Toxic Grind05.12.2002, Paul Kautz
Toxic Grind

Im Test:

In den letzten Wochen und Monaten gab es einfach zu viele gute bis sehr gute Funsportgames: Aggressive Inline, Mat Hoffman´s Pro BMX 2, Tony Hawk´s Pro Skater 4 und viele mehr. Da war ein richtig schlechtes Spiel mehr als überfällig - schön, dass Toxic Grind mutig in diese Bresche springt, und sich auch gleich noch die Mühe macht, in nahezu jedem Aspekt möglichst gründlich fürchterlich zu sein.

Riding Man

Die Story spielte in Sportgames bislang eine bestenfalls nebensächliche Rolle. Nicht so bei <4PCODE cmd=DGFLink;name=Toxic Grind;id=3152>, welches die BMX-Action in einen Mischmasch aus »Running Man«, »Terminator« und »BMX-Bande« verpackt: In ferner Zukunft sind alle Extermsportarten verboten. Natürlich lassen sich einige den Spaß nicht vermiesen, riskieren aber, dabei erwischt und in der tödlichen Gameshow »Toxic Grind« verheizt zu werden.

Darin müssen Radkünstler nämlich unter dem Gejohle tausender Zuschauer lebensverkürzende Fallen passieren, und möglichst aufregende Stunts landen - ansonsten droht der sichere Tod durch Gift in den Adern. Nun gehen der Show langsam die Kandidaten aus, was ist also die logische Konsequenz? Genau, eine Zeitreise in die Vergangenheit, in der man sich den Vorzeige-BMXler Jason Hayes (also Euch) schnappt, um ihn in der Zukunft über den Parcours zu hetzen. So weit, so deprimierend sinnlos.

__NEWCOL__In der Zukunft nichts Neues

Zu Beginn des Spiels bekommt Ihr von der Geschichte gar nichts mit. Vom stylischen Hauptmenü führt Euer Weg entweder in den »Underground« genannten Karrieremodus, oder aber in zwei Arcade-Modi sowie die Multiplayervariante für zwei Spieler via Splitscreen. Als Erstes bringt Ihr im Untergrund das Tutorial hinter Euch: In Form eines Crash-Test-Dummies lernt Ihr das Grinden, Fahren von Manuals, Grab- und Fliptricks und vieles mehr - das Übliche eben. Habt Ihr die Nase voll davon, geht es auch schon ohne Umwege in den einfachen ersten Level, in dem ein paar nicht allzu ausgefallene Aufgabenstellungen zu erledigen sind: bestimmte Tricks landen, Bike-Punkte sammeln etc.

Neben der eklatanten Ideenlosigkeit der Missionen fällt vor allem das Fehlen einer kompakten Aufgabenliste auf - man kann sich lediglich die Einführungsfilmchen anzeigen lassen. Besonders nervig ist auch, dass sämtliche Aufträge in einem Level erfüllt sein müssen, bevor es zum nächsten geht. Hängt man an einer Aufgabe, hat man Pech gehabt. Die Bike-Punkte könnt Ihr zwischen den Levels in Eigenschaften investieren und diese dadurch aufmöbeln, außerdem dürft Ihr später zwischen verschiedenen Rädern wählen.

Mit dem Bike in die Zukunft

Habt Ihr Euch im zweiten Level unter die ersten drei Plätze geradelt, öffnet sich ein Zeitloch und schwupps, befindet Ihr Euch rätselratend in der Zukunft. Ein breit grinsender Sonnenbrillenträger erläutert Euch Eure Situation: Ein tödliches Gift rast durch Eure Venen; wenn Ihr dem nicht mit Adrenalin (sprich fetten Tricks) entgegenwirkt, fühlt sich das BMX-Rad schon in Kürze ziemlich allein. Diese und alle weiteren Zwischensequenzen bekommt Ihr in Form von mäßig animierten Comicbildern serviert, die von mühseliger englischer Sprachausgabe begleitet werden.

