Project Gotham Racing 230.11.2003, Mathias Oertel
Project Gotham Racing 2

Im Test:

Kudos: für Rennspielfans das einzig Wahre. Und wer mit dem Begriff so rein gar nichts anfangen kann, wird sich vermutlich schnell daran gewöhnen. Denn Project Gotham Racing 2 ist da und holt zum Rundumschlag aus. Schnappt euch den Helm, nehmt auf dem Beifahrersitz Platz, schnallt euch an und begleitet uns bei unserer Testfahrt.

Kudos statt Bleifuß

Wie in den Vorgängern Metropolis Street Racer (Dreamcast) und PGR 1 geht es bei Project Gotham Racing 2 nicht nur um stures Gasgeben und die Vorgabe, als Erster im Ziel zu landen.

Stattdessen gibt es wie in den ersten Teilen das so genannte Kudos-System.

Die Kudos entsprechen Stil-Punkten, die man für z.B. gutes Durchfahren einer Kurve, extremes Sliding, Überholmanöver, Sprünge, unfallfreies Fahren usw. bekommt.

Und selbst wenn Spiele wie NfS Underground dieses System aufgegriffen haben, merkt man PGR 2 an, dass Bizarre Creations dieses immer noch interessante Belohnungssystem entwickelt und mittlerweile fast perfektioniert haben – insgesamt 15 Bereiche, in denen man Kudos verdienen kann, sprechen eine deutliche Sprache.

Coole Grafik, heiße Rennen: derzeit  geht nichts über PGR 2!

Leichter, fairer, motivierender

Project Gotham Racing war seinerzeit ein hervorragendes Rennspiel, wurde aber gegen Ende verteufelt schwer und letzten Endes haben nur Profis es schaffen können, alle Fahrzeuge freizuschalten.

Vermutlich, um PGR 2 auch einer breiteren Masse zugänglich zu machen, hat das Entwickler-Team den Schwierigkeitsgrad merklich entschärft.  __NEWCOL__Bei jedem der 60 Arcade-Wettbewerbe und der immens vielen Rennen in der Kudos-Weltmeisterschaft gibt es fünf Schwierigkeitsgrade, die sich in den Anforderungen sowie der Kudos-Ausschüttung bei Erfolg unterscheiden.

Gas geben und Spaß haben.

Ein Beispiel: Während ihr bei Rennen in der Anfängerstufe nur Dritter in einem Feld von eher schwachen Gegnern werden müsst, fordern euch die Profis für die Platinmedaille, die den ersten Platz erfordert, alles ab. Dementsprechend variiert der Abschluss-Bonus zwischen 500 und 5000 Kudos – eine Differenz, die mit den späteren Wettbewerben und Fahrzeugklassen sogar noch zunimmt.

Doch trotzdem kommen auch Anfänger auf ihre Kosten. Denn zum einen kann man sich mit den unteren Schwierigkeitsgraden recht gut an die Kurse gewöhnen, zum anderen werden die insgesamt mehr als 100 Fahrzeuge nicht automatisch durch Kudos freigeschaltet.

Denn sobald ihr eine bestimmte Anzahl an Gesamtkudos beisammen habt, bekommt ihr im Gegenzug einen neuen Kudos-Rang sowie ein paar Gutscheine zugesprochen, die ihr für ein neues Auto eurer Wahl eintauschen könnt.

Denn nur ein paar Fahrzeuge sind für jede der 14 Fahrzeugklassen freigegeben.

Und da die Silberwettbewerbe im Normalfall ausreichen, um gegen Ende alle Boliden in der Garage versammelt zu sehen, bleibt das Spiel zwar fordernd, aber auch durchweg fair.

Mit dem Endergebnis, dass man sich fast nicht mehr losreißen kann.

Cleveres Streckendesign fordert bis zum letzten Rennen.

Abwechslung rult!

Bei Rennspielen bleibt alles immer gleich? Weit gefehlt! Denn auch wenn sich das Team vollkommen verständlich an den Aufgaben des Vorgängers orientiert, könnten die Missionen nicht abwechslungsreicher sein.

Egal, ob man sich die schon aus Teil 1 bekannten Hütchentore anschaut, die ihr fehlerfrei durchfahren müsst, die "normalen" Rennen, die Duelle Mann gegen Mann oder die Hot Lap, bei der ihr eine bestimmte Zeit erreichen müsst: alles macht einen Heidenspaß.

Haben wir eigentlich schon die Speed Camera (so schnell wie möglich geblitzt werden) und die Überholrennen (passiert so viele Autos wie möglich) erwähnt?

Ihr seht schon: an Variationen herrscht wahrlich kein Mangel.

Das Gleiche gilt für die Strecken: Fast 100 Kurse aufgeteilt auf zehn Städte plus Nürburgring warten darauf, dass ihr mit heißen Schlitten für Bremsspuren auf dem Asphalt sorgt.

