Alarm für Cobra 11: Highway Nights10.12.2009, Michael Krosta
Alarm für Cobra 11: Highway Nights

Im Test:

Nicht nur der Weihnachtsmann kommt jedes Jahr – auch die Herrschaften Ben und Semir aus der RTL-Serie Cobra 11 lassen sich mittlerweile genau so regelmäßig auf dem PC und Konsolen blicken wie FIFA & Co. Welche neuen Fälle hat sich Synetic für die Autobahnpolizei ausgedacht?

Stagnation

Ich sollte es mir eigentlich genau so einfach machen wie Synetic: Anstatt mühsam einen neuen Testbericht zu schreiben, könnte ich auch einfach den Artikel aus dem letzten Jahr nehmen, kurz die Spielenamen im Text austauschen und das Ganze als etwas Neues verkaufen. Mache ich aber nicht, obwohl es sich tatsächlich anbieten würde, denn bis auf den Tag-/Nachtwechsel, mehr Dialoge während der Fahrten sowie des leicht gesteigerten Umfangs ist bei den Cobras alles beim Alten geblieben. So reichen die Missionen auch hier von Eskortaufträgen über das Stoppen von Flüchtigen bis hin zu Beschattungsaktionen und Streife fahren. Nicht zu vergessen die sinnfreien Checkpunkt-Rennen, bei denen ein leuchtender Pfeil das nächste Ziel markiert, dabei aber meist in die falsche Richtung zeigt und so zusammen mit dem grenzwertigen Navigationssystem für noch mehr Verwirrung im Straßenverkehr sorgt. Unnötig ist zudem, dass die Checkpunkte erst dann aufleuchten,

Video: Tatütata - die Cobras sind da!wenn man den vorherigen passiert hat. Eigentlich kein Problem, doch da diese oft zu knapp hintereinander und an Kreuzungen platziert werden, rast man schon mal in die falsche Richtung weiter und muss sich für einen neuen Versuch den Weg einprägen, wenn man innerhalb des oft knappen Zeitlimits ankommen will.

Kennt man alles

Der Aufbau des Spiels erinnert mit seinen vielen Wiederholungen frappierend an das Fernsehprogramm von RTL: Eine Eskort-Mission ist ja nett - bei der fünften wird es irgendwann öde. Gleiches gilt für die Verfolgungsjagden, wenn man irgendwann zum dritten Mal einen Fahrer stoppt, der immer aus dem gleichen Automodell heraus mit Brandsätzen um sich wirft. Die Boliden sind dabei immer noch nicht lizenziert, sehen realen Vorbildern von VW, BMW, Mercedes und anderen Herstellern aber extrem ähnlich. Der Einsatz der ferngesteuerten Drone ist ebenfalls eine tolle Sache - aber schon genau so aus den Vorgängern bekannt wie das Auskundschaften und Abklappern von Locations oder die Rennen auf abgesperrten Pisten. Dieses Cobra 11 hat keinerlei Überraschungen oder Neuerungen zu bieten! Einzige nennenswerte Ausnahme ist das neue Sterne-Bewertungssystem: Überschreitet man z.B. das Schadens- oder Zeitlimit, bekommt man nach und nach die maximal fünf Sterne in jeder Kategorie abgezogen und folglich eine schlechtere Bewertung für seine Leistungen. Auch darf man neuerdings während der Fahrt in einigen Missionen schießen, was dank automatischem Zielsystem prima funktioniert. Davon abgesehen gibt es aber nur eine frische Portion Standard-Missionen mit Standard-Geschichten in Standard-Kulissen, die vor allem auf der Xbox 360 immer noch unter starken Pop-Ups und Kantenbildung leiden, während auf dem PC vor allem das massive Tearing stört - eine V-Sync-Funktion findet man leider nicht. Dass keine Menschen in der Stadt herumlaufen, erklären die Entwickler im Ladebildschirm: Es gibt keine Fußgänger im Spiel, weil sie vor dir nicht sicher wären. Das ist zwar genau so lustig wie manche Anspielungen auf Plakaten, Containern oder Transportern, aber stinkt trotzdem nach schlechter Ausrede. Zumindest haucht man der Landschaft mit Flugzeugen am Himmel, Kränen und Baustellen etwas Leben ein. Nicht zu vergessen der Verkehr, der meist sogar auf die Sirene reagiert und brav Platz macht. Auf der

Jetzt müssen Ben und Semir auch zur Nachtschicht antreten!
anderen Seite sitzen aber auch oft genug KI-Vollpfosten hinter dem Steuer, die einem während einer Kontrolle am Straßenrand ungebremst ins Heck rasen oder sich auch vom Martinshorn unbeeindruckt zeigen.

Penetrante Auftraggeber

Streife fahren kann eine entspannende Angelegenheit sein. Im Vorgänger hat man es dabei aber etwas übertrieben, weil man oft ewig warten musste, bis sich der Funk mit einem neuen Auftrag gemeldet hat. Bei Highway Nights geht man deshalb den umgekehrten Weg: Selbst wenn man nur gemütlich durch die Straßen der ansprechenden Stadt cruisen will, vergehen in der Regel höchstens zehn Sekunden bis zum nächsten Funkspruch. Lehnt man den Einsatz ab, weil man lieber in aller Ruhe weiterfahren will, nervt die Zentrale kurze Zeit später schon wieder, so dass man sich ernsthaft fragen kann, warum es überhaupt eine Option zum Ablehnen bzw. separaten Auswählen der Missionen gibt. Das Spielchen geht dann so lange weiter, bis man die Mission endlich akzeptiert. Ist man in den Abendstunden unterwegs, ist der Blick in den zuschaltbaren Rückspiegel übrigens sehr interessant, in dem scheinbar gleichzeitig ein Nachtsichtgerät ohne nervigen Grünstich verbaut wurde. Egal wie dunkel es ist, wirkt die Kulisse im Rückspiegel immer noch taghell& Nervig ist zudem die übertriebene Cross-Promotion mit den Anti Virus-Experten von Kaspersky, denn die Stadt ist regelrecht zugepflastert mit Plakaten, Aufstellern und Schildern, auf denen für die Software geworben wird, die sich sogar als Trial-Version auf der Spiel-DVD befindet.  

