Chaos Rings07.05.2010, Benjamin Schmädig
Chaos Rings

Im Test:

Wenn Square Enix ein Rollenspiel veröffentlicht, hört man auf. Die Final Fantasy-Macher - aha! Ein exklusives iPhone-Rollenspiel zum satten Vollpreis – hört, hört! Und tatsächlich überschlagen sich bisherige Wertungen mit Superlativen. Wir haben uns die Chaos-Ringe übergestreift... wie gut balanciert der japanische Riese mit Rollenspiel und Zwischendurch-Erlebnis auf dem kleinen Apfel?

Du mit ihm und er mit ihr

Zwar stehen sich vier Pärchen plötzlich in einer fremden Welt gegenüber - wie sie dorthin kamen oder was sie da tun sollen, weiß jedoch keiner von ihnen. Schnell erklärt ein übermächtiges Wesen nur, dass sich die Pärchen im Kampf begegnen werden  Dafür müssen sie zunächst im Kampf gegen Hundertschaften kleiner Unholde Erfahrung sammeln, bevor sie es mit dicken Bossmonstern und schließlich auch den anderen Teilnehmern aufnehmen. Es ist kein großes Kino, das Square Enix da inszeniert;

Immerhin: Dem Sieger unter den Heldenpaaren winkt die Unsterblichkeit...
es geht um pathetische Plattitüden, wenn moralinsaure Erkenntnisse in knappen Textfenstern geschehen. Immerhin darf man jede der vier Geschichten für sich erleben. Und Chaos Rings ist tatsächlich genau das, was die Handlung verrät: Klappere tausend Höhlen ab, kämpfe gegen Dutzende Fabelwesen, besiege einen mächtigen Widersacher und im nächsten Level dann von vorn. Und von vorn. Und... Chaos Rings gibt sich als »traditionelles Rollenspiel« aus? In Wirklichkeit ist es ein sehr kleines Diablo.

Nichts dagegen! Ich war sogar richtig angetan. Kommt es zum Kampf, zeigen die Japaner nämlich, wie gut sie den Taktik-Kampf beherrschen. Leider finden sämtliche Zufallskämpfe eines Levels stets vor derselben Kulisse statt. Im Gegenzug machen die schicken Protagonisten und ihre meist tierischen Widersacher vor den aufwändigen dreidimensionalen Kulissen aber eine tolle Figur! Die Musik, die Bewegungen der Streithähne, die Art, wie sie nach einem Sieg ihre Waffen kreiseln lassen - ich fühlte mich im besten Sinne nach Final Fantasy VII oder VIII zurückversetzt. Doch vor dem Triumph steht harte Arbeit, denn so banal das Gefecht »zwei gegen eine Hand voll Monster« klingt, so durchdacht sind seine taktischen Ebenen.

Handy-Geplänkel

So können meine Helden pro Runde einzeln oder gemeinsam attackieren. Letzteres verursacht mehr Schaden, verringert aber natürlich die taktische Vielfalt. Immerhin könnte einer der zwei auch Gegenstände einsetzen oder zaubern. Drei magische Elemente spielen dabei eine Rolle, wobei jedes Element gegen die anderen Elemente stark oder schwach wirkt. Besonders fies ist deshalb das Ändern der elementaren Zugehörigkeit eines Gegners, um anschließend einen entsprechend wirksamen Zauber zu wirken. Nicht zuletzt erhält jene Partei einen Stärke-Vorteil, die effektive Treffer landet. Praktisch spielt das aber leider keine Rolle, da man ja ohnehin stets sein Bestes gibt. Abzüge in der taktischen Note gibt es außerdem für die automatische Heilung nach jedem Kampf; lediglich ihre Magiepunkte regenerieren die Helden nur vor dem Neustart eines Levels. Damit verkommen die meisten Auseinandersetzungen leider zum Fire-and-Forget-Gefecht.

