Carve13.04.2004, Jens Bischoff
Carve

Im Test:

Wasserrennen auf der Xbox - das gab es doch zuletzt vor knapp zwei Jahren mit Spashdown. Kein schlechter Zeitpunkt also, um mal wieder einen entsprechenden Racer vom Stapel laufen zu lassen. Argonauts Jetski-Action Carve scheint da gerade recht zu kommen und lockt auch noch mit günstigem Preis und Xbox-Live-Unterstützung. Ob auch der Spielspaß hohe Wellen schlägt, erfahrt ihr im Test.

Realistisches Wasser

Das wichtigste gleich vorweg: Das digitale Nass sieht in Carve nicht nur ungemein realistisch aus, sondern wirkt auch physikalisch äußerst glaubhaft. Vom dynamischen Seegang, über die Verdrängung der Jetskis bis hin zu den Brechungen auf der Wasseroberfläche wurde alles sehr authentisch umgesetzt. Wer nun allerdings eine bodenständige Simulation erwartet, liegt falsch. Es sei denn, ihr findet es normal, dass ihr mit eurem Vehikel Eisschollen, Treibgut und Ähnliches zerbröselt oder durch erfolgreiche Stunteinlagen plötzlich raketenähnlich beschleunigt.

Strahelnd blauer Himmel und kristallklares Wasser - so macht Jetski-Fahren Spaß!

Den Turbo gezündet

Doch keine Angst: Carve verkommt nicht zu einer effekthaschenden Power-Up-Hatz. Es gibt weder Handgreiflichkeiten bei Positionskämpfen oder sammelbare Extras noch fiese Seeminen oder ausklappbaren Bordgeschütze. Man bekommt lediglich für das erfolgreiche Ausführen diverser Luft- und Wasserstunts einen vorübergehenden Geschwindigkeitsschub, der die Sicht verschwimmen lässt und euch katapultartig über das Wasser befördert. Die Dauer des so genannten Rush-Zustandes hängt dabei von der Schwierigkeit und Länge des gezeigten Tricks bzw. der gezeigten Kombo ab und wird bei unfallfreier Fahrt später sogar zu einem Double-Rush.

Nicht deaktivierbares Spritzwasser-Handicap: Ständig klatschen neue Wassertropfen auf die Kameralinse.
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Individuelle Teams

Zudem hat jedes der vier Carve-Teams individuelle Stärken und Schwächen, die sich auch beim Rush bemerkbar machen: So hat das Team Venta vielleicht die langsamsten Jetskis, aber im Rush-Zustand fahren sie der Konkurrenz gnadenlos davon. Beim Team Tsunami verhält es sich gerade umgekehrt, während Team Inferno und Team Terra etwas ausgewogener daher kommen. Weitere Unterscheidungsmerkmale sind Trickkönnen, Ramm- und Blockierfähigkeit sowie Teamwork, wobei der an sich originelle Teamaspekt in der Praxis sehr unausgegoren wirkt.

Für erfolgreich ausgeführte Tricks kassiert ihr nicht nur Punkte, sondern auch Turbo-Energie.

Mangelnde Zusammenarbeit

So habt ihr keinerlei direkten Einfluss auf die Aktionen eures CPU-gesteuerten Team-Kollegen, der viel mehr durch nervige Kommentare und haarsträubende Aktionen als durch Teamgeist auffällt. Hin und wieder kommt es sogar vor, dass ihr selbst Opfer von Ramm- und Blockadeattacken eures KI-Partners werdet. Da ist es weitaus ratsamer, einen menschlichen Teamkollegen zu verpflichten, mit dem man seine Aktionen absprechen kann. Das funktioniert allerdings erst ab mindestens vier Mitspielern, da CPU-Fahrer ab zwei menschlichen Teilnehmern im Trockendock bleiben.

Frostige Hindernisfahrt: In arktischen Gefilden säumen gefährliche Eisschollen euren Weg.

Mehr Spaß zu acht

Der Vier-Spieler-Splitscreen-Modus bietet dafür zwar eine exzellente Performance, aber richtig spaßig sind Team-Wettkämpfe erst mit bis zu acht virtuellen Wasserratten über LAN oder Xbox Live. Die Online-Einbindung ist dabei übrigens absolut vorbildlich und bietet neben tadelloser Performance auch einen erstaunlich hohen Bedienungskomfort mit Platzreservierungen für Freunde, dedizierte Chaträume, monatliche Ranglisten und mehr. Natürlich kann man auch als ein Rudel Einzelkämpfer an den Start gehen, weitere Rennvarianten sind im Mehrspielermodus aber leider nicht möglich.

