ESPN NBA 2K510.02.2005, Jörg Luibl
ESPN NBA 2K5

Im Test:

Das beste Basketballspiel des Jahres 2004 feiert sein preisgünstiges Comeback: ESPN NBA 2K5 (ab 29,99€ bei kaufen) ist für PS2 und Xbox für knapp 30 Euro im Handel. Wir haben uns mit Nowitzki & Co in die heiligen Hallen begeben, um mit Layups, Dunks und Blocks zu glänzen. Weht dort immer noch der frische Simulationswind? Und ist der Sparpreis ein Grund zum Jubeln?

Europa bleibt offline

Manchmal bringt selbst verzweifeltes Drehen und Wenden, Suchen und Fluchen nichts: ESPN 2K5 (2K5) hat keinen Online-Modus - basta! Das ist nicht nur deshalb so hart, weil die amerikanischen Spieler ihre wesentlich billigere Version (knapp 18 Dollar!) sowohl auf Xbox als auch PS2 online

2K5 bleibt zwar offline, kann aber erneut mit Simulationsflair punkten. Video: Spurs vs. Mavericks (Laufzeit: 4:55 Min.)
zocken können, sondern auch deshalb, weil man es letztes Jahr auch hierzulande über Xbox Live krachen lassen konnte. Dieser Spielspaßverlust schmerzt gewaltig.

Europa bleibt also offline und muss noch tiefer in die Tasche greifen. Trotzdem muss man nicht in chronisches Dauerjammern verfallen: Der Nachfolger der besten Basketballsimulation 2004 kommt immerhin für schlappe 30 Euro auf den Markt, zum halben Preis - und das ist gerade im Update-geplagten Sportbereich ein lobenswerter Schritt und ein sympathischer Pluspunkt. Die Frage bleibt jedoch, ob man nicht nur beim Online-Modus, sondern auch in Sachen Spielqualität gespart hat? Kann das Team von Visual Concepts das alte Feuer unter dem Korb entfachen?

Simulation für Profis

Aufatmen, durchpusten und zurücklehnen: Ja, kann es. 2K5 macht da weiter, wo 2K4 aufgehört hat. Obwohl Konkurrent NBA LIVE 2005 kräftig aufgeholt hat und sich ebenfalls realistischer spielt, weht der Simulationswind hier einfach kräftiger.   Dieses Jahr wurden sowohl die Offensive als auch die Defensive um sinnvolle Elemente erweitert, die die Balljagd noch einen Tick authentischer wirken lassen: Es gibt z.B. eindeutig weniger Monsterblocks und dafür mehr Feinheiten im Bewegungsablauf. Auch die KI hat zugelegt: Wer mit seinen Stars heiß läuft und einen Korb nach dem anderen trifft, wird schnell mit der Doppeldeckung Bekanntschaft machen. Das führt vielleicht dazu, dass Nowitzkis Rekordserie einbricht, öffnet aber wiederum Räume für andere Mitspieler und fordert eine ausgeglichene Spielweise in der Breite des ganzen Teams - ein Star ist wichtig, das Kollektiv wichtiger.

Was ist sonst neu? In der Verteidigung könnt ihr z.B. neben listigen Kurz- und frechen Ausfall-Steals, gut getimten Blocks, gezielten Blockansagen und dem aggressiven Doppeln jetzt auch wesentlich besser Angreifer-Fouls provozieren: Wenn Kobe Bryant z.B. auf euch zu stürmt, könnt ihr seinen Laufweg kreuzen und einen Block stellen, damit er in euch hineinläuft - der Schiri pfeift sofort "Charging", wenn ihr eure Position früh genug eingenommen habt. Umgekehrt ist es jetzt möglich, das Highspeed-Dribbling des eigenen Angreifers per Analogstick zu unterbrechen, um nicht selbst in den Verteidiger zu rennen. Wer diese Feinheiten beherrscht, kann sich sehr schnell Vorteile verschaffen.

