Crypt of the NecroDancer17.02.2017, Mathias Oertel
Crypt of the NecroDancer

Im Test: Mit Rhythmusgefühl durch den Dungeon

2015 hat das Indie-Projekt Crypt of the NecroDancer Rhythmusspiel und Dungeoncrawler auf höchst kreative Art verbunden und im Test einen Gold-Award einkassieren können. Ein Jahr später folgte die Version für PlayStation 4 – mit dem gleichen Ergebnis. Und jetzt dürfen auch Spieler mit Xbox One rhythmisch durch die zufällig generierten Dungeon stapfen.

Dungeon-Ballett

Für kampflastige virtuelle Höhlenwanderungen bin ich immer zu haben. Und bei Rhythmusspielen fällt es mir auch schwer, nein zu sagen. Unter diesem Aspekt war Crypt of the NecroDancer bei seinem finalen Steam-Release nach einer erfolgreichen Early-Access-Phase Mitte 2015 beinahe die perfekte Kombo. Auch und gerade weil das Konzept mit zusätzlichen Elementen angereichert wurden, die man mit dem für mich mittlerweile zum Unwort verkommenen "Rogue-like"  kategorisieren und in eine Schublade packen kann: Permanenter Tod, zufällig generierte Abschnitte und Gegner-Anhäufung sowie ebenso zufällig ausgeschüttete Gegenstände als Beute oder kaufbare Ware bei Händlern.

Während der Minotaurus ein vergleichsweise leichter Zwischengegner ist, können die zufällig generierten Abschnitte auch zum Start mit fiesen Feinden gespickt sein.
Das Konzept ist denkbar einfach: In der Rolle der zwielichtigen Cadence muss man Gewölbe im Rhythmus der Musik durchqueren. Schritt für Schritt, nach rechts oder links, nach oben oder unten. Verliert man bei den vertikalen oder horizontalen Bewegungen, die aus der Vogelperspektive in einem stimmigen 16-Bit-Pixelstil gezeigt werden, den Takt, geht im besten Fall nur der Gold-Multiplikator flöten. Im schlimmsten Fall kollidiert man mit einem der zahlreichen Feinde, die ebenfalls dem Rhythmus folgen und unaufhörlich ihre Wege gehen. Das wiederum hat einen teilweisen Verlust der knappen Lebensenergie zur Verfügung. Sind alle Herzen weg, geht es wieder zurück in die Lobby - und alle Gegenstände, die man gekauft bzw. gefunden hat, sind weg. Alle Waffen, alle Rüstungen. Alles. Weg. Alles.

Klare Regeln

Dabei braucht man allerdings keine Illusionen haben, dass es sich hier um eine Art "Kloppmist" mit musikalischem Hintergrund handelt. Stattdessen schlummert hinter der bunten, bei jedem Start zufällig generierten Fassade ein taktischer Echtzeit-Puzzler, der einem klaren Regelwerk folgt. Jeder Gegner folgt einem vorgegebenen Bewegungsmuster sowie Takt. Manche Figuren bewegen sich bei jedem Schlag. Manche lassen zwischen jeder Bewegung einen Schlag Pause, andere wiederum bewegen sich nur bei jedem vierten Beat. Die eigene Figur nimmt nur Schaden, wenn sie und der Gegner mit ihrer Bewegung auf dem gleichen Feld landen – und natürlich bei besonderen Distanzangriffen von End- oder Zwischenbossen wie den fiesen Drachen. Befinden sich die Heldin und der jeweilige Feind auf angrenzenden Feldern, wird mit der entsprechenden Pfeiltaste keine Bewegung, sondern ein Hieb mit der Waffe ausgeführt. Je nach

Solange die Kacheln nach einem Kampf im Schachbrettmuster blinken, stimmt der Bewegungs-Rhythmus.
Durchschlagskraft der ausgerüsteten Waffe, ihrer Reichweite sowie der Lebensenergie der Feinde sind mitunter mehrere Schläge nötig, die man wiederum sorgsam mit den eigenen Bewegungen sowie denen der Gegner koordinieren muss.  

