Im Test:
Da fliegen sie wieder
Video: Anderthalb Jahre nach dem ersten Teil schwingen sich die neuen Falken in die Lüfte.Das »fast« in der Einleitung bezieht sich in erster Linie auf die Story: War sie im ersten HAWX hässlich und doof, ist sie jetzt dagegen doof und hässlich. Der Inhalt ist mehr oder weniger eine Zeitraffer-Version der Geschichte des George Clooney-Films »Project Peacemaker«, die man in der Kampagne etwa sieben bis acht Stunden lang in technisch bedrückenden Zwischensequenzen aufgeschwatzt bekommt - und nach der letzten Mission ist einfach Schluss, es gibt keinen Abspann, sondern Credits und das erwartungsvoll wartende Hauptmenü. Konsequent, möchte man sagen, denn das war in Teil Eins auch so, aber das macht es nicht besser. Immerhin ist die Sprachausgabe ziemlich gut, und vor allem variantenreich - im Optionsmenü hat man die Wahl unter Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch und Spanisch. Auch die Musik, bereits im Vorgänger eines der Glanzstücke, ist wieder einmal hochklassisch - auch wenn die düsteren Chöre in den russischen Levels ein wenig zu klischeebelastet dröhnen.
Darauf einen großen Falkenhaufen, denn am eigentlichen Inhalt wurde gewerkelt und geschraubt. Natürlich dreht es sich im Wesentlichen immer noch um das mehr oder weniger schnelle Verwandeln von gegnerischen Flugzeugen in hitzeglühende Altmetallstückchen, aber es ist für Abwechslung gesorgt: Mal muss man Energiewerke ausknipsen, mal feindliche Flieger von Transportern
fernhalten, mal einfach nur so schnell und so tief wie möglich durch einen Canyon fliegen, mal Schiffe jagen, mal den Kreml verteidigen. Zum Ende hin wird es allerdings etwas abstrus: Wie in Ace Combat 6 muss man mit seiner Maschine durch eine Höhle fliegen oder startende Raketen abschießen, während man gleichzeitig von Satelliten abgeschossenen Laserstrahlen (!) ausweicht - für meinen Geschmack etwas zu viel Star Wars für ein Spiel, das in der nahen Zukunft spielt. Die Luftbetankung ist ein spaßiges Minispiel: Man muss sich langsam an den Tanker heranschieben und den Benzinstutzen einfädeln.
Darüber hinaus schubsen mich die Designer ein paar Mal weg vom Flightstick und hin zum Kameracontroller: Hin und wieder übernehme ich die Kontrolle über eine bewaffnete Drohne, um damit aus der Luft Fahrzeuge oder andere Ziele zu markieren, Gebäude zu scannen oder Raketen in Richtung Boden zu schicken. Ein Mal verlasse ich auch den Steuerknüppel einer hoch fliegenden F-35 und zerbombe mit der automatisch weiter fliegenden Maschine die tief unter mir liegende Stadt. Frei nach Call of Duty: Modern Warfare gibt es auch einen Auftrag, in dem man die 40- und 105mm-Geschütze einer C-130 übernimmt und aus der Luft die Flucht eines Agenten deckt. Spaßig sind auch die (leider zu seltenen) Luftbetankungen, in denen man sich vorsichtig an das Tankflugzeug heranschieben muss. Alles schön und gut, aber gerade mit den UAV-Aufträgen haben es die Entwickler übertrieben - speziell in der Spielmitte haben sich diese Missionen nicht nur gehäuft, sondern auch ziemlich in die Länge gezogen. Generell sind die Levels dieses Mal ziemlich lang; bloß gut, dass vor wichtigen Stellen automatisch Checkpunkte angelegt werden, die auch Bestand haben, wenn man das Spiel verlässt.
