Konsolenkrieg und virtuelle Revolution
Dreamcast und PS2 haben scheinbar eine neue Ära eingeläutet: Der Star unter den PC-Spieledesignern,
Peter Molyneux (
Lionhead Studios), prophezeit in einem
BBC-Interview die
„virtual industrial revolution“ - der Mann ist euphorisch und er hat scheinbar allen Grund dazu.
Nicht nur, dass sein "Baby" Black&White mit rund 750.000(!) Vorbestellungen alle Rekorde der Branche bricht und dass die Computer- und Videospielindustrie der alteingesessenen Film- und Kinobranche so langsam den Rang abläuft. Nein, hinzu kommen Gerüchte von zukünftigen
Konsolenboliden wie
PlayStation 3 und
Xbox 2, die nicht nur den Spielemarkt unter sich aufteilen wollen, sondern aus einer Konsole endlich die vielbeschworene
Multifunktionsplattform machen wollen: Games, TV, DVD, Stereoanlage, Internet inklusive Online-Banking und Shopping. Doch das ist noch Zukunftsmusik, denn erstens ist die PS2 noch nicht der Verkaufsschlager und bringt Sony momentan eher Verluste, und zweitens muss die Xbox erst auf den Markt kommen.
Hinter den Werbe-Kulissen tobt zudem ein erbitterter
Kampf der Giganten: Der alte Veteran
Sega kämpft um seine Existenz,
Nintendo will auf neue Hardware setzen, während sich
Sony und
Microsoft so langsam den Kuchen untereinander aufteilen. Eine Konsole wird aber erst dann zum Pflichtkauf, wenn es für diese Konsole ein exklusives Kult-Game gibt: Wer
Shenmue oder
Phantasy Star Online spielen will, muss sich eine Dreamcast zulegen - vielleicht Segas letzte Konsole. Doch was bringt die beste Software ohne Finanz-Power und effektives Marketing? Sony und Microsoft machen es vor: So werden neben wichtigen Lizenzen (Microsoft mit
Kessen III, Sony mit
Obi Wan) auch namhafte Entwickler-Teams aufgekauft; Microsoft konnte
Bungie (Halo) verpflichten und Sony u.a.
Naughty Dog (Crash Bandicoot).
Und wer treibt die virtuelle Revolution voran? Richtig: Kaufkräftige Konsumenten -auch Gamer, Zocker oder Daddler genannt. Natürlich herrscht auch unter Ihnen angesichts kommender High-End-Konsolen eine nicht unbeträchtliche Euphorie, denn qualitativ hochwertige Games scheinen vorprogrammiert, und selbst Spielepapst Molyneux will sich in Zukunft auf Konsolen konzentrieren. Allerdings gesellt sich auch eine gewisse Unsicherheit hinzu, die selbst Sony und Microsoft nervös machen dürte: die
Qual der Plattform-Wahl. Gegen Ende des Jahres wird es eine nie da gewesene Vielzahl an Spiele-Plattformen geben: Neben
PC, PSOne, PS2, N64,
Dreamcast und
Game Boy werden
Xbox (USA: Ende 2001),
GameCube (USA: Ende 2001) und
Game Boy Advance (Japan: März 2001) auf den Markt kommen. Aber wem schenken die Gamer ihre Gunst? Oder setzt der moderne Zocker auf Spielspaß-Kombis à la PC/Dreamcast/Game Boy Advance, oder als Sony-Fetischist eher auf PSOne und PS2? Oder doch auf Nummer sicher gehen, ein paar Jahre Enthaltsamkeit üben und auf PS 3 und Xbox2 warten? Das dürfte die virtuelle Revolution allerdings bis ins Jahr 2005 hinauszögern...
Jörg Luibl4P|Textchef