Seid Ihr erst mal in der futuristischen Arena gelandet, müsst Ihr wieder eine Aufgabe nach der anderen erledigen: bestimmte Buchstabenkombinationen sammeln (in diesem Falle »BLASS«), Tricks ausführen, Punkte erhaschen etc. Aller paar Aufgaben bekommt Ihr es mit einem gegnerischen Biker zu tun, dem man mit möglichst gelungenen Tricks Punkte klauen muss. An sich keine schlechte Idee, doch leider findet Ihr Euch für diese Herausforderung immer in einer mit rotierenden Messern gefüllten Arena wieder, die Euch dauernd in die Quere kommen und jegliche Trick-Taktik erfolgreich zunichte machen.

Wie bei <4PCODE cmd=DGFLink;name=Tony Hawk 4;id=2291> oder <4PCODE cmd=DGFLink;name=Aggressive Inline;id=3302> gibt es kein eigentliches Zeitlimit in den Arenen. Allerdings zeigt ein Giftmeter ständig unseren Gesundheitsstatus an. Nimmt das Gift überhand, ist´s mit dem Spiel vorbei - quasi das Gegenteil vom »Juice« in Aggressive Inline.

__NEWCOL__Physik? Welche Physik?

In der Theorie klingt Toxic Grind also gar nicht so übel, die Praxis lässt hingegen jeden Funsportfreak erschaudern. Denn in den für solche Spiele wichtigsten Punkten, der Physik und der Steuerung, scheitert das THQ-Produkt gnadenlos. Beginnen wir mit der Fahrphysik, die diesen Namen beim besten Willen nicht verdient: Dass man aus den unmöglichsten Winkeln sicher landet oder einen kommenden Sturz in der Halfpipe jederzeit durch einen Stall abfangen kann, sei unter dem Credo »Spielspaß vor Realismus« noch verziehen. Dass man stets das Gefühl hat, durch dickflüssigen Sirup zu fahren, tut schon mehr weh - besonders wenn man die im Vergleich dazu affenartige Geschwindigkeit beim Ausführen der Tricks beachtet, die mehr als alles andere an einen Cartoon im Zeitraffer erinnern.

Egal, mit welcher Geschwindigkeit man aus einer Halfpipe springt, mehr als ein kleiner Hopser ist kaum drin, selbst wenn das Gefühl einem sagt, dass man jetzt eigentlich einem Shuttlestart Konkurrenz machen sollte. Außerdem haben Wallrides eine beschleunigende Wirkung, selbst wenn sie aufwärts führen, an Wänden prallt unser Biker wie ein Flummi ab, und die Gleichgewichtsanzeige bei Manuals oder Grinds ist nichts weiter als Show: kippt Ihr nämlich um, landet Ihr stets sicher wie eine Katze - bemerkenswert. Dass Ihr ab und zu an Ecken und Kanten hängen bleibt, oder ohne ersichtlichen Grund plötzlich ein kleines Stück durch den Level geschleudert werdet, spielt in diesem Zusammenhang dann fast schon keine Rolle mehr.

Knoten in den Fingern

Die Steuerung gibt sich große Mühe, die »Physik« zu unterbieten - man kann die beiden Programmteile förmlich um den Nervenklau-Pokal streiten hören: Ihr habt zu keiner Zeit das Gefühl, die Aktionen des Bikers wirklich zu kontrollieren; Kombinationen aus Flip- und Grabtricks sind kaum zu machen. Falls das trotzdem aus einem merkwürdigen Zufall heraus geklappt haben sollte, dürft Ihr nach einiger Zeit so genannte Adrenalintricks zünden, die Ihrerseits für viele Punkte sorgen.