Im Flugzeug meines Feindes
Genretypisch sitzt man auch in HAWX 2 hinter dem Steuer vieler Maschinen, von ziemlich alt bis hochmodern: A-10, F-16, Rafale M, Su-27, F/A-18, F-35, Su-34, F-22 und viele mehr werden einem in der Kampagne vorgesetzt. Ganz und gar nicht genretypisch startet man meist nicht in der Luft, sondern am Boden - man rollt zum Startfeld (oder zündet die Triebwerke auf dem Flugzeugträger), gibt Vollgas und hebt ab. Klar ist es trivial,
man könnte auch immer in der Luft starten, aber ich mag es, eine Mission »vollständig« zu spielen - für mich gehören da Start und Landung einfach dazu. Letztere ist übrigens auch im Spiel weitaus kniffliger, nicht nur auf dem Flugzeugträger. Auf dem normalen Schlachtfeld kommt nämlich zum etwas langwierigen Aufsetz-Prozess dazu, dass man währenddessen munter weiter beballert wird - so mancher Landeanflug wird so zum Selbstmordkommando. Die Gegner haben seit dem ersten Teil deutlich dazugelernt, fliegen auch auf dem niedrigen der drei Schwierigkeitsgrade wilde Manöver, setzen Täuschkörper clever ein und schießen ziemlich zielsicher. Einsteiger brauchen aber trotzdem nicht nach Mutti zu rufen: Auf der einfachsten Stufe hat man wahnwitzig viel Munition dabei, es gibt weniger Feinde, die weniger Schaden machen, und die Flügelmänner sind etwas zuverlässiger. Etwas. Wird man auf einer der höheren Stufen zu oft abgeschossen, bietet einem das Programm an, den Schwierigkeitsgrad zu senken - lässt man sich darauf ein, muss die aktuelle Mission allerdings von vorn begonnen werden. Das Steuern von Spionagedrohnen und Bombardieren von Bodenzielen gehört zum HAWX-Alltag - teilweise gibt es davon allerdings etwas zuviel des Guten.
Grundsätzlich sind die Flügelmänner in erster Linie dazu da, damit man in der Luft nicht ganz so allein ist - wirklich hilfreich sind sie nicht, einen Großteil der Ziele muss man immer noch selbst erledigen. Das ist auf der anderen Seite gut, denn für jeden erledigten Abschuss, für jedes geschaffte Missionsziel und jede gemeisterte Herausforderung gibt es Erfahrungspunkte. Wofür genau diese gut sind, erfährt man nie, aber man steigt dadurch im Rang auf, was wiederum direkte Auswirkungen auf so genannte »XP Tokens« hat, mit denen man neue
Ausrüstung oder Maschinen für die anderen Spielmodi freischalten darf. Das ist aber leider umständlicher als nötig, denn die Boni sind nicht frei auswählbar, sondern müssen hintereinander aus mehreren Listen ausgewählt werden. Resultat ist, dass man dadurch wertvolle Tokens für irgendwelchen Kram ausgeben muss, den man nicht möchte, um irgendwann endlich mal das kaufen zu dürfen, was man eigentlich haben will. Technisch ist HAWX wieder einmal sehr gut. Zwar zeigt Ace Combat 6 im Detail bessere Bilder, aber auch der Ubisoft-Himmel brennt sehr beeindruckend.
Ich werde überleben! Du auch. Und du vielleicht.
Hat man die Kampagne gemeistert, ist man bereit für die Wunderwelt der weiteren Spielmodi. Sowohl Solisten als auch Gruppenjägern wird einiges geboten: Zum einen darf man im »Free Flight« einfach mal ungestört fliegen - keine Gegner, keine Missionen, einfach nur die tolle Landschaftsgrafik genießen, das eine oder andere Flugzeug ausprobieren oder die Landung üben. Entspannend, wenn man möchte. Weiter geht's mit »Arcade«: Hier werden aus der Story bekannte Missionen wiederholt, allerdings unter veränderten Bedingungen - die Gegner sind härter, das Zeitlimit fieser, man bekommt die Cockpit-Perspektive bzw. den OFF-Modus vorgeschrieben oder darf sich nur mit dem MG verteidigen. Noch gemeiner wird's beim »Survival«, das wohl kaum erklärt werden muss - im Nahen Osten, dem Kaukasus oder über Moskau warten jeweils zehn immer härter werdende Gegnerwellen auf den Spieler.
