LA Cops13.03.2015, Mathias Oertel
LA Cops

Im Test: Das gesetzestreue Hotline Miami

In einer Retro-Kulisse mit knackigem Schwierigkeitsgrad auf Gangster ballern, das gab es doch erst vor kurzem? Aber hier geht es nicht um Hotline Miami 2, sondern um LA Cops (ab 4,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Auf den ersten Blick haben die beiden scheinbar gar nicht so viel gemeinsam. Doch im Test zeigen wir, dass sie Stiefbrüder sein könnten.

Die andere Seite der Medaille

Das kann doch kein Zufall sein? Just in der Woche, in der Hotline Miami 2 mit stylischem Retro-Artdesign und brachialer Action auf PC und PlayStation-Systemen erscheint, taucht LA Cops auf Xbox One auf - am PC befindet sich der Titel noch in der Early-Access-Phase. Warum das überhaupt relevant ist? Nun, abseits des visuellen Designs setzen beide auf eine ähnliche Basis: Bei beiden muss man mit dem Protagonisten Abschnitte in einer überschaubaren Größe im Stile eines modifizierten Zweistick-Shooters von bösen Buben säubern. Selbstverständlich mit einer erhöhten Portion Pixelgewalt. Und wenn es sein muss, mit den Waffen, die man den ausgeschalteten Kontrahenten abgenommen hat. Was sich ebenfalls beide teilen, ist trotz der Möglichkeit, einzelne Ziele zu markieren, ein erhöhtes Anforderungsprofil. Ist man unvorsichtig, stirbt man in Los Angeles ebenso schnell wie in Miami. Denn hier wie da gibt es Feinde, die auf stets gleichen Routen patrouillieren, während andere sich auch mal neue Wege suchen und natürlich im unpassendsten Moment durch die Tür kommen, hinter der man Deckung gesucht hat, um seine nächsten Schritte zu planen. Und spätestens, wenn in dem guten Dutzend Abschnitte überraschende Wellen von Gegnern auf einen zustürmen und Bosse versuchen, einen mit Blei vollzupumpen, flucht man hier fast so laut wie bei Dennatons Pixelgewalt.

Ein isometrischer Hotline-Miami-Klon? Die beiden Titel haben viele Gemeinsamkeiten - bis hin zum Schwierigkeitsgrad.
Doch wo Hotline Miami in die bitterbösen Pixelabgründe des Gangster-Milieus der Florida-Metropole abtaucht, steht hier die Polizei im Mittelpunkt - LA Cops ist quasi der gesetzestreue Halbbruder von Hotline. Angesiedelt in den 70er Jahren, ist aber nicht nur die andere Seite der juristischen Medaille ein Unterscheidungsmerkmal. Im Gegensatz zu Hotline ist man hier wie in Starsky & Hutch oder Die Straßen von San Francisco zu zweit unterwegs, wobei man sein Duo aus einem halben Dutzend Cops mit unterschiedlichen Charakteristika auswählen kann. Auf die eingespielten Zwischensequenzen hat die Zusammenstellung allerdings keine Auswirkung. Und die jeweiligen Vorteile oder Defizite hinsichtlich Geschwindigkeit, Lebensenergie oder Magazingröße kann man durch Aufwertungen stärken bzw. kompensieren. Die dafür nötigen Erfahrungspunkte erhält man, wenn man die Missionen erfolgreich abschließt.

Nimm du ihn, ich hab ihn sicher

Das Konzept mit zwei Figuren agieren zu können ist taktisch interessant, krankt aber an KI-Macken - und einen zweiten menschlichen Mitspieler kann man auch nicht wählen.
Zwar kann man nicht kooperativ spielen (wieso eigentlich nicht?), doch mit der Kontrolle über zwei Figuren ergeben sich taktische Möglichkeiten, wie sie Hotline Miami schlichtweg nicht bieten kann. Zum einen kann man per Tastendruck zwischen beiden hin und her schalten, wobei der inaktive in eine Art  Deckungs-/Wachmodus schaltet und alle Feinde unter Beschuss nimmt, die sich in seinen Sichtkegel bewegen. So kann man sich bei Bedarf Stück für Stück vortasten und immer sicher sein, dass die beiden Kollegen sich gegenseitig Deckung geben. Und zum anderen kann man seinen Partner an eine bestimmte Position beordern, was man nutzen kann, um z.B. gemeinsam einen Raum zu stürmen. Vor allem Letzteres gestaltet sich in der Praxis jedoch als unnötig hakelig. Viel zu häufig findet der Kollege nicht die Position, die man ihm eigentlich zugedacht hatte oder er stellt sich ab und an sogar mit dem Rücken zum Raum auf – was natürlich für Feuergefechte eine denkbar ungeeignete Position ist.

Immerhin gilt die häufig mehrstufige Mission mit Kontrollpunkten zwischen den einzelnen Abschnitten erst dann als gescheitert, wenn beide von den Feinden außer Gefecht gesetzt wurden. So lange einer den Kontrollpunkt erreicht, tauchen beide mit voller Energie und komplett geladener Knarre am Start des nächsten Bereiches auf. Und es gibt in jedem Areal ein Medipack, mit dem man eine Wiederbelebung durchführen kann. Wer seine in Mitleidenschaft gezogene Energieleiste wieder auffüllen möchte, muss sich an Donuts laben (natürlich), die nur darauf warten, verspeist zu werden.

