Monster Hunter: World05.01.2018, Mathias Oertel
Monster Hunter: World

Vorschau: Der Jagdinstinkt erwacht wieder

Nur noch wenige Wochen, dann wird Capcom mit Monster Hunter World ein neues Kapitel der Saga aufschlagen, die seinerzeit auf PlayStation 2 ihren Anfang nahm. Man hat sich für den neuesten Ableger der mitunter etwas spröden Action-Rollenspiele viel vorgenommen, was sich nicht nur in dem weltweit gleichzeitigen Release-Termin äußert. Ob das Vorhaben gelingen könnte, sowohl Veteranen als auch Neueinsteiger für die zeitaufwändigen Jagden zu begeistern, klären wir in unserer Vorschau.

Komm in unsere Welt

Es ist schon ein Weilchen bei mir her, dass ich mich intensiv mit Monster Hunter beschäftigt hatte. Zwar habe ich dem ewigen Kreislauf aus Jagden, Gegenstandsherstellung und Figurenaufstieg auch auf Wii und Wii U eine Chance gegeben. Doch dort konnten mich die Ausflüge nicht mehr so stark faszinieren wie noch zu PS2-Zeiten, als ich dutzende Stunden mit spannenden Kämpfen gegen exotische Kreaturen verbracht habe. Dass ich trotz hoher Affinität zu Action-Rollenspielen irgendwann den Bezug verloren habe, lag zum einen an der Kulisse, die zwar irgendwie stimmungsvoll blieb, aber technisch nur selten auf der Höhe der Zeit war. Dazu kam, dass die verschiedenen mechanischen Elemente zwar immer besser miteinander verzahnt wurden, die Hürde für Neu-, Quer- oder Wiedereinsteiger wie mich dadurch aber sehr hoch wurde. Zu hoch. Der Satz "Nach einigen Stunden entwickeln die Monsterjagden ihren ganzen Reiz" wurde für mich zu einem roten Tuch. Wieso muss es einem denn so schwer gemacht werden?

Monster Hunter World bietet eine stimmungsvolle Kulisse mit vielen Details und schicken Lichteffekten.
Doch nur wenige Minuten, nachdem ich eine nahezu fertige Version von Monster Hunter World auf der PS4 Pro gestartet hatte (diese Vorschau bezieht sich nicht auf die Beta-Phasen), war meine Neugier geweckt. Man merkt World vom Start weg an, dass sich Capcom hier nicht nur an Veteranen richtet, die alle Facetten der Vorgänger kennen und ausnutzen, um alles aus den Spielen herausholen zu können. Es ist spürbar, dass man sich die meisten Elemente angeschaut und überprüft hat, ob sie auch für Neueinsteiger geeignet sind oder wie man sie sinnvoll in die umfangreichen Tutorials einbettet. Diese nehmen einen von Anfang an behutsam an die Hand und geben einem alle nötigen Informationen – ohne jedoch den Spieler zu überfordern, wobei ihm dabei ein größtmögliches Maß an Freiheit gegeben wird. Das ist übrigens ein Fokuspunkt, der mir in den darauf folgenden Stunden immer wieder begegnen sollte. Nachdem man mit einem Schiff mehr oder weniger unfreiwillig in der "Neuen Welt" strandet und schließlich seinen Weg in die Forschungsstation gefunden hat, wird man mit den ersten Mechaniken vertraut gemacht, die man als Jäger der ungewöhnlichen sowie fantasievollen, dabei aber häufig an Dinosaurier erinnernden Fauna benötigt.

