Resident Evil21.01.2015, Michael Krosta

Im Test: Eine gruselige Modernisierung?

Nach dem ernüchternden Resident Evil (ab 4,00€ bei kaufen) 6 geht Capcom zurück zu den Wurzeln. Und dieses Mal wirklich: Denn mit Resident Evil HD bringen die Japaner das Remake eines Remakes des kultigen ersten Teils, das 2002 exklusiv auf Nintendos GameCube erschien und jetzt die Basis für die jüngste Neuauflage bildet. Aber ist die Erkundung des alten Herrenhauses in den Arklay Mountains auch heute noch reizvoll?

Willkommen beim Überlebens-Horror...

...lauteten die entzückenden Worte, mit denen Spieler im Jahr 1996 nach dem trashigen Intro im Herrenhaus empfangen wurden. Dabei verhalf Designer Shinji Mikami mit Resident Evil dem Spiel mit der Angst zu einem neuen Auftrieb und machte den Horror nach seinem kurzen Aufblitzen in Alone in the Dark endlich wieder salonfähig. Denn der Erfolg und die Popularität des Titels hatte eine große Welle an Horrorspielen zur Folge, aus der u.a. Konamis Silent Hill hervor ging. Neben Fortsetzungen und Ablegern griff Capcom bereits 2002 in die Mottenkiste und legte den Erstling exklusiv für Nintendos GameCube neu auf. Dabei wurden die Daten nicht einfach durch einen Konverter gejagt. Im Gegenteil: Die Japaner haben sich damals richtig ins Zeug gelegt, Grafik und Figuren mit komplett neuen und viel detaillierteren Texturen massiv aufgehübscht sowie Handlung, Rätsel und weitere Inhalte ergänzt. Und genau diese Version hat man als Basis für die HD-Neuauflage auserkoren, damit endlich mehr Spieler in den Genuss dieser Horror-Perle von damals kommen.

Willkommen zurück im Überlebens-Horror!
Dabei stelle ich fest, dass mich das Szenario rund um das mysteriöse Spencer-Anwesen und Experimente an Bio-Waffen auch heute noch anzieht: Die Regie hat sich seit dem gelungenen GameCube-Remake zwar deutlich weiterentwickelt und wurde für das HD-Remaster nicht angetastet. Und auch manche Dialoge waren in der Erinnerung nicht ganz so trashig. Aber trotzdem schafft es Resident Evil immer noch, mich in seinen Bann zu ziehen.

Düstere Gänge und Gänsehaut-Soundtrack

Das Herrenhaus strahlt mit seinen schummrigen Gängen, den untoten Bewohnern und gefährlichen Monstern immer noch ein herrliches Gefühl der Bedrohung aus, zumal Waffen, Munition und Kräuter auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade weiterhin rar gesät sind. Die düstere Musik, die stimmungsvollen Kulissen inklusive Echtzeit-Schatten und nicht zuletzt die in echtem Surround abgemischten Soundeffekte tragen selbstverständlich immer noch einen entscheidenden Anteil dazu bei. Nicht zu vergessen der erfreulich hohe Rätselanteil – zumindest, wenn man es mit den letzten und stärker auf stupide Action getrimmten Serienvertreter vergleicht. Zwar wirken die Puzzles oft arg konstruiert und sind nicht besonders fordernd, aber trotzdem weiterhin eine Bereicherung für den Spielablauf. Aber wem erzähle ich das? Es dürfte nicht so viele Horror-Fans geben, die bisher noch nie mit diesem Klassiker in Berührung gekommen sind. Chancen dafür gab es mehr als genug: Zum einen das PlayStation-Original, das auch für Segas Saturn und sogar den PC umgesetzt wurde. Gut ein Jahr später folgte der Director's Cut mit ungeschnittenem Farb-Intro, neu platzierten Gegenständen und alternativen Kameraperspektiven. Dann das besagte GameCube-Remake, das im Rahmen der Resident Evil Archieves 2009 noch auf Wii veröffentlicht und mit einer rudimentären Bewegungssteuerung ergänzt wurde.

