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hundertprozent subjektiv

KW 22
Dienstag, 27.05.2008

Knopfdruck-Deckung? Ja, bitte!


Genau wie Ben, so bin auch ich einer dieser Langsam-Spieler, die selbst in flotten Arcade-Shootern à la Quake noch im Schneckentempo von Wand zu Wand pirschen und dabei versuchen, die Lage genau zu checken, bevor der Sturmangriff folgt. Man könnte auch sagen, dass ich das OPA-Prinzip von Rainbow Six total verinnerlicht habe: Observe, Plan, Assault - beobachten, planen, zuschlagen. Und wo wir schon bei der Regenbogen-Spezialeinheit sind: Ich halte das aktive Deckungssystem von R6: Vegas für das Beste, was es momentan in dieser Richtung gibt. Einfach die Schultertaste gedrückt halten, schon presse ich mich an die Wand, von der ich flott an Ecken hervorschnellen und losballern kann - sei es mit gezielten Schüssen oder blindem Rumgeballer. Will ich mich aus der Deckung lösen, lasse ich die Taste wieder los. Ganz schnell, ganz einfach, ganz intuitiv. Von daher kann ich Bens Ansicht nicht nachvollziehen, wonach man nicht schnell genug wieder aus der Deckungsposition heraus kommt. Gut, es ist nicht überall der Fall: In der Vorschau zu Metal Gear Online hat es mich z.B. massiv gestört, dass die Figuren zu lahmarschig in der Deckung agieren. Wenn schon ein Deckungssystem auf Knopfdruck, dann muss es auch flutschen! Wie bei Gears of War. Oder Ghost Recon: Advanced Warfighter. Oder halt Vegas. Beispiele gibt es genug, wo es funktioniert. Gerade in Sin City hat mir dieses System einige der intensivsten Schusswechsel der letzten Jahre beschert! Wenn die Kugeln aus allen Richtungen ganz nah am Kopf vorbei pfeifen, die Kamera bei jedem Einschlag wackelt und schon der Putz von der Wand bröckelt, steigt bei mir der Puls und sorgt für einen gewaltigen Adrenalin-Kick. Von Langeweile keine Spur! Ganz im Gegenteil: Ich bin total angespannt, das Herz rast und ich wäge nervös ab, wann ich zur nächstmöglichen Deckungsmöglichkeiten vorpreschen kann, ohne von den Kugeln durchlöchert zu werden wie ein Sieb. Das ist Action. Das ist Spannung. Das ist die optimale Mischung aus vermeintlicher Sicherheit und tödlicher Gefahr. Das ist der Kick, den ich bei einem modernen Videospiel haben will! Ich will eine Inszenierung wie in Hollywood, bei der ich im Idealfall sehen kann, wie mein Protagonist geduckt hinter einer Mauer kauert, anstatt einfach nur in der Ego-Ansicht ständig ein paar Schritte zur Seite zu machen. Stellt euch mal vor, wie lächerlich das in einem Film aussehen würde... Nein, dann lieber ein richtiges Deckungssystem mit Helden, die auch mal den Kopf einziehen! Auch ein Bruce Willis hält in Stirb Langsam nicht immer nur drauf, sondern muss sich auch mal Schutz suchen. Ja, ich mag diese Art der Inszenierung. Ja, ich kann selbst den "szenischen Eskapaden" eines Michael Bay etwas abgewinnen.

