Der 4P-Technik-Check
17.06.2009 10:50, Michael Krosta

Teil 7: Wii MotionPlus

Die Wii wird nicht selten als "Fuchtelkonsole" bezeichnet - kein Wunder, denn immerhin beschränkt sich die Steuerung mit Remote und Nunchuk oft genug auf das simple Rumwedeln, das zudem weit von der gewohnten Präzision der Analogsticks entfernt zu sein scheint. Auch bei Nintendo war man nicht ganz so glücklich über diesen Zustand und kündigte deshalb im letzten Jahr MotionPlus an - einen Sensor, der an den unteren Teil der Remote gesteckt wird und dieser zu einer genaueren Steuerung verhelfen soll. Hier seht ihr das Ganze im Werbevideo. Doch wie will man dieses Ziel erreichen und welche Technik steckt in dem kleinen Kästchen?

Die Grenzen der Remote

Die Bewegungssensoren in der jetzigen Remote mögen zwar zu einem neuen Spielgefühl beigetragen haben, aber sind in ihren Möglichkeiten begrenzt. So konnten bisher lediglich Beschleunigungen auf drei Achsen gemessen werden, wobei die Bewegungen wie auf einer geraden Linie ausgeführt bzw. registriert werden. Oder anders gesagt: Die Sensoren reagieren lediglich auf Aktionen wie Winken, Ziehen, seitliches Schwingen oder Stoßen bzw. Bewegungen, die entlang der X-, Y- oder Z-Achse erfolgen. Dabei unterscheidet der Controller allerdings kaum zwischen großen und kleinen Bewegungen bzw. deren Spielraum, weshalb man z.B. Tennis genau so erfolgreich mit einem kurzen Zucken der Remote spielen kann und nicht zwingend großartig auszuholen muss, so wie es eigentlich gedacht ist. Darüber hinaus hat der Controller keine Ahnung, wo er sich gerade in einem 3D-Raum befindet, was man oft dann merkt, wenn die Spielfigur auf dem Bildschirm die eigenen Bewegungen 1:1 umsetzen soll - und dabei meist versagt. Auch beim Golfen wird die Remote schnell an ihre Grenzen geführt: Man stelle sich in diesem Zusammenhang einfach vor, wie man mit der Remote den Schläger schwingt. In Wii Sports konnte der Controller lediglich die Geradeaus-Bewegung erfassen, nicht aber die Drehung bzw. den Winkel des Schlägers, mit der angeschnittene Bälle erst möglich werden. "Aber ich hab doch schon Wii-Spiele gezockt, bei denen ich den Controller auch drehen oder neigen musste", höre ich schon einige Leser protestieren. Ja, die gibt es. Und diese Bewegungen werden sogar erkannt und umgesetzt - man denke z.B. an Rennspiele wie Excite Truck oder Mario Kart, wo man die Remote seitlich in die Hand nimmt und zum Lenken neigt. Allerdings werden sie nicht direkt von einem Sensor erfasst, sondern basierend auf der Position des Infrarot-Empfängers an der Front oder unter Einbeziehung der Schwerkraft mal mehr, mal weniger genau berechnet bzw. abgeschätzt. Genau hier kommt Wii MotionPlus ins Spiel, mit dem das Rollen, Gieren und Neigen der Remote und damit die Rotation an der X- und Y-Achse durch einen zusätzlichen Sensor wesentlich genauer erfasst werden soll.

