Im Test:
Der Finger am Abzug
Der Finger tippt einmal - Schuss. Der Finger tippt zweimal - Schuss, Schuss. Der Finger tippt noch viele unendliche Male. Und er bewegt sich stetig und schnell am unteren Rand des iPod Touch hin und her, damit das Fadenkreuz den nächsten Gegner ins Visier nimmt. Am iPhone begegnet ihr den Bossmonstern aus Metal Gear solid 4 - hier Laughing Octopus, die sich unsichtbar macht. Mehr dazu im Video!
Hey, ist das jetzt Metal Moorhuhn, oder was? Die Skepsis der ersten Minuten ist groß, aber sie kann den Vorteil der unteren Navigation nicht leugnen: Ich muss nicht direkt auf die Feinde zeigen, um sie unter Feuer zu nehmen und raube mir oben nicht mit meinem dicken Finger die Sicht. Und bis auf eine klitzekleine Verzögerung funktioniert das Anvisieren angenehm präzise.
Was sieht man überhaupt? Vorgerenderte 3D-Figuren, die plötzlich irgendwo in einer gestochen scharfen 2D-Kulisse auf Balkonen, hinter Autos oder Betonresten auftauchen. Die wecken sofort Erinnerungen an den vierten Teil, denn die Schauplätze vom Nahen Osten bis in die Arktis wurden übernommen. Konami hat sich angesichts der fehlenden Prozessorpower der Applegeräte allerdings gegen dreidimensionale Stealth-Action und für einen statischen Shooter entschieden - dafür wollte man hoch auflösende Kulissen anbieten, die das Flair des Originals verströmen.
Der duale Zoom
Die sind zwar starr, aber trotzdem ist man ständig in Bewegung. Zwischendurch sind Zeige- und Mittelfinger gleichzeitig im Einsatz, damit das Scharfschützengewehr in den Zoom wechselt und weiter entfernt postierte Feinde ins Visier nimmt.
Die Aufziehbewegung, die die multiplen Touchsensoren nutzt, funktioniert einwandfrei. Überhaupt hinterlässt das Spiel, das zunächst wie ein simpler Fingershooter mit statischer Grafik wirkt, einen überaus durchdachten, weil angenehm taktischen und fordernden Eindruck: Wildes Tippen bringt gar nichts, zumal die drei Ebenen Hinten, Mitte und Vorne unterschiedliche Reaktionen verlangen - Hand und Auge sind ständig aktiv.
Man kann sich zwar nicht bewegen und natürlich steht die Schussaction im Vordergrund, aber es gibt einige Spieldesignelemente, die kluges Vorgehen verlangen: Wenn man nicht schießt, versteckt sich der alte Snake sofort hinter der Deckung; aber die ist wiederum zerstörbar, so dass zu langes Abwarten kontraproduktiv bis tödlich ist. Dann kann der Schirm in Schneegebieten vereisen, so dass man ihn kurz schütteln muss. Außerdem sollte man ab und zu die gelben Enten und grünen Frösche ins Visier nehmen, um Lebensenergie zu tanken oder an die Panzerfaust zu kommen.
Bosskämpfe hui, Filme pfui
Die ist vor allem bei den größeren Gegnern Pflicht - egal ob schwerer Kampfhubschrauber oder Zweibein-Gekko. Letztere kann man auch zu Boden zwingen, indem man ihre Knie anvisiert. Aber richtig spannend sind erst die Bosskämpfe gegen die spektakulären Feinde, die schon im großen Vorbild für Spannung gesorgt haben. Auch im Miniformat muss man eine Strategie finden, wenn man erfolgreich gegen Laughing Octopus, Screaming Mantis, Raging Raven & Co sein will, zumal sie
Gegen die drohende Vereisung hilft nur das aktive Schütteln des iPhone. |
Die Missionsziele bieten jedoch wenig Abwechslung, sondern stupiden Bodycount: Es geht immer erst weiter, wenn man eine bestimmte Anzahl an PMC-Söldnern getötet hat.
Am Ende jedes Abschnitts wird die Leistung bewertet und in Form von Drebin Points belohnt, für die man wiederum im Shop diverse Wallpaper erstehen kann - darunter auch bisher unveröffentlichte Artworks von Charakterdesigner Yoji Shinkawa. Konami hält sich erzählerisch über fünf Kapitel mit zwanzig Missionen an Metal Gear Solid 4 . Man spielt quasi alle Kapitel und Bosskämpfe im Schnelldurchlauf nach; allerdings ohne das, was echte Fans lieben: Zwischensequenzen. Es gibt keine Filme, sondern nur Texte.
Fazit
Nein, das ist kein großes Metal Gear, sondern eher ein Appetithappen für alle, die Kojimas Universum noch nicht kennen. Zumal die Story des vierten Teils in schnöden Texten ohne Filme nacherzählt wird - und das, obwohl Apples kleine Kiste sehr gut mit Videos umgehen kann! Warum hat Konami auf dieses charakteristische Merkmal verzichtet, wenn man schon Metal Gear Solid 4 zum Vorbild nimmt und Neuspieler anlocken will? Und nein, es gibt leider kein aktives Schleichen in 3D, sondern statische Fingeraction. Aber genau von dieser wurde ich letztlich doch positiv überrascht, weil sie mehr ist als ein Metal Moorhuhn. Das Spiel verlangt schnelle Reaktionen, kluges Vorgehen und ein Auge für Schwachpunkte - man muss also strategisch vorgehen. Außerdem gefällt mir der intuitive Zoom über zwei Finger. Zwar ist die aktive Deckung der letzte kümmerliche Schleichrest, aber dafür hat man die Bosskämpfe einigermaßen unterhaltsam inszeniert. Ich bin zwar alles anders als begeistert von der Wahl des Spielprinzips, aber ich habe die Investition im Gegensatz zum schwachen Silent Hill - The Escape nicht bereut und mich inklusive einiger Déjà-vus bis ins Finale geschossen.
Pro
Kontra
Wertung
iPhone
Kein großes Metal Gear, kein aktives Schleichen, aber ein strategisch anspruchsvoller Fingershooter.
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