Vorschau: Koordiniertes Chaos in Mittelerde
Das Chaos regiert in Mittelerde
Als ich zum Schluss des etwa zweistündigen Spielens eine Festung eroberte, konnte ich die Bedenken von Kollege Benjamin nachvollziehen, die er im Rahmen seiner gamescom-Vorschau geäußert hatte: Die Schlachten werden zwar mit ihren dutzenden aufeinander zustürmenden Kriegern auf beiden Seiten pompös sowie filmreif inszeniert, doch die Übersicht kann in diesem Chaos schnell verloren gehen.
Was auch dann zu einem Problem wird, wenn drei, vier oder mehr gegnerische Offiziere sich ins Kampfgeschehen einmischen, man mit viel Geschick und etwas Glück einen davon so weit verletzt, dass man ihn übernehmen bzw. auf seine Seite ziehen könnte – und dann inmitten des Versuches drei stinknormale Soldaten auf einen zustürzen und kurz vor dem vermeintlichen Erfolg mit einem Angriff die Übernahme verhindern. In diesen Momenten war der Frust deutlich größer als im Vorgänger, bei dem die Auseinandersetzungen nur in extremen Ausnahmefällen in einem derartigen Chaos mündeten.
Meine Gefährten, meine Erzfeinde
"Du kannst nicht vorbei" – oder musst zahlen?
Doch es gibt ja auch noch die "normalen" Story- und Nebenmissionen, die sich deutlich stärker an dem orientieren, was man aus dem Vorgänger kennt. Hier kann es zwar auch zu kleineren "Offiziers-Treffen" kommen, wenn man nicht vorher Informationen über die Standorte der gegnerischen Armee einholt. Doch statt Chaos bieten die Kämpfe hier den angenehmen Fluss, der schon Mordors Schatten zu einem kurzweiligen Vergnügen gemacht hat. Die KI zeigt sich hier ebenfalls gegenüber dem ersten Teil optimiert und reagiert besser auf die Angriffe Talions. Allerdings scheinen die Schleich-Meucheleien immer noch leicht übermächtig zu sein. Nicht nur, dass man hintereinander flanierende Scouts einen nach dem anderen ausschalten kann, ohne dass die Kameraden aufmerksam werden. Mit der neuen Stealth-Kette kann man mit etwas Geschick auch größere Gruppen ausschalten, ohne dass man gesehen wird. Im auf dem Event freigegeben Gebiet war ein recht breites Spektrum an Missionstypen verfügbar. Man konnte z.B. Verbündete befreien, in die Vergangenheit von Celebrimbor abtauchen und dort u.a. auf einem Drachen reiten, natürlich die zahlreichen Aufgaben bei der Akquise von Informationen über die gegnerische Ork-Armee abklappern und sogar einen mehrphasigen Kampf gegen einen ausgewachsenen Balrog samt Flammenpeitsche ausfechten.
Ausblick
Wir konnten uns zwar jetzt ausführlicher und umtriebiger in Mittelerde austoben, doch gravierende neue Erkenntnisse konnten wir dabei nicht gewinnen. Ja: Der Kampf gegen einen Balrog macht Spaß und deutet mit seinen auf Reaktionstest und beinahe schon Beat-em-up fokussierten Mechaniken an, dass Monolith gewillt ist, die visuell opulente Welt mit abwechslungsreichen Missionen zu füllen. Doch über den Einstieg und damit die wichtige Story hüllt Warner weiterhin einen Mantel des Schweigens, so dass wir hier erst im Rahmen des Tests Eindrücke gewinnen können. Gleiches gilt für die Beutekisten, die in der Community zu regen sowie kontroversen Diskussionen geführt haben. In der uns im Rahmen der etwa zweistündigen Spielesession zur Verfügung stehenden Mid-/Endgame-Phase waren keinerlei Verweise auf irgendwelche Transaktionen, so dass auch hier erst einmal abgewartet werden muss, wie aufdringlich man auf diese Pay-to-Shortcut-Systeme hingewiesen wird und inwieweit diese Hinweise die Immersion beeinflussen. Dessen ungeachtet bin ich sehr gespannt, wie Monolith das Abenteuer um Celebrimbor und Talion weiterstrickt, welche Auswirkungen und Veränderungen sich langfristig innerhalb des Nemesis-Systems zeigen und wie sie sich auf die Welt auswirken, die einen durchaus lebendigen Eindruck hinterlässt.
Einschätzung: gut
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