No Man's Sky03.08.2018, Mathias Oertel
No Man's Sky

Im Test: Alles besser mit 'Next'?

Als No Man's Sky (ab 34,00€ bei kaufen) vor etwa zwei Jahren erschien, wurde es ein Opfer seiner Ambition sowie der dadurch geschürten Erwartung. Die unendlichen Galaxien mit ihren Habitaten waren visuell und konzeptionell durchaus interessant, verloren sich aber zunehmend in langweiligen Dauerschleifen. Mit den nachfolgenden Content-Updates, die nun in der so genannten Next-Version gipfeln, wollte man einige Probleme in den Griff kriegen. Wir haben die Premiere der Xbox-One-Fassung zum Anlass genommen, erneut einen Test-Abstecher zu unternehmen.

Alles bleibt anders

Meine letzten Erinnerungen an die PS4-Ausflüge mit No Man‘s Sky beruhen alle auf der Urfassung, die vor gut zwei Jahren erschien und die damals Grundlage für Jörgs ernüchterten Test war. Auch meine anfängliche Euphorie verflachte angesichts immergleicher Arbeitsschritte, die nötig waren, um sich nach und nach zum Zentrum der Galaxie vorzuarbeiten. Keines der folgenden Foundation-, Pathfinder- oder Atlas-Upgrades konnte mich dazu bewegen, wieder zurückzukehren und die Odyssee fortzusetzen. Doch mit dem "Next"-Update, das auf allen bislang veröffentlichten aufsetzt und somit der Xbox-Premiere ein inhaltliches Komplettpaket spendiert, wurde meine Neugier geweckt. Konnten Hello Games und Sean Murray ihre offene Welt mit neuem Leben füllen? Und noch viel wichtiger: Welche Schritte hat man unternommen, um die Redundanz einzudämmen?

Mit den bisherigen Updates Foundation, Pathfinder und Atlas Rising sowie dem aktuellen Next-Upgrade wurde nicht nur die Kulisse merklich überarbeitet. Auch die prozedurale Planetengenerierung liefert überzeugendere Ergebnisse.
Prinzipiell hat man am Konzept nur gefeilt. Zum Start befindet man sich auf einem Planeten irgendwo am Rand einer Galaxie. Anfänglich nur mit bescheidenen finanziellen Mitteln, einem Multifunktionswerkzeug sowie einem knappen Inventar ausgestattet, muss man versuchen, sich seinen Weg ins Zentrum der Galaxie zu bahnen. Dazu baut man Rohstoffe ab, die u.a. dazu dienen, die Verbrauchsstoffe der Lebenserhaltungs- oder Energiesysteme aufzustocken. Selbstverständlich kann man die Erträge an speziellen Terminals auch verkaufen und sein Credit-Konto aufstocken. Das ist nach wie vor auch möglich, wenn man sich als Kurator versucht und Flora, Fauna sowie Mineralienvorkommen des jeweiligen Planeten scannt, um sie zu kategorisieren. Zu guter Letzt werden die Rohstoffe genutzt, um kombiniert oder veredelt weitere Gegenstände herzustellen, die man wiederum gewinnbringend verkaufen oder für Upgrades und Reparaturen an neuen Schiffen, Teilen für seinen Raumanzug oder Multitools nutzen kann.

Zum Wohl des Spielspaßes?

Mit dem mobilen Sender kann man zwar die nähere Umgebung scannen, doch eine Planetenkarte, die die Navigation stark erleichtern könnte, steht nach wie vor nicht zur Verfügung.
Obwohl es mittlerweile noch mehr Bauteile, Kombinationen und Upgrades gibt, bleibt es auf lange Sicht dabei, dass man dem "Grind" und den Dauerschleifen auch in der aktuellen Version von No Man's Sky nicht entkommen kann. Allerdings hat man drumherum deutlich mehr Motivation "eingebaut". Vor allem in den ersten gut 20 bis 30 Stunden bekommt man immer wieder Karotten vor die Nase gehalten, die dafür sorgen, dass man relativ locker und in freudiger Erwartung die nächste Rohstoff-Abbaurunde unternimmt: Neue Fundorte von Artefakten, Siedlungen, Obelisken und einiges mehr. Man lernt nach und nach die Sprachen und Eigenarten der integrierten Alien-Völker kennen – hat aber weiterhin nur eingeschränkte Eingriffsmöglichkeiten, die zumeist auf "Entweder-oder" hinauslaufen und eigentlich keine langfristigen Auswirkungen zeigen. Man stolpert über interessante Tiere oder Pflanzen. Man findet interessante Navigationskarten, die den Weg zu bestimmten Orten weisen. In diesem Zusammenhang bekommen die neuen Gadgets einen zusätzlichen Fokus. Man ist z.B. nicht mehr wie im Original auf die Entdeckung von Antennen angewiesen, da man einen portablen Sender dabei hat (oder sich für relativ wenige Rohstoffe neu bauen kann). Mit dem Veredler kann man Rohstoffe unter die Zuhilfenahme von z.B. Karbon als Treibstoff verändern und so an die Rezeptanforderungen anpassen. Man kann sein Schiff per Funk zu sich rufen. Und man darf auf den Planeten eine eigene Basis bauen und diese sogar mit Lagercontainern und einer Teleportstation versehen, die eine Verbindung zu allen bisher besuchten Stationen in den Weiten des Alls ermöglicht – eine Komfortfunktion, die die auf Dauer nervtötende Produktion von Warp-Treibstoff zumindest in Ansätzen relativiert.

