tasten, um die Bälle unterschnitten bzw. mit Top-Spin zum Gegner zurück zu bringen. Zusätzlich könnt Ihr den Ball auch noch mit den Schultertasten anschneiden, um ihm den letzten Feinschliff zu geben und den Gegner in Bedrängnis zu bringen.

Was sich anfangs als ziemlich kompliziert erweist (wenn man nur die Virtua Tennis-Spiele gewöhnt ist), wird nach kurzer Zeit zu einem taktischen Spielvergnügen, das nur daran krankt, dass man seinen Spieler wirklich haargenau zum Ball positionieren muss. Ansonsten verpufft der sorgsam geplante Schlag zu einer Vorlage für den Gegner, die einen sofort in die Verteidigungsposition bringt.

Doch selbst wenn man dieses Problem dank der sehr gut reagierenden Steuerung weitestgehend in den Griff bekommt, wird man das Gefühl nicht los, dass einem das letzte Quentchen Kontrolle fehlt.

Vor allem in den späteren Matches der Championship-Serie passieren einem häufiger Fehler als einem lieb ist, die der stark agierende Gegner auch sofort ausnutzt.

Weiterhin neu und interessant ist die Möglichkeit, einen verheerenden Spezial-Schlag auszuführen. Mit jedem Schlag steigt die dafür vorgesehene Anzeige - je riskanter der Schlag, desto größer der Zuwachs in der Spezialleiste. Ist die Anzeige schließlich zum Bersten voll, könnt Ihr per Doppelklick den Schlag vom Stapel lassen. Aber Vorsicht: Solltet Ihr einen Ballwechsel verlieren, wird die Leiste wieder auf Null zurückgesetzt.

Positives gibt es auch von der Ballphysik-Front zu vermelden. Der Ball springt je nach gewähltem Schlag und Anschnitt genau so auf, wie man es erwarten würde und lässt sich dadurch wunderbar berechnen.

Multiplayer-Fun?

Weitaus weniger gravierend, sind diese kleinen Steuerungs-technischen Unzulänglichkeiten, die auf der Xbox im Vergleich zur PS2-Fassung deutlich verbessert wurden, im Multiplayer-Modus, der mit bis zu vier Spielern immer wieder zu heißen Duellen auffordert.

Hier fällt positiv auf, dass man zum einen komplette Turniere spielen kann, zum anderen auch nicht auf nur einen Satz festgelegt ist wie bei Segas Tennis-König.

Bis zu drei Gewinnsätze lassen sich einstellen, wobei auch die Anzahl der benötigten Spiele, Tie-Break-Punkte usw. frei konfigurierbar sind, so dass jeder auf seinen Geschmack kommen dürfte.

Tennis mit Comic-Touch

In Sachen Präsentation hat man sich beim immer mehr in Mode kommenden Comic-Stil bedient und bietet übersichtliche Menüs, welche die Navigation erleichtern.

Voller Entsetzen haben wir beim ersten Auftritt auf dem Platz auch das Schlimmste erwartet: Tennis in Cel-Shading. Aber glücklicherweise haben sich die Entwickler dazu durchgerungen, auf dem Spielfeld Realismus aufkommen zu lassen.

Dies merkt man vor allem bei den durchweg gelungenen Animationen der Athleten, die im Übrigen über ein breit gefächertes Bewegungsrepertoire verfügen und das Zusehen zu einer wahren Freude machen.

Die Spielermodelle sind deutlich besser als auf der PS2 und auch das dort vorherrschende Problem mit platten und unpassenden Texturen wurde weitestgehend in den behoben. Dazu kommt noch, dass die Grafik einfach klarer und dadurch realistischer wirkt als beim PS2-Gegenstück.

Leider hat man bei den Plätzen die teils unglückliche Farbgebung übernommen. Vor allem die Sandplätze mit ihrem grellen Rot sorgen für Augenschmerzen und lassen den Ball nur zu gerne verschwinden, wodurch sich manche Matches zu einem kleinen Glücksspiel entwickeln.

Auch die Zuschauer, die wie bei allen Sportspielen aus mäßig animierten Papp-Sprites bestehen, sorgen nicht für all zu viel Freude, geraten aber zum Glück nur in den Wiederholungen ins Blickfeld.

Die Zeitlupen-Wiederholungen sind wiederum sehr gut gelungen und vermitteln TV-Atmosphäre. Bei kritischen Ballwechseln wird sogar zusätzlich noch ein Extra-Bild geöffnet, das genau darüber Aufschluss gibt, ob der Ball nun im Aus war oder nicht.

Auch sonst stimmt die Präsentation auf dem Platz: Die Spieler hinterlassen auf den Untergründen ihre Spuren und der Ball wirbelt auf Sand eine richtig schöne Staubwolke auf.

Abseits des Spielfeldes hat man jedoch nicht diese Sorgfalt walten lassen, denn die Linienrichter bewegen sich sehr steif und bestehen bei näherem Hinsehen aus deutlich weniger Polygonen als die Spieler.

Auch Balljungen sucht man vergeblich. Hier hätte man das Stimmungsbild ruhig noch deutlicher zeichnen können.

"Deuce"

Während die Musik nur als schmückendes Beiwerk zu betrachten ist und dabei ihren Job zur vollsten Zufriedenheit erledigt, gilt unser Augenmerk vor allem den Zuschauern, den Ballgeräuschen und der Sprachausgabe, die den Schieds- und Linienrichtern entspringt.

Die Zuschauer gehen jederzeit mit dem Geschehen mit und bejubeln ausgezeichnete Ballwechsel mit frenetischem und kaum enden wollendem Jubel, während Standard-Ballwechsel kaum Beachtung finden.

Die Schiedsrichter sorgen allerdings mit ihren technisch guten, jedoch nüchternen Ergebnis-Ansagen für wenig Stimmung. Die wird wiederum von den sehr hingebungsvoll agierenden Linienrichtern mit ihren teilweise kaum verständlichen "Out"-Schreien zur Genüge geliefert.

Bleiben noch die Ballgeräusche, die gut umgesetzt aus den Lautsprechern schallen und knackiger sind als auf der PS2.

Fazit

Die Tennis-Premiere der Xbox präsentiert sich gegenüber der guten PS2-Version als spielerisch ebenbürtig und kann grafisch und akustisch sogar noch leichte Verbesserungen vorweisen. Vor allem die zahlreichen Schlagmöglichkeiten machen die Fizball-Duelle zu einer motivierenden Angelegenheit, die insbesondere mit mehreren Spielern zu zahllosen Matches ausufern kann. Dass die unglückliche Farbwahl mit übernommen wurde ist ärgerlich, schadet dem Gesamtspaß aber nur unwesentlich. Systemübergreifend ist zwar auch die Xbox-Fassung von keine ernsthafte Konkurrenz für die Virtua Tennis-Serie, doch für ein zwangloses Spielchen zwischendurch ist Slam Tennis erste Wahl und legt die Messlatte für die nachfolgende Konkurrenz auf ein Niveau, das erst einmal gesteigert werden muss.

Pro

<li>motivierender Championship-Modus</li><li>interessante Mini-Games</li><li>16 Tennis-Spieler</li><li>elf Plätze</li><li>gute Sounduntermalung</li><li>sehr gute Ballphysik</li><li>exzellenter Multiplayer-Spaß</li><li>zahlreiche Schlagmöglichkeiten</li>

Kontra

<li>teilweise augenfeindliche Farbwahl</li><li>sehr schwer</li>

Wertung

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.