Und dann ist da natürlich der Mehrspielermodus. Der war im Vorgänger vor allem dadurch nur mäßig interessant, weil Online-Partien in erster Linie Lag-Partien waren. Ein Wunder ist geschehen: Kein Lag mehr weit und breit! Auch wenn die vollen acht Spieler einen Server verstopfen, ist kein Geruckel und Gezuckel zu sehen - sehr schön! Neben dreierlei Gegeneinander-Modi warten vor allem mehrere Koop-Varianten auf den HAWX-Piloten: Man kann einzelne Story-Missionen gemeinsam angehen, Arcade-Aufträge oder Survival-Wellen. All diesen Spielmodi ist gemein, dass man in ihnen nicht auf die Story-Maschinen angewiesen ist, sondern all die Flugzeuge und Extras nutzen kann, die man bereits freigeschaltet hat.
Neben der Kampagne darf man sich auch in weiteren Spielmodi austoben - u.a. einer Arcade-Variante, in der Story-Levels unter neuen Bedingungen angegangen werden dürfen. |
Fazit
Man kann Ubisoft Bukarest kaum genug dafür danken, dass sie die im ersten HAWX-Teil noch so aufgezwungene Nutzung der Systeme ERS und OFF (auch bekannt als »Simulator für Schimpansen« und »WTF?«) so weit wie möglich zurückgekurbelt haben - beides kann jetzt eingesetzt werden, muss es aber (mit einer Ausnahme) nicht. Das bringt nicht nur einen deutlich strafferen Spielfluss, sondern auch einen spürbar nach oben gekletterten Schwierigkeitsgrad mit sich - ebenfalls eine gute Sache, denn der Vorgänger war im Großen und Ganzen zu einfach. Auch sehr schön ist, dass man die wieder ziemlich kurze Spielzeit der Kampagne mit Sondermodi wie Arcade oder Survival motivierend in die Länge ziehen kann - außerdem wurde der Multiplayermodus generalüberholt; gerade die vielen verschiedenen Koop-Varianten kann man nicht genug loben. Allerdings ist der Himmel über Hawxland nicht immer blau: Zwar ist es eine prima Sache, dass die Designer in der Kampagne um Abwechslung bemüht waren, aber wenn man zum gefühlt 20ten Mal hinter den Joystick eines UAVs gesteckt wird, um aus ein paar Kilometern Höhe Autos zu markieren, hält sich die Motivation doch deutlich in Grenzen. Außerdem ist gerade das für die Langzeitmotivation so nützliche XP-System unnötig undurchsichtig und teilweise fummelig ausgefallen: Was welche Punkte wie machen, erfährt man nicht - und um brauchbare Upgrades zu erhalten, muss man sich erst für teuer XP-Tokens unnützen Kram kaufen. Darüber hinaus hätten die Damen und Herren Entwickler zur Inspiration der Geschichte ruhig einen anderen Film als »Project Peacemaker« schauen dürfen - das Bla um Russen und Atombomben ist ebenso öde wie hässlich inszeniert. Immerhin kann man letzteres nicht über die Restgrafik sagen: Zwar ist Ace Combat 6 insgesamt immer noch das hübschere Spiel, aber HAWX 2 holt mächtig auf - in jeder Hinsicht. Weiter so!
Zum HAWX 2-Videofazit.
Update zur PS3-Fassung: Die PlayStation 3-Version von HAWX 2 ist in jeder Hinsicht identisch zur 360-Variante - mit dem Unterschied, dass man hier nicht um eine sich in die Länge ziehende Zwangsinstallation von sechs Gigabyte herumkommt. Außerdem ist die Grafik in Bodennähe etwas ruckeliger als gewohnt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Noch keine Meisterklasse, aber auf dem Weg dahin: H.A.W.X. 2 hat zwar einige doofe Ideen, aber auch sehr viele gute!
PlayStation3
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.