Aller Anfang ist leicht

Wenn man vom Jäger zum Gejagten wird... Mit den aggressiven Anjanath ist nicht zu spaßen.
Man geht auf seine erste Jagd. Man lernt, wie man Fährten liest oder verfolgt. Und natürlich lernt man auch, wie man kämpft, wobei die Auseinandersetzungen mit ihren zig Waffentypen, der taktisch einzusetzenden Klingenschärfung und den unterschiedlichen Angriffstechniken bzw. –Geschwindigkeiten nur eine Facette der umfangreichen Personalisierung ausmachen. Sehr schön: Eingebunden in eine viel versprechende Geschichte, die hoffentlich ihre etwas klischeehaften Charakterzeichnungen und Dialoge der Startphase irgendwann verliert, wird man nie überfordert. Man möchte mehr über dies oder jenes wie z.B. das Kochen oder die Gegenstandsherstellung erfahren? Dann wird einem mit Sicherheit die Gelegenheit dazu geboten, wenn man gewillt ist, sich ein bisschen umzuschauen und sich mit den NPCs zu unterhalten – auch schon, bevor es irgendwann vom Spiel vorgesehen ist. Rudimentäre Informationen stehen schnell zur Verfügung. Doch diese und alle zur Verfügung stehenden Rohstoffe sinnvoll einsetzen zu können, erfordert etwas Geduld. Denn es gibt abermals viel zu beachten, Raum zum Experimentieren und Ausprobieren. Fast alles, was man von seinen Jagdopfern erbeutet oder natürlich in der freien Wildbahn erntet, kann man in seiner Roh- oder weiterverarbeiteten Form verwenden. Doch im Gegensatz zu den meisten früheren Monster-Hunter-Abenteuern fühle ich mich nicht mehr von den Möglichkeiten erschlagen.

Dass ich Lust habe, diese Welt zu erforschen und zu erleben, ist nicht nur dem schnell einsetzenden Sog der sorgsam verzahnten mechanischen Elemente, sondern auch der Kulisse zu verdanken, die in der freien Wildbahn nicht nur mit abwechslungsreichem Gelände und Klima-Zonen, sondern in der Heimatstation auch mit wunderschön verschlungenen Wegen als Operationsbasis verzaubert. Und noch viel wichtiger: Diese Welt sieht nicht nur gut aus, was auch dem stimmungsvollen Tierdesign zu verdanken ist, sie wirkt sehr lebendig – wobei dies auch Auswirkungen auf die Jagden hat, die sich mitunter in die Länge ziehen können. Umso mehr, wenn man mit mehreren Spielern in einer Gruppe aus maximal vier Jägern unterwegs ist, da dann nämlich die Lebenspunkte der Gegner massiv aufgestockt werden. Dass die Feinde bei einer Gruppenjagd keine zusätzlichen Angriffe zur Verfügung haben, ist zwar schade, wird aber durch den ohnehin fordernden Schwierigkeitsgrad aufgefangen. Im Gegensatz zu den Vorgängern, die für Solisten relativ zügig ihren Reiz verloren haben, versucht man hier ein Erlebnis zu schaffen, dass sowohl alleine als auch in der Gruppe motivieren soll – was vor allem an der Geschichte hängen wird. Es wird aber nicht zwischen Missionen für Solisten und Gruppenquests unterschieden. Allen stehen alle Aufgaben zur Verfügung; ob man diese alleine oder mit Freunden in Angriff nimmt, bleibt jedem Einzelnen überlassen.

Gefährliches sowie hilfreiches Ökosystem

Wer vergisst, seine Klinge zu schleifen, gerät in den taktisch geprägten Echtzeit-Kämpfen schnell ins Hintertreffen.
Doch zurück zur Umwelt: Capcom hat in Monster Hunter World ausgehend von den ersten Stunden nicht nur eine ansehnliche sowie abwechslungsreiche Spielwelt geschaffen, in der man mitunter stehenbleiben und einfach nur staunen und die Beleuchtung auf sich wirken lassen möchte. Sie hinterlässt zudem den Eindruck eines weitgehend akkurat funktionierenden Ökosystems. So darf man sich nicht wundern, wenn man beim Einsatz bestimmter Köder mit unliebsamen Gästen fertig werden muss, die sich opportunistisch ebenfalls auf das von den Jägern zur Verfügung gestellte Futter stürzen wollen. Oder dass man bei der Fährtensuche bzw. –Verfolgung von anderen Viechern angegriffen wird, wenn man den Fehler gemacht hat, ihr Territorium zu betreten oder sie aus irgendwelchen anderen Gründen die Fährte aufnehmen. Das hat allerdings nicht nur Nachteile wie der an einen T-Rex erinnernde Anjanath, der mich dadurch überraschte, dass er sich unerwartet sogar in eine Höhle hineingewunden hat, die zu klein für ihn schien – nur um mich erfolgreich zu jagen. Mit etwas Glück und mitunter sogar mit entsprechender Planung kann man dafür sorgen, dass einem die Umwelt mit all ihren Faktoren bei der Erfüllung der Jagd-Aufgaben hilft. So z.B. wenn der angesprochene Anjanath nicht mich, sondern mein Jagdziel ins Visier nimmt und quasi die Arbeit für mich erledigt.

