Killer Instinct: Definitive Edition28.09.2016, Mathias Oertel
Killer Instinct: Definitive Edition

Im Test: Der Weg ist das Ziel

Als Killer Instinct vor etwa drei Jahren als Gratisspiel mit Mikrotransaktionen erschien, war die Begeisterung verhalten: Es fehlten Inhalte und die Technik war seinerzeit nicht das Gelbe vom Ei. Mittlerweile ist nicht mehr Double Helix, sondern Iron Galaxy für die Kämpfe mit den Mega-Kombos zuständig. Und mit der Definitive Edition werden alle bisherigen Inhalte sowie ein paar frische Überraschungen gebündelt. Ein guter Grund, dem Prügler nochmals auf den Testzahn zu fühlen.

Neues Team, neues Glück

Vielleicht war die Veröffentlichungspolitik bei der Premiere des seinerzeit exklusiv auf Xbox One erschienenen Prüglers Killer Instinct nicht ideal. Vielleicht war auch der verantwortliche Entwickler Double Helix trotz Unterstützung von Ken Lobb (Ex-Rare, Designer des Originals) sowie anderer Rare-Mitarbeiter einfach überfordert. Denn obwohl man dem Titel damals schon Potenzial angesichts der sehr unterhaltsamen sowie auf massive Komobs ausgelegten Kämpfe bescheinigen konnte, fehlten Inhalte und eine spektakuläre Kulisse. Den ersten Punkt konnte man mit Mikrotransaktionen (neue Kämpfer, Kämpferpakete inkl. Modi etc.) immerhin im Laufe der letzten drei Jahre wettmachen. Und nachdem Double Helix von Amazon gekauft wurde und die Entwicklung nach der ersten „Staffel“ in den Händen von Iron Galaxy lag, ging es auch visuell aufwärts - und mit Staffel 3 durften sich schließlich sogar PC-Spieler mit Windows 10 über die aufwändig inszenierten Auseinandersetzungen freuen.

Diverse Extras runden die Bonus-Inhalte der Definitive Edition ab.
Das Gesamtergebnis der letzten drei Jahre Killer Instinct ist nun als Definitive Edition erhältlich: Anhänger von Beat-em-Ups dürfen sich auf 26 Charaktere, 20 Arenen, die allesamt für diese Sammlung überarbeitet wurden, dazu Boni wie den Soundtrack und nicht zuletzt die Ausgaben der Classic-Versionen von Killer Instinct und Killer Instinct 2 freuen, die hierzulande erstmals nach der De-Indizierung erhältlich sind und die aus dem übersichtlichen Hauptmenü aufrufbar sind. Doch nicht nur in diesem Bereich gibt es genügend Inhalte. Neben den klassischen Arcade- oder Survival-Modi kann man in den Shadow Labs einen KI-Kämpfer trainieren und dann in den Kampf gegen Freunde antreten lassen sowie mit den Recken der ersten zwei Staffeln in eigenen Storylines antreten, um die zahlreichen Gimmicks wie freischaltbare Kostüme etc. freizuschalten. Allerdings gibt es auch weiterhin die Option sich KI-Coins aus dem Spiel heraus zu kaufen, die man statt Zeit einsetzen kann, um Anschaffungen im Spiel zu tätigen – eine typische Pay-to-Shorcut-Situation. Gleichzeitig mit der Definitiv Edition wurde für alle Spieler auch ein neuer Spielmodus namens "Schattenlords" zur Verfügung gestellt. Und der hat es trotz der simplen Prämisse, dass man einen Dämon aufhalten muss, der aus seiner Dimension mit seinen Schattenwesen die Erde zerstören möchte, gewaltig in sich.

Das Beste seit Soul Edge?

