Slender: The Arrival31.10.2014, Michael Krosta

Im Test: Technik des Horrors

Passend zu Halloween präsentieren wir euch noch einen Nachtest zu Slender: The Arrival, denn der gelungene Indie-Schocker der Blue Isles Studios hat sich mittlerweile vom PC auf die Konsolen der letzten Generation ausgebreitet und will im nächsten Jahr auch auf Xbox One und der PlayStation 4 für Panik sorgen. Hoffentlich macht man es dann besser – denn diese Umsetzung hat man leider total versiebt...

Spannende Hetzjagd

Ich bin eigentlich ein Fan von Slender. Schon das kostenlose „The Eight Pages“ hat mich durch seine tolle Atmosphäre und die Schreckmomente fasziniert. Der Award, den ich dem Nachfolger in meinem Test auf dem PC verliehen habe, spricht ebenfalls Bände. Ja, ich mag diese Art von Horrorspiel und habe mich darauf gefreut, mich auch auf der Konsole den schaurigen Kreaturen zu stellen, dabei fleißig Zettel zu suchen, Generatoren anzuwerfen oder mich in einem verlassen Haus möglichst schnell zu verbarrikadieren – immer mit der Angst im Nacken, von dem Mistkerl doch noch erwischt zu werden.

Der blanke Technik-Horror

Das einfache, aber fesselnde Spielkonzept bleibt auch auf der Xbox 360 erhalten, doch was die Entwickler hier technisch fabriziert haben, verleiht dem Horror eine völlig neue Facette. Zur Erinnerung: Auf dem PC sah die Kulisse zwar nicht überwältigend aus, aber mit den gelungenen Licht- und Schattenspielen sowie ansehnlichen (Wald-)Landschaften sorgte sie zusammen mit düsteren Klängen und Soundeffekten für eine klasse Atmosphäre. Auf der Microsoft-Konsole ist davon leider nicht mehr viel übrig geblieben, denn zum einen wurde die Qualität der Texturen auf ein Minimum zurückgeschraubt – selbst alte PS2- und Xbox-Spiele haben grafisch mehr zu bieten! Zum anderen wurden die schicken Lichteffekte der Vorlage nahezu komplett verbannt: Weder der eigene Charakter noch Objekte wie Schränke, Tische, Bäume & Co werfen hier noch einen Schatten – entsprechend flach und steril wirkt die

Von diesen ansehnlichen Landschaften ist auf der Xbox 360 leider nicht viel übrig geblieben.
Spielwelt, die übrigens um ein paar Areale erweitert wurde, die es am PC nicht zu sehen gab. Einen großen Mehrwert liefern sie allerdings nicht, sondern wirken eher wie eine künstliche Streckung für die relativ kurze Kampagne, die mit vielen Trial&Error-Passagen hin und wieder für Frust sorgt.

Und obwohl man die Grafikqualität schon auf ein Mindestmaß reduziert hat, ist die Bildrate unter aller Kanone: Jeder noch so kleine Kameraschwenk wird von teils heftigen Rucklern begleitet, was die Nerven besonders in hektischen Momenten noch stärker belastet. Hinzu kommt, dass selbst auf der höchsten Sensibilitätsstufe ein Umschauen mit dem Analogstick nur bei einem gähnend langsamen Tempo möglich ist – kein Vergleich zur butterweichen Darstellung, die man mit Maus und Tastatur am PC erlebte. Dort konnte man außerdem noch die Türen ganz langsam und vorsichtig öffnen – das war zwar manchmal fummelig, sorgte aber durchaus für weitere Spannungsmomente. Auf der 360 drückt man dagegen nur auf einen Knopf und schon ist die Tür komplett offen. Dabei hätte man die Mechanik auch problemlos auf den Analogstick übertragen können, wie es z.B. Silent Hill: Shattered Memories oder zuletzt auch The Evil Within gezeigt haben. Und auch das Sounddesign wirkt auf der Konsole nicht mehr so ausgereift wie am PC: Teilweise hat man die Abmischung komplett versiebt und so wirkt die Lautstärke der einzelnen Effekt-Elemente oft völlig unausgewogen – auch in diesem Bereich hat man damals am PC bessere Arbeit geleistet.

Fazit

Dieser erste Auftritt des Slenderman auf der Konsole ging nach hinten los: Von der Faszination des starken PC-Vorbilds bleibt durch die erschreckende Radikalkur bei der Technik auf der Xbox 360 nicht mehr viel übrig. Der Detailgrad bei Texturen ist furchtbar niedrig, die Beleuchtung wurde durch den Wegfall von Schatten nahezu komplett kastriert und trotz dieser kargen, unheimlich flachen Spielwelt ist die Bildrate unter aller Kanone. Zusammen mit dem hörbaren Rückschritt beim Sounddesign zeigt sich nicht nur der hagere Fiesling, sondern auch die verwendete Unity Engine von ihrer schlechten Seite. Bleibt die Hoffnung, dass es die Blue Isle Studios und Parsec Productions bei der Premiere auf der Xbox One und PS4 im nächsten Jahr besser hinbekommen. Auf der 360 steckt der Horror leider zu viel in der Technik und kann sich im Spiel deshalb nicht mehr entfalten – schade.

Pro

im Ansatz gute Gruselatmosphäre (& fiese Schockmomente)...
verstörende Klangkulisse und Grafikeffekte...
Objekte werden per Zufall platziert
z.T. Änderung der Levelarchitektur bei Neuversuch
Slenderman (und eine weitere Überraschung)
Erkundungsabschnitte zum Durchatmen

Kontra

...die von der grausigen Technik meist im Keim erstickt wird
...mit starken Abstrichen auf der 360
Trial & Error-Prinzip mitunter frustrierend
massig Pop-ups
extrem detailarme Texturen
unterirdische Bildrate
keine (Echtzeit-)Schatten mehr und schwache Beleuchtung
relativ kurze Spielzeit / Streckung durch Neuversuche
keine Rätsel
halbherzige Controller-Steuerung
keine Batterieanzeige (Hardcore)
Verstecken / Kriechen spielt keine Rolle
keine deutschen Texte

Wertung

360

Das Konzept gefällt auch auf der 360, doch der wahre Horror entsteht hier hauptsächlich durch die grausige Technik der Unity-Engine.

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