Doch bei allem frischen Komfort hat man es immer noch nicht geschafft, eine planetare Übersichtskarte anzubieten, so dass man sich besser orientieren oder vielleicht regenerative Rohstoffe markieren kann. Und auch die Navigation in der Sternenkarte ist nach wie vor stark gewöhnungsbedürftig, wenngleich einen Hauch intuitiver als in der Urversion. Um meinen Frust zu erklären: Man darf Technik nutzen, die einen unkompliziert durch Sternensysteme bringt, hat aber keine Gelegenheit, einen planetaren Navigator zu installieren, der einen zumindest über Entdeckungen auf dem Laufenden hält oder einem unkompliziert erlaubt, so viele Markierungen zu setzen, wie man möchte. Denn immerhin kann man auch auf dem Startplaneten Stunden zubringen, um sein Entdeckungstagebuch zu füllen oder seine Basis nach allen Regeln der Kunst aufzubauen. Dennoch: No Man's Sky bietet in der gegenwärtigen "Next"-Variante einen Haufen Zeug für Sammler, Bastler und Überlebensjunkies und ist auch als "Spiel" deutlich besser als das Original, das im Spätsommer 2016 erschien.

Zwischen allen Stühlen

Man kann sich sogar als Frachter-Kommandat samt angeschlossener Fregattenflotte versuchen.
Trotzdem bleibt weiterhin das Gefühl, dass Hello Games nicht genau weiß, wie man die Odyssee platzieren und worauf man den Fokus legen möchte. Als Weltraum-Oper ist sie mechanisch zu redundant, während die Kämpfe eher anspruchslos bleiben. Hier würde ich Elite Dangerous nach wie vor vorziehen – auch wenn die Kontrolle über das Raumschiff in No Man's Sky deutlich einfacher bzw. "arcadiger" funktioniert. Zudem kocht man hier erzählerisch und dabei vor allem in der Interaktion mit fremden Völkern weiterhin auf Sparflamme. Es kann eigentlich zu keinen Konflikten kommen, die einen dazu zwingen würden, einige Systeme links liegen zu lassen, da man dort nicht gerne gesehen wird. Als Survival-Abenteuer vor einem sternenreisenden Hintergrund hingegen macht man abseits einiger Bereiche der Benutzerführung oder der angesprochenen fehlenden Planetenkarte vieles richtig: Konzentriert man sich auf diesen Teil des Spiels, findet man nicht nur eine hohe Bandbreite an Rohstoffen, sondern auch mehr als genug Möglichkeiten, diese zu verbinden oder zu veredeln.

Die Benutzerführung bei der Galaxie-Karte wurde stark optimiert, hat aber immer noch Luft nach oben.
Der explorative Ansatz, den das No-Man’s-Sky-Universum schon vor zwei Jahren bot, wurde dadurch mittlerweile enorm aufgebohrt. Neben den eigenen Basen darf man sich sogar als Kommandat einer Fregatten-Flotte betätigen, die einem riesigen Raumfrachter als Kommandoschiff folgt und die sich auf kleinere Aufträge schicken lässt. Doch auch hier geht man immer noch nicht ins letzte Detail. Es lassen sich z.B. nicht ohne Weiteres Produktionsketten errichten, mit deren Hilfe man sich vorrangig als intergalaktischer Händler verdingen könnte. Natürlich kann man seine Waren über die Terminals verkaufen, die man u.a. auch in der Basis oder auf seinem Frachter bauen kann. Doch Komfortfunktionen findet man nur selten. Wieso z.B. kann ich nicht  gleich Warpkerne bauen, wenn ich genug Material für die Einzelkomponenten habe? So hätte man zumindest dem zwar abgeschwächten, aber weiterhin omnipräsenten Platzmangel im Inventar Paroli bieten können, der mit den Containern und vor allem dem dritten Planetenfahrzeug Colossus, einem behäbigen Transporter, eingegrenzt wird. Dies passiert jedoch zu spät. Wenigstens kann man früher an den Punkt kommen, wo man sich über clever platzierte Basen und Portale durch "Planeten-Hopping" recht unkompliziert alle nötigen Rohstoffe in kurzer Zeit zusammensammeln kann.