Man wird mit umfangreichen Tutorials behutsam an die komplexen sowie häufig miteinander verknüpften Systeme herangeführt.
Dementsprechend sollte man nicht nur nach Fährten Ausschau halten, sondern sich ab und an auch Zeit nehmen, um die Umgebung bzw. die anderen Tiere zu analysieren. So kann man z.B. Verhaltensweisen beobachten, die einem nicht nur das Überleben erleichtern, sondern auch bei der Jagd helfen. Oder man erkennt, ob eine Gefahr durch einen Vogelschwarm oder eine Herde Herbivoren ausgehen könnte, die einen zusätzlich zu seinem erklärten Ziel beschäftigen wird. Es fällt allerdings auch auf, dass die Fauna pro Areal letztlich auf ein paar Typen beschränkt wird, damit überschaubar bleibt und große Wanderungen sowie damit überraschende Wechselwirkungen in anderen Gebieten vermutlich nicht stattfinden. Dementsprechend hat man auch irgendwann Erfahrungswerte gesammelt, welche Interaktionen sich lohnen und welche wenig Erfolg versprechen. Ich hoffe, dass es im späteren Verlauf weiterhin genug Möglichkeiten gibt, um Routine einzudämmen und die Überraschung hochzuhalten. Dass ich bis hierhin übrigens kaum auf die Palicos eingegangen bin, eine Katzenrasse, die einem als Helfer immer wieder unter die Arme greift und nicht nur offensiv als Angriffsunterstützung agiert, sondern auch mit der Spende von Heilmitteln die Waagschale zu Gunsten des Spielers zu kippen versucht, hat einen Grund: Wenn ich einmal loslege, könnte ich wohl Seiten über die superknuddeligen Viecher schreiben, die man wie auch das virtuelle Alter Ego in einem ausufernden Editor personalisieren kann. Ich weiß schon jetzt, dass ich in der Anfangsphase der finalen Version deutlich mehr Zeit damit zubringen werde, meinen katzenhaften Begleiter zu erstellen als meine Spielfigur zu optimieren.

Ausblick

Nachdem Ni No Kuni 2 auf März verschoben wurde, dürfte der Weg für Monster Hunter World frei sein, um sich als erstes großes Highlight des noch jungen Jahres präsentieren zu können. Nicht nur, dass die Kulisse entgegen der Serien-Tradition teils fantastisch aussieht und jederzeit einen stimmungsvollen Eindruck hinterlässt. Capcom dürfte der Spagat gelingen, sowohl Veteranen anzusprechen als auch Neulinge ins Boot zu holen, für die der Einstieg in die komplex miteinander verzahnten Systeme bislang eine sehr hohe Hürde war. Die Zeiten, in denen man erst nach einigen Stunden den Spaß an den Jagden auf riesige und gefährliche Monster entdeckte, sollten mit World der Vergangenheit angehören. Angetrieben von einer interessanten, wenngleich plakativ wirkenden Geschichte wird man von Beginn an in die Welt gezogen, bekommt mit den Palicos unglaublich niedliche, dabei aber auch sehr effektive Katzenbegleiter zu Seite gestellt und wird behutsam und mit viel Freiraum an die Spielsysteme herangeführt. Zudem wirkt die Welt als autarkes Ökosystem mit zahlreichen Wechselwirkungen sehr überzeugend und liefert einen weiteren Anreiz, sich als Jäger die Zeit zu vertreiben. Wenn Capcom sich nach den ersten Stunden nicht verrennt und es auch mittelfristig schafft, mit der Story, spannenden sowie taktisch fordernden Jagden und abwechslungsreichen Umgebungen zu unterhalten, wird die Messlatte für Action-Rollenspiele gleich zu Jahresbeginn auf eine beachtliche Höhe geschraubt.

Einschätzung: sehr gut

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