          

Feine Verbesserungen

Auch das Rebound-System wurde leicht überarbeitet: Auf Wunsch zeigt euch ein kleines Symbol an, wo der umkämpfte Ball landen wird. Das ist ein hilfreicher Zusatz, jedoch in den NBA-Ligaspielen weniger fruchtbar als in den 1on1-Duellen, denn hier wird das hilfreiche Zeichen nicht von einem Wust an Beinen verdeckt. Trotzdem sorgt der Eyecatcher dafür, dass nach Abprallern und Fehlwürfen etwas mehr Spannung beim Rebound aufkommt: Video: 1-on-1 (Laufzeit: 2:42 Min.).

Unter dem Korb habt ihr über den rechten Analogstick zahlreiche Optionen: Ihr könnt rechts oder links

Rechts, links, oben, unten? Es liegt an euch. Und am rechten Analogstick. (Xbox)
am Gegner vorbeiziehen, die Ballhand wechseln, mit Dribblings durch die Beine Zeit schinden, Schüsse antäuschen oder euch langsam in den Mann hineindrücken, um dann per Hakenwurf oder Korbleger abzuschließen. Sehr effektiv sind dieses Jahr die Sprung- und Sternschritte, die euch im Getümmel den nötigen Platz verschaffen und einfach cool aussehen.

Trotzdem hat man nicht immer das Gefühl der vollen Kontrolle im Angriff: Das liegt zum einen an den Dribblings, die immer noch nicht punktgenau genug ablaufen, sondern bestimmte Manöversequenzen einleiten - bis man das beherrscht, wird man des Öfteren in seinen Gegner hineinlaufen oder sich im Kreis drehen. 2K5 fordert für diese feine Ballkontrolle eine ähnliche Einarbeitung wie Pro Evolution Spoccer 4.

Zum anderen gibt es immer noch keine Button-Trennung zwischen Dunks und Korbwürfen im Abschluss: D.h., dass eure Figur nicht unbedingt immer das macht, was ihr wollt. Das ist zwar kein großes Problem, denn meist laufen die Körbe sehr intuitiv ab, aber es gibt Szenen, in denen Nowitzki völlig frei nicht zum Dunk, sondern zum lächerlichen Sprungwürfchen ansetzt; NBA Live 2005 lässt euch die manuelle Wahl - was besser ist.

Alley-Oops & Bojen

Das Pass-System glänzt vor allem mit seinen bekannten Zuspielen in den Lauf: Per Doppeldruck bewegt sich der Angespielte sofort in Richtung Korb oder gegnerische Hälfte, so dass sehr dynamische Spielzüge möglich sind - die kann man auch mit Alley-Oops abschließen, aber das ist wesentlich schwieriger als bei NBA Live 2005. Insgesamt ist das Spiel dennoch flüssiger und realistischer als sein EA-Konkurrent, denn vor allem ungenaue Pässe lassen sich klug antizipieren und abgefangen.

Schnelle Taktik- und Tempowechsel sind jetzt komfortabler auszuführen, denn ihr könnt die Offensiv- oder Defensivmanöver sowie Tempo und Druck bequem über das Steuerkreuz anpassen. Ihr wollt aggressiv blocken und Fastbreaks einfahren? Kein Problem. Ihr wollt ruhig aufbauen und aus der

Im 24/7-Modus könnt ihr einen kommenden Star nach Maß schneidern: Video: 24/7-Modus (Laufzeit: 1:55 Min.)
Distanz punkten? Kein Thema. Gerade während des Franchise-Modus sollte man jedoch sehr behutsam mit voll aufgepumpten Tempobalken umgehen, denn sonst steigen Verletzungen und Erschöpfungen rapide an. Auch Einsteiger werden sich in den massiv aufgestockten Playbooks zurechtfinden, denn alle Spielzüge werden in animierten Reißbrett-Tafeln erklärt. Das ist auch deshalb sehr erfreulich, weil es letztes Jahr nur ein armseliges Kontingent an Spielzügen pro Team gab. Gerade für Taktiker ist die Wahl zwischen freier Raum- und enger Manndeckung in der Defensive sowie die Vielfalt an Distanz-, Durchbruch- und schnellen Passaufstellungen wichtig.