Und was in einem actionreichen Taktik-Shooter wie Vegas und 3rd Person-Titeln wie Uncharted oder Gears of War funktioniert, kann doch auch für eine reinrassige Ego-Ballerorgie nicht schlecht sein, oder? Dieser Meinung scheinen jedenfalls auch die Jungs von Guerilla Games zu sein, denn das lang erwartete Killzone wird auf der PS3 ebenfalls mit dem "Lean and Peak"-System eine Knopfdruck-Deckung bieten, die im Prinzip genau so funktioniert wie bei R6: Vegas, ohne dabei jedoch die Ego-Ansicht zu verlassen. So blinzelt ihr bei gedrückter Schultertaste mit den Augen eures Soldaten vorsichtig um die Ecken oder über eine Mauer und verschafft euch so einen guten Überblick über die heran nahenden Feinde. Die bleiben übrigens nur selten langweilig an einer Position, sondern arbeiten sich ebenfalls langsam an euch heran, was für weitere Spannungsmomente sorgt, da ihr die Kerle manchmal aus den Augen verliert. Fühle ich mich jetzt festgenagelt, nur weil ich mich in Deckung befinde? Nein, denn kaum lasse ich dich Taste los, bin ich auch schon wieder "frei". Wenn ich genau drüber nachdenke, fallen mir nur wenige Action-Titel mit einem Deckungssystem ein, bei denen ich lange auf Knöpfen rumdrücken und ewig warten muss, um mich in die Schutzposition zu begeben oder mich zu lösen. So gehen die Figuren in Kane & Lynch automatisch an jeder geeigneten Stelle in Deckung - das gleiche Prinzip findet ihr in Ubisofts GRAW-Serie. Da ich mich auch in dieser Position meist noch an der Wand entlang bewegen kann, ist man hier zwar in der Bewegungsfreiheit etwas eingeschränkt, aber alles andere als festgenagelt, zumal ich mich ruckzuck mit dem Analogstick wieder "befreien" kann. Deshalb empfinde ich ein aktives Deckungssystem insgesamt viel mehr als eine Bereicherung des Spielablaufs - vor allem im Hinblick auf Aktionen wie Blindfire, das im Fall von Army of Two oder dem neuen Brothers in Arms gezielt als Ablenkung eingesetzt werden kann. Klar, ich habe auch manchmal Spaß an sinnlosen Ballereien mit einem exorbitant hohen Bodycount, durch die ich mich in bester Rambo-Manier durchbeiße. Hallo, Serious Sam. Auch solche Spiele muss es geben.

Aber mittlerweile ist mir das Prinzip eines aktiven Deckungssystems so sehr ans Herz gewachsen, dass ich es in manchen Titeln der letzten Monate sogar vermisst habe, so z.B. in Frontlines: Fuel of War oder auch Call of Duty 4. Vor allem finde ich es dann ärgerlich, wenn ich die KI-Schergen dabei beobachte, wie sie vorsichtig hinter Kisten und Mauern Deckung suchen, dabei vorsichtig um Ecken schauen und gut geschützt das Feuer eröffnen, während ich als Spieler aufgrund einer eingeschränkten Spielmechanik nicht dazu in der Lage bin. Deshalb kann ich nur hoffen, dass die Entwickler in Zukunft noch mehr Wert auf ein aktives und gut funktionierendes Deckungssystem legen, denn es ist für mich genau so aufregend im Kugelhagel mit der Waffe im Anschlag an einer schützenden Wand zu kleben wie mir einen offenen Schlagabtausch auf Schlachtfeldern zu liefern.

