Agents of Mayhem16.06.2017, Mathias Oertel
Agents of Mayhem

Vorschau: Der Spaß ist der Weg

Dass Volitions Agents of Mayhem (ab 3,77€ bei kaufen) im gleichen Universum angesiedelt ist, in dem auch die Saints ihr Unwesen treiben, merkt man nicht nur den purpurnen Farbtönen an, die dominieren. Auch die überkandidelte Action kann die Herkunft nicht verheimlichen. Nachdem wir im April erste Schritte mit den Agenten unternommen hatten, konnten wir endlich eine frische Version spielen und dabei auch die offene Spielwelt unsicher machen – mehr dazu in der Vorschau.

Ein bisschen Spaß muss sein

Volition hat vor allem bei der Saints-Row-Serie keinen Hehl daraus gemacht, dass man sich selbst und das Action-Spiel im Allgemeinen nicht besonders ernst nimmt. War die Premiere als erster Titel mit offener Welt auf der damals noch jungen Xbox 360 noch ein knallharter GTA-Konkurrent, hat man sich mit jedem weiteren Ableger mehr und mehr davon entfernt. Schließlich durfte man sich sogar als amerikanischer Präsident mit Aliens anlegen oder konnte es in Gat out of Hell mit dem Belzebub aufnehmen, während man nicht nur die Gegner, sondern auch die Pop-Kultur im Allgemeinen immer wieder aufs Korn nahm. Und wie wir bereits im April bei unserer ersten Anspiel-Möglichkeit anmerkten, sorgen die Mayhem-Agenten mit ihren Kommentaren ebenso immer wieder für ein Schmunzeln wie die allgemein absurden Situationen, die Volition teils mit schick gestalteten Cartoon-Sequenzen inszeniert. Zumindest habe ich in den etwas über 60 Minuten, in denen ich mit unterschiedlichen Dreierteams durch das virtuelle Seoul gejagt bin und sowohl Teile der Hauptstory als auch einige Nebenmissionen erledigt habe, immer wieder freudig festgestellt, wie ich schmunzeln und mitunter sogar lauthals lachen musste.

Auch bei der Vorstellung der Antagonisten ist Humor Trumpf. Und der zeigt sich Volition-typisch zwischen hochgradig albern und scharfzüngig.
Natürlich muss Agents of Mayhem zum Release im August beweisen, dass sich der Humor nicht totläuft und auch nach Stunden immer noch überrascht. Als ein probates Mittel könnte sich die Gruppenzusammenstellung erweisen, die je nach mitgeschlepptem Trio unterschiedlich auf sich selbst sowie die Umgebung oder die Missionsgespräche reagiert. Zusammen mit den generell überkandidelten Figuren, deren Verhalten und Kommentare wunderbar zum Comicstil passen, kommt es immer wieder zu witzigen Situationen. Doch trotz mitunter derber Pointen ist der Humor nur eine weitere Zutat dieses teils explosiven Cocktails. Denn natürlich steht die Action im Vordergrund, die sich inhaltlich zu unserem letzten Besuch im virtuellen Seoul in einigen Details weiterentwickelt hat. So wirkt die Schussmechanik des jederzeit durchschaltbaren Agenten-Trios nicht mehr so „leicht träge“ wie bei einem Online-Rollenspiel, sondern erscheint knackiger, direkter und damit schlichtweg besser integriert. Das wird vor allem dann spürbar, wenn man sein Team so zusammensetzt, dass man z.B. auf Sniper, Schrotflinte und Minigun als Primärwaffen Zugriff hat, die sich im Rahmen der Spielwelt angenehm unterschiedlich anfühlen. Bei den knackigen Nahkampfangriffen ist es allerdings weiterhin so, dass sie nicht harmonisch in die fließende Balleraction eingebunden sind. Sie wirken zwar nicht wie ein Fremdkörper, wurden aber noch nicht komplett in die Dynamik eingepasst. Das kann sich bis zum Release im August allerdings noch ändern.