Eine ordentliche Restaurierung?

Die Figuren profitieren am meisten von der Schönheitskur.
Viel interessanter ist doch die Frage, wie gut Capcom die HD-Restaurierung gelungen ist und wie viel Arbeit man für die späten Umsetzungen investiert hat. Zunächst einmal ist es positiv, dass man eine 16:9-Anpassung vorgenommen hat. Dabei wird das Bild aber nicht nur einfach statisch auf das neue Format zurecht geschnitten, denn bei dieser Behandlung wäre ein Teil der Bildinformation einfach verloren gegangen. Stattdessen scrollt das Bild jetzt teilweise mit, etwa wenn man mit Jill oder Chris die beeindruckende Eingangshalle der Villa erkundet. Dadurch wirkt das Spiel nicht nur moderner, sondern verleiht ihm durch die neuen Kamerafahrten auch einen Hauch mehr Filmcharakter als dem Original. Selbstverständlich darf man aber auch im klassischen 4:3-Format die Geheimnisse des Anwesens erkunden.

Eine weitere große Änderung betrifft die Steuerung, denn neben der klassischen Variante, die heutzutage durchaus klobig wirken kann, bietet man in der HD-Version eine moderne Alternative an, bei der man die Figuren direkt per Analogstick in die Richtung dirigieren kann, in die sie laufen sollen. Ich greife dagegen weiterhin zur Oldschool-Variante. Warum? Altersstarrsinn. Ich habe die alten Resident-Evil-Teile immer so gespielt und werde es auch weiterhin so tun. Trotzdem gut, dass man zumindest versucht, die Steuerung aufzupeppen.

Schwankende Qualität

Bei der grafischen Modernisierung darf man keine Wunder erwarten. Wer hier auf einen ebenso großen Sprung hofft, den das GameCube-Remake im Vergleich zum PlayStation-Original hingelegt hat, kann sich genauso gut in einen Zombie verwandeln lassen. Zwar erkennt man vor allem an den Charakteren und Objekten die Ergebnisse der Verschönerungs-Maßnahmen, doch insgesamt sind die grafischen Verbesserungen eher dezent ausgefallen und schwanken qualitativ mitunter sehr stark. So sieht z.B. die Eingangshalle im neuen HD-Gewand spürbar prächtiger aus als früher – auch dank einer optimierten Beleuchtung. In vielen anderen Räumen sind grob texturierte Tapeten und aufgepixelte Objekte dagegen Belege dafür, dass man wohl nur in Ausnahmefällen Zeit und Arbeit in eine aufwändige Neugestaltung investiert hat.

"...damit Sie auch morgen kraftvoll zubeißen können."
Stärker profitieren die Figuren von der Behandlung: Sie werden dank der höheren Auflösung nicht länger von einer Flimmerkanten-Aura umgeben und auch ihre Kleidungen weisen mehr Struktur und Details auf. Das in meinen Augen etwas übertriebene Boob-Bouncing bei Jill Valentines Brüsten im Standard-Outfit – und das bei jeder kleinen Bewegung – hätte dagegen nicht unbedingt sein müssen. Es ist jetzt nicht so, dass Resident Evil in HD hässlich wäre. Das sind de facto nur die furchtbar billigen Lade-Bildschirme und Hinweis-Kästen, die es auf dem GameCube in dieser schlimmen Form nicht zu sehen gab und die schrecklich amateurhaft wirken. Tatsächlich hat sich das eigentliche Spiel angesichts des hohen Alters (und sicher auch dank der vorberechneten Hintergründe) grafisch überraschend gut gehalten. Doch mit aktuellen Titeln kann der Klassiker auch nach der Behandlung nicht mithalten und so ist es auch keine Überraschung, dass sich die Versionen für 360, PS4 und Xbox One technisch auf einem Niveau befinden.            