Welcher Charakter welche Magie nutzen kann hängt übrigens davon ab, welche Gruppe von Fähigkeiten er oder sie ausgerüstet hat - besiegte Monster hinterlassen mitunter neue Fähigkeiten, während ein Händler im zentralen »Hotel« (vergleichsweise wenig) Ausrüstung verkauft. Leider beinhalten sehr viele dieser Gruppen zum Teil die gleichen Zauber, weshalb vor der Entscheidung das ständige Wühlen im Menü steht. Weil weder Gruppenzugehörigkeit noch Funktion einer frisch erworbenen Fähigkeit zudem nicht in der entsprechenden Nachricht wird, wühlt man hier häufiger als ein Maulwurf. Sein ganzes Potential schöpft Chaos Rings letztlich nur in den Kämpfen

... ein Spiel für die Ewigkeit hat Square Enix allerdings trotz der imposanten Boss-Gegner nicht geschaffen.
gegen die knackigen, Bildschirm füllenden Zwischengegner. Von den ständig gleichen, selten aufregenden Zufallsstoßtrupps hatte ich jedoch bald die Nase voll.

Langer und Fehlstart

Warum? Weil ich auf einem strikt geradlinigen Schienenwerk so lange die immer gleichen Gegner in den immer gleichen Gängen bekämpft habe, bis mir Chaos Rings auch den letzten Spaß an der monotonen Wiederholung aus den Fingern gesaugt hatte! Umsonst versuchten einfallslose Puzzles, mich mit spannungsarmem Blöckeschieben bei Laune zu halten. Irgendwann überlegte ich mir sogar, ob ich wirklich einen der wenigen, gerade mal drei Meter »tiefen« Abstecher zu einer Kiste mit einem neuen Gegenstand machen wollte. Mir könnte ja ein weiterer strunzöder Kampf bevorstehen...

Zu entdecken gibt es ohnehin nichts: Die Hintergründe während des Erkundens aus der Vogelperspektive sind hübsch gezeichnet, konnten mich aber nie davon überzeigen, über mehr als ein plattes .JPG zu laufen. Das olle Final Fantasy VII wirkt greifbarer! Abgesehen davon stolpert man alle geschätzte 50 Meter über einen Kristall, der das Heldenduo ins nächste Bild teleportiert - obwohl das Ziel meist schon auf dem aktuellen Bildschirm unmittelbar vor den Kämpfern zu sehen ist. Es gibt viele Kulissen; schade, dass sie innerhalb eines Szenarios so schnell eintönig werden. Immerhin darf das Duo stets an alle bisher besuchten Schauplätze zurückkehren und sie auf unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden wiederholen. Dem freien Aufleveln und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden sei Dank, kommt so nach etlichen Stunden etwas Abwechslung ins Spiel. Falls man sich bis dahin nicht etwas gesucht hat, das auch zwischendurch mal Spaß macht.      

Fazit

Ich weiß, dass internationale Wertungen Freudenchöre anstimmen. Und nichts gegen den Zwischendurch-Charakter: Hier mal ein Kampf, da mal ein Puzzle - das hält mich oft genug bei Laune. Chaos Rings ist allerdings so kurzweilig, dass es mich schnell gelangweilt hat. Hier gibt es abseits des sturen Abklapperns eintöniger Linealpfade absolut nichts zu tun. Jeder einfältige Diablo-Klon bietet mehr als die gelegentliche Kiste am Wegesrand! Es ist ein Jammer um das durchdachte Kampfsystem, bei dem ich auf mehreren Ebenen über die nächste Aktion nachdenken muss. Bosskämpfe werden so zu kleinen Höhepunkten. Die sind aber viel zu selten, als dass ich dafür auf diesen unsäglichen Schienen laufen möchte. Spielt man jeden Tag gerade mal zehn Minuten, mögen die immer gleichen Zufallsgefechte eine Daseinsberechtigung haben - falls man nicht den Großteil der Frühstückspause damit beschäftigt ist, seine Helden in einem unübersichtlichen Menü richtig auszurüsten. Nein, es tut mir leid, Square Enix: Dieser Gehversuch im Reich des Zwischendurch-Minimalismus ist mir einfach zu wenig.

Pro

vielschichtiges Kampfsystem / spannende Bossbegegnungen
Levels in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden
fantasiereiche und detaillierte Kampfarenen

Kontra

furchtbar monotones Abklappern immer gleicher Zufallskämpfe
unübersichtliche, unbelebte Erkundungswege
einfallslose Puzzles
oberflächliche Geschichte
Lebenspunkte regenerieren nach jedem Kampf vollständig
unübersichtliches Ausrüsten / überladene Fähigkeitengruppen

Wertung

iPhone

Es will ein "klassisches Rollenspiel" sein - begnügt sich aber mit dem banalem Abklappern eintöniger Schienenlevels.

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