Offen, aber vertraut

Hinsichtlich der Inhalte konnten wir bei dieser Version aus dem Vollen schöpfen: Fast alle Agenten waren auswählbar, um das Team zusammenzustellen, die offene Welt zu erkunden und dabei ein breites Spektrum an Nebenmissionen auszuprobieren. Wir konnten uns frei den Weg durch die Stadt zu den Zielen suchen und haben dabei natürlich nicht nur den Dreifachsprung und Sprint, sondern auch die motorisierte Fortbewegung ausprobiert. Dabei fiel auf, dass das arcadige Verhalten der Boliden zwar stark in der traditionell schwammigen Saints-Row-Fahrphysik verwurzelt ist, sich

Die Gefechte haben im Vergleich zur letzten spielbaren Version zugelegt und präsentieren sich hinsichtlich der Baller-Mechanik mittlerweile angenehm knackig.
aber deutlich direkter und besser reagierend steuert als noch in Saints Row 4 oder Gat out of Hell. Abseits der für jeden Agenten verfügbaren Sondermissionen wie z.B. Rennen darf man allerdings nur wenige Überraschungen bei den Nebenaufgaben erwarten, die man mit der Eroberung eines Stützpunktes freispielt. Doch das ändert nichts daran, dass man gegen die leider etwas stumpf agierende KI ungezwungenen Baller-Spaß in offener Welt erleben kann.

Mittelfristig wird dabei viel vom Aufgabendesign abhängen, das sich nach gut ein- bis eineinhalb Stunden noch nicht beurteilen lässt - zumal auch die gespielte Story-Mission in erster Linie auf "Search-and-Destroy", also das Finden und Zerstören von Zielen sowie dem Boss setzte. Doch wenn hier die Abwechslung geboten wird, mit der Volition die Saints-Row-Serie veredelte, sind auch die Mayhem-Agenten auf einem guten Weg. Das kann man beim Drumherum auf jeden Fall jetzt schon feststellen: Freispielbare Fähigkeiten, zig Fahrzeuge mit haufenweise Lackierungen, dazu ein breites Spektrum an Knarren, mit denen man seine Agenten auf die präferierte Spielweise sowie auf größtmögliche Variabilität im Team abstimmen kann. Wenn sich dies alles mit der Balance in Einklang bringen lässt, dabei bestimmte Figuren nicht übervorteilt werden und die Kulisse keine Qualitätsverluste hinnehmen muss, ist Volition auf einem richtig guten Weg.

Ausblick

Volitions Saints-Row-Universum hat nach seiner Premiere vor über zehn Jahren sehr schnell die ernsten Erzählpfade verlassen und sich als vollkommen überkandidelte Spielwelt etabliert, in der Humor ebenso wichtig ist wie turbulente Action. Und da macht Agents of Mayhem keine Ausnahme. Die Helden sind nie um einen coolen Spruch verlegen, während man bei der Figurenzeichnung von sowohl Pro- als auch Antagonisten so tief in die Klischeekisten greift, dass es eigentlich schmerzen müsste, man dabei aber erstaunlich leichtherzig bleibt und so immer wieder mindestens für ein Schmunzeln  sorgt. Die Ballereien und das Streunen in der offenen Welt hinterlassen etwa zwei Monate vor Release ebenfalls einen guten Eindruck: Die Gefechte machen Spaß, auch wenn das I in „KI-Gegner“ Augenwischerei ist und die Kontrahenten nicht mehr als gehobenes Kanonenfutter darstellen. Es gibt genug Kombinationen aus Agenten, Knarren und Spezialfähigkeiten, dass die Dreierteams je nach Zusammenstellung  eine leicht andere Spielweise erfordern. Und die Kulisse kann sich ebenfalls sehen lassen. Daher sieht es derzeit stark danach aus, dass sich Volition in allen Bereichen weit genug von den Ereignissen rund um die Saints lösen kann, um die Neuausrichtung nicht wie einen müden Abklatsch wirken zu lassen.

Einschätzung: gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.