Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 06
Freitag, 09.02.2001

Hält 2001 was 2000 versprochen hat ?


Um einen Ausblick auf das Jahr 2001 werfen zu können, will ich erst mal kurz ins vergangene Jahr zurückblicken. Was hat das Jahr 2000 uns Spielern versprochen, und -vor allem- was hat es uns gebracht? 2000 war für mich ein Jahr mit vielen Enttäuschungen, aber auch einigen erfreulichen Überraschungen.

Zum einen wurde viel versprochen und verschoben: Da wären solche Endlosthemen Duke Nukem Forever, TeamFortress 2 und Black&White, die sich Monat für Monat verzögerten und immer weiter in die Ferne geschoben wurden. Und dass Verzögerungen nicht immer etwas Gutes sind, hat uns der Flop des Jahres 2000 -Daikatana- gezeigt. Nach einer Rekordverzögerung von mehr als zwei Jahren kam ein Spiel auf den Markt, das technisch und spielerisch weit hinter dem aktuellen Stand lag. Auch Diablo 2 hat in meinen Augen nicht die Erwartungen erfüllt, die es geschürt hat. Vom Gampelay her ist Diablo 2 ohne Zweifel ein Juwel der Computerspiele, aber die Grafik ist vollkommen hinter der Zeit zurückgeblieben. Und dann war da ja noch Command&Conquer: Red Alert 2, das trotz anders lautender Ankündigung doch wieder nur ein magerer Aufguss der C&C-Reihe wurde.
Aber es gab auch Positives im Jahr 2000: So konnten Baldur`s Gate 2, Vampire und Deus Ex die in sie gesetzten Erwartungen weitestgehend erfüllen. Und Sudden Strike oder No One Lives Forever waren durchaus kleine Überraschungserfolge - ebenso wie Alice und Sacrifice.

Und dann wäre da noch das große weite Internet. Die Onlinespieler unter uns hat zuerst die Flatrate-Euphorie und dann die Flatrate-Pleite erwischt. Aber dem Trend zu Multiplayerspielen konnte auch das keinen Abbruch tun. Denn wie uns das allgegenwärtige CounterStrike gezeigt hat, sind Teamspiele derzeit der absolute Renner. Ich denke, dies könnte mit dem Wunsch nach - zumindest virtueller - Zugehörigkeit bei der zunehmenden Anonymisierung des Internets zusammenhängen. Auch die Flut der Clans und der verschiedenen Liegen geht in die selbe Richtung. Dies ist ein Trend, der sich auch 2001 fortsetzten und sogar noch verstärken wird, trotz der Dot.com-Krise, die derzeit tobt und ein Opfer nach dem anderen fordert.

Gerade Spiele im Bereich der MMOGs (Massively Multiplayer Online Games) sind für 2001 angekündigt: Operation Flashpoint, TeamFortress 2, Tribes 2 und Black & White sind die Titel, in welche die größten Erwartungen gesetzt werden. Der Kampf um die Spieler wird unter den Herstellern bei diesem Angebot sehr hart werden. Welches Spiel dann die Gunst der Spieler gewinnen wird, und warum, ist eine Frage, die sich noch nicht beantworten lässt.

Aber was passiert abseits des Mainstreams der FPS (First Person Shooter)- Spiele? Welche Trends fangen jetzt erst an und haben das Potenzial, der nächste Hype zu werden? RTS (Real Time Strategy) und FPS sind vorbei oder gerade auf ihrem Höhepunkt. Natürlich wird keine dieser Richtungen aussterben (gerade die FPS Spiele nicht), aber irgendwann ist jedes Genre abgegrast und bietet nichts Neues. Kommen vielleicht die klassischen Adventures wieder? Runaway wird dieses Jahr erscheinen und als eines der wenigen Spiele in die Richtung der Old-Style-Adventures gehen.
Und was wird aus den Rollenspielen, die zur Zeit eine Renaissance erleben und mit Baldur`s Gate 2 neue Maßstäbe setzten? Aber ohne Multiplayer-Unterstützung verkauft sich kaum mehr ein Spiel, und Rollenspiele, die man auch -oder vielleicht nur- online spielen kann, sind extrem teuer und aufwendig in Entwicklung und Wartung. Neben den großen MMORPGs (Massively Multiplayer Online Roleplaying Games) wie Ultima Online und Everquest, drängen hier die asiatischen Entwickler auf den Markt, denn in Ländern wie Korea sind diese MMORPGs extrem erfolgreich. So hat Lineage The Bloodpledge acht Millionen(!) Abonnenten (Ultima Online hat derzeit einige 100.000 zahlende Spieler). Außerdem befinden sich einige MMORPGs erst in der Entwicklung oder der ersten Testphase, wie z.B. The Prison, Horizons oder Anarchy Online.
Oder werden sich langsam alle Genres vermischen und letztlich zu einer gigantischen Spielart werden, in der jeder den Bereich spielen kann, den er möchte? Nun, das mag übertrieben sein, aber sicher ist, dass es immer schwerer wird, die Spiele in eine festes Raster von Typen einzuordnen. Die Vermischung der Genres ist ein Trend, der sich mit Sicherheit weiter fortsetzten wird; ob dies wirklich positiv ist, oder letztlich in einem völligen Chaos endet, kann man nicht absehen und hängt auch weitgehend von der Umsetzung ab.

Bleibt noch ein letztes Thema, das in diesem Jahr weiter im Mittelpunkt der Spielewelt stehen wird: Gewalt in Computerspielen und die Indizierung von Spielen. Zu erwarten ist, dass die Kontrollen und Indizierungen in Deutschland zunehmen werden, wie es derzeit in ganz Europa der Fall ist. So hat man in Frankreich letztes Jahr die Grundlage für Indizierungen von Computerspielen geschaffen, was französische Firmen wie UBI Soft zu spüren bekamen. Und gerade dieses Jahr sollen Duke Nukem Forever und Wolfenstein 3D erscheinen, zwei Spiele, die heiße Anwärter auf die Liste der indizierten Spiele werden. Mal abwarten, wie lange diese Spiele frei verkäuflich bleiben - Wetten werden noch angenommen.
Über den Sinn, die Hintergründe und die Ziele von Indizierungen zu diskutieren will ich an dieser Stelle nicht, denn das würde den Rahmen der Kolumne sprengen. Nur wird es dieses Thema den Entwicklern und Publishern nicht einfacher machen, ihre Spiele erfolgreich in Deutschland zu vermarkten, und das, wo Deutschland der weltweit zweitgrößte Markt für Computerspiele.
Und das Jahr 2001? Lassen wir uns überraschen und nicht von großen Ankündigungen blenden!

Sebastian Rosendorfer
4P|CM Online Games

 

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