Zwar setzen sich die Strecken in Städten wie Chicago, Moskau, Stockholm oder Yokohama häufig aus den gleichen Abschnitten zusammen, doch unter dem Strich birgt jedes Rennen seine eigenen Tücken und wirkt immer wieder frisch.__NEWCOL__Arcade? Simulation? Beides!

Seit MSR auf der Dreamcast hat es Bizarre Creations überwältigend gut verstanden, Arcade-Prinzipien mit einer Menge Simulation zu verknüpfen und dabei auch nicht den Spielspaß zu vergessen – so auch bei Project Gotham Racing 2, das derzeit wohl die perfekteste Symbiose dieser beiden Elemente bietet. Die Steuerung ist ideal umgesetzt und gibt euch immer die perfekte Kontrolle über das Fahrzeug.

Experimentiert man ein wenig mit den Wagen auf den Kursen herum (nein, es gibt kein Tuning, leider!), fallen einem kleine Feinheiten wie die realistisch arbeitende Einzelradaufhängung, die Unterschiede bei Front- und Heckantrieb und das bei jedem Fahrzeug vollkommen unterschiedliche Fahrverhalten auf, das für die ausgefeilte Fahrphysik spricht, die unter der Oberfläche arbeitet.

Bei den American Muscle Cars geht das sogar so weit, dass auf Grund ihrer Behäbigkeit fast schon der Eindruck aufkommt, das Xbox-Pad würde ein paar Kilo mehr wiegen – klasse!

Schöne Schattenspielereien - leider gibt es keine Sonnenuntergangs-Stimmung.

Und trotzdem bleibt der Spielspaß im Vordergrund. Und dass das optisch schöne Schadensmodell keine spielerischen Auswirkungen zeigt, dürfte auch nur die wenigsten stören. Denn zum einen werden im Vergleich zu vielen anderen Spielen die Schäden endlich mal wieder gezeigt.

Und zum anderen ist es leicht nachzuvollziehen, dass man den Frustfaktor nicht unbedingt hochschrauben wollte und die Spieler womöglich kurz vor dem Ziel mit einem Totalschaden zur Aufgabe zwingt.

Heiße Verfolgungsjagden stehen auf der Tagesordnung!

KI-Probleme

Dies alles sind Merkmale eines fast perfekten Gamebalancings, in dem eigentlich nur die KI negativ auffällt.

Denn in 99 Prozent aller Rennen mit Gegnerbeteiligung fahren die Piloten stur ihre Ideallinie ab. Einerseits kann man sie sich so natürlich schön für Überholvorgänge zurecht legen, doch auf der anderen Seite fahren die Gegner auf höheren Stufen erschreckend makellos. Für Profis allerdings bietet die KI eine feine Herausforderung.

Den letzten Modus für Einzelspieler wollen wir natürlich nicht verschweigen: das Zeitfahren. Aufgeteilt in Strecken- und Fahrzeugwettbewerbe, in denen man allerdings keine Kudos verdienen kann, fragt man sich nach kurzer Zeit jedoch, für wen der Modus gedacht sein soll. Sicher: Es ist nett, die Strecken kennen zu lernen und eine Bestzeit nach der anderen aufzustellen, doch neben der immensen Motivation, die alleine die Kudos-Weltmeisterschaft entfacht, nimmt sich das Zeitfahren wie ein Kindergarten-Zeitvertreib aus - auch wenn man über Xbox-Live den Ghost des derzeit weltbesten Fahrers für die jeweilige Strecke herunterladen kann.__NEWCOL__Offline- & Xbox Live-Duelle

So nett die Splitscreen-Rennen gegen bis zu drei weitere menschliche Fahrer auch sind: die Xbox Live-Rasereien sind schlichtweg fantastisch. Egal, ob ihr nur zum Spaß fahrt oder euer Bestes gebt, um euch auf die ständig aktualisierten Ranglisten zu fahren, es geht im Genre derzeit nichts über PGR 2.

Lagfrei und dank Voice Communication wie üblich mit dem gehörigen Anteil an Flüchen und Freudenschreien ausgestattet, jagt ein Rennen das andere.

Als besonderes Feature wird nach jedem Zieleinlauf ein Ghost auf die Server geladen, so dass ihr euch die Fahrweise eurer Gegner anschauen und feststellen könnt, wie sie ihre 15.000 Kudos eingefahren haben – cool!

Mit zusätzlichen Downloads (vorzugsweise neuen Fahrzeugen) gibt es ebenfalls einen Grund, sich hin und wieder mal mit Xbox Live zu verbinden.

Flanieren unter Palmen - mit 150 Km/h!

Allererste Sahne

Dass die Boliden ausnahmslos gut und realistisch aussehen, ist in einem Rennspiel gehobener Güteklasse wahrlich nichts Besonderes mehr. Doch wie in bislang keinem anderen Rennspiel ist das Environment Mapping so gut und wirklichkeitsgetreu umgesetzt worden wie in PGR 2.