Obwohl 2K5 sehr schnell, sehr dynamisch ablaufen kann, herrscht im Vergleich zur NBA Live 2005 eher ein gemäßigtes Tempo. Das kommt dem Simulationsanspruch zwar entgegen, aber leider stehen sich die Spieler bei Fastbreaks immer noch zu oft wie steife Bojen im Weg, so dass der saubere Zug zum Korb immer den tödlichen Pass hinter die Abwehr benötigt - das Umspielen eines letzten Manns ist knifflig. Das liegt auch daran, dass die manuellen Pässe immer noch etwas träge ausgeführt werden und kräftiges Drücken erfordern - der Button ist einfach nicht empfindlich genug. Und bei Einwürfen ist scheinbar die beliebte Symbolpass-Methode deaktiviert: D.h., ihr könnt nicht einen bestimmten Spieler über seine Markierung anspielen; diese Schwächen sollten nächstes Jahr ausgebügelt werden.

        

Prachtkulisse mit Macken

Die Präsentation ist wie immer blitzsauber: Die NBA-Profis werden mit Blitzgewitter vor dem Eintritt in die heiligen Hallen vorgestellt, das Parkett verwöhnt mit spiegelglattem Glanz, die beiden Kommentatoren Tafoya und Walton begleiten die Korbjagd mit einer gesunden Mischung aus Analytik und Emotionen. Auch in den Pausen verwöhnt der fernsehreife ESPN-Stil mit Fachwissen und den Szenen der bis dato besten Spieler. Auf dem Platz sieht 2K5 einfach hervorragend aus, denn die Athleten verblüffen mit sehr

Streetball vor chinesischer Kulisse. (PS2)
natürlich wirkenden und vor allem je nach Charakter unterschiedlichen Bewegungen - sowohl mit als auch ohne Ball: es gibt feine Dribblings, Crossovers und Drehschritte sowie wuchtiges Aufposten und Gefuchtel unter dem Korb.

Außerdem wirken sich Statur, Größe und Fähigkeiten der Profis sehr gut auf das Spielgeschehen aus: Während mächtige Center wie O`Neal schmächtige Verteidiger einfach wegdrücken, scheitern sie gnadenlos bei komplexen Dribblings mit Drehung und verlieren schnell den Ball. Engagierte Dunker wie Michael Finley können unwiderstehlich vom Zentrum Richtung Korb ziehen, um das Netz mit Schmackes und Wucht zu füttern. Und Scharfschützen wie Divac versenken mit unglaublichen Quoten schmerzhafte Dreier, wenn sie frei stehen. Auch das könnt ihr jedoch verhindern, wenn ihr früh genug zum störenden Block ansetzt - selbst wenn ihr nicht den Ball trefft, sorgt das dafür, dass der Schütze irritiert wird.

Aber bei all der spielerischen und optischen Stärke muss 2K5 technisch Federn lassen: Auf der Xbox kann es während des Spiels und insbesondere in den Zeitlupen zu Rucklern kommen; auch die Kantenglättung lässt etwas zu wünschen übrig. Das wäre noch zu verschmerzen, aber wie schon im Vorjahr schleichen sich immer wieder hässliche Clipping- und Texturfehler ein: Da werden Bälle z.B. eindeutig durch das Brett gespielt - das ist gerade für eine Simulation ärgerlich. Auch das Publikum bleibt mit seinen vielfach geklonten, klobig geschnitzten Zuschauern auf optisch schwachem Niveau - dafür ist die Fankulisse akustisch eine Wucht: Neben rhytthmischem Klatschen und begeisterndem Jubel hört man auch immer wieder vereinzelte Rufe aus dem Publikum oder wütende Trainerkommentare, wenn man mal wieder einen Fehlpass verursacht hat.

Karriere mit Rundenmodus

In Sachen Spielmodi hat sich auf den ersten Blick nicht viel getan: komplexe Franchise, schnelles Turnier, Freiwürfe, freies Training, Streetball in mehreren Varianten, das beliebte 24/7 - hier könnt ihr erneut eine amerikaweite Karriere inklusive Training und Fähigkeitsentwicklung vom No-Name-Spieler bis zum besten Crack des Landes starten. Dieses Jahr mit doppelt so vielen Outfits und Accessoires sowie frischen Herausforderungen gegen die tickende Uhr: Video: 24/7-Modus (Laufzeit: 1:55 Min.)