Die Präsentation des Schattenlords-Modus ist spröde, doch inhaltlich überzeugt die Jagd auf Gargos.
Denn unter dem Strich findet man hier den wohl besten Kampagnenmodus in einem Prügler seit dem Waffenmeister-Modus innerhalb der Soul-Calibur-Serie. Mit Mini-Missionen, nicht-linearen Story-Verzweigungen, Entscheidungen, deren Auswirkungen sich mitunter auf Belohnungen und sogar folgende Kämpfe auswirken können, taktisch einsetzbaren Pausen der Kämpfer im Dreierteam (um sie zu heilen, da Lebensenergie aus den Kämpfen übernommen wird) und vielen Elementen mehr wird man ständig auf Trab gehalten. Ganz zu schweigen von dem leichten Sammelwahn, der sich einstellt, da es haufenweise Dossiers, Gegenstände, ausrüstbare Artefakte und diverse Wächter gibt, die man finden kann, wobei vor allem Letztere eine besondere Bedeutung haben. Rüstet man einen Kämpfer mit einem Wächter aus, bekommt man Verstärkungen bestimmter Eigenschaften sowie häufig eine weitere aktive Fähigkeit. Die Fledermaus z.B. kann mit einem Finish innerhalb einer Kombo aktiviert werden und sorgt nun kurzzeitig dafür, dass jeder weitere durchgebrachte Angriff die eigene Lebensenergie wieder auffüllt. Der  Hammel wiederum sorgt dafür, dass man ungeachtet der Angriffshöhe einen Kombo-Breaker anbringen kann. So bekommen die Auseinandersetzungen gegen die mitunter knüppelhart sowie unnachgiebig agierende KI eine zusätzliche interessante Komponente.

Hinsichtlich der Präsentation könnte man zwar abseits der seltenen, aber aufwändigen Zwischensequenzen mehr bieten anstatt nur Texteinblendungen, die man immer dann zu sehen bekommt, wenn sich zwei Gegner vor dem Kampf gegenüberstehen und sich Beschimpfungen an den Kopf werfen oder auch schon, falls man besondere Ereignisse aufruft. Doch unter dem Strich können weder die Textwüsten noch die gelegentlich strapazierenden Ladezeiten die Motivation hier ernsthaft gefährden. Denn dazu bietet Schattenlords mit seinem nonlinearen Aufbau zu viele Überraschungen – und dazu im Allgemeinen einen ansprechenden Schwierigkeitsgrad. Denn man hat während eines "Tags" nur ein paar Schauplätze zur Verfügung, um die weltweit grassierende Dunkelheit Gargos‘ einzudämmen. Wenn alle Kämpfer im Team das Zeitliche segnen sollten, kann man natürlich einen neuen Anlauf unternehmen und versuchen, mit anderen Recken die Welt vor dem Untergang zu retten - in diesem Fall darf man sogar die bis dahin gesammelten Fundstücke übernehmen.

Partikel und Geschwindigkeit

Killer Instinct zeichnet sich visuell u.a. durch Geschwindigkeit und Partikel-Overkill aus.
War die Ur-Fassung des "neuen" Killer Instinct technisch in manchen Bereichen noch etwas spröde, findet man in der Definitive Edition deutlich weniger Haare in der Suppe. Das Design der 26 Charaktere ist gelungen, die Animationen sind durch die Bank ansehnlich. Auch die Kollisionsabfrage gibt sich keine Blöße bzw. für den Fall dass sie sich tatsächlich innerhalb der mitunter wahnwitzig schnellen Kombos einen Aussetzer leisten sollte, fällt er nicht auf. Die 20 Arenen sind abwechslungsreich gestaltet, zeigen Liebe zum Detail und lassen sich zum Teil innerhalb der finalen Kombos, die akustisch mit einem brachialen "Ultra-Combooooooooooooooooooooooooooo" begleitet werden, formschön zerlegen. Unter dem Strich schafft es die Kulisse zwar nicht, das "Besondere" für sich zu beanspruchen, das z.B. ein Street Fighter 5 mit seinem Artdesign aufbaut, doch die auf überzogene Action und maximale Partikeleffekte ausgerichtete Visualisierung sorgt mit ihren stets flüssigen 60 Bildern pro Sekunde zusammen mit der wuchtigen Akustik für einen ganz speziellen Adrenalin-Schub.  