Kürbiskopf ahoi: Der Big-Head-Modus muss wie viele andere Extras erst freigespielt werden.

Frustrierendes Solistendasein

Auf Einzelspieler warten hingegen auch Zeitrennen, ein Trick-Tutorial sowie ein Turniermodus. Insgesamt jedoch ein eher mickriges und unspektakuläres Modi-Angebot - vor allem, da man 90 Prozent des Spiels im Turniermodus erst freispielen muss, was sich angesichts des äußerst harschen Schwierigkeitsgrades als extrem frustrierend erweisen kann. So werden viele Spieler wohl nur in den Genuss eines Bruchteils der Strecken, Vehikel, Tricks und anderen Extras wie Egoperspektive, Turbo- oder Bighead-Modus kommen. Perfekte Streckenkenntnis und fehlerfreies Dauertricksen sind jedenfalls Grundvoraussetzungen für das erfolgreiche Abschließen aller fünf Turniere.

Off- und online-tauglich: Wer kein Xbox Live hat, kann auch via Splitscreen spannende Multiplayer-Rennen veranstalten.
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Mangelnde Langzeitmotivation

Hat man diese Hürde aber erst einmal genommen und alle Extras freigespielt, weicht nicht nur der Frust über die immer unerreichbarer erschienenen Siegbedingungen, sondern auch die Motivation, sich länger mit dem Einzelspielermodus zu beschäftigen. Dazu sind die Strecken zu linear, die KI-Routinen zu statisch und die Experimentiermöglichkeiten zu dürftig. An den gerade einmal 13 Universal- und vier Signature-Tricks hat man sich jedenfalls genauso schnell satt gesehen wie an den 27 Strecken, die oft nur Variationen bereits bekannter Strecken aus den fünf Hauptgebieten Europa, USA, Südsee und Arktis darstellen und nur wenige Abkürzungsmöglichkeiten bieten.

Duell im Dunkeln: Auch nachts müssen Rennen bestritten werden.

Durchwachsene Präsentation

Technisch glänzt das etwas monotone Tricksen und Bojenumfahren zwar mit überzeugenden Wasser- und Wettereffekten sowie erstklassigem Spielfluss sowohl bei 50 als auch 60 Hz, aber die übrige Grafik gewinnt nur schwerlich einen Preis: Die Texturqualität, Animationen und Charaktermodelle kommen von der Stange und das stereotype Charakterdesign ist eine absolute Frechheit. Da wundert es kaum, dass man sich die Lokalisierung der geradezu peinlichen Sprachausgabe gleich ganz gespart hat. Doch auch die übrige Soundkulisse wirkt trotz digitalem Echtzeitraumklang eher schwach - wird vom teils extrem nervigen Elektro-Soundtrack aber noch deutlich unterboten. Etwas ärgerlich ist übrigens auch, dass man die Wasserspritzer auf der Kameralinse nicht abschalten kann und die Wasserspiegelungen bei Sprüngen teils etwas abrupt wechseln. Doch das sind eher Kleinigkeiten, die man angesichts des günstigen Preises in Kauf nehmen kann.

Fazit

Selten wurde Wasser so überzeugend in Szene gesetzt wie in Carve: Egal ob spiegelglatte Kanäle oder stürmischer Ozean - das feuchte Nass sieht nicht nur gut aus, sondern fühlt sich auch glaubhaft an. Zudem fällt der Einstieg in den tricklastigen Wassersport dank möglichst einfach gehaltener Handhabung angenehm leicht. Als alles andere als leicht erweist sich hingegen der im Spielverlauf recht herb anziehende Schwierigkeitsgrad, der auch reine Multiplayer-Zocker zwingt, in frustrierenden Turnier-Marathons neue Strecken, Jetskis und Tricks freizuspielen. Selbst eine Egoperspektive muss erst zeitaufwändig freigespielt werden. Wer einfach nur mit ein paar Freuden über Splitscreen, LAN oder Xbox Live Spaß haben will, muss sich ansonsten mit gerade einmal zwei Strecken und vier Jetskis zufrieden geben. Reine Solisten müssen sich hingegen mit unspektakulären Spielmodi und unausgereiftem Team-Feature inklusive teils haarstäubender KI abfinden. Der günstige Preis und die tadellose Online-Spielbarkeit gleichen so manches Manko allerdings wieder aus.

Pro

60Hz-Modus
günstiger Preis
einfache Handhabung
solide Online-Einbindung
gelungene Wasserdarstellung

Kontra

nervige Soundkulisse
unspektakuläre Spielmodi
unausgereiftes Team-Feature
sehr hoher Schwierigkeitsgrad
Splitscreen-Rennen ohne CPU-Fahrer

Wertung

XBox

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