Lego Rock Band09.12.2009, Mathias Oertel
Lego Rock Band

Im Test:

Das Rock Band-Prinzip erfreut sich großer Beliebtheit und hat zuletzt auch den Beatles ein neues Publikum beschert. Und dass die Lego-Lizenz enormes Potenzial birgt, haben sowohl die humorvollen Umsetzungen der Star Wars- oder Indiana Jones-Sagas als auch die HD-Versionen von Lego Rock Band (ab 5,05€ bei kaufen) bewiesen. Was bietet die Nintendo-Variante der familienfreundlichen Musik-Unterhaltung?

Rock Band bleibt Rock Band

Einem Außenstehenden das Phänomen Rhythmus-Spiele zu erklären, ist nicht einfach. Denn auf den ersten Blick ist das lediglich ein Fingerfertigkeits-Test. Es gilt im Prinzip "nur" im richtigen Moment die Taste mit der richtigen Farbe bzw. dem richtigen Symbol zu aktivieren. Das hat schon auf der PSone in PaRappa the Rapper funktioniert, wurde dann im Westen mit der Guitar Hero-Serie auf Instrumente ausgeweitet und erlebte mit Rock Band den kreativen Höhepunkt, als die Band samt

Auch auf Wii rockt Freddie Mercury in Bauklotz-Form: Wie Blur oder David Bowie wurden auch Queen zu Plastik-Musikern. 
Gesang eingeführt wurde. Und auf einmal avancierten Plastikklampfen und Drumsets zum Partykracher schlechthin. Das ebenso einfache wie motivierende Prinzip, die von oben nach unten laufenden Noten auf einem Highway im richtigen Moment zu spielen, nimmt einen ungeachtet des Alters schnell gefangen.

Allerdings muss man sagen, dass dieses Jahr auch eine gewisse Übersättigung stattgefunden hat: Konami kam mit Rock Revolution; Activision ließ mit Guitar Hero Metallica, Guitar Hero Greatest Hits, Guitar Hero 5 und Band Hero (morgen bei uns im Test) gleich vier Kandidaten auf die Musikfans los; Harmonix brachte neben Trackpacks The Beatles Rock Band. Nach Meinung von Warner Interactive ist aber immer noch Platz für eine Zugabe. Zumal sich Lego Rock Band nicht nur visuell an ein vornehmlich jüngeres Publikum zu richten scheint.

Doch man sollte jetzt nicht dem Irrglauben verfallen, dass Lego Rock Band (LRB) nur eine abgeschwächte Kindergarten-Version mit Bauklotz-Kulisse darstellt. Sicher: Die gelbköpfigen Kult-Figuren haben auf den ersten Blick nur wenig mit ihren deutlich realistischeren Ebenbildern der "großen" Rock Bands gemeinsam, zumal sie auch nicht so filigran und akkurat auf die Musik spielen wie ihre Gegenstücke. Und auch die zahlreichen neuen Hilfen vom superleichten Schwierigkeitsgrad bis hin zum automatisierten Basspedal bei den Drums deuten darauf hin, dass es eher darum geht, neue Spieler ins Boot zu holen als die Musiker anzusprechen, denen RB 1 und 2 bereits aus den Ohren hängen.

Aber der Schein trügt. Denn da Harmonix für das so genannte "Track Authoring" verantwortlich zeichnet, also für die Aufteilung der Songs in ihre einzelnen Notenspuren, bekommt man hier ein vollwertiges Musik-Erlebnis, das  größtenteils zwar etwas leichter zu spielen ist wie man es bisher gewohnt war, aber mit Fire von Jimi Hendrix oder Europes Final Countdown auch einige Songs bietet, die selbst eingefleischten Rockern die Finger verknoten.

Knackpunkt Umfang

Apropos Songs: Mit gerade mal 45 Liedern ist der Grundumfang eher bescheiden ausgefallen. Die Auswahl ist wie immer bei

Insgesamt 45 Songs sind wählbar - so viele wie auf PS3 und 360. Allerdings findet sich auf Wii weit und breit keine Möglichkeit, die Bibliothek aufzustocken.
Spielen dieser Art enorm streitbar, aber die Mischung aus Pop (David Bowie: Lets Dance, Ray Parker Jr.: Ghostbusters), Classic-Rock (Bon Jovi: You give love a bad name oder Queen: We will rock you) und halbwegs aktuellen Titeln (Kaiser Chiefs: Ruby, All American Rejects: Swing, Swing) hat für mich keine auffälligen Schwächen - außer der geringen Anzahl.