Die Kämpfe werden wuchtig inszeniert.
Den dürfen dank der zuschaltbaren Halbautomatik bei Kombos übrigens sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene und Profis uneingeschränkt erleben. Dass die Genugtuung natürlich proportional zum Ausschalten der Hilfen wächst, versteht sich von selbst. Da Killer Instinct aber mitunter wahnwitzig schnell ist und alleine dadurch reinen Knopfhämmerern wohlgesonnener gegenübersteht als z.B. ein Tekken oder BlazBlue werden bei Duellen von Einsteigern und Könnern die Anfänger hier wohl proportional häufiger einen Lucky Punch landen können als bei der Prügel-Konkurrenz. Doch auch hier gilt: Wer sich die Zeit nimmt und in die Kombo-Schule geht,  wird bereits mittelfristig mehr Erfolge verzeichnen als diejenigen, die sich auf die Halbautomatik und schieres Glück verlassen. Demenstprechend kann man bei den Online-Duellen, die auch Crossplay mit Windows-10-PCs erlauben, über eine ordentliche Optionsauswahl versuchen, einen idealen Gegner zu finden. Die Action läuft dabei sauber ab  - Spiel beeinflussende Lags befinden sich in einem vernachlässigbaren Bereich.

Fazit

Wer die letzten drei Jahre Geduld zeigte, wird jetzt belohnt: Die "Definitive Edition" von Killer Instinct bietet alle Inhalte der drei "Seasons" plus diverse Boni in einem attraktiven Gesamtpaket. Sprich: Man bekommt über 25 abwechslungsreiche Kämpfer, erstmalig hierzulande die beiden klassischen Killer-Instinct-Spiele von Rare sowie haufenweise Off- und Online-Spielmodi plus einige Boni in gebündelter Form. Als I-Tüpfelchen darf man sich noch über den neuen "Schattenlords"-Modus freuen, der aber auch all denen als Download zur Verfügung stehen wird, die bereits in den letzten Jahren für die Inhalte bezahlt haben. Mit seiner dynamischen Kampagne samt Entscheidungen, einem nicht zu verachtenden Sammelfaktor sowie beeinflussbaren Kampfbedingungen ist der Kampf gegen den Weltenvernichter Gargos die interessanteste Kampagnenform in einem Prügler seit der Soul-Edge- bzw. Waffenmeistermodi der Soul-Calibur-Serie. Und das alles innerhalb eines bewährten sowie hauptsächlich auf Kombos ausgerichteten Kampfsystems, das mit zahlreichen optionalen Hilfen auf der einen und ordentlicher Tiefe auf der anderen Seite sowohl Einsteigern als auch Fortgeschrittenen und Profis entgegen kommt. Die Kulisse brennt nicht nur ein Effektfeuerwerk ab, sondern überzeugt auch mit flüssigen Bewegungen, animierten und teilweise interaktiven Hintergründen sowie einer akkuraten Kollisionsabfrage. Nach drei Jahren beständiger Optimierung und Weiterentwicklung ist Killer Instinct von einem halbgaren hässlichen Entlein zu einem ganz heißen Kandidaten für den Prügelspiel-Olymp gereift.

Pro

über 25 abwechslungsreiche und gut austarierte Kämpfer
20 gut designte Kampfarenen
eingängige Steuerung mit zahlreichen optionalen Hilfen
Schattenlord als bester Kampagnen-Modus seit Soul Caliburs Waffenmeister
sehr gut aufeinander abgestimmtes audiovisuelles Design
ordentliche Auswahl an Spielmodi von Training bis Story
guter Netzcode
massive Kombo-Möglichkeiten
diverse Boni (u.a. Classic Killer Instinct 1 2, Soundtrack)

Kontra

Knopfhämmerer mit größeren Siegchancen als in vielen anderen Prüglern
keine Story für Season 3
weiterhin In-App-Käufe möglich (pay-to-shortcut)

Wertung

XboxOne

Was lange währt, wird endlich sehr gut: Nach drei Jahren und vor allem mit dem Schattenlords-Modus ist aus Killer Instinct ein Prügler geworden, der das Zeug zum Champion hat.

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