Mäßige Inszenierung

Wie schon bei den Spielmodi hat man auch bei der Inszenierung keinen nennenswerten Schritt nach vorne gemacht: Immer noch werden die inhaltlich schwachen Dialoge von Kameraschwenks durch die Kulisse begleitet, die nur selten einen direkten Bezug zur Handlung erkennen lassen. Zwar wurden die digitalen Protagonisten nach den realen Vorbildern der Serie modelliert, doch es gibt keinerlei Nahaufnahmen oder Filmsequenzen zu bewundern. Zumindest wurden die Original-Schauspieler wieder für die Sprachaufnahmen verpflichtet, die sogar einen gewissen Einsatz zeigen, aber die teilweise unterirdischen Dialoge auch nicht mehr vor ihrer Sinnlosigkeit retten können. Trotzdem schön, dass sich das Duo neuerdings auch mal während des Spiels miteinander unterhält und nicht nur stumm nebeneinander sitzt. Mehr Dynamik wäre allerdings schön: Warum keift der Partner einen nicht mal ordentlich an, wenn man wieder zu waghalsig unterwegs ist und die Autobahn in einen Schrottplatz verwandelt?

Standard-Rennen

Abseits der 43 Fälle, von denen auf der Xbox 360 seltsamerweise nur 36 zur Verfügung stehen, kann man sich in Einzelrennen mit oder ohne Verkehr auf vorgegebenen Routen messen, wobei die Schauplätze und Kurse zunächst in der Karriere freigespielt werden müssen. Allerdings werden nur Standardrennen angeboten - Varianten wie Ausscheidung, Zeitfahren oder Drift-Wettbewerbe gibt es hier nicht. Auch die Online-Komponente fehlt mal wieder: Wer gegen menschliche Gegner antreten will, kann dies nur im Splitscreen machen, der zumindest Platz für vier Fahrer bietet. Dass gerade auf dem PC erneut die Option für Rennen im LAN fehlt ist genau so unverständlich wie die Tatsache, dass an kein (Force Feedback-)Lenkrad unterstützt wird. Der 360-Controller funktioniert dagegen nicht nur an der Konsole, sondern auch am PC tadellos.  

Fazit

Nachdem Synetic im letzten Jahr mit Burning Wheels noch einen Fortschritt vorweisen konnte, ist Alarm für Cobra 11: Highway Nights ein perfektes Beispiel für technischen und inhaltlichen Stillstand: Die Missionen sind alle aus dem Vorgänger bekannt und wurden nur in eine neue Kulisse sowie frische Klischee-Geschichten eingebettet, während die Technik zumindest auf der Xbox 360 immer noch mit massiven Problemen von Pop-Ups über vereinzelte Slowdowns bis zur Kantenbildung zu kämpfen hat. Mit höherer Sichtweite, Anti-Aliasing und schärferen Texturen machen die Verfolgungsjagden auf dem PC deutlich mehr her, aber langweilen hier durch die ständigen Wiederholungen der Aufgaben genau so schnell wie auf der Konsole! Es reicht nicht, nur das Sonnenlicht auszuknipsen und die Spieler weiterhin mit einer mäßigen Inszenierung, vielen unsinnigen Missionen sowie fehlenden Features wie LAN- und Onlinerennen abzuspeisen. Wer nach Burning Wheels noch mehr Cobra-Einsätze nach Schema F braucht, wird hier fündig. Der Rest gibt besser woanders Gas und hofft, dass Synetic 2010 einen deutlicheren Schritt nach vorne macht oder sich wieder der N.I.C.E.-Serie annimmt...

Pro

solide Grafikengine
lebendige Kulissen (Kräne, Hubschrauber etc.)
überwiegend flüssige Darstellung
Tag- und Nachteinsätze
tolles Geschwindigkeitsgefühl
präzise Steuerung
schicke Fahrzeugmodelle
abwechslungsreicher Fuhrpark
gelungenes Schadensmodell
ansehnlicher Umfang
Splitscreen-Rennen (für bis zu 4 Spieler)
zerstörbare Umgebung
gutes Bewertungssystem nach Missionen
Verkehr reagiert meist auf Sirene

Kontra

Pop-Ups (vor allem Xbox 360)
vereinzelte Slowdowns (Xbox 360)
keine lizenzierten Fahrzeuge (aber freche Kopien)
keine verschiedenen Witterungsbedingungen
keine Passanten (menschenleere Stadt)
kein Onlinemodus
kein Spielen im LAN möglich
z.T. unsinniges Missionsdesign
KI-Aussetzer
Aufgaben wiederholen sich recht schnell
Autos wirken immer noch zu leicht
verwirrendes Navigationssystem
Kantenflimmern (vor allem 360)
keine FF-Lenkradunterstützung (Xbox 360) 
schwach inszenierte "Zwischensequenzen"
teilweise Dialoge aus der Hölle
weniger Fälle (Xbox 360)
z.T. blödsinnige Checkpoint-Platzierung
Tagesgarantie im Rückspiegel

Wertung

360

Technisch deutlich schwächer als auf dem PC und weniger Inhalt. Recycling für Fans!

PC

Ideen-Alarm für Cobra 11 - denn diese scheinen den Entwicklern langsam auszugehen!

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