Aber auf den zweiten Blick offenbart vor allem der Franchise-Modus, der sich jetzt "Association" nennt, einige interessante Neuerungen. Wer sich um alles selbst kümmern möchte, kann sich nach der

Im Franchise-Modus "Full Authority" gehts strategisch und rundenbasiert zur Sache.
Vereinswahl nicht nur um kluge Transfers und gute Coaches bemühen, sondern muss auch auf die Chemie im Team achten: Ein kleines Reagenzglas zeigt an, wie gut es intern bei euren Profis läuft. Wöchentliche Gespräche mit euren Profis wirken sich hier positiv oder negativ aus: Wenn ein unzufriedener Reserve-Center endlich zu mehr Blockeinsatz kommen will, habt ihr drei Antworten zur Verfügung, um ihn zufrieden zu stellen. An sich eine gute Idee, aber auf Dauer gibt es hier einfach zu viele Wiederholungen und immer gleiche Dialoge.

Neu ist auch die Spielweise "Full Authority", die eher dem Vollblutmanager mit Lust auf Strategie als dem Controller-Artisten entgegen kommt: Hier gebt ihr vor dem Match und in den Pausen jeweils die Wechsel, die Taktik und das Verhalten einzelner Spielers vor - z.B., wie viele und welche Würfe er nehmen soll: nur Dreier? Und wenn ja: sogar alle? Der Gegner macht dasselbe und dann werden die Ergebnisse angezeigt - fast wie ein rundenbasiertes Duell in Magic The Gathering. Hinzu kommt wöchentliches Training, um gezielt Fähigkeiten wie das Passen, Dunken oder Würfe zu verbessern. Die Intensität der Übungen lässt sich festlegen und hat Auswirkungen auf den Grad der Verbesserung sowie Erschöpfung - Fingerspitzengefühl ist hier gefragt. Insgesamt sorgt dieser komplexe Karriere- zusammen mit dem stark erweiterten 24/7-Modus dafür, dass die Langzeitmotivation für Einzelspieler stimmt. Es gibt dieses Jahr einfach mehr auszuprobieren, freizuspielen und zu gewinnen.  

Fazit

Was soll das denn? Kein Online-Modus? Als NBA2K4-Veteran, der letztes Jahr noch kräftig über Xbox Live dunken konnte, ist das eine richtig bittere Pille. Schließlich durfte man nicht nur mit den Mavericks, sondern auch mit seinem Streetballer online auf Punktejagd gehen. Dieses Jahr bleibt nur in Europa alles offline - arrgh! Aber dafür hat Sega nicht nur den Franchise-Modus kräftig aufgemotzt, sondern auch das Spielgefühl verbessert: weniger Monsterblocks, mehr Finessen hinten wie vorne. Es hakt zwar immer noch bei Dribblings und die Pässe könnten etwas mehr Drucksensitivität vertragen, aber der Ball fliegt dieses Jahr noch einen Tick authentischer Richtung Korb. Wir ziehen in der Gesamtnote ein paar Prozente ab, denn das Ruckeln in den Wiederholungen, das optisch schwache Publikum sowie einige üble Clippingfehler standen schon letztes Jahr auf der Kontraliste. 2K5 ist dennoch die beste Basketball-Simulation am Markt. Und das zum Sparpreis. Zugreifen.

(Leider lag uns zum Test nur die Xbox-Fassung von NBA 2K5 vor, daher fehlt die PS2-Wertung.)

Pro

günstiger Preis
weniger Monsterblocks
sehr gute Animationen
integriertes Handbuch
sehr überzeugende KI
tolles Simulationsflair
fernsehreife Präsentation
klasse Sound- & Fankulisse
viele Offensivmöglichkeiten
stark erweiterter Franchise-Modus
schnelle, intuitive Taktikwechsel
mehr offensive & defensive Spielzüge
Franchise, Turnier, Streetball, 24/7-Modus

Kontra

Ruckeln in Replays
einige böse Grafikfehler
kein Online-Modus (Xbox, PS2)
Publikum optisch schwach
nur englische Texte und Menüs
Dribblingkontrolle braucht viel Übung
keine manuelle Dunk/Wurf-Trennung
sehr spartanisches deutsches Handbuch

Wertung

XBox

Top-Basketball zum halben Preis: Trotz fehlender Xbox Live-Unterstützung ein Fest für Simulationsfans!

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