Gemeinsam einsam

Nicht nur die Schulterperspektive ist neu, auch der Mehrspielermodus hat es mit dem Next-Update endlich ins Universum von No Man's Sky geschafft.
Ebenfalls neu ist der Mehrspieler-Modus, der schon zur Premiere angedacht war, aber erst mit dem Next-Update integriert wurde. Nicht nur, dass man jetzt mit einem Freundes-Quartett die Story-Bögen oder zufällig aus einem passablen Pool generierten Missionen in Angriff nehmen kann. Man darf auch das Risiko auf sich nehmen, quasi ein „gemeinsames Universum“ mit Fremden zu betreten. Dass man hier allerdings mitunter lange braucht, um auf andere Spieler zu treffen, liegt in der immensen Größe der Spielwelt begründet. Wer auf das alles verzichten kann und sich nur auf die vielfältigen, aber nicht sehr tief gehenden Geschichten, die Planetenbesiedlung oder die Crafting-Kreisläufe konzentrieren möchte, hat natürlich die entsprechenden Optionen zur Verfügung – auch wenn der "Offline"-Schalter nicht vom Start weg zur Verfügung steht, sondern aus dem Spielmenü aktiviert wird.

Fazit

Kann sich No Man’s Sky nach zwei Jahren und den vier großen Inhaltsupdates Foundation, Pathfinder, Atlas Rising sowie Next von den Problemen lösen, die es nach anfänglicher Euphorie auf ein nur ausreichendes Niveau zurechtstutzten? Auf jeden Fall. Nicht nur auf Xbox One X sieht es besser aus als die Urfassung, u.a. auch weil die zufällig generierten Planeten harmonischer wirken. Man hat mehr Möglichkeiten in jeder Hinsicht. Die Überlebens- sowie Explorations-Aspekte werden durch mechanische Vereinfachungen auf der einen und einen enormen Zuwachs an Rezepten auf der anderen Seite aufgewertet. Neue Storylines, bessere Belohnungen, dazu ein Pool an Missionsvarianten, die Möglichkeit, sich als Basisbauer zu betätigen oder sich mit seinem Frachter und einer Fregattenflotte als Weltraumkartograph einen Namen zu machen: Es gibt mehr als genug interessante Inhalte, um  Spieler mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen lange zu unterhalten. Aber es gibt auch noch zahlreichwe Elemente, an denen Hello Games ansetzen kann, um das schier endlose sowie sich immer noch zwischen alle Stühle setzende Projekt No Man’s Sky weiter nach vorne zu bringen. Selbst nach zig Stunden wird man aufgrund fehlender Komfortfunktionen immer noch mit vollkommen unnötigem Grind oder umständlichem Basteln von essenziellen Materialien aufgehalten. Und damit drücken einige der redundanten Dauerschleifen dem Spielspaß immer noch ihren Stempel auf. Anstatt in einen Spielfluss zu kommen, wird dieser immer wieder durch fehlende Automatisierungen oder mangelnden Inventarplatz ausgebremst – wenngleich deutlich weniger als zur Premiere vor zwei Jahren. So steckt man auch im frischen Mehrspielermodus, der dem riesigen Universum eine neue Komponente hinzufügt, immer wieder im Spagat zwischen Spaß und Frust. Trotz der immer noch vorhandenen Mankos ist No Man’s Sky aber mittlerweile zu einem guten Spiel gereift.

Pro

riesige frei erkundbare Spielwelt
prozedurale Generierung schafft Neugier und Überraschung
schickes futuristisches Artdesign
gute Steuerung mit intelligenten Funktions-Abkürzungen
unheimlich viel zu entdecken
portable Gerätschaften erleichtern u.a. Erkundung und Veredlung von Rohstoffen
multiple stimmungsvolle Storylines
umfangreiche Rezeptsammlung
viele Geheimnisse
passable Missionsgeneration
Erkundung, Handel, Crafting, Kampf
saubere deutsche Lokalisierung
umfangreicher Basisbau
Vehikel auf der Planetenoberfläche
Frachter mit Fregattenflotte als zusätzlicher Erforschungsreiz
arcadiges Fliegen
umfangreiche Enzyklopädie

Kontra

Rätsel wiederholen sich schnell
omnipräsenter Rohstoff-Grind
zu leichte Weltraumkämpfe
Planetenerkundung wird immer noch zu schnell redundant
Galaxiekarte trotz Verbesserung nach wie vor unhandlich zu bedienen
fehlende Planetenkarte
hakelig Navigation auf Planeten
fehlende Komfortfunktionen u.a. bei der Herstellung von Gegenständen
Scannen von Flora, Fauna und Mineralien wird zu schnell öde
trotz deutlicher Verbesserung bleiben Inventar-Probleme bestehen

Wertung

XboxOne

Auf dem Weg zu seiner Xbox-Premiere ist No Man's Sky trotz weiterhin bestehender Probleme mit Grind sowie fehlender Komfortfunktionen zu dem Spiel gereift, das es eigentlich zum Start hätte sein sollen.

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