Vorschau: Langes Warten, große Show?
Timeout!
Wer wünscht sich nicht manchmal, die Zeit zurückspulen zu können? Jack Joyce kann sich das Chaos aus Zeitstrudeln zwar geschickt zu Nutze machen, um Pistolenkugeln anzuhalten, Waffen zu stibitzen oder kollabierte Gebäude aufzurichten – er hätte es aber vermutlich lieber, wenn die Welt wieder in ihre Fugen geriete und er ganz profan seinem Alltag nachgehen könnte. Bei der Gestaltung des Protagonisten erkennt man die Handschrift des finnischen Studios Remedy: Wenn nicht gerade die Fetzen fliegen, tritt er eher ruhig und nachdenklich auf – sowohl im Spiel als auch in den mit realen Schauspielern gefilmten Schnipseln, die jeweils rund zwei Minuten lang auf die Kapitel einstimmen. Die Filmchen beleuchten die Geschichte aus der Sicht des Gegenspielers Paul Serene. Er war zusammen mit Jack dabei, als ein Zeitreise-Experiment an der Riverport University gewaltig schief läuft und das Raum-Zeit-Gefüge ins Chaos stürzt. Auch sein Bruder William kam dabei ums Leben, was Jack nach wie vor stark belastet.
Schneller als Monarch erlaubt
Creative Director Sam Lake stellte in Köln natürlich nicht nur die Filmchen, sondern auch frische Spielszenen vor, die an die auf Microsofts Pressekonferenz gezeigten Geschehnisse anknüpfen. Zuerst musste Jack durch ein paar in Zeitschleifen gefangene Trümmer sprinten und klettern. Wenn auf den Gerüsten einer Werft viele kleine Splitter und riesige Schiffsrümpfe gefährlich hin- und herzucken, sieht das richtig hübsch und ungewöhnlich aus. Beim Artdesign treffen die Entwickler meinen Geschmack und auch die die Technik kann sich sehen lassen: Vor allem die vielen kleinen Blur-Effekte lassen das Geschehen schön surreal wirken. Spielerisch wirkte das Gezeigte dagegen erneut ziemlich gewöhnlich. Manchmal muss der Held einfach nur mit passendem Timing unter ein paar zuckenden Trümmern umher huschen oder an ihnen vorbei klettern. Anderswo nutzt er den vorwärts gerichteten „Time Rush“ oder einen seitlichen Sprint, um schneller am rettenden Ziel anzukommen.
Wird das Potenzial genutzt?
Wirklich coole oder ansatzweise komplexe Rätsel wurden aber noch nicht präsentiert. Auch als es wieder zu einigen Schießereien kommt, bleibt die Action relativ einfach gestrickt. Gewöhnliche Gegner trickst Jack einfach aus, indem er blitzschnell zur nächsten Deckung huscht. Außerdem friert er Gegner ein, um ihnen direkt eine explosive Ladung in die Gesichter zu ballern. Auch ein Schild lässt sich mit Zeit-Tricks erzeugen. Monarchs technisch fortschrittlichen Spezialtruppen tauchten ebenfalls wieder auf: Sie können sich wie Jack innerhalb eines eingefrorenen „Time Stutters“ bewegen.
Schade, dass die Entwickler keine taktisch anspruchsvolleren Szenen gezeigt haben – im ersten Moment hat mich das Szenario postierter Gegnergrüppchen schließlich ein wenig an Taktik-Shooter aus der Socom-Reihe erinnert. Laut Lake lässt sich das Spiel bereits von Anfang bis Ende durchspielen. Momentan arbeite man „nur“ noch am Feintuning bei Grafik und spielerischen Details - was im Grunde genommen aber die wichtigste Arbeit sei. In manchen Momenten soll man auch die Kontrolle über Serene übernehmen können, was einschneidende Änderungen auf die Story und damit auch auf die Zwischensequenzen nehmen soll. Für jede Szene wurden also gleich mehrere Varianten gedreht.
Einschneidende Entscheidungen
Ausblick
Tja, irgendwie hinterlässt Quantum Break bei mir auch nach der gamescom-Präsentation einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits mag ich das Thema, welches grafisch mit all seinen herumwabernden Splittern und zitternden Zeit-Glitches ansehnlich wirkt. Die alternativen Erzählstränge inklusive gefilmter Zwischensequenzen halte ich ebenfalls für eine gute Idee. Der Blickwinkel des Antagonisten könnte einen schönen Kontrast zur Action schaffen. Auch Jacks Fähigkeiten besitzen eigentlich Potenzial, welches in den gezeigten Szenen aber erneut kaum sichtbar wurde. Wenn er schon so virtuos mit der Zeit jonglieren kann, hätte Remedy auch mal taktisch kniffligere Schießereien zeigen können. Oder gerne auch ein richtig vertracktes Zeitpuzzle während der Sprung- und Kletter-Passagen. Wenn ich daran zurückdenke, welch erleuchtende Aha-Momente ich in Braid hatte, mag ich mir gar nicht ausmalen, was in der Welt von Quantum Break alles möglich wäre. Stattdessen erinnert es bisher zu oft an einen gewöhnlichen Deckungs-Shooter. Ich hoffe darauf, dass die Entwickler die Szenen bewusst ausgewählt haben, um die Zuschauer in der kurzen Präsentation nicht zu sehr zu verwirren. Quantum Break hat durchaus das Zeug zu einem coolen Mix aus Action und komplexen Zeittricks – im kommenden Jahr muss Remedy allerdings beweisen, dass sie das Können haben, es auch in einem solch prestigeträchtigem Spiel mit hohem Budget zu zeigen.
Einschätzung: befriedigend
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