von Jörg Luibl,

gc-Eindruck: Mass Effect 3

Mass Effect 3 (Rollenspiel) von Electronic Arts
Mass Effect 3 (Rollenspiel) von Electronic Arts - Bildquelle: Electronic Arts
Wow, das wird ein richtig guter Shooter! Denn obwohl BioWare die Präsentation einer "world class roleplaying experience" ankündigte, zeigte man in Köln nur Krabumm. Richtig ansehnliches, explosives und rasantes Krabumm, so dass man fast an ein Mass of Duty denken musste, wenn einem die Kugeln, Laser und Trümmer um die Ohren flogen.

Allerdings steht Shepard nur in einer Pflicht: Die Erde zu retten. Die außerirdischen Reaper haben unseren Planeten überfallen und in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Ähnlich wie in Homefront oder Resistance 3 kämpfen vereinzelte Widerstandsgruppen gegen die Besatzer, aber diese sind einfach in der Überzahl. Shepard muss mit ansehen wie viele Unschuldige massakriert werden, die gerade eben ausfliegen wollten - einer der stärksten, weil unheimlich traurigen Momente der Präsentation. Was tun? Eine Armee zusammen stellen!

An dieser Stelle bricht die Präsentation allerdings ab. Und an dieser Stelle dürfte das Rollenspiel beginnen, denn Shepard wird mit der Normandy ins All düsen und Allianzen schmieden müssen. Welche Kompromisse geht er dabei ein? Wem kann er trauen? Kann er verfeindete Fraktionen einen? All das bleibt im Dunkeln, denn in Köln wurde eher die Action beleuchtet. BioWare hat kräftig an der Kulisse gefeilt und inszeniert einige herrliche Science-Fiction-Panoramen mit weitem Ausblick auf einen umkämpften Himmel, die an Resistance erinnern, aber noch abwechslungsreicher in brachiale Gefechte übergehen.

Shepard ist deutlich beweglicher als bisher, kann aus der Deckung rollen, sprinten und muss auch mal über Abgründe springen, wenn hinter ihm Wände einstürzen - das erinnert fast ein wenig an Uncharted. Der Commander bleibt trotz seiner drei möglichen Klassen (Soldier, Sentinel, Engineer) ein Kämpfer, der mit Hilfe seiner zwei Verbündeten KI-Mitläufer alles aus dem Weg räumen muss, was nach Reaper oder Monster riecht. Im Laufe seiner Karriere geht soll es etwas komplexer zugehen als in Mass Effect 2: Er kann in der Charakterentwicklung für jede Fähigkeit wie den "Adrenalin Rush" nochmal sechs Entscheidungen treffen, um sie zu modifizieren; dazu mehr, sobald wir eine Vorschauversion ausführlicher spielen können.

Außerdem wird die Action diesmal knackiger: Zum einen hat BioWare den Schwierigkeitsgrad erhöht, zum anderen die Feinde vergrößert - man begegnet riesigen Robotern, die man in zähem Kampf vernichten kann. Wer nur den Piloten ausschaltet, kann auch selbst in diese Mechs steigen und stampfend loslegen wie in Lost Planet. Hinzu kommt in den normalen Gefechten, dass die Feinde ähnlich wie in Uncharted hinter Schilden gesichert heran rücken; dann helfen nur Granaten oder frisierte Waffen. Letztere kann man an Tischen nach eigenem Geschmack modifizieren und aufrüsten.

Obwohl BioWare die erhöhte Schwierigkeit ankündigt, hinterlässt die KI noch einen durchwachsenen Eindruck: Shepard kann viel zu oft um ihre Deckung laufen und ihnen dann noch in den Rücken schießen. Vor allem auf den Nahkampf können die Feinde nicht reagieren, so dass die neue Omniklinge fast immer orange glühend ihr Opfer findet. Zwar gibt es immer wieder auch heikle Situationen, in denen man die Zeit stoppen und über das Auswahlrad nach Granaten oder explosiver Munition suchen kann. Aber BioWare betont, dass man das Ganze auch ohne Unterbrechung in "Run&Gun-Manier" spielen kann. Also doch Mass of Duty?