Auf HD-Systemen konnte wenigstens eine gefilterte Auswahl aus dem Download-Archiv dafür sorgen, dass sowohl bei den Zufalls-Setlists als auch vor allem bei den eigenen Zusammenstellungen die Wiederholungsanfälligkeit auf ein erträgliches Minimum zurechtgestutzt wurde.

Doch davon ist auf Wii weit und breit nichts zu sehen: Keine Anbindung an den Music Store und schon gar keine Möglichkeit, andere Songs zu importieren. Und damit wird der Umfang letztlich zu einem größeren Problem als nötig. Denn in der umfangreichen Karriere hat man sich trotz aller Songqualität irgendwann an allem satt gehört.  

Der Spaß ist da

Dennoch kann man eines Lego Rock Band nicht absprechen: Den Spaß. Spaß, der sich jetzt dank der angesprochenen Hilfen auch auf eine jüngere Generation ausdehnt, die bislang vielleicht Berührungsängste mit der Materie hatte - auch wenn viele der älteren Songs trotz Kult-Charakter an diesen Spielern eher vorbeigehen werden.

  

Die geheimnisvolle Rock Band-Formel, die uns seit mittlerweile gut zwei Jahren begeistert, greift auch hier - spätestens wenn mindestens zwei Musiker zusammen kommen: Coole Songs (größtenteils), eine Karriere (die sich am offenen Ablauf in Rock Band 2 orientiert), ein ordentlicher Schwierigkeitsgrad (ab hart aufwärts), auch wenn das Level insgesamt bis auf wenige Ausnahmen eher niedrig anzusetzen ist und vor allem eine coole Akustik - die allerdings nicht ganz die gewohnte Klasse erreicht. Und damit meine ich nicht die saubere Abmischung der original Master Tracks, sondern vor allem das

Nach nahezu jedem Gig bekommt man freispielbares Material.
Publikum, das trotz aller Fortschritte von Neversoft auf "Hero"-Seite zwar immer noch den Standard in Titeln dieser Art setzt, das aber auf Wii ebenso gelitten hat wie der Umfang. Wo auf 360 und PS3 das Publikum bereits vor dem Song fleißig klatscht, gröhlt und die Musiker feiert, passiert hier... Nichts!

Stille. Man könnte fast das Zirpen der Grillen in einer lauschigen Mondnacht hören, bevor der Song eingezählt wird.

Das Wieso kann ich an dieser Stelle nicht beantworten, die Wirkung dafür um so mehr: Richtiges Musiker-Feeling kommt in diesem Moment nicht auf, sondern erst während der Performance, wenn die Zuschauer anfangen mitzugehen und sich wenigstens hier schließlich die Gänsehaut einstellt, die man eigentlich mit Auftritten in Harmonix Band-Simulator verbindet.

In einem Lego-Spiel dürfen natürlich zwei Sachen nicht fehlen: Humor sowie Personalisierung. Was den ersten Punkt betrifft, kann man sich zwar nicht wie in Star Wars oder Indiana Jones auf bekannte Figuren verlassen, um diese zu parodieren. Doch mit zahlreichen Anspielungen auf das Musik-Business sowie charmanter Mimik und nicht zuletzt den Gastauftritten nicht nur von bekannten Rock Band-Figuren, sondern auch Stars wie Iggy Pop, David Bowie oder Queen, kommt der Witz nicht zu kurz.

Wie auch in den "Bosskämpfen", die mit der rudimentären Geschichte vom Aufstieg einer Bauklotz-Band verknüpft wurden und die ein Novum in der Rock Band-Welt sind. Mal geht es darum, mit der "Macht des Rock" ein Hochhaus zum Einsturz zu bringen, wo Baumaschinen oder Dynamit scheitern. Ein anderes Mal muss in der Piratenwelt eine Riesenkrake besiegt werden, die ihren trommelnden Sohn verteidigt, der beim Casting für die Band durchgefallen ist. Klingt verrückt? Ist es auch! Aber im Zusammenhang ist es wiederum vollkommen logisch und nachvollziehbar. Im Lego-Universum tickt eben alles ein wenig anders.

Meine Band, meine Rockhöhle, mein Offline-Spiel

Was die Personalisierung betrifft, greift man ebenfalls in die Vollen: Mit beinahe jedem Auftritt können neue Gegenstände, Figuren oder sonstige Gimmicks freigespielt werden, die man dann im Rock Shop erstehen kann.

