Headhunter: Redemption26.09.2004, Jens Bischoff
Headhunter: Redemption

Im Test: Hat es Kopfgeldjäger Jack Wade immer noch drauf?

Drei Jahre nach dem Dreamcast-Original kehrt Kopfgeldjäger Jack Wade sichtlich gealtert aber immer noch aktiv zurück. Heldin des Spiels ist allerdings die wesentlich jüngere Kleinkriminelle Leeza X, die sich Jack als potentielle Nachfolgerin auserkoren hat.

Geld regiert die Welt

Die Handlung ist zwanzig Jahre nach den Ereignissen des Originals angesiedelt und wenig überzeugend aus zigfach verwendeten SciFi-Versatzstücken zusammengeschustert. Die Spielwelt fußt jedenfalls auf einer radikalen Zwei-Klassen-Gesellschaft: Während es sich die

Alter Mann am Boden: Kopfgeldjäger Jack Wade ist sicht- und spürbar gealtert. (PS2)
Wohlhabenden im luftigen "Above" gut gehen lassen, müssen die sozialen Verlierer im düsteren "Below" Zwangsarbeit verrichten. Raubein Jack ist das egal. Der in die Jahre gekommene Kopfgeldjäger versucht sich irgendwie über Wasser zu halten und seine unglückliche Vergangenheit in Arbeit und Alkohol zu ertränken.

Wer hat Angst vorm Mann, der mit Maschinen geht...?

Eines Tages holt ihn diese allerdings schlagartig ein: Erst liest er ein Mädchen auf, dessen Vater er vor Jahren niedergeschossen hatte, und macht sie zu seiner unfreiwilligen Partnerin im Kampf gegen das Verbrechen. Kurz darauf schneit auch noch seine Ex-Geliebte Angela Stern nach jahrelanger Funkstille plötzlich mit einem dringenden Anliegen herein. Und zu allem Überfluss kommt es auch noch zu aufständischen Übergriffen aus Below, die vom ominösen "Man who walks with Machines" angeführt werden...

Unfreiwillige Komödie

Ein Unruhestifter mit originellem Namen macht aber noch lange keine originelle Story und so plätschert die Handlung von Headhunter: Redemption (ab 17,00€ bei kaufen) eher wirr und belanglos vor sich hin, als dass sie einen überrascht oder in ihren Bann zieht.

"Wat, wer bist du denn?" - Mit dem neuen Scan-Feature könnt ihr Gegner und Objekte näher unter die Lupe nehmen. (Xbox)
Schade auch, dass die zynisch-grotesken Nachrichtenübertragungen des Vorgängers fallen gelassen wurden und die humoristische Seite nun in beiläufigen Werbeeinblendungen gefangen gehalten wird. Ansonsten schmunzelt man leider eher über unfreiwillig komische Dialoge, Animationen oder Clipping-Fehler.

Mysteriöse Anziehungskraft

Doch während man über die gekünstelt bzw. gelangweilt wirkenden englischen Synchro, die unnatürlichen Bewegungsabläufe und die zum Glück eher seltenen Grafikfehler noch lachen kann, bleibt einem selbiges beim Versuch, Steuerung und Kamera in den Griff zu bekommen, schnell im Hals stecken. Nicht nur, dass die eigenwillige Zielautomatik das Fadenkreuz wie eine Ballerina über den Bildschirm tanzen lässt, auch dass man beim Anschleichen immer wieder wie magnetisch von nahe gelegenen Wänden oder Kisten angesogen wird, ist alles andere als lustig.

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Ballettschuhe statt Zielwasser

Vor allem, wenn ihr mehreren Gegnern auf einmal gegenübersteht, bringt euch die hirnrissige Steuerung immer wieder zur Weißglut: Aus hinterhältigen Stealth-Attacken werden aufgrund mysteriöser Kollisionsabfragen viel zu oft unfreiwillige Querschläger, die ganze Gegnerrudel alarmieren. Diese können einen trotz mäßiger Intelligenz ganz schön unter Druck setzen, während man wie ein Zirkusclown

Geduldsprobe für Fans: In die Rolle von Raubein Jack dürft ihr leider erst gegen Mitte des Spiels schlüpfen... (Xbox)
durch den Raum turnt, um den erlittenen Schaden so gering wie möglich zu halten, bis man aus einer halbwegs geschützten Position heraus, die lästigen Verfolger selbst aufs Korn nehmen kann. Allerdings muss man sich zuerst an das wie unter Alkoholeinfluss stehende und sich nur langsam beruhigende Fadenkreuz gewöhnt haben, das eine Art dynamische Zielgenauigkeit ausdrücken soll - eine originelle Idee, die nur leider überhaupt nicht zum actionlastigen Spielverlauf passt.