So wird das Partner-Konzept sowohl zur größten Stärke als auch zum ersten Stolperstein von LA Cops.  In ihren besten Momenten sorgt sie für eine spannende Dynamik und einige Schusswechsel, die hinsichtlich Intensität an frühe Filme von Walter Hill erinnern. Aber zu häufig regt man sich über die KI-Macken auf, die letztlich dazu führen, dass z.B. der Kollege, der das Rolltor bewachen soll, es nicht einmal schafft, den einzigen daraus hervorstürmenden Feind auch nur anzukratzen - hmm. Oder aber er soll sich zu einer Position bewegen, damit ich nicht alleine die Gegner unter Beschuss nehme und er bleibt an der Tür hängen - naja. Über die Schuss- und Zielmechanik kann man sich hingegen kaum beklagen: Sie funktioniert sowohl am PC mit Maus- und Tastatur als auch auf der Xbox One mit Pad ordentlich, wobei ich den Rechenknecht wegen seiner zusätzlichen Genauigkeit favorisiere.

Comic-Sonnenbrillen

Die Zwischensequenzen sind stilistisch gelungen, erzählerisch gibt es viel Luft nach oben.
Auch visuell gibt es eine Gemeinsamkeit zwischen der Ballerei aus dem Hause Dennaton und LA Cops: Beide setzen auf einen einprägsamen Grafikstil. In Miami herrscht Pixelkunst mit Vogelperspektive, in der Stadt der Engel ist Comic-Design mit wenigen Farben und groben Strukturen angesagt, die ein wenig an Ubisofts Just-Dance-Spiele erinnert. Wenigstens wird dieser Stil auch konsequent in den Zwischensequenzen beibehalten, so dass bei den konturlesen Visagen nur Sonnenbrille und die zeitgemäße Frisur auszumachen sind. Apropos Zwischensequenzen: Sowohl in den kurzen Einspielern als auch in den Abschnitten gibt es saubere Sprachausgabe, die es aber nicht schafft, den inhaltlich klischeebeladenen Story-Schnippseln Atmosphäre zu injizieren. Eher unfreiwillig komisch denn als gezielte Parodie einschlägiger TV-Shows zu verstehen, haben die Story-Elemente nur wenig Anteil daran gehabt, mich zum Weiterspielen zu motivieren.

Das ist vielmehr dem simplen, aber effektiven Konzept zuzuschreiben – und der mechanischen Nähe zur Hotline-Miami-Serie. Wie schafft man es am besten durch die clever verteilten Gegner-Ansammlungen? Was wartet hinter der nächsten Ecke? Soll ich das Risiko eingehen und den Nichts ahnenden Feind verhaften und damit eine höhere Punktzahl in der Endabrechnung einheimsen, anstatt ihn „einfach“ zu erschießen? Immerhin kriege ich so vielleicht mehr Erfahrungspunkte, um meine Cops aufzuwerten. Um die Entscheidung und die Planung zu erleichtern, lässt sich die Iso-Ansicht stufenlos drehen. So kann man sich einen Überblick verschaffen und evtl. Ziele ausmachen kann, die sich hinter einer Ecke verschanzt hatten.

Fazit

Wenn Hotline Miami einen gesetzestreuen Stiefbruder hätte, wäre es LA Cops. Zwar unterscheiden sich die beiden Ballereien hinsichtlich des visuellen Stils und in Florida gibt es unter dem Strich die explizitere Gewaltdarstellung. Doch inhaltlich bauen sie auf ähnliche Elemente bis hin zum stattlichen Anforderungsprofil, das Fehler nur selten verzeiht. Dumm nur, wenn diese Fehler von dem KI-Partner begangen werden. Zwar liefert das Konzept, mit zwei Cops durch die Abschnitte zu ziehen und die Gangster entweder zu verhaften oder dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen, eine interessante taktische Komponente. Doch zu häufig positioniert sie sich nicht richtig oder schießt zu ungenau. Abhilfe hätte ein vernünftiger Koop-Modus schaffen können. Doch daran hat man bei dieser Iso-Action mit Comiclook nicht gedacht. Für eine kleine brachiale Ballerei zwischendurch lohnt sich ein Start von LA Cops, doch hinsichtlich Intensität, Stil und Atmosphäre liegt in der Tat ein halber Kontinent zwischen Ost- und Westküste.

(Anm.d.Red.: Die PC-Version befindet sich noch in der Early-Access-Phase und wurde daher nicht bewertet.)

Pro

unkomplizierte kompromisslose Ballerei
isometrische Ansicht kann frei gedreht werden
taktische Komponente dank kontrollierbarem Cop-Duo...
interessantes Comic-Design
ein halbes Dutzend Polizisten zur Auswahl...
ordentliche Sprachausgabe
knackiger Schwierigkeitsgrad
Figuren können aufgerüstet werden

Kontra

Abschnitte spielen sich alle sehr ähnlich
schwache Story
... die aber von der mitunter schwachen Partner-KI torpediert wird
taktische Richtungsbefehle werden nicht immer gut umgesetzt
... deren Unterscheidungen kaum ins Gewicht fallen
kein echter Koop-Modus

Wertung

XboxOne

Die Action spielt sich ähnlich wie Hotline Miami, erreicht aber nicht dessen Qualität. Schade: Der prinzipiell interessente Koop-Ansatz krankt an KI-Problemen.

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