Mehr Präzision

Das Zauberwort heißt "Gyroskopischer Sensor". Dieser verrichtet in MotionPlus seinen Dienst und soll zusammen mit den bereits vorhandenen Bewegungssensoren der Remote für eine echte Sixaxis-Steuerung sorgen. Auch in Flugzeugen kommt diese Art von Sensoren zum Einsatz und spielt u.a. bei dem Landeanflug eine wichtige Rolle genau wie in großen Schiffen und auch Raketen. Derart hochpräzise und teure Sensoren braucht man für einen Controller allerdings nicht - trotzdem waren es in erster Linie die Produktionskosten und die Größe des Chips, weshalb Nintendo die Remote nicht schon von Anfang an mit dem "Gyro-Sensor" ausgestattet hat. Mittlerweile ist man aber an einem Punkt angekommen, wo sich die Erweiterung auch wirtschaftlich in einem akzeptablen Rahmen bewegt. Allerdings waren für den Einsatz mit der Remote noch einige Anpassungen nötig: Während ähnliche Sensoren in Videokameras Rotationen von bis zu 300 Grad pro Sekunde erfassen, erschien diese Geschwindigkeit für einen Controller zu langsam, da schnelle Bewegungen dieses Limit schnell überschreiten würden und dadurch nicht mehr akkurat erfasst werden könnten. Aus diesem Grund wurde der Sensor für die Remote dahingehend modifiziert, dass er mit Bewegungsabläufen von bis zu 1600 Grad pro Sekunde und damit viereinhalb Rotationen pro Sekunde zurecht kommt. Damit sind mögliche Probleme beim Erfassen von schnellen Bewegungen vom Tisch. Aber wie sieht es mit langsamen Abläufen aus, bei denen die Präzision oft eine noch viel größere Rolle spielt? Hier erweist sich die fest gelegte und damit begrenzte Bandweite bei der kabellosen Übertragung der Steuerung auf den ersten Blick als problematisch, was folgendes Beispiel zeigt: Angenommen, der Wert der Bandbreite liegt bei 10, so können lediglich Signale gesendet werden, die von null bis neun reichen. Stellt man sich jetzt ein Auto vor, das maximal 10 km/h schnell fahren kann, ist die Sache einfach und man misst die aktuelle Geschwindigkeit, indem jedes Band einen Wert zwischen 1 und 10 km/h zugewiesen bekommt. Was aber, wenn die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100 km/h beträgt? In diesem Fall würde jede der zehn verfügbaren Einheiten auf eine gröbere Erfassung von 10 km/h herauf gestuft, während kleine Nuancen wie der Unterschied zwischen 23 und 26 km/h nicht mehr erfasst werden könnten. Bei MotionPlus umgeht man jedoch dieses Problem, indem der Sensor mit zwei Modi ausgestattet wurde - einen für die langsamen und einen für die schnellen, dynamischen Bewegungen. Während der gyroskopische Sensor sehr genau die horizontalen Rotationen - z.B. durch Handgelenksdrehungen - erfasst, kann er mit linearen Bewegungen gar nichts anfangen. Da die bisherigen Beschleunigungssensoren der Remote (auch Accelerometer genannt) aber speziell dafür geschaffen wurden, sollten sich die Fernbedienung und MotionPlus eigentlich optimal ergänzen.

Die Suche nach dem Unterschied

Bisher lassen sich die angepriesenen Vorteile von MotionPlus allerdings kaum erkennen, wie unsere Erfahrungen mit EAs Grand Slam Tennis zeigen. Zwar darf man mit der eingestöpselten Erweiterung im Gegensatz zur Standard-Remote schon die Position des Schlägers verändern, während man auf den Aufschlag des Gegners wartet, aber beim anschließenden Ballwechsel gibt es keinen großen Unterschied beim Spielgefühl und oft ähneln die Aktionen auch mit MotionPlus noch mehr einem Glücksspiel als der erhofften Präzision. Anders dagegen Red Steel 2, das wir bereits auf diversen Events antesten konnten: Hier zeigt MotionPlus gerade im Vergleich zum Vorgänger seine Stärken und sorgt dafür, dass man die Klingen deutlich präziser schwingen kann und auch die Geschwindigkeit der Schläge authentischer umgesetzt wird. Die Zukunft wird zeigen, wie gut die Entwickler die neuen Steuerungsmöglichkeiten ausnutzen und wie viel Potenzial wirklich in der Erweiterung steckt, die bisher noch mehr enttäuscht als begeistert.

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