Das beginnt bei gut einhundert Figuren, die aus nahezu allen bekannten Lego-Themenbereichen kommen und die man nach Belieben neu kombinieren kann, um seine ganz individuelle Band zusammenzustellen. Und das hört erst beim Einrichten seiner Rock-Unterkunft auf, von der aus man zu seinen Tourneen durch die bekannte und unbekannte Welt startet, Statistiken einsieht oder seine Entourage engagiert und einkleidet.

Doch so nett diese ganzen Optionen auch sind, können sie nicht darüber hinweg täuschen, dass sich der Lego-Ausflug ins Rock Band-Universum nur auf den Kern verlässt und inhaltlich keine Weiterentwicklung stattfindet. Die Einbindung einer

Die Rock Band-Mechanik zieht nach wie vor, bietet in Lego Rock Band aber zusätzliche Einsteiger-Hilfen.
Geschichte und Bosskämpfe sind zwar ein Anfang, doch da sich die Bosse spielerisch vom Rest nicht unterscheiden, verpufft die Wirkung schnell und wird auf ein rein visuelles Erlebnis reduziert.

Auch die neue Mechanik, die das Scheitern versüßen und erschweren soll, ist eher dem Ansatz zuzuschreiben, auch die Jungspieler und Anfänger frustfrei bei der Stange zu halten - wie auch die bereits erwähnte Option, das Basspedal der Drums automatisieren zu können.

Und wo die Beatles wenigstens Harmoniegesang als neues Element in die Welt der Musikspiele brachten, bleibt LRB hoch konventionell. Bekannt gut. Aber eben bekannt. Und in einem Punkt findet sogar ein weiterer viele Punkte kostender Rückschritt statt: Im Gegensatz zur vorbildlichen Wii-Portierung von Rock Band 2 bleiben die Lego-Musiker offline.

Eine Möglichkeit, online seine Band zusammenzustellen und das Lego-Universum zu rocken, wurde nicht eingebaut. Überhaupt zeigt sich LRB abseits der Karriere, die natürlich kooperativ gespielt werden kann, hinsichtlich der Mehrspielermodi eher spartanisch und bietet nur noch das schnelle Spiel an. Keinerlei Wettkampf-Modi, keine besonderen Herausforderungen wie in Rock Band 2 und schon gar kein Partymodus wie in Guitar Hero 5 oder Band Hero, wo man jederzeit ein- und aussteigen bzw. "on-the-fly" den Schwierigkeitsgrad oder Instrument wechseln kann.  

Fazit

Basierend auf der Rock Band 2-Engine und dank der Unterstützung von Harmonix beim so genannten "Track Authoring", also der Zusammenstellung der Noten auf den einzelnen Spuren, ist Lego Rock Band auf den ersten Blickein echtes Rock Band  - auch auf Wii. Unter dem Strich insgesamt etwas zu leicht, aber dafür auch mit zahlreichen Hilfen sowie einer charmanten Kulisse ausgestattet, die die gesamte Familie mit ins Musikboot holt. Obwohl man hier ebenso wie auf 360 und PS3 auf  eine Online-Spielmöglichkeit verzichtet und ohnehin nur das Nötigste hinsichtlich der angebotenen Modi tut, finden sich für Wii-Rocker auf den zweiten Blick zusätzliche Mankos. Die Songauswahl ist mit 45 Tracks inhaltlich zwar gut, aber bietet aufgrund des Wegfalls der Download- und Music Store-Einbindung viel zu wenig für die umfangreiche Karriere. Hinzu kommt, dass die Akustik –normalerweise das Prunkstück der Harmonix-Titel- nicht ganz die Standards erreicht, die man von Rock Band gewöhnt ist. Und damit können auch die coolen Gastauftritte von Queen, David Bowie oder Iggy Pop nicht verhindern, dass der Musik-Stern am Lego-Himmel nicht ganz so hell erstrahlt wie man hätte erwarten können. Er muss nicht nur der Konkurrenz von Activision, sondern auch den Liverpooler Pilzköpfen den Vortritt lassen. Unterm Strich sind die musizierenden Klötzchen aber auch auf Wii ein gelungener Einstieg für jüngere Rocker.

Pro

gute Songauswahl...
umfangreiche Karriere
klassischer Lego-Humor
abwechslungsreiche Schauplätze
gute Song-Akustik...

Kontra

… die aber leider nicht umfangreich genug ist
keine Anbindung an den Rock Band Music-Store
kein Online-Spiel
inhaltlicher Stillstand- ... mit einem ungewohnt stillen Publikum
spartanischer Mehrspieler-Modus

Wertung

Wii

Einsteigerfreundliche Rock Band-Variante, die auf Wii mit fehlender Songerweiterung sowie Sound-Defiziten zu kämpfen hat.

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