Mit dem Kopf durch die Wand

Wichtige Gegenstände machen weiterhin mit einem Blinken auf sich aufmerksam.
Enttäuschend ist, dass man sich für die Neuveröffentlichung nicht auch der oft fehlerhaften Kollisionsabfrage angenommen hat. So kann man weiterhin beobachten, wie Gegner und Figuren halb mit Wänden und anderen Objekten verschmelzen oder Gliedmaßen einfach verschwinden. Auch bleiben manche der festen Kameraeinstellungen unübersichtlich, doch hilft hier zumindest das prophylaktische Anvisieren mittels automatischer Zielerfassung, um nicht von einem unsichtbaren Feind überrascht zu werden.

Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad ist Resident Evil gewohnt knackig – vor allem mit Chris Redfield, der zunächst nur mit einem Messer bewaffnet ist und weniger Platz im generell sehr begrenzten Inventar zur Verfügung hat. Um mehr Variation anzubieten, hat Capcom im Vergleich zum GC-Original neben der leichten eine neue Zwischenstufe geschaffen, in der die Widersacher zwar auch noch ordentlich was einstecken können, man dem Spieler aber mehr Ressourcen wie Munition und Kräuter zur Verfügung stellt, die das Überleben erleichtern.

Fazit

Ich mag Resident Evil. Immer noch. Und als Fan des GameCube-Remakes freut es mich besonders, dass ich den gruseligen Abstecher ins Herrenhaus jetzt mit zeitgemäßer 16:9-Anpassung und echtem 5.1-Surround-Klang erneut erleben darf. Weniger angetan bin ich dagegen von der schwankenden Qualität der grafischen HD-Aufbereitung: Während die Figuren von der Schönheitsoperation profitieren, pendeln die Kulissen zwischen sichtbarer Restaurierung und liebloser Konvertierung. Ich hätte mir hier zudem eine Herangehensweise gewünscht, die Capcom damals beim umstrittenen Director's Cut verfolgt hat: Bei einer anderen Platzierung der Gegenstände hätte man Veteranen des Originals neue Anreize liefern können. Okay, ich freue mich auch so über meine Rückkehr ins Spencer-Anwesen. Der Vater des Survival-Horrors hat zwar nach all den Jahren etwas an Faszination eingebüßt und wirkt stellenweise einfach nicht mehr zeitgemäß. Aber  er schafft es immer noch, mich besser zu unterhalten, als es das enttäuschende Resident Evil 6 jemals konnte.

Pro

immer noch unterhaltsame Geschichte...
angenehmer Grusel-Faktor
guter Rätselanteil...
beängstigende Klangkulisse
cleveres Kartendesign
modernere Alternativ-Steuerung
neues 16:9-Bildformat (optional weiter 4:3)
zwei spielbare Charaktere
gut gesetzte Schockmomente
stimmungsvolle Schauplätze und (Ekel)-Gegner
gelungene Surround-Tonabmischung
weiterer (leichter) Schwierigkeitsgrad
ordentlicher Umfang und alternative Enden

Kontra

...die mittlerweile hinlänglich bekannt ist
...mitunter grenzwertige Dialoge
sehr begrenztes Inventar (vor allem bei Chris)
schwankende Qualität bei der Restaurierung
extrem hässliche (Speicher
& Lade-)Menüs
vereinzelte Probleme mit der Kollisionsabfrage
mitunter unübersichtliche Kameraeinstellungen

Wertung

360

Das HD-Remaster überzeugt mit den atmosphärischen Qualitäten des Originals, kann aber manche Altersschwächen nicht verbergen und wurde technisch nur halbherzig modernisiert.

PlayStation4

Das HD-Remaster überzeugt mit den atmosphärischen Qualitäten des Originals, kann aber manche Altersschwächen nicht verbergen und wurde technisch nur halbherzig modernisiert.

XboxOne

Das HD-Remaster überzeugt mit den atmosphärischen Qualitäten des Originals, kann aber manche Altersschwächen nicht verbergen und wurde technisch nur halbherzig modernisiert.

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