Programmierter Unsinn

Unpassend wirkt auch die nicht veränderbare Tastenbelegung, welche das ohnehin schon hakelige Handling zusätzlich erschwert - von intelligenter Controller-Nutzung keine Spur. Ähnlich wenig gedacht hat man sich wohl auch bei der Gestaltung der dreidimensionalen Auto-Map, die kontra-intuitiver zu bedienen nicht sein könnte. Selbst die von Metroid Prime inspirierte Scan-Funktion der Spielumgebung wird durch überstrapazierte Anwendung immer wieder zu einem hemmenden Bremsklotz - oder findet ihr es nicht nervig, wenn ihr offensichtliche Ziele erst dann anvisieren könnt, wenn ihr sie zuvor allesamt separat gescannt habt?

Öde und unfair

So zerbrecht ihr euch zwar immer wieder den Kopf darüber, wo es weitergeht, aber allzu oft ist dies eher eine Frage von Fleiß und Genauigkeit als von Ideenreichtum und Kombinationsgabe. Trotzdem sorgen Code- und Objekträtsel immer wieder für angenehme Abwechslung, auch wenn die meisten nicht sehr originell sind. Allerdings wirkt das komplette Level- und Missionsdesign ziemlich altbacken und unspektakulär, wobei manche Trial&Error-Passagen mit tödlichen Überraschungen aufgrund eingeschränkter Speicherfunktion auch noch für völlig unnötigen Frust sorgen.

Kein Herz für Schleicher: Lautlose Stealth-Kills sind aufgrund der hakeligen Steuerung und Kollisionsabfrage oft reine Glückssache. (PS2)
Zudem sind die insgesamt 14 Spielabschnitte hoffnungslos linear und die Unterschiede zwischen den beiden spielbaren Charakteren, deren Einsätze genau vorgeschrieben sind, äußerst gering.

Träger Einheitslook

Kaum Unterschiede gibt es auch zwischen der PS2- und Xbox-Version von Headhunter: Redemption. Wie üblich lassen sich Jack und Leeza mit dem Dual Shock 2-Controller einen Tick komfortabler steuern als mit dem Microsoft-Pad, wobei die Xbox etwas schneller lädt und dank 60Hz-Option auch etwas flüssiger läuft. Von butterweichem Scrolling kann aber bei keiner Fassung die Rede sein und die Ladezeiten sind angesichts der detailarmen RenderWare-Optik fast schon eine Frechheit. Der ständig aktive Unschärfefilter kann sich hingegen sehen lassen, auch wenn eine Option, diesen zu deaktivieren, wünschenswert gewesen wäre. Die Soundkulisse geht hingegen bis auf die dubiose englische Synchro und ein paar dürftige Sound-FX in Ordnung und glänzt vor allem mit dynamischer Orchestrierung seitens Richard Jacques‘.

Fazit

Headhunter: Redemption ist für Jack Wade mehr Fluch als Segen. Statt ihm den wohlverdienten Ruhestand zu gönnen, zwängten ihn die schwedischen Entwickler in ein abgenutztes Dirty-Harry-Korsett, schubsten ihn mit anderen stereotypen Gestalten in ein ausgelutschtes SciFi-Szenario und ließen ihn und seine austauschbare Partnerin Leeza X mäßig animiert, albern synchronisiert und spielerisch vermurkst allein. Selbst als Fan des herrlich zynischen Dreamcast-Originals fällt es schwer, irgendetwas an dieser Fortsetzung schön zu reden. Dabei hat sich spielerisch gar nicht allzu viel geändert: Ihr schleicht und ballert euch nach wie vor als Kopfgeldjäger durch eine raue, nicht allzu ferne Zukunft - geschlichen wird allerdings weit seltener und geballert eher wie unter Drogeneinfluss. Das öde Leveldesign, die schwache Gegner-KI und die seichte Story sorgen auch nicht gerade für Begeisterung und lassen einen zweifeln, ob hier wirklich die gleichen Entwickler am Werk waren...

Pro

60Hz-Modus (Xbox)
hübscher Unschärfefilter
teils ansprechende Rätsel
atmosphärische Soundkulisse

Kontra

laue Story
mäßige Technik
ödes Leveldesign
dürftige Animationen
altbackenes Gameplay
schwache Lokalisierung
extrem lange Ladezeiten
hakelige Steuerung & Kamera

Wertung

PlayStation2

XBox

Enttäuschende Fortsetzung des einstigen Dremacast-Hits.

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