Jörg Luibl
Die Leiden des jungen GameCubeEine Kolumne von Jörg Luibl, 14.11.2002
Oh weh, was raubt mir dieser kleine Würfel die Nerven! Da entscheidet man sich gegen eine neue Grafikkarte, gegen die Xbox, schenkt Nintendo all sein Vertrauen und wiegt sich in solider Unterhaltungs-Sicherheit.

Und angesichts des delikaten Spielefutters neigte man ja auch fast zur Euphorie: Pikmin, Resident Evil, Mario Sunshine, Eternal Darkness - Namen wie Donnerschläge für die Konkurrenz aus Redmond. Aber so einmalig und süß die Verlockungen der Spielepalette auch sind, so sauer stoßen die systemübergreifenden Umsetzungen auf:

Erstens dürfen GameCube-Spieler ihre Suche in den Releaselisten immer ganz unten beginnen. Die Titel kommen meist später als ihre PS2- und Xbox-Pendants. Man denke an Sega Soccer Slam, Time Splitters oder Rocky. Während Sony und Microsofts Konsolen schon glühen, darf man sich in Geduld üben.

Und wenn man dann endlich zuschlägt, muss man sich angesichts der schlampigen Umsetzung oftmals die Augen reiben: Da verschwimmen Konturen, da liegt ein Grauschleier über der Kulisse und die Farben kommen weniger knallig als bei der Konkurrenz - nicht immer, aber zu oft. Wer sich Need for Speed, Aggressive Inline, FIFA 2003 oder Time Splitters ansieht, muss sich das entwaffnende Lächeln der PS2- und das überlegene Grinsen der Xbox-Zocker einfach gefallen lassen.

Dabei kann er`s doch, der kleine Würfel! Man schaue sich nur Sega Soccer Slam an! Warum muss man die tolle Hardware unter Niveau verkaufen? Und warum investiert man in Umsetzungen nicht das gleiche Herzblut wie in exklusive Titel? Wenn Nintendo den zweiten Platz hinter Marktführer Sony auch 2003 verteidigen will, darf man gerade die direkten Vergleiche nicht vergessen. Sonst wird aus dem Leiden schnell eine Kaufentscheidung geboren, die der japanischen Tradition trotzig den Rücken kehrt.

Aber noch reicht mein GameCube-Schmollen nicht aus, um die Einmaligkeit von Unterhaltung à la Eternal Darkness zu vergessen. Und schließlich steht der Würfel erst am Anfang seiner Karriere. Also Schluss mit dem Leiden, Brust raus und frohen Mutes auf die Weihnachtstitel warten…


Jörg Luibl
4P|Textchef
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