Verwunderlich ist das Fehlen von Fakies: man kann zwar im Prinzip rückwärts fahren (wenn man beispielsweise verkehrt herum landet), aber die Kamera schwenkt schnellstmöglich wieder hinter Euer Rad, so dass Ihr plötzlich wieder vorwärts und damit in die entgegengesetzte Richtung fahrt. Darüber hinaus macht sich auch die sehr geringe Anzahl der möglichen Tricks bemerkbar - der Vergleich mit <4PCODE cmd=DGFLink;name=Mat Hoffman;id=3390> sollte aus Gründen der Zwerchfellschonung besser gar nicht erst angestellt werden.

Punkteklau

Optisch macht <4PCODE cmd=DGFLink;name=Toxic Grind;id=3152> anfangs einen gar nicht mal so schlechten Eindruck: Die auf der Renderware-Engine basierende Grafik ist stets flüssig, einige Arenen kreativ designt.__NEWCOL__

Allerdings mangelt es den Umgebungen an Leben, es gibt kaum Effekte oder sonstige Besonderheiten. Zudem sind die abgehackten Animationen sehr enttäuschend ausgefallen, zwischen den Tricks gibt es keine flüssigen Übergänge. Als weiteres Ärgernis ist die manuell korrigierbare Kameraführung extrem zickig und verweigert oft den Blick auf den Biker. Außerdem bleibt sie nur selten in der optimalen Perspektive, und verabschiedet sich ganz besonders bei Loopings in unbekannte Gefilde. Auch akustisch gibt es nichts Aufregendes zu vermelden: Neben schlafmütziger Sprachausgabe erfüllen abwechslungsarme Soundeffekte die Arenen. Nicht mal die Musik, sonst stets eines der Aushängeschilder dieser Art von Games, kann in Toxic Grind Sympathien für sich gewinnen.

Als letzter Rettungsanker bleibt somit nur der Multiplayermodus: am vertikal geteilten Splitscreen dürfen sich maximal zwei Biker in vier Spielvarianten austoben. Neben bekannter Punkte- und Zeithatz gibt es einen Tony Hawk-kompatiblen Graffiti-Modus sowie das so genannte »Tug of War«: Jeder beginnt mit 5.000 Punkten, für erfolgreiche Tricks werden dem Gegner Zähler abgezogen. Wer als Erster alle Punkte des Widersacher für sich verbucht, hat gewonnen.

Fazit


Das musste ja wohl sein: Nach all den Tony Hawks und Mat Hoffmans und wie sie alle heißen kommt ein Klops wie Toxic Grind dahergeradelt. So sehr ich die Idee einer Storyline in einem Funsportgame schätze, bleibt sie leider das einzig Hervorhebenswerte eines Spiels, das sonst alles falsch macht: Schreckliche Physik, fürchterliche Steuerung, Optik und Akusik mäßig, alles andere bestenfalls durchschnittlich - warum sollte man so etwas zocken wollen? Besonders, wenn da draußen BMX-Games wie <4PCODE cmd=DGFLink;name=Mat Hoffman`s Pro BMX 2;id=3390> existieren, die einfach alles wesentlich besser machen. THQ hätte wirklich gut daran getan, nicht nur die GameCube-, sondern auch gleich die XBox-Fassung dieses Machwerks einzustampfen, denn Toxic Grind ist ein Spiel das keiner braucht - von Trash-Sammlern mal abgesehen.

Pro

<li>netter Versuch einer Storyline</li><li>kurzzeitig witziger Multiplayermodus</li><li>einige kreative Arenen</li>

Kontra

<li>inakzeptable Fahrphysik</li><li>fummelige Steuerung</li><li>zickige Kameraführung</li><li>insgesamt langweilige Grafik</li><li>abgehackte Animationen</li><li>träger Biker</li><li>langweilige Soundeffekte</li><li>mäßige Sprachausgabe</li><li>belanglose Musik</li><li>an den Haaren herbeigezogene Story</li><li>ideenlose Aufgaben</li>

Wertung

XBox

BMX-Langweiler mit ausgefallener Story.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.