Michael Krosta,
Redakteur


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Kommentare

timbugdu schrieb am
Moin, ich hab mir den Artikel mal durchgelesen, und da steht drin das die Deckung in Sin City klappt, aber das Spiel kommt doch erst 2011.... habt ihr das Spiel schon oder is das n anderes Spiel? Ich verstehs nich
KillA_x_Berlin schrieb am
@ Max_Headroom
kann deiner aussage nicht wirklich wiedesprechen, bei bestimmetn shootern macht ein deckungsystem wirklich keinen sinn, aber mit blick auf CoD4 hätte ich mir schon ein deckungsystem gewünscht, zumindest für den SP.
so wie es bei GRAW2 im MP gelöst wurde, find ich schon ziemlich gut....MoH: Airborne hat meiner meinung nach auch ein ziemlich gutes deckungsystem (X360). man wechselt mit LT in den zielmodus, und kann dann mit dem LS den oberkörper in alle beliebigen richtungen bewegen, um im zielmodus laufen zu können, drückt man einfach den LS runter und bewegt ihn dabei in die gewünschte laufrichtung. allerdings weiss ich nicht, ob diese funktion auch im MP verfügbar is....
die problematik mit Third-Person- und Ego-Perspektive versteh ich schon, man könnte aber zumindest im SP dem spieler die freie entscheidung lassen. ich spiele unheimlich gerne Ego-Shooter, es gibt nur eine sache, die mich halt nervt, dass ich nicht sehen kann, was seitlich von mir passiert...mein eigenes sichtfeld beträgt mehr als 180° und ich denke mal deins auch, aber durch die Ego-Perspektive ist es auf STARR-GERADEAUS beschränkt. ich weiss, dass dieses problem nicht wirklich zu lösen ist, deshalb würde ich im SP gerne selbst entscheiden können, in welcher perspektive ich zocke...im MP muss man (lobby) sich entweder vorher entscheiden oder es gibt nur eine perspektive, um halt die balance zu gewährleisten. in GRAW2 kann der host festlegen, welche perspektiven gespielt werden dürfen...sprich er kann die Third-Person deaktivieren!
BetaSword schrieb am
RECHT HAST DU, Michael!
Naja, wenn man immer wieder in Deckung gehen könnte, wäre das schon hilfreicher.
Ich kann mich an einem 18-er-Titel entsinnen, bei dem man sich zwar seitlich lehnen konnte, was mit q&e auf der Tastatur gemacht wurde, jedoch haben die Gegner einen meistens entdeckt, wenn man das gemacht hat, oder wenn man sich soweit an der Ecke genähert hatte, so dass man endlich um diese schauen könnte. Dadurch war die Rambo-Methode leider die effektivere, obwohl man so eigentlich angreifbarer wäre.
Naja, und wenn man als Entwickler so eine Schleich-Fähigkeit einbaut, sollte es eigentlich besser integriert werden.
Was auch zu bemängeln ist, ist es, wenn so alle Humanoiden Gegner zu dämlich sind, um festzustellen, dass man irgendwo druntergekrochen ist(Crysis-Demo unter den Stegen eines Lagerpostens mit Meeresblick).
JaVVs schrieb am
die Sache funktioniert bei Cod doch schonmal garnicht. da kann man sich an die anlehnen soviel man will, wenn das m60 einfach durch die wand durchfetzt besteht garkein sinn für sowas
Max Headroom schrieb am
@KillA_x_Berlin:
Ein Deckungssystem ist meiner Meinung nach bei heutigen Shootern ein absolutes MUSS!
Dem widerspreche ich. In einem Shooter ist ein Deckungssystem nur dann sinnvoll, wenn die Gegner und das Design es verlangen. Ein Doom, Quake, Serious Sam oder gar ein Duke wird wohl kaum hinter Ecken rumlungern und geschickt per Knopfdruck einzelne Fässer in der Gegend anpeilen, um mit deren Explosion eine Gegnerschar zu vernichten, zu der er ohne Deckung und Faß nicht möglich gewesen wäre.
In taktischen Ego-Shootern, wo man nicht auf Highscore-Jagd aus ist, kann und wird ein sauberes Deckungsfeature den Spielspaß wohl kaum hinderlich sein. In einigen Titeln, insbesondere denen von Tom Clancy, ist dieses Feature inzwischen überlebenswichtig. In anderen aber wahrlich Overkill und nicht unbedingt notwendig. Richtig ärgerlich wird es allerdings, wenn die Gegner zwar ein Deckungssystem rechtfertigen, aber der Spieldesigner in genau diesem Bereich kräftig geschlampt hat. Ob es nun die pixelgenaue Positionierung ist, was mich insbesondere an Kane & Lynch heftigst gestört hat, oder die Vielknopfdrückerei, die leider einige Titel intus haben.
Alle schreien immer, dass die Spiele realistischer werden sollen, wo bleibt dann aber bei Spielen wie z. B. CoD 4 das Deckungsystem!
Ja ! Und warum hat Counter-Strike selbst in der zweiten Source Inkarnation immer noch kein Deckungssystem mit Schleichfeature an den Häuserwänden ? :)
Sch(m)erz beiseite. CoD4 hat bis heute seine Spielemechanik hervorragend (!) ohne Deckungssystem bewiesen. Es IST machbar, auch vollends ohne Deckung. Andere spiele sind NUR machbar, wenn man eben in Deckung geht (GOW, GTA4,...).
Ausserdem bin ich der Meinung, dass es in Zukunft dem Spieler überlassen werden sollte, aus welcher Perspektive er spielt(..) Das es geht, sieht man doch auch an der Verfolger-Kamera, dort kann ich die anderen Spieler wunderbar aus der Third-Person-View beobachten...ohne irgendwelche Grafikeinbussen!?
Es geht hier nicht um die...
schrieb am