Dieses Konzept klingt anfangs verwirrend, geht einem aber unglaublich schnell in Fleisch und Blut über. Und ab diesem Moment wird Crypt of the Necrodancer zu einem mitunter anspruchsvollen Bewegungs-Puzzle, dem man sich nicht entziehen kann. Wenn diverse unterschiedliche Gegnertypen auf einen zukommen, ist ein kühler Kopf und Kenntnis der Bewegungsschemata zwingend notwendig, da man sich sonst verdammt schnell in der Lobby wiederfindet. Auch den Fallen (die auch die Feinde in Mitleidenschaft ziehen) sollte Bedeutung geschenkt werden. Und nicht zuletzt kann man sich mit seiner Schaufel auch durch bestimmte Wände graben. Teils aus taktischen Gründen, weil eine abgebaute Wand als Taktfüller genutzt werden kann, bis der nächste Feind neben einem steht, ohne den Multiplikator zu verlieren. Teils, weil sich dahinter Verstecke oder Diamanten befinden können, die neben Gold als zweite Währung dienen. Erforschung der Umgebung und Sammeln werden belohnt.

Wie gewonnen so zerronnen

Allerdings muss man sich bewusst sein, dass die Besitztümer nur kurzzeitig für Freude sorgen. Das Gold, das man für erledigte Gegner erhält, bleibt beim Ableben komplett im Dungeon und sollte daher bei den herrlich zu den schmissigen Melodien mitsingenden Händlern für die dort angebotene Ausrüstung ausgegeben werden. Diese kann aber ebenfalls nicht den Dungeon verlassen. Dies ist einzig den gesammelten Diamanten vorbehalten, die man in der Lobby bei verschiedenen Figuren ausgeben kann, um mitunter kostspielige Spielerweiterungen freizuschalten. Dazu gehören z.B. mehr Lebensenergie-Herzen oder neue Gegenstände, die man dann im Dungeon entweder in Kisten findet oder bei Händlern erstehen darf. Aber auch die Trainings-Möglichkeiten gegen die diversen Mini- und Endbosse sind nur gegen die Kohlenstoff-Modifikation möglich. Die Bewegungsmuster der Standard-Kontrahenten lassen sich kostenlos studieren, damit man beim nächsten Durchlauf für alles gewappnet ist.

Die Bosse verlangen einem alles ab.
Vier Zonen mit jeweils drei prall gefüllten Abschnitten sowie einem aus einem Quartett zufällig ausgewählter Endbosse warten auf mutige Dungeon-Tänzer. Und danach ist die Herausforderung noch nicht vorbei. Insgesamt zehn Figuren kann man jeweils durch die Abschnitte führen, wobei sich die Charaktere dank kreativer Modifikatoren allesamt sehr unterschiedlich spielen. Dem Barden z.B. ist der Rhythmus vollkommen egal. Erst bewegt er sich, dann die Gegner, wobei diese nach wie vor an ihre Taktvorgabe gebunden sind und z.B. erst nach jeder zweiten oder vierten eigenen Bewegung gehen. So wird aus dem Echtzeit-Puzzle eine rundenbasierte Höhlenerforschung mit einem noch taktischeren Fokus. Der grimmige Eli hingegen hat unendlich Bomben zur Verfügung, die er auch Richtung Gegner kicken kann, so dass man abermals gezwungen wird, seine Spielweise anzupassen.  Der Mönch hingegen darf kein Gold berühren, kann sich aber beim Dungeon-Händler etwas gratis aussuchen. Dove wiederum kann die Gegner nicht töten.

