Im Test:
Die blaue CD
Es gibt sehr viele Sonic-Games auf dieser Welt. So viele, dass selbst beinharte Fans kaum den Überblick über alle behalten. Wer hat schon mal von »Tails' Skypatrol« gehört? »Sonic Drift«? »Sonic the Fighters«? Die meisten dieser Games haben hiesige Territorien entweder gar nicht oder praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit
besucht. Zeit für den Compilation-Auftritt: Die Sonic Gems Collection enthält neun mehr oder weniger bekannte Spiele rund um den blauesten Igel der Welt, von denen einige von Fans heiß begehrt, andere kaum den Blick selbst beinharter Sonic-Anbeter wert sind.Sonic CD bietet am meisten Spaß fürs Geld.
Highlight der Sammlung ist Sonic CD. Das Game erschien 1993 für Segas Mega CD, zwei Jahre später auch für Windows-PCs – und gilt als einer der besten und intelligentesten Sonic-Titel. Denn obgleich es technisch dem ersten Teil verdächtig ähnelt, bietet es eine dicke Besonderheit: die Zeitreise. Ihr könnt vor und zurück durch die Zeit reisen, was vorherige und künftige Level je nach euren Aktionen verändert. Das war also das erste Sonic-Spiel, bei dem es mal nicht darum ging, den Ausgang so schnell wie möglich zu finden, sondern die Umgebung tatsächlich zu erkunden und die verschiedenen Level-Eigenheiten zu erforschen – wobei natürlich das Rasen durch die verrückt designten Welten nicht zu kurz kommt. Ein nettes Intro im Anime-Stil der Zeichentrick-Serie, klarer CD-Soundtrack (die US-Fassung, nicht die japanische Variante) und ein zeitlos geniales Spielprinzip machen Sonic CD zum Vorzeigeargument für die Compilation.
Ein seltener Gast
Die anderen beiden bemerkenswerten Titel der Sammlung sind Sonic R und Sonic the Fighters. »R« ist im Wesentlichen ein Rennspiel, wobei das wörtlich zu nehmen ist: Bis auf Amy und Dr. Robotnik rennen hier alle! Ihr düst durch bunte 3D-Welten, benutzt Abkürzungen, sammelt Bonusobjekte auf und versucht, als Erster im Ziel anzukommen. So weit, so gut, nur leider demonstriert das von Traveller’s Tales entwickelte Game zu deutlich Segas frühe 3D-Sonic-Politik: viele gute Ideen, die meisten davon lausig umgesetzt. So krankt das Spiel vor allem an der schreiend wackeligen und ungenauen Steuerung, die
schon kurze Ausflüge zu einem Geduldstest macht. Lange Ladezeiten, schlichte Optik und eine mäßig positionierte Kamera rechtfertigen kaum mehr als einen längeren Blick. Wer es trotzdem nicht lassen kann, wird erfreut sein, dass die Umsetzung auf der flüssigen PC-Fassung und nicht der leicht ruckeligen Saturn-Version basiert. Außerdem besticht der Soundtrack durch einige der albernsten Vocals in einem Videospiel.Sonic the Fighters hat lediglich Seltenheitswert - spielerisch kocht der Titel auf sehr kleiner Flamme.
Sonic the Fighters schließlich ist die Rarität im Programm: Bis auf einige wenige Spielhallen bekam dieses Spiel nichts als Japan zu sehen. Allerdings macht der hohe Sammlerwert das Game nicht besser: STF ist nicht viel mehr als eine sehr simple Variante von Virtua Fighter mit Sonic-Figuren. Basierend auf dem AM2-System haut ihr euch hier mit Sonic, Tails, Amy, Fang oder Bean die groben Polygone um die nicht minder groben Nasen. Jede Figur hat gut eine Hand voll Bewegungen, so dass die kurzen Kämpfe immer sehr ähnlich ablaufen. Als Neugierde-Befriedigung ganz gut, aber ein Tekken 5 wird man deswegen wohl nicht aus dem Fenster werfen.
Machina obscura
Drei sind weg, bleiben noch sechs: Sonic the Hedgehog 2, Sonic Spinball, Sonic Triple Trouble, Sonic Drift 2, Tails' Skypatrol und Tails Adventures sind allesamt Game Gear-Umsetzung und als solche in erster Linie technisch gruselig – stellt euch also auf Bauklotzpixel und Grafik nahe der Blindwerd-Grenze ein. Und abgesehen davon, dass ausnahmslos
jedes dieser Spiele entweder als Bonus bei Sonic Adventure DX bzw. der Sonic Mega Collection plus dabei war, sind sie, mit Ausnahme von Triple Trouble, auch kaum mehr als ein netter Bonus. Spinball, das schon auf dem Mega Drive bestenfalls mäßig war, leidet an einer fürchterlichen Kollisionsabfrage, Drift 2 ist aufgrund der praktisch nicht vorhandenen Sichtweite de facto unspielbar. Die beiden Tails-Spiele sind ein netter Puzzler bzw. Plattformer und ragen auch kaum aus der Mittelmäßigkeit heraus. Wie bei der Vorgänger-Compilation dürft ihr auch hier frei speichern.Die Game Gear-Umsetzungen sind auf normal großen TV-Geräten eklig blockhaft.
Besonderes Augenmerk haben noch die freispielbaren Bonusgames verdient: Leider müssen wir hierzulande auf die in Japan beiliegende Streets of Rage-Trilogie verzichten, dafür bekommen geduldige Spieler Vectorman 1&2 als Goodies – zwei der nachweislich besten Jump-n-Runs für das olle Mega Drive. Außerdem gibt es noch diverse Bonus-Items (Spieltipps, Musikstücke, Artwork und Videos) sowie zoom- und schlecht lesbare Handbücher für jedes Spiel.
Fazit
Hm. Die Mega Collection plus zu empfehlen war noch einfach, schließlich tummeln sich einige der besten Plattformer auf der DVD. Die Gems sind da schon schwieriger an den Mann zu bringen: Im Grunde kann man nur enthusiastisch auf Sonic CD zeigen; Sonic the Fighters hat lediglich Seltenheitswert, Sonic R kann ebenso getrost verschwiegen werden wie der Großteil der Game Gear-Umsetzungen – Letztere wären meiner Meinung nach wesentlich besser in einer GBA-Compilation aufgehoben, da würde man auch keine Blindheit riskieren. Und ich habe nichts gegen Vectorman 1&2, die guten Teil gehören zu den besten Jump-n-Runs auf dem Mega Drive – aber die Streets of Rage-Reihe bot die beste Beat-em-Up-Action, die wir hierzulande nun leider nicht zu sehen bekommen. Ihr müsst also selbst entscheiden, ob euch drei sehr gute, aber technisch gnadenlos veraltete Hüpfereien 30 Euro wert sind, denn der Rest ist leider nur Jump-n-Ramsch.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
GameCube
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.