Ausblick

Wieso beteuert man immer wieder, dass man Mass Effect 3 (ab 3,99€ bei kaufen) wieder mehr Rollenspielflair einhauchen will und zeigt dann nur Action, die sich in null Komma nichts von einem gewöhnlichen Shooter unterscheidet? Zumal man nach Aussage von BioWare nicht mal mehr zum Taktieren pausieren müsse, sondern Run & Gun zelebrieren kann. All das macht mich skeptisch, obwohl die Kulisse und die Technik imponieren: Die besetzte Erde wurde mit ihren Trümmerlandschaften zwischen Rauch und Lasergeflacker nochmal besser inszeniert als aktuell in Resistance 3. Es ist natürlich absolut verfrüht, die Ankündigungen von BioWare bereits als leere Versprechungen einzuordnen - man darf nicht vergessen, dass das eigentliche Spiel mit all seinen Dialogen, Entscheidungen und Konflikten noch reichlich Rollenspielpotenzial bietet. Nur war davon noch nicht viel zu sehen.

gc-Eindruck: gut


Kommentare

Aurellian schrieb am
Worauf ich bei ME3 primär hoffe, das sind wirklich wahrnehmbare Auswirkungen der Entscheidungen, die man in den Vorgängern getroffen hat. Da gibt es jetzt keine Gründe und Entschuldigungen mehr, warum das nicht kommen sollte. Die restlichen Standard-Kritikpunkte (Schlauchlevel, wenig abwechslungsreiche Ballereien etc.) sind mir da erstmal egal - objektiv betrachtet kann ich fast allen zustimmen, aber gestört hats mich bei ME2 nie.
Obelus schrieb am
Nachdem das Thema "Action und RPG" bereits ausgelutscht ist, bleiben immer noch ein paar Brandherde offen.
Aber zunächst mal die zuversichtlichen Dinge.
Ganz allgemein gesprochen bin ich davon überzeugt, das Bioware mit ME3 in seinen Paradedisziplinen glänzen wird.
Und das ist ganz klar die Atmosphäre und die Glaubwürdigkeit der Dialoge (was nicht direkt bedeutet, daß die Qualität der Inhalte nicht noch zulegen dürfte, denn daran haperte es im 2. Teil).
Stimmig war das Ganze aber dennoch, und die Allermeisten zweifeln wohhl auch nicht an diesen Tugenden.
Das bereitet den Wenigsten die gleichen schlaflosen Nächte, wie die Ankündigung von "Jump'n'Gun".
Was mir mehr Angst bereitet sind die Modulbausteine und der ewig wiederkehrende Deja-Vu Effekt in beinahe allen Schlauch-Leveln des Spiels.
Bei einem Spiel, das von der Atmosphäre lebt, muss auch Wert auf eine individuell gestaltete Umgebung gelegt werden.
Das Eine will nicht so recht zum Anderen passen. Und gerade da wird Bioware mit Sicherheit kaum Verbesserungen einführen.
Gott weiß, wie mich das Gegenteil beglücken würde...
Damit wären dann schonmal keine 90+ mehr drin, ganz egal wie gut der Rest ist.
Der nächste Punkt wäre wohl die komplette Überarbeitung des fummeligen Menüs.
Das taugte im 1. Teil überhaupt nichts (Waffen verkaufen, Werte Vergleichen, Überblick behalten)
und wurde auch im Zweiten nur minimal verbessert
(Statt besseren Verkaufsoptionen einfach weniger Möglichkeiten, weil man redundante Waffen nicht mehr Sammeln kann? - welch Verbesserung!).
Da ist noch eine ganze Menge Potenzial zum Aufwerten.
"Peanuts" könnte man denken, jedoch vergisst man dabei gerne, daß die Tragende Säule des Games wie bereits erwähnt, von atmosphärischer Konsistenz ist.
Und da zählen solche "Peanuts" eben mehr als bei einem COD.
Auch das spricht nicht für 90+
Und ich bleibe da auch skeptisch. Was unterm Strich bleibt... man wird sehen...
superboss schrieb am
Ich glaube auch , dass hier immer so Missverständnisse bezüglich der RPG Elemente vorhanden sind.
Es geht hier nicht nur um irgendwelche teilweise unnötigen Werte, die aber zumindest ein bisschen Taktik und Planungs Feeling gebracht haben, die dann weggelassen wurden, oder darum Mass Effect 1 in den Himmel zu loben..........
Teil 1 hatte auch grausame Schwächen, die man aber hätte verbessern können (wie zb das Fahren auf den Planeten), aber es hatte auch mehr Dungeon Feeling und war weniger schlauchig.
Wie jemand geschrieben hat, musste man sich bei Me 2 wirklich mit den prachtvollen Umgebungen ablenken, um das stupide, hakelige und lineare Geballer ohne irgendwelche Möglichkeiten in vielen Missionen ertragen zu können.