Mehr ist mehr

Dass die Level hinsichtlich Befüllung und Layout bei jedem neuen Anlauf zufällig ausgewürfelt werden, sorgt nicht nur für Freude. Denn während einerseits bei jedem Start ein neues Erlebnis gewährleistet wird, ist man neben seinen Fähigkeiten sehr stark vom Glück abhängig, wenn man überleben möchte. Hat man gleich im ersten Abschnitt den Drachen mit seinem Distanzangriff und exorbitanten Lebenspunkten als Torwächter und nicht den tumben Minotauren, der ständig gegen die Wand stürmt, wird es schwer, die nächste Stufe zu erreichen. Vor allem, wenn die Schatztruhen

Um hier die Übersicht und den Rhythmus zu behalten, benötigt man einen klaren Kopf und Kenntnis der feindlichen Bewegungs-Muster.
keine ordentlichen Waffen ausspucken und man beim Händler für sein schwer verdientes Gold nur einen Kompass, eine Fackel sowie eine verbesserte Schaufel bekommt. Das führt zwangsläufig zu Frust – der einen allerdings nicht lange vom nächsten Versuch abhält. Denn in den meisten Fällen liegt das Scheitern nicht an schlechtem Spieldesign, sondern den eigenen Unzulänglichkeiten.

Wenn alles zusammenpasst, man von ein wenig vom Inventar-Glück begünstigt wird und in einen rhythmischen Fluss kommt, entsteht bei Crypt of the Necrodancer ein kleines Stück Spielemagie. Das ist auch den ins Ohr gehenden Melodien zu verdanken, die aus der Feder von Danny Baranowsky stammen, der schon Super Meat Boy oder The Binding of Isaac musikalisch veredelte. Und wem ein spezieller Track eventuell bekannt vorkommt. Wie auf der PS4 gibt es alternativ ein paar Remix-Versionen der Tracks, von denen das Chipzel-Set auf der Xbox One seine Premiere feiert. Wie auf der PS4 ist allerdings nicht möglich, eigene Tracks zu importieren oder Level zu erstellen. Und im Gegensatz zur Sony-Konsole werden auf der One keine Tanzmatten unterstützt.

Fazit

Auch wenn auf der Xbox One wie auf der PlayStration 4 keine eigenen Level erstellt oder eigene Musiken importiert werden können, ist Crypt of the NecroDancer auch fast zwei Jahre nach seiner Erstveröffentlichung immer noch ein außergewöhnliches Spiel. Die anfänglich merkwürdig scheinende Mischung aus actionreicher Höhlenerforschung und Rhythmusspiel entwickelt sich je nach Figurenwahl zu einem spannenden Echtzeit-Puzzler oder einer rundenbasierten Musikstrategie. Zwar können die zufällig generierten Levelinhalte auch für gelegentlichen Frust sorgen. Doch wenn man es schafft, im mitunter entstehenden Gegnerchaos den Überblick zu behalten und zudem ein wenig vom Gegenstandsglück angelächelt wird, entstehen auch auf der Konsole magische Momente. Und das führt dazu, dass man immer wieder für einen "kurzen" Abstecher in die Gewölbe des Nekrotänzers zurückkehrt.

Pro

ungewöhnliches Konzept mit Mix aus Rhythmus-Spiel und Dungeon Crawler
treibender Soundtrack mit zahlreichen Remix-Optionen
ein neuer Remix
sympathische 16-Bit-Kulisse
interessante Bosskämpfe
abwechslungsreiche Charakterauswahl, die unterschiedliche Herangehensweisen fordert
kooperatives Spiel möglich

Kontra

zufällige Levelgenerierung kann für Frust sowie einen uneinheitlichen Schwierigkeitsgrad sorgen
keine eigenen Musiken importierbar
kein Level-Editor

Wertung

XboxOne

Zwar fehlen Leveleditor sowie Musikimport der PC-Fassung, doch auch auf Konsole sorgt die Mischung aus Dungeoncrawler und Musikspiel mit ihrem klasse Soundtrack für einen enormen Motivationssog.

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