Die Umgebungen, die ebenfalls sowohl texturtechnisch als auch in punkto Gesamteindruck neue Standards setzen, spiegeln sich absolut realistisch auf Lack und Scheiben.

Das geht sogar so weit, dass im Falle von Schäden (z.B. auf der Motorhaube) der Lichteinfall entsprechend unterschiedlich gebrochen wird – wow!

Auch der gelegentlich einfallende Regen (leider die einzige vorhandene Wetterbedingung) sieht gut aus. Leider gibt es aber nur zwei Tageszeiten (Tag, Nacht) zu denen die Rennen stattfinden. Auf spannende Rennen zu idyllischen Sonnenuntergängen muss man leider verzichten – genauso auf Interaktion mit der Umgebung. Doch was soll´s: PGR 2 sieht einfach nur klasse aus.

Welches Modell darfs denn sein? Sollen wir noch eine Geschenkschleife anbringen?

Die bereits angesprochene Liebe zum Detail wird aber nicht nur in der durchweg flüssigen und ein sehr schönes Geschwindigkeitsgefühl vermittelnden Engine deutlich.

Nimmt man sich die Zeit, häufiger mal den bzw. die Fahrer des Wagens zu betrachten, fallen einem schöne Animationen beim Schalten, Lenken und selbst bei Überholvorgängen auf.

Und das schon angesprochene Physikmodell kommt bei Auffahrunfällen ebenfalls wieder zur Geltung. __NEWCOL__So realistisch hat sich noch kein Fahrer in der Softwaregeschichte bewegt, wenn sein Wagen gerammt wurde.

Gas geben an bekannten Locations: von Yokohama bis zum Nürburgring.

Cooler Groove & dröhnende Motoren

Wie es sich für ein Rennspiel gehört, sind die Fahrzeuge alle mit einem eigenen und unverkennbaren Motoren-Sound ausgestattet, der vermutlich (ich persönlich habe noch nicht das Vergnügen gehabt, einen Enzo Ferrari in der Realität zu hören) seinem Vorbild entspricht.

Doch dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Motoren nicht außergewöhnlicher röhren als in vergleichbaren Spielen.

Und der Soundtrack gehört mit zum Besten, das derzeit in Rennspielen zu hören ist. Abwechslungsreich, eine enorme Bandbreite abdeckend und selbst auf lange Sicht nur selten langweilig, habt ihr immer feine und lizenzierte Independent-Musik im Ohr, die in jeder Stadt von einem anderen Radio-Sprecher kommentiert wird.

Selbstredend habt ihr die Möglichkeit, bei Nichtgefallen der mitgelieferten Tracks, eure eigenen Soundtracks in Spiel einzubinden – so wie es sein muss.

Fazit

Project Gotham Racing 2 ist ein wahr gewordener Traum. Mit über 100 Fahrzeugen, fast genau so vielen Strecken sowie abwechslungsreichen und fordernden Wettbewerben ist die Motivation für Einzelspieler über Wochen gesichert. Denn auch wenn das Kudos-System mittlerweile in die dritte Saison geht und trotz Aufgreifen dieser Idee von anderen Spielen (NfS Underground) macht die Jagd nach dem ultimativen Kudos-Kick immer noch einen Heidenspaß. Und wenn man tatsächlich irgendwann mal den Einzelspieler-Modus bezwungen hat (was sich dank des deutlich gesenkten Schwierigkeitsgrades auch für Nicht-Profis bewerkstelligen lässt), kann man über Xbox Live die ganze Welt herausfordern und versuchen, sich seinen Platz in der Rangliste zu erkämpfen. Technisch ebenfalls überzeugend, können selbst die streng auf Ideallinie fahrende KI und das eher als lauer Zeitvertreib zu bezeichnende Zeitfahren nicht am Award rütteln. Einsteigen, losfahren und Spaß haben in Reinkultur!

Pro

über 100 Fahrzeuge in 14 Klassen
feine und jederzeit flüssige Grafik
abwechslungsreicher Indie-Soundtrack
optisches Schadensmodell
gute Fahrphysik
genau richtige Mischung aus Simulation und Arcade
angenehmer Schwierigkeitsgrad
motivierende Wettbewerbe
Xbox Live-fähig (inkl. Ranglisten)
elf Locations mit über 90 Strecken
verbessertes Kudos-System
60 Arcade-Wettbewerbe
exzellente Steuerung
eigene Musiken möglich

Kontra

berechenbare Ideallinien-KI
Zeitfahren (weitestgehend) ohne spielerischen Nutzen
durchschnittliche Motorengeräusche

Wertung

XBox

Coole Grafik, cooles Gameplay, coole Multiplayer-Duelle!

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