Und das Scannen war todlangweilig und allerhöchstens eine stylische Abwechslung zum dumpfen Geballer. Aber ansonsten ohne Sinn , was das Gameplay oder RPG Feeling angeht. Keine Taktik, keine Wirtschaftselemente, keine Gegenstände,keine wirklich Erkundung....
Einfach nur durchscannen und irgendwelche Verbesserungen anklicken und das wars......
Die Idee in einem Scifi Spiel Planeten mit Info usw einzubauen ist vollkommen in Ordnung aber die Art und Weise hat (genauso wie das Ballern) einen starken faden Beigeschmack hinterlassen.
Und Nun haben wir schon 2 Gameplay Elemente, die einen sehr unzufrieden zurücklassen können.
Dazu kam die schwache Hauptstory und kaum spürbare Bedrohung bei Mass Effect 2. Kein Vergleich zum spannenden Vorgänger.
Und ein großartiges Gefühl der beeinflussung hatte man auch nicht. Da hat Teiil 1 mit den Interviews oder den Gesprächen mit dem Rat zumidest ein stärkeres Mittendrin Gefühl erzeugt.
ach ja und die Musik war im ersten Teil präsenter und besser. Da wirkte teil 2 ziemlich tot.
und die Umgebungen bei mass Effect 2 waren hübsch und haben ein tolles Universum angedeutet, was schon mal mehr ist, als da 2 gemacht hat, aber wirklich viel tun konnte man dort eigentlich auch nicht. Hinreisen und mission sowie Händler abklappern...
Brakiri schrieb am
Problematisch am Ausdruck "Fan" ist immer die Wortherkunft: "fanatisch".
Ich glaube es ist besser, kein "Fan" zu sein, denn das kann die Sicht auf Punkte trüben, die man oder auch andere zu recht kritisieren können.
Wenn einen die Kritikpunkte nicht stören, bzw. man trotzdem Spass haben kann, ist das völlig legitim. Aber der Unterschied zwischen einem "Fan" und einem Spieler dem das Game trotzdem Spass macht ist, dass der Fan Kritik als unwahr und unangemessen abschmettert, wärend der andere Spieler durchaus die Kritikpunkte als so wahrnehmbar zugibt, aber immernoch Spass dran haben kann.
Für eine fruchtbare Diskussion und regen Meinungsaustausch, ist der zweite Typus eher zu gebrauchen als der "Fan".
Ob, und wie sich da jeder reinsortiert, muss man mit sich selber ausmachen :)
Obelus schrieb am
@MisterMeister79
MisterMeister79 hat geschrieben:
.....
Dies beides zu erkennen (dass die obigen Qualitäten stiefmütterlich behandelt wurden und dass der Shooterpart nach wie vor mittelmäßig ist) vermögen aber wahrscheinlich nur diejenigen Spieler, die über eine reichhaltige Spielerfahrung verfügen, und zwar möglichst in _beiden_ Genres. Alle anderen, und das dürften vornehmlich Wenig-Spieler oder junge Spieler sein, mögen ME 2 als Offenbarung ansehen und höchst zufrieden sein. Und das kann ich ihnen nicht verdenken, weil ihnen eben die Vergleichsmöglichkeiten fehlen.
Um es nochmal zu betonen, bevor das Geflame wieder losgeht: Ich habe Verständnis für diese Sicht der Dinge und gönne es jedem, mit ME 2 Spaß gehabt zu haben. Auf der anderen Seite solltet Ihr, die Ihr ME 2 für ein geniales Spiel haltet, aber auch Verständnis dafür aufbringen, dass es eine völlig andere, argumentativ aber sehr stichhaltige Sicht der Dinge gibt. Und diese andere Sicht der Dinge lässt sich nicht damit wegdiskutieren, dass RPG-Fans angeblich immer etwas zu jammern oder dass die Kritiker angeblich die Scheuklappen eines unpassenden Genres auf hätten.
Um die Problematik zu verdeutlichen: Wenn jemand sehr viele Bücher liest oder Filme schaut, dann hat er eine ganz andere Erwartungshaltung an das nächste Buch oder den nächsten Film als jemand, der vielleicht erst zehn Bücher gelesen oder 20 Filme gesehen hat. Einheitsbrei ödet ihn an, während der Unerfahrene applaudiert, gerade weil er noch nicht übersättigt ist und alles zum ersten Mal erlebt. Das kann man auch nicht nur auf Geschmack reduzieren, es geht um Erfahrungswerte, Wissen und Bildung - ganz wertfrei festgestellt und ohne jemanden beleidigen zu wollen.
Bedenkt dabei bitte, dass es bereits eine Generation von Hardcorespielern gibt, die über mehr als 20 Jahre Spielerfahrung verfügen, wozu auch ich zähle! Nicht alles, was _Ihr_ für innovativ haltet, ist auch für _uns_ innovativ!
.....
Was ich Bioware vorwerfe, und es ist schön zu sehen,...
schrieb am
Mass Effect 3
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